Handbuch der Demographie 2 Anwendungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH u. Mueller . B. Nauck . A. Diekmann Herausgeber Handbuch der Demographie 2 Anwendungen Mit 114 Abbildungen und 107 Tabellen Springer Prof. Dr. Ulrich Mueller Universitiit Marburg Institut fur Methodenwissenschaften und Gesundheitsforschung, Fachbereich Humanmedizin Bunsenstrasse 2 D-3S033 Marburg Prof. Dr. Bernhard Nauck Technische Universitiit Chemnitz Institut fur Soziologie Reichenhainerstrasse 7 D-09126 Chemnitz Prof. Dr. Andreas Diekmann Universitiit Bern Institut fur Soziologie Unitobler Lerchenweg 36 CH-3000 Bern 9 Gedruckt mit Unterstiitzung des Forderungs- und Beihilfefonds Wissenschaft der VG Wort. ISBN 978-3-642-63022-4 Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Handbuch der Demographie / Hrsg.: Ulrich Mueller ... - Berlin; Heidelberg; New York; Barce\ona; Hongkong; London; Mailand; Paris; Singapur; Tokio: Springer Bd. 2. - (2000) ISBN 918-3-642-63022-4 ISBN 918-3-642-51098-8 (eBook) DOI 10.1007/918-3-642-51098-8 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte. insbesondere die der Obersetzung. des Nachdrucks. des Vortrags. der Entnahme von Abbildungen und Tabellen. der Funksendung. der Mikroverfilmung oder der Vervielfliltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungs anlagen. bleiben. auch bei nur auszugsweiser Verwertung. vorbehalten. Eine Ver vielfliltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulăssig. Sie ist grundsătzlich vergiitungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. CI Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2000 Softcover reprint ofthc hardcover Ist edition 2000 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen. Handelsnamen. Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme. daR so\che Namen im Sinne der Warenzeichen- und Marken schutz-Gesetzgebung a1s frei zu betrachten wăren und daher von jedermann be nutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Erich Kirchner. Heidelberg SPIN 10132926 42/2202-5 4 3 2 1 O - Gedruckt auf săurefreiem Papier Inhaltsverzeichnis Band 11 Anwendungen Inhaltsverzeichnis ........................................................................................................... v IV. Anwendungen 17 Fertilitätsentwicklung: Trends, Erklärungen und empirische Ergebnisse Paul B. Hill und Johannes Kopp ................................................................ 729 18 Mortalität Charlotte Höhn ........................................................................................... 751 19 Allgemeine Epidemiologie Dankmar Böhning ...................................................................................... 782 20 Bevölkerungsgeographie Jürgen Bähr ................................................................................................ 866 21 Wanderungen: Formen und Vorkommen Jürgen HoJfmeyer-Zlotnik .......................................................................... 916 22 Entwicklungstendenzen, Erklärungsansätze und Forschungsbefunde zum Heiratsverhalten Paul B. Hill und Johannes Kopp ................................................................ 958 23 Nichtkonventionelle Lebensformen Norbert F. Schneider. Doris Rosenkranz und Ruth Limmer ...................... 980 24 Bevölkerungsdynamik und Arbeitsmarkt Uwe Blien und Wolfgang Meyer .............................................................. 1025 25 Modelle zur Messung und Erklärung personeller Einkommensverteilungen Henriette Engelhardt ................................................................................ 1066 26 Konsum und Vermögen Georgios Papastefanou ............................................................................ 1092 27 Differentielle Fertilität und soziale Mobilität Johann Handl ........................................................................................... 1110 vi Inhaltsverzeichnis 28 Wohnungsmarkt und Bevölkerungsentwicklung Jürgen Friedrichs und Robert Kecskes .................................................... 1120 29 Bevölkerungsstruktur und Religionszugehörigkeit Gerald Kretzschmar ................................................................................. 1138 30 Überblick über moderne Bevölkerungsgeschichte nach Weltregionen Thomas Büttner ........................................................................................ 1172 Literaturverzeichnis .................................................................................................. 