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Handbuch für die Bekleidungsindustrie und den Bekleidungs-Einzelhandel: Ein Lehr- und Nachschlagewerk für die gesamte Herren- und Knabenbekleidung PDF

416 Pages·1938·16.633 MB·German
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Handbum für die Bekleidungsindustrie und den Bekleidungs-Einzelhandel Ein Lehr- und Namsmlagewerk für die gesamte Herren-und Knabenbekleidung von Erich Donner Leiter der BekleidungsfamsdlUle der Höheren Textilfamsmule M.-Gladbam-Rheydt in M.-Gladbam Mit 264 Abbildungen im Text Berlin Verlag von Julius Springer 1938 ISBN-13: 978-3-642-89286-8 e-ISBN-13: 978-3-642-91142-2 DOI: 10.1007/978-3-642-91142-2 Alle Remte, insbesondere das der übersetzung in fremde Spramen, vorbehalten. Copyright 1938 by Julius Springer in Berlin. Softcover reprint of the hardcover Ist edition 1938 Vorwort." Der vorwärtsstrebenden deutschen Bekleidungsindustrie fehlte es bisher nicht nur an geeigneten und zusätzlichen Ausbildungsstätten, sondern es gab bis heute auch kein umfassendes organisatorisches und technisches Hand- und Lehrbuch oder Nachschlagewerk. Wenn der erste Übelstand durch die in Verbindung mit der Wirtschajtsgruppe Bekleidungsindustrie geschaffene erste Bekleidungsfachschule der Höheren Textilfachschule M.-Gladbach-Rheydt beseitigt wurde, so soll dieses Handbuch die zweite Lücke füllen. In dem Werk sind alle die Bekleidungsindustrie (Herren- und Knaben Fertigkleidung) und den Bekleidungseinzelhandel interessierenden organi satorischen, betriebs- und bekleidungstechnischen Fragen ausführlich behandelt. Die organisatorischen, maschinen- und betriebstechnischen Fragen sind unter Berücksichtigung der praktischen Gebrauchsfähigkeit und nach dem heutigen Stande der Technik erörtert. Gerade die tech nische Rationalisierung spielt in der industriell noch längst nicht bis zur höchsten Stufe entwickelten Bekleidungsindustrie eine sehr ent scheidende Rolle. Wenn es auch im Rahmen dieses allgemeinen Hand und Lehrbuches nicht möglich war, kommende Dinge in größerer Breite zu erörtern - dies wird in einem weiteren sich bereits in Vorbereitung befindlichen Werk des Verfassers geschehen -, so wird doch dieses Buch auch auf diesem Gebiete viele Anregungen geben. Die Modell gewinnung, die schnitt- und verarbeitungstechnischen Fragen sind sehr ausführlich und ganz auf die Belange der Fertigkleidung abgestellt behandelt. . Weiterhin findet auch der Einkäufer und Verkäufer in dem Handbuch viele für ihn verständlich gehaltene Erklärungen über die verschiedensten Verarbeitungsmöglichkeiten, über Maßnehmen, Maß und Sitzkontrolle. Und endlich sind am Schluß des Buches die ge bräuchlichsten Fachausdrücke in der Fertigkleidung in alphabetischer Reihenfolge stichwortähnlich erklärt. Der Sinn dieses Handbuches ist also der, 1. jedem an der Herren und Knaben-Fertigkleidung interessierten Kaufmann, Verkäufer, Tech niker, Zuschneider, Werkmeister und Facharbeiter einen objektiven Überblick über Organisation, Maschinen, Schnitt- und Verarbeitungs technik zu geben, 2. unseren Nachwuchs weiterzubilden, 3. Anregungen für organisatorische und technische Rationalisierung zu geben und 4. allen Interessenten zu zeigen, daß die Fertigkleidung ein lebenswichtiger und interessanter Industriezweig ist. Hierdurch werden dann die Liebe zum Beruf, die Berufsehre und der Berufsstolz geweckt, welche die Voraussetzung für jeden beruflichen Erfolg sind. Rheydt, im September 1938. E. Donner. Inhaltsverzeichnis. Seite Kapitell: Organisationsfragen für Herrenkleiderfabriken 1 1. Allgemeine Organisationsfragen . . . . 