Ute Ehrhardt Gute Mädchen kommen in den Himmel, böse überall hin Warum Bravsein uns nicht weiterbringt Wolfgang Krüger Verlag 13. Auflage: 157.–186. Tausend © 1994 S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main Umschlaggestaltung: Buchholz/Hinsch/Hensinger Gesamtherstellung: Wagner GmbH, Nördlingen Printed in Germany 1995 ISBN 3-8105-0515-3 Ich kenne keinen sicheren Weg zum Erfolg, nur einen zum si- cheren Mißerfolg – es jedem recht machen zu wollen. Plato Inhalt Brav von der Wiege bis zur Bahre......................................11 Der große Betrug................................................................23 Alltägliche Denkfallen.....................................................23 Faule Ausreden............................................................23 Wissen Frauen nicht, was sie wollen?..........................24 Sind Frauen nur sanft?.................................................27 Sind Frauen wirklich schwach?....................................33 Müssen Frauen immer schön sein?...............................35 Sind starke Frauen zwangsläufig einsam?....................37 Müssen Frauen Mütter sein?........................................38 Brauchen Frauen einen Mann?.....................................40 Ich kann nicht allein für mich sorgen!?........................42 Berufliche Denkfallen......................................................47 »Hilfsbereitschaft wird belohnt.«.................................47 »Ich muß tun, was von mir erwartet wird.«..................51 Die Angst vor der Macht..................................................56 Macht macht einsam!?.................................................57 Macht heißt Ausbeutung!?...........................................63 Macht verdirbt den Charakter!?...................................65 Hohe Tiere beißen!?.....................................................67 Frauen ziehen die Fäden im Hintergrund!?...................68 Risiken müssen vermieden werden!?...........................74 Macht macht unbeliebt!?..............................................75 Wer sich erniedrigt, der wird erhöht!?..........................78 Frauen müssen auch als Vorgesetzte dienen!?...............79 Strategien.........................................................................82 Entdecken Sie Ihren Wert!...........................................82 Erkennen Sie Ihre Leistungen an!................................83 Achten Sie auf Ihre Bedürfnisse!.................................84 7 Geben Sie Aufgaben ab!..............................................84 Sagen Sie NEIN!.........................................................88 Sich selbst erfüllende Prophezeiung.................................90 Erlernte Hilflosigkeit...................................................96 So bin ich, und so muß ich bleiben...............................99 Das ohnmächtige Lächeln..............................................110 Die Körpersprache der Unterwerfung.........................110 Die Sprache der Unterwerfung...................................123 Immer nur lächeln............................................................132 Verraten wir Frauen uns mit unserem Lächeln?..............132 Die Mona-Lisa-Mentalität..............................................138 Die Beziehungsfallen.................................................151 Die Verständnisfalle...................................................151 Die Helferinnenfalle..................................................159 Die Opferfalle............................................................164 Die Bescheidenheitsfalle............................................169 Die Mitleidsfalle........................................................174 Die zahme Frau..............................................................177 Unbewußte Selbstsabotage.........................................183 Der kurzfristige Nutzen der Unterwerfung.................183 Der lange Weg der Selbstfesselung............................185 Frühe Wurzeln...........................................................187 Der trügerische Nutzen von Vorurteilen.....................196 Formen der Unterwerfung..........................................197 Frauen machen sich selbst abhängig...........................198 Der weibliche Verzicht...................................................202 Verzicht auf Widerspruch...........................................203 Verzicht auf Intellektualität........................................204 Verzicht auf Selbstbehauptung...................................205 8 Verzicht