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Handbuch der Serodiagnose der Syphilis PDF

554 Pages·1924·38.081 MB·German
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HANDBUCH DER SERODIAGNOSE DER SYPHILIS VON PROFESSOR DR. C. BRUCK PRIV.-DOZ: DR. E. JACOBSTHAL LEITER DER DERMATOLOG. ABTEILUNG LEITER DER SEROLOG. ABTEILG. DES ALLGEM. DES STÄDT. KRANKENHAUSES ALTONA KRANKENHAUSES HAMBURG-ST. GEORG PRIV. DOZ. DR. V. KAFKA OBERARZT DR. J. ZEISSLER LEITER DER SEROLOGISCHEN ABTEILUNG DER LEITER DER SEROLOGISCHEN ABTEILUNG PSYCHIATR. UNIV.-KLINIK U. STAATSKRANKEN- DES STÄDT. KRANKENHAUSES ALTONA ANSTALT HAMBURG-FRmDRICHSBERG HERAUSGEGEBEN VON CARL BRUCK ZWEITE NEUBEARBEITETE UND VERMEHRTE AUFLAGE MIT 46 ZUM TEIL FARBIGEN ABBILDUNGEN BERLIN VERLAG VON JULIUS SPRINGER 1924 AJ,LE RECHTE, INSBESONDERE DAS DER üBERSETZUNG IN FRE:MDE SPRACHEN, VORBEHALTEN. COPYRIGHT 1924 BY JULIUS SPRINGER IN BERLIN. ISBN 978-3-642-88990-5 ISBN 978-3-642-90845-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-90845-3 Vorwort zur zweiten Auflage. Als Ende 1921 die Verlagsbuchhandlung Julius Springer an mich mit der Aufforderung herantrat, eine Neubearbeitung meiner im Jahre 1909 im gleichen Verlage erschienenen ersten Monographie über die von WASSERMANN, NEISSER und mir entdeckte Reaktion zu übernehmen, war ich mir der Schwierigkeit dieser Aufgabe wohl bewußt. Damals handelte es sich um ein interessantes Phänomen, dessen theoretischer und klinischer Wert noch nicht in vollem Umfange bekannt geworden war und dessen erschöpfender Darstellung keine besonderen Hemmnisse im Wege standen. Heute hat die Serodiagnostik der Syphilis und die mit ihr zusammenhängenden theoretischen und praktischen, a He medizinischen Disziplinen berührenden Fragen einen Umfang und eine Bedeutung angenommen, daß man fast von einem Sondergebiet der Serologie sprechen kann. Daß zur vollkommenen Darstellung dieses Gebietes die Kraft und die Zeit eines Einzelnen nicht mehr genügen würde, war mir klar, zumal es nicht in meiner Absicht lag, die zahlreichen bereits vorhandenen trefflichen Monographien über die Wa-R (ich nenne nur z. B. diejenigen von BOAS, R. MÜLLER, SONNTAG usw.) durch eine weitere zu vermehren, sondern mir der Gedanke vorschwebte, eine möglichst lückenlose Darstellung des ganzen mit der Serodiagnose der Syphilis zusammen hängenden Gebietes zu erreichen und nicht nur die Komplementbindungsreaktion und ihre Abarten, sondern auch die anderen praktisch wichtig gewordenen Methoden aufzunehmen. Ich darf es als besonderes Glück bezeiehnen, daß mir drei so hervorragende und gerade auf diesem Gebiete so erfahrene hiesige Forscher, wie J ACOBS THAL, KAFKA und ZEISSLER ihre Unterstützung zusagten, und hoffe, daß durch die im mündlichen Meinungsaustausch festgelegte Zusammenarbeit die Ein heitlichkeit des Ganzen gewahrt wurde und die Gefahr eines durch mehrere Mitarbeiter geschaffenen Handbuches, Wiederholungen und widersprechende Ansichten zu zeitigen, vermieden worden ist. Die Einteilung des Stoffes wurde so geregelt, daß ich unter Zugrundelegung und in Erweiterung der 1. Auflage