1 a) Allgemeines ................. 1 b) Der Aufbau von Kleiderfabriken . . . . . . . . 2 2. Zuschneiderei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3. Einrichterei . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 4. Heimarbeit - Einzelarbeit - Teilarbeit - Fließarbeit 20 5. Werkstatt . . . . . . . 27 a) Betriebseinrichtungen . . . . . . . . 27 b) Arbeitsablauf . . . . . . . . . . . . 52 6. Bügelei . . . . . .. ......... 70 7. Arbeitskontrolle, Arbeitsschulung, Abnahme 76 8. Arbeitszeitermittlung '" . . 78 9. Zeitausgleich . . . . . . . . . . . . . . . 83 10. Ermüdungserscheinungen . . . . . . . . . . 86 11. Praktische Arbeitseinteilungen . . . . . . . . 88 12. Material- und Fertigungskosten (Arbeitskosten) 101 Kapitel 2: Handelsübliche Größen und deren Proportionen in der Fertigkleidung . . : . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Allgemeine Proportionslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 2. Größentabellen für Herrenbekleidung (einschließlich Kinder- und Knabengrößen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3. Größentabellen für Mädchen- und Frauenbekleidung . 133 Kapitel 3: Anatomie und Bekleidung . . . . . . 133 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . 133 2. Allgemeines über das Skelet und die Knochen 134 3. Gelenkbildungen . . . . . . . . . . 136 4. Aufbau und Arbeitsweise der Muskeln 137 5. Die Schulterpartie . . . . . . . . . 138 6. Die Gesäßpartie . . . . . . . . . . 141 7. Die Kniepartie . . . . . . . . . . . 144 8. Die normale Haltung. . . . . . . . 144 9. Geneigte Schulter- und Kopfpartie • . 145 10. Aufrechte Haltung . . . . . . . . . . . 146 11. Aufrechte Haltung, durchgedrücktes Gesäß .......... 146 12. Geneigte Haltung, etwas hohles Kreuz und vorgeschobener Leib 148 13. Normale Schulter-und KopfsteIlung, hohles Kreuz, vorgeschobener Leib, flaches Gesäß. . . . . . . . . . . . . . . . .. 148 14. Normale Haltung, mäßiger Bauchansatz . . . . . . . .. 150 15. Bauchfigur mit geneigter Haltung und flachem Gesäß. .. 150 Kapitel 4: Maßnehmen und Maßkontrolle am fertigen Stück 151 1. Allgemeine Grundregeln. . . . . 151 2. Grundmaße . . . . . . . . . .. .. ....... 152 3. Hilfs- und Kontrollmaße . . . . . . . . . . . . . . .. 160 4. Maßkontrolle am fertigen Stück . . . . . . . . . . .... 162 Kapitel 5: Schnittaufbau der wichtigsten Bekleidungsstücke 169 a) Allgemeines über Linienführung und Kultur der Bekleidung. 169 b) Technische Erläuterungen. . . . . . . . . . . . . . . .. 170 Inhaltsverzeichnis. V Seite c) Kurze Richtlinien für die Verarbeitung. . . . . . . 171 1. Grundschnitt für alle oberen Bekleidungsstücke 172 2. Grundschnitt für einen Sakko. . . . . . 174 3. Sakko, Irhg. . . . . . . . . . . . . . 176 4. Sakko, I1rhg. . . . . . . . . . . . . 179 5. Sakko, Irhg., mit geraderer Achselstellung 183 6. Sportsakk:o . . . . . . . . . . . . . . 186 7. Verschiedene Sportrücken . . . . . . . . . . 189 8. Sakko, Irhg., mit durchgelegtem Seitenabnäher . . . . . . 194 9. Sakko, Irhg., moderne, gerade und hochliegende Achsel, Rückenseitennaht am Armloch mit Nahtansatz . . . . . 195 10. Lodenjoppe, Irhg. . . . . . . . 197 11. WinterIodenjoppe, I1rhg. . . . . 200 12. Sommerjoppe in Halbsportform . 204 13. Schlosserjacke . 207 14. Janker, I1rhg.. 209 15. Janker, Irhg. . 212 16. §moking . . . 215 17. Armel. . . . . . 218 18. Einteiliger Ärmel 219 19. Bauchsakko . . . 220 20. Stehbrustweste . 224 21. Weste, I1rhg. . . 