1250 Stichwortverzeichnis ................................................................................................ 1388 Autorenverzeichnis ................................................................................................... 1406 Inhaltsverzeichnis Band I ModeUe, Theorien und Methoden Vorwort ......................................................................................................................... v Die Verfasser des Handbuchs .................................................................................... viii Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................... xi I. Maße und fonnale Modelle Die Maßzahlen der Bevölkerungsstatistik Ulrich Mueller ................................................................................................ 1 2 Dynamik einer Population Ulrich Mueller .............................................................................................. 92 3 Dynamik interagierender Bevölkerungen Klaus G. Troitzsch ...................................................................................... 135 4 Wanderungsdynamik Günter Haag und Kathrin Grützmann ....................................................... 184 5 Regionaldemographische Ansätze als formales GelÜst rur die Formulierung von Prognosemodellen Manfred Fischer ......................................................................................... 238 II. Theorien 6 Ökonomische Theorien in der Bevölkerungswissenschaft Norman Braun ............................................................................................ 298 7 Soziologische Ansätze zur Bevölkerungsentwicklung Johannes Huinick ....................................................................................... 339 8 Menschliche Reproduktion aus verhaltensökologischer Perspektive Eckart Voland und Claudia Engel ............................................................. 387 9 Theorien der Migration Frank Kalter ............................................................................................... 438 viii Inhaltsverzeichnis III. Methoden 10 Zugang zu den Daten der Demographie Carola Schmid ............................................................................................ 476 11 Untersuchungsdesigns in der Bevölkerungswissenschaft Henriette Engelhardt .................................................................................. 524 12 Beschreibung und Modellierung von Verweildauerverteilungen Götz Rohwer ............................................................................................... 562 13 Regressionsverfahren in der Bevölkerungswissenschaft Josej Brüderl .............................................................................................. 589 14 Methoden der Bevölkerungsvorausberechnung Manfred Bretz ............................................................................................. 643 15 Methoden der Netzwerkanalyse Walter Bien ................................................................................................. 682 16 Methoden der historischen Bevölkerungsforschung - historische Demographie und Bevölkerungsgeschichte Rolf Gehrmann ........................................................................................... 709 IV. Anwendungen 17 Fertilitätsentwicklung: Trends, Erklärungen und empirische Ergebnisse Paul B. Hili und Johannes Kopp Einleitung Die Entwicklung der Geburtenzahlen gehört sicher zu den wichtigsten Themen der sozialwissenschaftlichen Forschung, die auch immer wieder die öffentliche Diskussi on tangiert. Die Aufmerksamkeit, der sich das Thema erfreut, hat dabei nachvoll ziehbare Gründe. Einerseits haben Veränderungen in der Fertilität in allen Gesell schaften und insbesondere in solchen mit ausgeprägten (sozial-)staatlichen Leistun gen direkte Konsequenzen fiir eine Vielzahl von Politikfeldern: Schule und Ausbil dung, Kranken- und Rentenversicherung, Kindergeld und Ausbildungsförderung, Ar beitsrecht und vieles mehr. Doch nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch in der privaten Sphäre ist die Entscheidung fiir oder gegen Kinder von größter Trag weite. Fast immer verändert die Familiengrundung wesentlich die Gestaltungsmög lichkeiten sowohl von individuellen Biographien als auch von Partnerschaftsbezie hungen. Der Alltag von Familien unterscheidet sich deutlich von dem in Ehen, kin derlosen nicht ehelichen Gemeinschaften oder als Single: Die gesamte Zeit-und Res sourcenverwendung ist im Normalfall auf die Anforderungen der Kinder hin zu dis