meiner "Serodiagnose" die Entwicklung der Serodiagnostik der Syphilis, das Wesen der Komplementbindungsreaktion und ihre klinische Bedeutung darzustellen versuchte, während ZEISSLER die Technik der 'Wa-R und ihrer Modifikationen, JACOBSTHAL die immer mehr an Be deutung gewinnenden Präzipitations- und Flockungsmethoden und KAFKA das große und spezielle Gebiet der Lumbalflüssigkeitsuntersuchung, sowie anhangs weise die Luetinreaktion behandelte. Die Literaturverzeichnisse enthalten - ebenfalls nach diesen Materien geordnet - wenn auch vielleicht nicht sämt liche, so doch alle wichtigeren Arbeiten deutscher und ausländischer Forscher bis Ende 1922. Für deutsche Leser ist bei solchen Arbeiten, die ihm schwer zugängig sind, nach Möglichkeit ein ihm leichter erreichbares Referat zitiert. Ich darf auch an dieser Stelle meinen Mitarbeitern meinen aufrichtigen Dank für ihre so wertvolle Unterstützung aussprechen und möchte auch nicht verfehlen, der Verlagsbuchhandlung Julius Springer für die in jetziger Zeit besonders anerkennenswerte Ausstattung des Buches zu danken! Hamburg -Altona, Juli 1923. earl Bruck. Inhaltsverzeichnis. Seit" Erster Teil. C. Bruck, Entwicklung der Serodiagnose der Syphilis. Literatur ... Zweiter Teil. C. B ru c k, Wesen der Komplementbindungsreaktion bei Syphilis. A. Theorien der Reaktion und ihre experimentelle Stützen .... 6- 22 Syphilisantigen und spezifische Antikörper? 6. - Normalorganextrakte 7. - Alkoholische Organextrakte und Lipoide 8. - Lezithin 9. - Lipoid ausflockullgen 10. - Physikalisch-chemische Erklärungen 10. - Autoanti körpertheorien 12. -- Echte Antikörper? 13. - Versuche an Kaninchen 13. - Antikörper gegen Spirochätensubstanzen? 14. - Antikörper gegen Organ substanzen? 15. - Beweiskraft der Kaninchenversuche 16. - Lipoidanti körper? 16. - Gründe gegen die Autoantikörpertheorie. Gewebszerfall produkte? ]7. - Wirkung chemischer und physikalischer Eingriffe auf das Serum 19. - Aminosäuren 19. - Äther- und Chloroformextraktion 20. - Andere Substanzen 21. - Physikalische Einwirkung 21. B. Bedeutung der Globuline 22- 25 C. Bedeutung der Lipoide 25 Lipoide im Organextrakt . . 25 Lipoide des Luesserum . . . 26 D. Entstehungsorte der Reagine . 27- 29 E. Mechanismus der Komplementbindung . 29 Fermentwirkungen 29. - Fällungsvorgänge 30. - Ausflockungsreak tionen 31. - BRucKsche Reaktion 33. - \VASSERMANNS Filtrationsversuche und Bestätigungsreaktion 34. Zusammenfassung. 34- 35 Literatur ...... . 35- 45 Dritter Teil. C. B ru c k, Klinische Bedeutung der Sm'odiagnose bei Syphilis. I. Spezifizität der Reaktion. A. 1. Spirochäten- und Trypanosomenerkrankungen 50 2. Lepra .. 51 3. Scharlach 53 4. Malaria 56 5. Fleckfieber 58 6. Ulcus tropicum 59 7. Leichensera . . 59 B. 1. Ulcus molle GI 2. Lup. eryth. acut. 62 3. Narkoseseren . . 62 C. 1. Tuberkulose und Tuberkulide 63 2. Tumoren . . . . . . 65 3. Andere Krankheiten. 66 Zusammenfassung . 67 Inhaltsverzeichnis. V Heit.e II. Vorkommen und Verwertbarkeit der Reaktion bei Syphilis. 68- 81 A. Primärstadium 68 :B. Sekundärstadium 76 C. Tertiärstadium 77 D. Latenzstadien . . 