226 22. Smokingweste . . . 227 23. Herren-Kletterweste 229 24. Herren-Skiweste. . 232 25. Bauchweste . . . . 235 26. Normale Hose. . . . . 238 27. Normale Rundbundhose 240 28. Moderne Rundbundhose 242 29. Knickerbocker . . . . . 245 30. Breecheshose . . . . . 247 31. Reitbreeches . . . . . 249 32. Marinehose mit Latz ............ 252 33. Arbeitshose aus Leinen, Manchester, Pilot usw. . 255 34. Skihose . . . . 256 35. Bauchhose . . 257 36. Schutzanzug . 260 37. Paletot, Irhg. . 263 38. Paletot, I1rhg.. 266 39. Ulster-Paletot . . . . . 266 40. Ulster mit Rückengurt . 270 41. Ulster . . . . . . . . 273 42. pister, Irhg. . .. . . 276 43. Armel für Mäntel . . . . . 279 44. Geteilter Ärmel für Mäntel. . 280 45. Lodenmantel in Bozener Form 280 46. Lagermantel . 284 47. Raglan . . . . 287 48. Slipon .: . . . 290 49. Raglan-Armel . 290 50. Bauchulster . . 291 51. Burschensakk:o 295 52. Knabensakko . 298 53. Knabenulster . 301 54. Kindersakko . . . . . . 304 55. Knaben- und Kinderärmel 306 56. Knabenhose . . . . . . 307 57. Leibchenhose . . . . . 308 58. Knaben-Knickerbocker . 309 59. Knaben-Raglan . " .. 311 VI Inhaltsverzeichnis. Seite 60. Knaben.Raglan.Ärmel . . 314 61. Kapuze für Knabenmäntel 315 62. Cutaway . . . . . . . . 316 63. Frack ........ . 319 64. SA.-Dienstrock . . . . .. ... 322 65. Blasebalgtasche für den SA.-Dienstrock 325 66. Waffenrock . . . . . . . . . . . . . 326 67. Tuchrock der Luftwaffe ...... . 229 68. Paradejacke für die Kriegsmarine . . . 332 69. Feldbluse . . .. ........ . 334 70. Grundaufstellung für einen Drilchrock . 337 71. Uniformmantel . . . . . . . . . 340 72. Überzieher für die Kriegsmarine. . . 343 73. Umhang ............ . 345 74. Verschiedene Kragenaufstellungen . 346 75. Wattierungen .......... . 349 76. Glocken-, Weiten- und Faltenbildung 351 Kapitel 6: Vergrößerungen· und Verkleinerungen 352 . 1. Allgemeines über die Modellgewinnung . . . . 352 2. Vergrößern und Verkleinern von Sakkos . . . 353 3. Vergrößern und Verkleinern der Hose . . . . 355 Kapitel 7: Kurze Verarbeitungskunde (für die Kontrolle am fertigen Stück) . 356 1. Sakkos . . . . . 356 2. Weste . . . . . . 357 3. Lange Männerhose 357 4. Breecheshose . . . 358 5. mster und Mäntel 358 6. Arbeitsjacken 359 7. Arbeitshosen . . . 359 Kapitel 8: Kleines bekleidungstechnisches Lexikon 363 Erstes Kapitel. Organisationsfragen für Herrenkleiderfabriken. 1. Allgemeine Organisationsfragen. Die erste und wichtigste Kraft in der gesamten Bekleidungsindustrie ist und bleibt der Mensch. Es läßt sich deshalb in der Bekleidungsindustrie sowohl durch technische als durch organisatorische Mittel nur dann rationell und fortschrittlich fabrizieren, wenn die menschliche Arbeitskraft richtig bewertet und zweck. entsprechend eingesetzt wird. a) Allgemeines. Solange die Bekleidungsindustrie existiert - die ersten Herrenkleiderfabriken entstanden in den 60er Jahren des vorigen Jahrhunderts - solange spielt auch die Betriebsorganisation und be sonders die Fabrikationsart eine wichtige Rolle. Wenn auch die Ent wicklung dieses Industriezweiges hier nicht behandelt werden soll, so soll doch erwähnt werden, daß die Bekleidungsindustrie mit der deutschen Industrie im allgemeinen nicht zu vergleichen ist. In fast allen anderen Industriezweigen traten schon bald nach ihrer Entstehung große Werke auf den Plan. In der Bekleidungsindustrie zählen wir selbst heute noch, wo wir bestimmt von einer sehr hoch entwickelten deutschen Bekleidungsindustrie sprechen können, etwa 60% Klein betriebe mit weniger