ponieren. Aus der makrosoziologischen Sicht sind die Reproduktion der Bevölkerung und die Sozialisation des Nachwuchses vielleicht die wichtigsten Aufgaben der Familie überhaupt. In keiner bekannten Gesellschaft konnte sich ein entsprechendes funktio nales Äquivalent etablieren und die Aufgaben der Eltern insbesondere in der ersten Lebensphase vollständig übernehmen. Familie, als eine soziale Gruppe besonderer Art, ist bei einer von verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen ausgehenden Be trachtungsweise auf einer Mesoebene zwischen Individuen und Gesellschaft angesie delt. Die individuellen Entscheidungen von Akteuren zu heiraten, oder eine andere auf Dauer angelegte Verbindung einzugehen, sind somit der erste Schritt bei der Re konstruktion des makrosoziologischen Phänomens der Geburten- und Bevölkerungs- 730 Paul B. Hili und Johannes Kopp entwicklung. Auf der Paarebene fallen die Fertilitätsentscheidungen und entspre chend haben Familien-, Sozial- und Bevölkerungspolitik - sofern sie gestaltend in tervenieren wollen - ihre Förderungen und Maßnahmen hier anzusetzen. Vorausset zung ist dabei allerdings, dass Fertilität individuell steuer- und planbar ist. Nicht in allen gesellschaftlichen Entwicklungsstadien kann diese Entkoppelung von Sexualität und Fertilität unterstellt werden; ist sie selbst über weite Strecken ein Produkt der Modeme, die eine Familienplanung als Resultat bewusster Entscheidungsakte er möglicht. Dies bedeutet jedoch keineswegs, dass nichtmodeme Gesellschaften zu ei ner ungebremsten exponentiellen Reproduktion neigen, sondern es gibt ganz im Ge genteil wohl keine Gesellschaft, die eine derartige Entwicklung tolerieren würde. Allerdings sind die Regulierungsmechanismen in solchen Gesellschaften nicht unbe dingt in individuellen Willensakten zu suchen (Harris 1989: 105 ff.). Bereits in ihren Ursprüngen thematisierten Soziologie und Nationalökonomie auch Fragen der Familienverfassung und des Bevölkerungsstandes. So kann man die nach Ende des Dreißigjährigen Krieges verstärkt einsetzenden Bemühungen um eine möglichst genaue Erfassung der Bevölkerung als eine wichtige Wurzel der empiri schen Sozialforschung und Bevölkerungsstatistik ansehen (Pfister 1994; Schnell et al. 1995: 16). Informationen über die Größe der Bevölkerung, Altersaufbau, Geschlech terverteilung, Ernteerträge und auch Besitzverhältnisse waren von großer Nützlich keit rur die (absolutistischen) Herrscher, die auf dieser Grundlage eine Optimierung der Bevölkerungsgröße und damit ihres militärischen Potentials anstrebten; Bolte et al. (1980: 40) sprechen hier von der Zeit der "zielbewussten Menschenökonomie", die Kinderreichturn und Migration förderte. Weniger von solch pragmatischen An sinnen geleitet entwickelte sich aber auch schon im 18. Jahrhundert ein vorwiegend wissenschaftliches Interesse an bevölkerungstheoretischen Fragestellungen. Es be gann eine rege Suche nach den Gesetzmäßigkeiten auf der Makroebene, denen die Bevölkerungsdynamik unterliegt (Bolte et al. 1980; Pfister 1994). Für Deutschland sind hier vor allem Johann Peter Süssmilch und Caspar Naumann zu nennen, die den politischen Arithmetikern zugerechnet werden. 1 Einen ersten wissenschaftlichen Eckpfeiler errichtet zweifelsfrei Thomas Robert Malthus (1798) mit seinen allgemei nen Bevölkerungsgesetzen. Ohne hier auf die vielfältigen Verästelungen der frühen Diskussion im Einzelnen einzugehen, kann mit Loy (1981) aber festgestellt werden, dass zumindest in dieser Phase ganz eindeutig eine makrosoziologische Orientierung vorherrschte, die nach Verbindungen zwischen der Fertilität und anderen Makrophä nomenen, wie Industrialisierung, verfiigbaren Nahrungsmitteln oder Urbanisierung, suchte. Ganz in dieser makrosoziologischen Tradition hat auch Durkheim (1921) sein Kontraktionsgesetz der Familie entwickelt, welches zwar nicht primär auf die Ge burten-und Bevölkerungsentwicklung zielt, aber (leider) das (soziologische) Bild der Familienrealität im 19. Jahrhundert reichlich verzerrt präsentiert (Rosenbaum 1982: 488 ff.; Laslett 1976; Mitterauer 1981). Das Durkheimsche Kontraktionsgesetz po stulierte die Schrumpfung der erweiterten Familien zu Kemfamilien unter dem Ein fluss der Industrialisierung: 1 Für eine kurze vertiefende Darstellung der historischen Entwicklung und auch der unterschiedlichen Ein schätzungen der Arbeiten von Malthus vgl. Bolte et al. (1980: 24 f.). Für den Zeitraum zwischen 1500 bis etwa 1800 vgl. Pfister (1994).
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