79 E. Kongenitale Lues 80 III. Bedeutung für Diagnose und Prognose 81- 99 A. Primärstadium 81 :B. Sekundärstadium 82 C. Tertiärstadium 83 D. Lues latens . . . 84 E. Kongenitale Lues 91 Vererbungsgesetze 95 IV:. Verwertbarkeit der Reaktion 100-109 1. Innere :M:edizin . 100 2. Chirurgie. . . . . . . . . 101 3. Augenheilkunde. . . . . . 102 4-. Geburtshilfe, Gynäkologie und Kinderkrankheiten 104 5. Laryngologie, Rhinologie lmd Otologie 104 6. Pathologische Anatomie 105 7. Gerichtliche Medizin 106 8. Wert für soziale Fragen 107 a) Lebensversicherung . 107 b) Ehekonsens . . . . 107 c) Ammenuntersuchung 108 d) Prostituiertenuntersuchung 108 e) Verbreitung der Syphilis . 109 V. Einfluß der spezifischen Behandlung 109-122 a) Quecksilber . . HO b) Arsenpräparate . . . . . . H8 c) Jod u. a. . ...... . 119 d) Provokation der Rp,aktion . 119 Zusammenfassung 121 Literatur ......... . 122-162 Vierter Teil. J. Z eis sie r, Technik der KomIllementbindungsreaktion bei 8yphilis. A. Reagentien .. 164 1. Blutkörperchen 164 2. Amboceptor. . 166 3. Komplement . 167 4-. Patientenserum 169 5. Extrakte . . . 172 B. Methoden . . . 180 1. Aktive Methoden (STERN, NOGuom, MÜLLER -LANDSTEINER, TSOHERNOGUBOW, HEOHT) 182--]84- 2. Inaktive Methoden 184 BAUER, V. DUNGERN 184. - Origiualmethode WASSERMANN NEISSER-BRuoK 185. _. Staatliche Anleitung 190. - SORMANI 193. - BOAS 194. - MUP 196. Bewertung des Reaktionsausfalls 201 Paradoxe Seren . 202 J\fikromethodon 204 Selbsthemmung 205 Zusammenf assung 206 Literatur ..... 206-235 VI Inhaltsverzeichnis. Seite Fünfter Teil. E. Ja e 0 b s t bai, Präzipitations- und Floekungsreaktionen zum Luesnaebweis. Allgemeines zur Geschichte der Fällungsreaktionen . 237 I. Labilitätsreaktionen ....... . 238 A. Spezieller Teil. 1. FORNET-SOHERESOHEwsKI-Reaktion 238 2. KLAusNERsehe Reaktion ..... 239 3. Reaktionen von SAOHS-ALTMANN . 241 4. Die BRuoKschen serochemischen Reaktionen . 242 5. Senkungsbeschleunigungsreaktion . . . . 248 6. Formalinreaktion von GATE-PAPAOOSTAS 250 B. Wesen der Labilitätsreaktionen 251 Ir. Lipoidbindungsreaktionen ...... . 254 1. PORGES-MEIERsche Reaktion . . . . . . . 255 2. Reaktion von ELIAS-NEUBAUER-PORGES-SALOMON. 256 3. PORGEs-HERMAN-PERuTz-Reaktion .. 257 4. Optische Sero diagnose von JAOOBSTHAL 258 5. Flockungsreaktion von BRUOK-HIDAKA 260 6. Kuorinreaktion von TERUUOHI-ToYODA 261 7. HOHNsche Methode . 262 8. Meiostagminreaktion. . 263 9. VERNEssche Reaktion . 264 10. SAOHs-GEORGI-Reaktion 267 11. MEINIOKES Reaktionen 281 12. HEoHTsche Reaktion. . 294 13. KODAMAS Schichtungsprobe 296 14. DREYER-\VARDsche Technik 296 KAHNS Reaktion . . . . . 297 Beschleunigungsmethoden 297 15. BRuOKsche Reaktion (B-R) 298 16. Trübungsreaktionen (DOLD, MEINIOKE) 300 17. Kombinierte Fällungs-Komplementbindungsmethoden (Drei zeitige Me- thoden) ., .......... . 305 18. Zweizeitige Lipoidbindungsmethoden . 309 a) Konglutination (KARVONEN) . . . 309 b) KH-Reaktion ......... . 311 c) Geriunungsreaktion (HIRSOHFELD-hlINGER) 312 IH. 'l'heoretisoher Teil. . . . 313-362 Extraktfrage . . . . . . . . 321 Chemische Natur der Flocken 325 Eigenschaften des Serums 334 Einfluß der Temperatur. . . 