als 10, 20% Mittelbetriebe mit 10-100, 18% größere Betriebe mit mehr als 100 und nur ganz wenige Betriebe mit über 1000 Gefolgschaftsmitgliedern. Trotz dieser Zusammensetzung ist die Bekleidungsindustrie einer der wichtigsten Industriezweige, da in dem gesamten Bekleidungsgewerbe etwas mehr als 12% aller in Deutschland Schaffenden beschäftigt sind. Die Voraussetzung für die fabrikmäßige Herstellung von Beklei dungsstücken aller Art wurde um die Mitte des vorigen Jahrhunderts durch die Entwicklung einer brauchbaren Nähmaschine geschaffen. Es ist auch weiter festgestellt, daß die Rationalisierung in der Beklei dungsindustrie fast gleichzeitig mit dem Vorwärtsschreiten der Näh maschinenindustrie vor sich ging. Im Gegensatz zu vielen andern Industriezweigen haben wir in der Rerrenfertigkleidung neben Firmen, welche Eigenbetriebe unterhalten und in diesen Eigenbetrieben nach verschiedenen Arbeitsmethoden - Einzelarbeit, Teilarbeit oder Fließarbeit - fabrizieren, noch heute sog. Verlegerbetriebe, d. h. Betriebe, welche überhaupt nicht selbst fabrizieren, sondern ihre Stoffe von Heimarbeitern und Lohngewerbe treibenden verarbeiten lassen. Obwohl gerade die Frage, ob Verleger oder Fabrikbetritlb vorteilhafter wäre, lange Jahre recht umstritten Donner, Handbuch für die Bekleidungsindustrie. 1 2 Organisationsfragen für Herrenkleiderfabriken. war, sind nach den Erfahrungen besonders der letzten Jahre Kleider fabriken mit Eigenbetrieben leistungsfähiger. b) Der Aufbau von Kleiderfabriken', Jede Kleiderfabrik sollte sich über ihr Absatzgebiet, ihre Absatzmöglichkeiten, sowie über die hiermit zusammenhängenden Preis-, Form- und fabrikationstechnischen Fragen jederzeit so weit als möglich im klaren sein. Es ist sinnlos, wenn man der Meinung ist - durch besondere Saisonschwankungen usw. bestärkt -, daß ein guter Verkäufer jeden Artikel verkaufen kann, den er verkaufen will. Vielmehr sollte man sein Absatzgebiet dauernd vorsichtig ab- tasten, um hierdurch immer die jeweiligen Dessins und Oekolur BelrieJsf'ül7rung Formen gerade zu der Zeit t, auf den Markt zu bringen, in 1\ 1 \ welcher der Artikel von den 1\ Käuferschichten gern und ohne Slückwore Yersontf besondere Verkaufstricks ge kauft wird. Daß gerade der Be kleidungskaufmann über eine gehörige Portion sog. kaufmän nischen "Fingerspitzengefühls" verfügen muß, ist bekannt. Neben diesem Fingerspitzen gefühl braucht der Kaufmann Arlmilso!Jnoltme in der Fertigbekleidung auch noch viel Geschmack. Der Produktionsprozeß be ginnt mit der allgemeinen Planung in der Betrie bsfüh W~--+---------~-- rung (Abb. 1). Hier wird in der Regel, wenn nicht eine Ab b. 1. Schematische Darstellung einer Kleiderfabrik mit Fabrikbetrieb. Der Produktiol)Sablauf reiht sich besondere Einkaufsabteilung folgerichtig aneinander. Betriebsführung und Betriebs- leitung sind zentral gelagert. vorhanden ist, der Einkauf getätigt. In Zusammenarbeit mit dem Betriebsleiter, dem Modellzuschneider - auch 1. Zuschneider genannt - und dem leitenden kaufmännisch-technischen Angestellten müssen hier die Kollektionen nach Artikel, Dessins, Form und dem für das in Frage kommende Bekleidungsstück geeigneten Schnitt zu sammengestellt werden. Die Kostenrechnung (s. Kap. 1, Abschn. 