Wesiack . Grundziige der Psychosomatischen Medizin Wolfgang Wesiack Grundziige der Psychosomatischen Medizin Zweite Auflage Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York Tokyo 1984 Professor Dr. Wolfgang Wesiack LudwigstraBe 10 7080 Aalen 1. Auflage erschienen 1974 © C.H. Beck'sche Verlagsbuchhandlung (Oscar Beck) Miinchen CIP·Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Wesiack, Wolfgang: Grundziige der psychosomatischen Medizin / Wolfgang Wesiack. - 2. Aufl. - Berlin; Heidelberg; New York; Tokyo: Springer, 1984. 1. Aufl. im VerI. Beck, Miinchen ISBN-13: 978-3-540-13684-2 e-ISBN-13: 978-3-642-69935-1 DOl: 10.1007/978-3-642-69935-1 Das Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, der Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe aufphotomechanischem oder ahnlichem Wege und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Die Vergiitungsanspriiche des § 54, Abs.2 UrhG werden durch die "Verwertungsgesellschaft Wort", Miinchen, wahrgenommen. ©Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1984 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solche N amen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von je- derrnann benutzt werden diirften. Gesamtherstellung: Appl 2119/3140-5 4 3 2 1 0 Fiir Margit, Wolfgang, Ulrike, Konstanze und Bettina Inhalt Vorwort . 11 Einleitung 13 I. Die historischen Determinanten der psychosomatischen Medizin 1. Allgemeine Vorbemerkungen. . . . . . . . . . 22 2. Die magische Erlebnisstufe und die magisch-animistische Heilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 24 3. Altsemitischer Personalismus . 28 4. Griechischer Naturalismus, Psychokatharsis und die Heil wirkung des Dialogs . . . . . . 31 I. • • • • • • • • • • • • •• 5. Der Einflu~ des Christentums auf die weitere Entwicklung der Heilkunde . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 6. Die Medizin als angewandte Naturwissenschaft 42 7. Sigmund Freud und die Psychoanalyse .. 46 II. Kranke Menschen 1. Die Krankengeschichte der Frau Albert 58 . 2. Erleben und Befund . . . . . . . . . . 61 3. Die »Krankheiten" unserer Patientin 64 8 Inhalt 4. Die Lebensgeschichte und die Psychodynamik von Frau Albert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 5. Herr Bollieidet an Bluthochdruck . . . . . . . . . . . .. 74 6. Patienten mit Zwolffingerdarmgeschwiiren in psycho- somatischer Sicht . . . . ... . . . . . . . . . 79 7. Herr Cebus kann nicht selbstandig werden. 86 8. Frau Danielleidet an "vegetativer Dystonie" . . . . . .. d8 9. Zwei mifSverstandene Patienten . . . . . . . . . . . . .. 95 III. Versuch einer theoretischen Systematisierung 1. Der diagnostisch-therapeutische Zirkel 100 2. Yom Kranken zur Diagnose . . . . . . 104 3. Die Bedeutung der Information und Informationsverar beitung fur die Theorie der psychosomatischen Medizin. 110 4. Die "Handlung" als psychosomatisches Grundmodell .. 117 IV. Die Konsequenzen des psychosomatischen Ansatzes 1. Konsequenzen fUr die iirztliche Tiitigkeit . . 122 2. Konsequenzen fUr-die Forschung und Lehre . 126 3. Konsequenzen fur die Gesundheitspolitik ..., . . . . .. 129 Inhalt 9 Anmerkungen . . . 132 Literaturverzeichnis 144 Namenregister . . 150 Stichwortregister . 152 Vorwort Die Aufgabe der Heilkunde, kranken Menschen bei der Oberwin dung ihres Leidens und ihrer Krankheiten zu heIfen, ist seit Jahrtau senden unveriindert geblieben. Die Mittel und Wege zur Erreichung dieses Zieles andern sich jedoch standig. Sie sind abhangig vom jeweiligen Stand unseres Wissens und Konnens, aber ebenso von den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Bedingungen unserer Zivilisation und nicht zuletzt vom Menschenbild, einer anthropolo gischen Vorentscheidung gewissermaiSen, die uns leitet. Die gegenwartige Situation der Medizin ist durch eine hochgra dige Perfektion unseres naturwissenschaftlich-technischen Wissens und Konnens und durch ein hochgeziichtetes Spezialistentum ge kennzeichnet. Die personlichen Bediirfnisse unserer Patienten, so wie die psychischen und psychosozialen Bedingungen ihres Krank seins sind jedoch lange Zeit vernachlassigt worden. Durch Forderung von Psychotherapie, Psychoanalyse, medizinischer Psy chologie und medizinischer Soziologie, die da und dort einzusetzen beginnt, versucht man diesen Mangel auszugleichen. Diese Bestre bungen sind erfreulich und soIIten weitere Unterstiitzung finden, denn sie konnten zu einer Verringerung der Kluft zwischen dem naturwissenschaftlich-technischen und dem psychologischen Wis sen und Konnen fiihren. Das Problem des Spezialistentums losen sie jedoch nicht. 