342 Einfluß des Salzgehalts . . . 347 Einfluß von chemischen Eingriffen. 349 Zur Theorie der M-R ...... . 351 Ausfällungsreaktion mit Tierseren 360 Systematik der serodiagnostischen Methoden 362 Methoden zur Ablesung der Ergebnisse 363 T e c h n i sc her An h a n g. I. Labilitätsreaktionen ........ . 367-369 FORNET-SOHERESOHEWSKI 367. --- hlHTSNER 367. BRUOK 367. Blut körperchpnsenkungsbeschleunigung 369. ~ GATE-PAPAOOSTAS 369. II. Lipoidbindungsreaktionen . . . . . . . . . . . . . . . . 370-396 MIOHAEI"IS 370. - PORGES-MEIER 370. - ELIAS usw. 370. - PORGES, HERMAN, PERUTZ 370. - Optische Serodiagnose (JAOOBSTHAL) 372. - Kuorinreaktioll 373. - HOHN 374. - Meiostagminreaktion 374. - SAOHS GEORGI 375. - SG-R II 376. - MEINIOKES Dritte Mod. DM 377. - DREYER- Inhaltsverzeichnis. VII Seite W ARDS 378. - KODAlIiA 382. - KA.HN 383. - BRucK (B-R) 384. - DOLD (DT I) 385. - DT II 387. - MEINICKES Trübungs-Reaktion (M-TR I) 388. - M-TR II 389. - Desgl. mit cholesterinfreiem Balsam 389. - M-R II 391. - HECHT (H-FR II) 392. - KARVONEN 393. - HmsCHFELD-KLINGER 394. Literatur ............................ 397-418 Sechster Teil. V. K a f k a, Lumbalflüssigkeit und Bedeutung der Serodiagnose der Syphilis für Neurologie nnd Psychiatrie. Technik der Lumbalpunktion und der Bestimmung des Liquordruckes . 419 I. Methodologisches. A. Komplementbindung . 421 B. Flockungsreaktionen . 423 1. SACHs-GEoRGI-Reaktion 423 2. D-M. . . . . . . . . 424 3. BRucKsche Reaktion 424 C. Immunbiologische Reaktionen 424 D. Kolloidreaktionen. 426 1. Goldsolreaktion . . . . 426 2. Mastixreaktion . . . . 431 3. Berliner Blau-Reaktion 434 4. Karkolidreaktion 435 5. Kollargolreaktion . . . 436 6. Benzoereaktion . . . . 437 7. Kongorubinreaktion . . 438 Zusammenfassung und Theorie der Kolloidreaktionen 439 E. Eiweißfällungsreaktionen 442 1. Gesamteiweiß: a) NIsSL-Methode . . . . . ',142 b) Methode von ROBERTS usw. 443 c) Andere Methoden 443 2. Globulinbestimmung: a) NONNE-APELTS Phase I . 443 b) Buttersäureprobe (NOGUCHI) 444 c) Phenolreaktion (PANDY). . 444 d) Sublimatreaktion (WEICRBRODT) 445 e) Ammonsulfat (KAFJu). . . 445 f) Salzsäure (BRAuN-HusLER). 447 g) Milchsäure (BRucK). . . . 447 F. Morphologische Reaktionen. 1. Zellzählung. . . . . . . 447 2. Zellfärbung. . . . . . . 448 a) Französische Methude . 448 b) nach FrSCHER-KA]'KA 443 c) nach SZESCI . . . . 449 d) nach ALzHEIMER . . 449 e) nach SCHLÜCHTERER 449 H. Befunde. A. Bewertung des Lumbalbefundes 449 B. Der normale Liquor ..... 453 C. Der pathologische Liquor 456 D. Gesamtprofile oder -spektren. . 457 1. Ohne klinisch nach weisbare Beteiligung des Zentralnerven systems. a) Lues I. . . . 41i& ~~I~ll ~ VIII Inhaltsverzeichnis. Seite c) Lues II . . 461 d) Lues III 466 e) Lues latens 468 f) Lues congenita . 469 2. Bei syphilitischen Erkrankungen des Zentralnervensystems. a) Paralyse. . . . . . 470 b) Lues cerebrospinalis 476 c) Tabes . . . . . . . 478 d) Isolierte Pupillenstörungen 478 IH. Bewertung der Liquorbefunde 479 A. Allgemeine Bewertung. 1. Einzelne Liquorreaktionen 479 2. Der ganze Liquorbefund . 