12, Material- und Fertigungskosten) wird ebenfalls gemeinsam aufgestellt. Diese Planungsarbeit geht etwa folgendermaßen vor sich. Die Stoffabrikanten legen für die kommende Wintersaison in den Monaten Januar bis März, für die Sommersaison vom August bis Sep tember ihre neuen Stoffe vor. Der Kleiderfabrikant bzw. sein Einkäufer sucht aus den einzelnen Kollektionen die Artikel und Dessins aus, von denen er auf Grund seiner Verkaufserfahrungen, seines Geschmackes und seines "Fingerspitzengefühls" glaubt, daß sie für seinen Kunden kreis geeignet wären. Wenn diese Gesichtspunkte fast immer nach bestem Wissen und Gewissen berücksichtigt werden, so kann man doch immer wieder feststellen, daß der Art und Verarbeitu'WJsfähigkeit des Allgemeine Organisationsfragen. 3 Stoffes leider sehr selten genügende Beachtung geschenkt wird. Wie oft kommt es vor, daß dieser oder jener Artikel wirklich gut ist und gut aus sieht und außerdem auch allgemein gefällt, daß er aber für die in ein zelnen Kleiderfabriken hergestellten Bekleidungsstücke durchaus nicht geeignet ist. Weiter gibt es unzählige Fabriken, welche auf bestimmte Artikel, z. B. Kammgarne, schwarze Sachen, Gahardine, Popeline, Tuche usw. überhaupt nicht eingestellt, d. h. eingearbeitet sind. Schwie rigkeiten in der Fabrikation, unangenehme Reklamationen von seiten der Kunden sind dann die Folgen. Hiermit sei nun aber durchaus nicht gesagt, daß jede Kleiderfabrik dauernd auf bestimmte Artikel festsitzen muß. Das verbietet schon der stete Wechsel der Mode und der Absatz markt. Es ist jedoch unbedingt zu empfehlen, bei der Auswahl der auf zunehmenden Artikel sehr eingehend zu überlegen, ob das aus dem aus gesuchten Stoff herzustellende Bekleidungsstück in den jeweiligen Fabri kationsrahmen hineinpaßt. Die verantwortlichen technischen Leiter sind daher zweckmäßig in allen zweifelhaften Fällen bei der Zusammen stellung der Kollektionen hinzuzuziehen. Auch der Umfang der Kollektion ist äußerst wichtig. Hier wird oft der Fehler gemacht, daß man sich sagt, es käme auf ein paar Artikel mehr oder weniger überhaupt nicht an. Tatsächlich wird durch diese Einstellung der Verkauf allzu leicht zersplittert, d. h. die Kund schaft bestellt wohl die übliche Menge, aber so viele verschiedene Formen und Artikel, daß man nicht mehr von Serienbestellungen sprechen kann, sondern nur sog. Einzelaufträge herauskommen. Große Fabriken können dann wohl durch geschicktes Zusammenstellen in der Zuschnei derei usw. zu rentablen Schnitten und Serien kommen, während mittlere und kleinere Betriebe erheblich höhere Fabrikationskosten aufbringen müssen. Jede Kleiderfabrik sollte sich außerdem bemühen, einen oder wenige Artikel, von denen sie bestimmt weiß, daß ihrem Betrieb die Verarbei tung gerade dieser Ware sowohl geschmacklich, im Schnitt und auch fabrikationstechnisch besonders liegt, herauszugreifen, ihnen ganz be sondere Aufmerksamkeit schenken und den Verkauf dieser Erzeugnisse stark forcieren. Hierdurch schafft man sich gewisse Standardartikel, welche nach kurzer Zeit dadurch, weil sie in größeren Mengen anfallen, besonders gut und preiswert auf den Markt gebracht werden können. Nachdem dann die in der kommenden Saison aufzunehmenden Artikel und Dessins festliegen, müssen für die Musterteile von besonders zugkräftigen Artikeln Mustera bschnitte bestellt werden. Es kommt auch, besonders bei größeren Fabrikanten und bei ansteigenden Roh materialpreisen vor, daß bei der ersten Kollektionsvorlage von seiten der Kleiderfabrikanten gleich umfangreiche Abschlüsse getätigt werden. In der Regel wird die Stückware jedoch erst nach den ersten Kauf abschlüssen mit den Bekleidungs-Einzelhändlern bestellt. Aus den angelieferten Musterabschnitten werden dann die hieraus herzustellenden Bekleidungsstücke nach Schnitt und Form festgelegt und