1m GegenteiI. Die Gefahr, daiS die Patienten in korperlich und seelisch Kranke geschieden werden und daiS an ihnen "vorbeidiagnostiziert" und "vorbeibehandelt" wird, ist eher groiSer geworden. Hier setzen die Bestrebungen der psychosomatischen Medizin ein. Sie steHt den leidenden Me~schen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtung und versucht die psychischen, psychosozialen und physikalisch-chemischep. Faktoren seines Krankseins zu beriick sichtigen. Dazu benotigt sie jedoch eine neue Theorie, die erst Schritt fiir Schritt erarbeitet werden kann. Obwohl ihre Konturen aIImah lich sichtbar werden, ist hier noch aIIes unabgeschlossen und vi~les 12 Vorwort kontrovers. Der Leser kann also nicht erwarten, dag ihm hier ein abgeschlossenes und allgemein akzeptiertes Wissensgut vermittelt wird, sondern in erster Linie Anregungen zu eigenem Nachdenken und zur Kritik. Dementsprechend wird er vieles vermissen und manches anders sehen. Er wird auch dariiber zu urteilen haben, ob es mir gelungen ist, die Probleme nicht nur fiir den Fachmann, sondern auch £iir den interessierten Laien verstandlich dargestellt zu haben. Abschliegend ist es mir ein Bediirfnis all jenen zu danken, von denen ich lernen konnte. Ich kann sie unmoglich einzeln namentlich erwahnen. 1m Literaturverzeichnis sind viele von ihnen,wenn auch nicht aile, aufgefiihrt. Vier Autoren bin ich jedoch zu ganz besonde rem Dank verpfiichtet. Es sind dies Sigmund Freud, Viktor v. Weiz sacker, Michael Balint und Thure v. Uexkiill. Dem letzteren ver- I danke ich nicht nur als Autor sehr viel, sondern auch als Leiter eines Arbeitskreises, dem anzugehoren mir viel bedeutet. Mein Dank gilt aber auch allen meinen Patienten. Sie sind eine uner schopfliche Wissensquelle und haben das unersetzliche Verdienst, theoretische Hohenfiiige rasch wieder auf den Boden der Realitaten zuriickzufiihren. Meiner Mitarbeiterin Fraulein Gisela Kohnle danke ich £iir die Anfertigung des Manuskriptes. Einleitung Wer es unternimmt, den Leser in die Probleme eines bestimmten Fachgebietes einzufiihren, ist, so glaube ich, verpflichtet, von Anfang an zweierlei deutlich zum Ausdruck zu bringen: Er muB zunachst sagen in was er einfuhren will, muB also seinen Gegenstand klar bezeichnen und umgrenzen, urn dann dem Leser mitzuteilen wie er diese Aufgabe zu losen gedenkt. Sornit ware also der Autor einer Einfuhrung in die Grundpro bleme der psychosomatischen Medizin vereflichtet, zunachst zu sa gen, was er und andere Autoren unter psychosomatischer Medizin verstehen. Hier beginnen aber bereits die Schwierigkeiten, denn die Definitionen, die die verschiedenen Autoren vom Begriff "psycho somatisch" geben, decken sid~ keineswegs. So schreiben zum Bei spiel F. C. Redlich und D. X. Freedman: "Der Begriff ,psychosoma tisch' hat viele, vielleicht aIlzuviele Bedeutungen. Psychosomatische Krankheiten lassen sich in etwa definieren als eine Gruppe von so matischen Krankheiten unbekannter Atiologie, bei denen psychi sche Faktoren eine mehr oder weniger erhebliche Rolle spielen, je denfalls eine groBere Rolle als bei anderen Korperkrankhei ten."l Dieser vorsichtigen Umschreibung, die ausdriicklich von "unbe kannter Atiologie" und etwas unverbindlich von "psychischen Fak toren" spricht, die "eine mehr oder weniger erhebliche Rolle spie len" und die deshalb von sehr vielen, vielleicht sogar von den meisten Arzten akzeptiert werden kann, wollen wir nun eine andere Definition gegeniiberstellen, die wir F. G. Alexander und S. T. Seles nick entnehmen. Sie lautet: "AIle solche Prozesse, in denen die ersten Glieder einer Kette von Ereignissen subjektiv als Emotionen wahr genommen und die nachfolgenden Glieder ob;ektiv als Veriinde rungen der Korperfunktionen beobachtet werden, nennt man psy chosomatische Phanomene. "2 Hier ist also bereits von einer "Kette von Ereignissen" also von einer Reihenfolge die Rede, deren erste Glieder "subjektiv als Emotionen" und die nachfolgenden "objektiv