480 B. Spezielle Bewertung. 1. Diagnostik . . . . . . . 481 2. Prognostik und Therapie 486 Siebenter Teil. V. Kai k a, Die Luetinreaktion und ihre Verwertbal'keit 494 Literatur über Lumbalflüssigkeit und Luetimeaktion . 497-503 Namenverzeichnis. 504 Sachverzeichnis .. 530 Erster Teil. Entwicklung der Serodiagnose der Syphilis. Von C. Bruck-Altona. Versuche, eine Diagnose der Syphilis aus dem Blute zu ermöglichen, Teichen bis zu der Zeit zurück, in der die Erkenntnis von der Pathologie dieser ErkTankung überhaupt festere Formen annahm und die ungeheure Vielgestaltig keit des klinischen Bildes immer mehr vor Augen trat. Die jahrzehntelang betriebene, von so viel Hoffnungen und Täuschungen gefolgte Jagd nach dem Syphiliserreger hat zwar mit der Entdeckung der Spirochaeta pallida ihren Abschluß gefunden, aber die Hoffnung, daß zugleich mit der Auffindung des Krankheitserregers eine ätiologische Blutdiagnostik geschaffen werden könnte, hat sich als trügerisch erwieRen. Zwar sind in seltenen Fällen (NöGGERATH und STÄRELIN, E. HOFFMA_NN, RAuBITscHEK) vereinzelte Spirochäten im Blute gefunden worden, aber der Nachweis ist trotz der durch E. HOFFMANN, UHLEN HUTH, MULZER u. a. zu hoher Vollkommenheit verbesserten Impitechnik ein derartig schwieriger und inkonstanter, daß man zugleich mit der Hoffnung der diagnostischen Verwertbarkeit dieses Nachweises die alte Anschauung von der Syphilis als exquisiter Blutkrankheit fallen lassen mußte. Auch die zahlreichen älteren biologisch -chemischen Untersuchungen des Syphilisblutes hatten zu diagnostisch verwertbaren Resultaten nicht geführt. Die Veränderung der Zahl der Blutkörperchen, des Hämoglobin- und Eisen gehaltes konnte nach den Untersuchungen von NEUMANN-KoNRIED, REIss, STONKOVENOFF-SELINEFF, LIEGEOIS, MALASSEZ, RILLE, ÜPPENHEIM und LÖWEN- 13AcHfür die Diagnose nicht herangezogen werden. Die von MONNOD, VERRO'l'TI, SORRENTINO und besonders von JUSTUS behauptete Resistenzverminderung der Erythrozyten bei Lues, die sich in einem Abfall des Hämoglobingehaltes nach der ersten Quecksilberinjektion äußern soll, konnte von NAGELSCHMIDT nicht bestätigt werden. Ebenso führten die Untersuchungen über eine Vermehrung des Eiweißgehaltes des Syphilisblutes (RICORD, GRASSI u. a.) und diejenigen über Reaktionsveränderungen, Gefrierpunktbestimmungen usw. nicht zum Ziel. Aber auch die schon im Zeichen der modernen Immunitätslehre stehenden AI'beiten von DE'rRE und SELLEI, über die Agglutinabilität von Lues- und Normalblut, sowie diejenigen von NAGELSCHMIDT über Agglutinations-, Hämo lyse- und Präzipitationswirkung von Luesserum hatten keinen praktischen Erfolg. Handbuch der Serodiagnose. 