gleichzeitig die voraussichtlichen Fabrikationskosten ermittelt. Gerade die Form und der Schnitt müssen besonders sorgfältig aus gewählt werden, weil sich z. B. nicht jeder Stoff für einen Ulster, sondern 1* 4 OrganisatioIlBfragen für Herrenkleiderfabriken. vielleicht besser für einen Ulsterpaletot usw. eignet. Bei den Anzügen, Hosen und sogar bei der Berufsbekleidung ist es ähnlich. Auch die voraussichtlichen Fabrikationskosten müssen schon bei der allgemeinen Planung festgelegt werden, denn es kommt vor, daß sich ein Artikel nur dann verkaufen läßt, wenn das Fertigprodukt eine bestimmte Preis grenze nicht überschreitet. Jetzt entwirft der Modellzuschneider die Modelle für die neuen Formen und gleichzeitig ist der leitende kaufmännisch-technische An gestellte um die Beschaffung der passenden und zweckmäßigen Futter sachen, Knöpfe und Nähmaterialien bemüht. Auch die innere Aus stattung sollte in jeder Beziehung, besonders jedoch vom Standpunkt der Zweckmäßigkeit und des Geschmacks einwandfrei sein. Es ist ein Unding, wenn z. B. ein grauer Sakko mit modfarbigem Ärmelfutter versehen wird. Ebenfalls darf eine graue Hose kein modfarbiges Taschen und Bundfutter erhalten, die Weste selbstverständlich kein in bräun lichen Tönen gehaltenes Innenfutter . Hier müssen also sämtliche heller gehaltenen Futtersachen silbergrau bzw. grau sein. Umgekehrt darf ein modfarbiger oder ein Anzug in braunen Tönen kein graues Ärmelfutter, keine silbergrauen Hosentaschen, kein graues Bundfutter und auch kein graues Westeninnenfutter bekommen. In diesem Falle müssen sämtliche helleren Futtersachen in Elfenbein, modfarbigem oder bräunlichem Ton gewählt sein. Daß Mantelinnen- und Mantelärmelfutter, Sakkoinnen futter, Westenrücken, Pattenfutter usw: zum Oberstoffpassen müssen, sei hier nur nebenbei erwähnt. (Über die handelsüblichen Abfütterungsmöglichkeiten, Wattierung, Größe der Tascheneingriffe und Taschenbeutel und ähnliche Fragen s. Kap. 10, Verarbeitungs kunde. Verbrauchssätze für Futter, Knöpfe, Nähmaterial usw. s. Kap. I, Abschn.I2, Material- und Fertigungskosten.) Nun werden die Musterteile nach den vom Modellzuschneider ent worfenen Papiermodellen zugeschnitten (s. Kap. 1, Abschn. 2, Zu schneiderei), in der Einrichterei eingerichtet und in Arbeit gegeben; bei Fabrikationsbetrieben in der Regel in Einzelarbeit in den Betrieb, beim Verlegerbetrieb in Heimarbeit. Immer ist diesen Musterteilen eine genaue Verarbeitungsanweisung und sofern es sich um Großstücke mit Klappe (Fasson) handelt, ein Papiermodell der fertigen gewünschten Klappenform und des Kragenansatzes beizugeben. Diese Musterstücke dürfen selbstverständlich nur von zuverlässigen Arbeitern angefertigt werden, da ja von ihrem Ausfall mancher Auftrag abhängt. Bei Lieferung sind diese Musterteile sorgfältig abzunehmen und werden bei in jeder Beziehung einwandfreiem Sitz, guter Linienführung und tadelloser, nach der jeweiligen Verarbeitungsanweisung vorgenommenen Ver arbeitung in der Kollektion als Musterstück geführt. Hierauf wird der genaue Werkstoffverbrauchssatz - Stoffverbrauch, Futterverbrauch, Knöpfe, Schnallen, Nähmaterial - (s. Kap. I, Abschn.12, Material- und Fertigungskosten), der Schnitt-, Maschinen näh-, Handnäh-, Spezialmaschinennäh- und Bügellohn ermittelt und die Gesamtkostenrechnung aufgestellt (s. auch Musterformular für die Kostenrechnung Nr. 8). Sollten durch Anfertigung der Musterstücke und auf Grund der bisherigen Erfahrungen die genauen Fertigungs-

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