auf eigene Normen.......................................207 Verzicht auf wirtschaftliche Unabhängigkeit..............208 Verzicht auf Ausbildung.............................................208 Verzicht auf beruflichen Erfolg..................................211 Böse Mädchen kommen überall hin – auch in den Himmel … auf Erden!..................................217 Anmerkungen...................................................................222 9 10 Brav von der Wiege bis zur Bahre Frauen sind das brave Geschlecht. Freundlich, nachgiebig, be- scheiden und großzügig. Das wird erwartet, entspricht aber auch dem Bild, das jede Frau in sich trägt. Bravsein soll der Schlüssel zum Erfolg sein, doch das Gegenteil ist richtig. Heute wollen Frauen nicht mehr nur brav sein. Ihr Selbst- verständnis verschiebt sich. Doch die Neue Frau steckt noch voller Widersprüche. Sie setzt sich durch, aber oft mit schlech- tem Gewissen. Äußerlich bleibt sie ruhig, doch innerlich tobt ein Konflikt: Auf der einen Seite will auch die Neue Frau von allen gemocht werden und müht sich ab, es allen recht zu ma- chen. Auf der anderen Seite weiß sie, daß sie sich damit in Ab- hängigkeiten verstrickt. Sie will sich durchsetzen, aber sie will niemanden verletzen; sie will ihr Ziel erreichen, aber sie will niemanden überrollen; sie will kritisch sein, aber sie will nie- manden schlechtmachen; sie will ihre Meinung sagen und an- dere überzeugen, aber sie will nicht manipulieren; sie will selbstsicher sein, aber andere nicht ängstigen. Doch die versteckten Selbstzweifel dringen an die Oberflä- che. Sie werden schemenhaft sichtbar in feinen Nuancen der Körpersprache. Ein leicht geneigter Kopf, kaum spürbar fra- gender Blick, ein kurzes unsicheres Lächeln signalisieren: »Im Grunde bin ich mir gar nicht so sicher.« Eine scheinbar unbe- deutende, flüchtige Geste wird zur Aufforderung: »Stimme mich doch um.« Oder: »Mein Widerstand ist halbherzig.« Frauen können sich leicht in die Situation anderer versetzen. Sie verstehen, wie und warum jemand eine bestimmte Meinung hat. Sie fühlen mit. Dadurch fällt es ihnen schwer, ihre Wün- sche durchzusetzen oder ihre Meinung aufrechtzuerhalten. Betrachten wir das Rollenbild »Frau« in gängigen Fernseh- serien, so finden wir eine perfekte, letztlich aber nachgiebige Alleskönnerin. Mit einem Lächeln meistert sie Haushalt, Beruf, Kinder und die Verpflichtungen einer Ehefrau. Aufopfernd un- terstützt sie die Karriere ihres Mannes. Sie ist schön, fit, ge- 11 pflegt, voll Energie. Sie ist rücksichtsvoll, nachgiebig und hilfsbereit. Sie opfert sich auf und erwartet keine Dankbarkeit. In untergeordneter Position erlebt sie gewisse berufliche Erfol- ge. Frauen leiden häufiger unter Ängsten und Depressionen als Männer. Sie glauben mehr leisten zu müssen als Männer, um die gleiche Anerkennung zu erhalten. Und die Erfahrung gibt ihnen recht. Frauen strengen sich an, perfekter, fleißiger, kom- promißbereiter, hilfsbereiter und kollegialer zu sein als ihre männlichen Kollegen. Doch sie erzielen eher bescheidene Er- gebnisse. Sie leisten in der Tat oft mehr als ihre männlichen Kollegen, aber sie werden nicht entsprechend entlohnt und be- fördert. Sie selbst erkennen ihre Leistungen am wenigsten an. Das alte Sprichwort klingt nach: Ohne Fleiß kein Preis. Und so strampeln Frauen sich ab und leisten viel. Leider oft an der falschen Stelle. Sie leisten die Zuarbeiten, helfen anderen und glauben so, Pluspunkte auf dem Weg nach oben zu sammeln. Sie halten ihren männlichen Kollegen oder ihren Ehemännern den Rücken frei, und die stürzen sich dann gezielt auf erfolg- versprechendere Arbeiten. Die Helferinnen bleiben auf der Strecke. Nur Frauen, die geschicktere Strategien nutzen, schaf- fen es bis an die Spitze. Für andere zu arbeiten, ist eine schlechte Strategie. Ebenso schlecht wie Bescheidenheit. Viele Frauen verstecken ihre guten Leistungen, sie wollen nicht prah- len. Sie warten darauf, entdeckt zu werden, und sie werden bestenfalls zickig, wahrscheinlich aber depressiv, ausgebrannt oder alkoholkrank, wenn niemand ihre Fähigkeiten anerkennt. »Frauen sind zum Dienen geboren«, postuliert ein Abtei- lungsleiter. Er ist der Meinung, daß Frauen besser im Dienstlei- stungsbereich arbeiten, sich dort, im Kleinen, auch selbständig machen können. »Dienen« liege in ihrer Natur. – Und mit ih- rem Verhalten geben ihm viele Frauen indirekt recht. Sie tun genau das, was von ihnen erwartet wird. Sie brechen nicht aus. Sie verzichten darauf, ihre guten Ideen durchzusetzen. Durch Liebsein und Stillhalten glauben Frauen zu gewinnen, im Beruf 12