2. Auf!. 1 2 C. BRUOK, Entwicklung der Serodiagnose. Erst durch die Einführung der Komplementbindungsreaktion zur Syphilis diagnose durch WASSERMANN, NEISSER und BRucK wurde das Ziel aller dieser Untersuchungen, eine praktisch brauchbare Erkennung der Lues aus dem Blute zu ermöglichen, endlich erreicht. Die historische Entwicklung der Komplement bindungsreaktion reicht in letzter Instanz wieder bis zu den Arbeiten des Be gründers der ganzen Immunitätsforschung PAUL EHRLICH zurück. Um die von EHRLICH stets betonte Pluralität der Komplemente zu widerlegen und einen Beweis für die Einheitlichkeit dieser Körper zu erbringen, stellten im Jahre 1901 BORDET und GENGOU den Versuch an, ein in ein sogenanntes hämolytisches System passendes Komplement an Bakterien, die mit ihrem spezifischen bakte riolytischen Ambozeptor beladen sind, zu binden. Diese Versuche hatten einen positiven Erfolg. Beluden sie z. B. Cholera vibrionen mit dem spezifischen Cholera ambozeptor, so waren diese sensibilisierten Vibrionen imstande, Meerschweinchen serum aus dem hämolytischen System: Meerschweinchenkomplement - Kanin chen-Hammelblutimmunserum-Hammelblut, an sich zu ketten und durch diese Bindung den Vorgang der Hämolyse zu vereiteln. B. und G. erkannten hierbei die Spezifität dieses Vorganges und wiesen auf die diagnostische Verwertung dieser sogenanntenKomplementbindungsreaktion zur Erkennung von Bakt erien einerseits und der für sie spezifischen Ambozeptoren andererseits hin. In der Folgezeit zeigte GENGOU, daß nicht nur gegen Vollbakterien, sondern auch bei der Immunisierung gegen gelöste Eiweißsubstanzen (Blutserum, Kasein usw.) Antikörper von Ambozeptorencharakter auftreten, die sich durch Komplement bindung nachweisen lassen. Diese Versuche wurden dann erst wieder aufge nommen durch GAY und besonders durch MORESCHI, der in dem beim Zusammen treffen von Antigen und Antikörpern entstehenden Präzipitat die Ursache für die eintretende Komplementbindung sah. Praktische Result.ate hatten diese Experimente aber nicht erzielt. Diese folgten erst, als MAx NEISSER und SACHS im Jahre 1905 die Komplementbindungsreaktion zur Differenzierung von Eiweißarten für forensische Zwecke empfahlen. Bald darauf (Ende 1905) konnten WASSERMANN und BRucK zeigen, daß die Komplementbindung nicht abhängig zu sein braucht von sichtbaren Präzipitationsvorgängen, einer An schauung, der sich später auch MORESCHI angeschlossen hat, und daß die Kom plementbindungsreaktion nicht nur gelingt mit morphologisch erhaltenen Voll bakterien, sondern auch mit gelösten Stoffen aus Bakterienleibern (Bakterienextrakten). Hierdurch war nun die Möglichkeit gegeben, diese Reaktion für die klinische Diagnose in hervorragendem Maße zu verwerten; und zwar nach zwei Seiten hin: 1. Konnte versucht werden, mit Bakterienextrakten als Antigen die zu gehörigen spezifischen Ambozeptoren im Krankenserum nachzuweisen und auf diese Weise eine indirekte spezifische Diagnose zu stellen, und 2. war die Möglichkeit einer direkten spezifischen Diagnose gegeben, nämlich mit Hilfe spezifischer Ambozeptoren (künstlicher Immunseren) das zugehörige Antigen, also die gelösten Stoffe des betreffenden Mikroorganismus, im Blute aufzufinden. In dieser Weise konnten nun WASSERMANN und BRUCK die Komplement bindung mit Erfolg zuerst bei Typhus und Meningitis epidemica (hier auch zur Wertbemessung von Meningokokken-Antiseren) verwerten und bis in die neueste Zeit mehren sich die Krankheiten, bei denen die Reaktion in dieser

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