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Grundzüge der Elektrotechnik: Eine leicht faßliche Darstellung PDF

233 Pages·1956·11.574 MB·German
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Grundzuge der Elel{trotechnil{ Eine leicht falUiche Darstellung Von Dr.-Ing. Eberhard Schutz Oberingenieur an der Techniechen Universitiit Berlin-Charlottenhurg Mit 363 Abbildungen Springer-Verlag Berlin / Gottingen / Heidelberg 1956 ISBN-13: 978-3-642-49036-1 e-ISBN-13: 978-3-642-92684-6 DOl: 10.1007/978-3-642-92684-6 Alle Rechte, insbesondere das der Ubersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Obne ausdruckliche Genehmigung des Verlages ist es auch nieht gestattet, dieses Buch oder Tcile daraus auf photomechanischem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfaltigen. © by Springer-Verlag OHG., BerIin/Gottingen/Heidelberg 1956 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1956 Vorwort Elektrotechnik ist der Sammelbegriff fur aIle Uberlegungen und MaBnahmen, die darauf abzielen, die Naturkraft Elektrizitat fUr den Menschen nutzbar zu machen. Die Elektrotechnik befaBt sich demgemaB mit 'jedem technischen Problem, dessen Losung durch Benutzung der Elektrizitat verbessert werden kann oder uberhaupt erst mogIich wird. Die vielfiiltigen Aufgabenstellungen der Elektrotechnik lie Ben zwei Haupt-Fach richtungen mit unterschiedIichen Arbeitsgebieten, Begriffen und Methoden entstehen: die Schwachstrom- und die Starkstromtechnik. Das Kernstuck der ersteren ist neben der Regelungstechnik die elektrische Ubermittlung von Nachrichten im weitesten Sinn des Wortes, wahrend die Starkstromtechnik vorwiegend elektrische Energie erzeugt, verteilt und sie motorisch oder durch Umwandlung in Warme nutzbar macht. Beide Fachrichtungen bauen auf einer gemeinsamen Grundlage auf, deren theo retischen Teil Gesetze und Zusammenhange bilden, die sich aus der Elektrizitatslehre der Physik ergeben. Ebenfalls zur allgemeinen Grundlage der Elektrotechnik gehOren gewisse Grundschaltungen und Gerate, die als Elemente elektrischer Anlagen haufig wiederkehren. Dieses Buch strebt an, die allen Teilgebieten gemeinsamen Grundzuge der Elektro technik in leicht faBlicher Darstellung zu vermitteln. Auf Sondergebiete konnte dabei nur eingegangen werden, soweit sie wenigstens in praktischer Hinsicht als Fundamente der modernen Elektrotechnik angesehen werden mussen. Hierzu gehort beispielsweise das Gebiet der elektrischen Maschinen, weil nahezu die gesamte, uns nutzbar zur Ver fUgung stehende elektrische Energie von ihnen geliefert wi .. d. Allerdings sind die Vor gange in elektrischen Maschinen nicht leicht zu uberschauen, so daB nur ihre prinzi piellen Arbeitsweisen erklart werden konnten. Ebenso erschien es notwendig, die elek trischen MeBgerate, darunter auch neuere Gerate, wie den ZeigerlluBmesser und den Vektormesser, hinsichtlich ihres grundsatzlichen Aufbaues und ihrer charakteristischen Eigenschaften zu besprechen; denn die Definition aller elektrischen MaBeinheiten grun det sich auf Messungen, und die Bequemlichkeit und Exaktheit, mit der elektrische Mes sungen durchgefiihrt werden konnen, haben stark dazu beigetragen, die Elektrotechnik zu einer willkommenen Helferin auf den verschiedensten Gebieten werden zu lassen. Da es meine Absicht war, die theoretischen Zusammenhange klarzustellen, ohne da bei mathematische Betrachtungen in den Vordergrund zu rucken, konnten gewisse Probleme, die, wie z. B. die Stromverdrangung in massiven Leitern, ihrer Natur nach einen groBeren mathematischen Aufwand erfordern, nicht behandelt werden. Die Be handlung von Feldern, die mit Rucksicht auf dieentscheidende Bedeutung derelektroma gnetischen Zusammenhange unumganglich erschien, beschrankt sich aufe bene Potential felder mit einfachen Randbedingungen. Die Erleichterung, die die symboIische Rechen methode bei der Losung von Wechselstromaufgaben mit sich bringt, ist so bedeutend, daB es angebracht erschien, diese Methode, die sich heute uberall durchgesetzt hat, ein gehend zu erlautern und spaterhin von ihr Gebrauch zu machen. Das Gleiche gilt hin sichtlich der Anwendung der Schreibweise der Vektorrechnung beim Umgang mit ge richteten GroBen. Standige Beruhrung mit Studente n der Elektrotechnik und des Maschinenbaus bei der DurchfUhrung laboratoriumsmaBiger Ubungen gab mir Gelegenheit, festzustellen, IV Vorwort an welchen Stellen die meisten Verstandnisschwierigkeiten auftauchen und wo deren Ursachen liegen. Ich habe mich bemiiht, diese Punkte besonders eingehend zu be handeln, lllll mit dem vorliegenden Buch nicht nur dem Studierenden das Eindringen in die Elektrotechnik zu erleichtern, sondern auch dem bereits in der Praxis stehenden Ingenieur ein niitzliches Hil£smittel in die Hand zu geben. Dem Verlag danke ich fUr seine stets bewiesene Bereitschaft, auf meine Wilnsche einzugehen, und fiir die Ausstattung des Buches. . Be r 1 in, im Marz 1956 Eberhard Schiitz Inhaltsverzeichnis Selte A. Das Wesen der Elektrizitat .......... . I 1. Elementarteilchen der Elektrizitat S. 1. - 2. Elektrische Leiter und Nichtleiter S. 1. - 3. Elektrischer Strom S. 2. - 4. Elektromotorische Kraft; Stromquellen S. 3. B. Wirkungen des elektrischen Stromes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .• 4 5. Warmewirkung S.4. - 6. Chemische Wirkung; MaBeinheit der Stromstarke S. 5. - 7. Magnetische Wirkung; Prinzip der praktischen Strommesser S. 6. C. Elektrische Spannung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 7 8. Begriff und MaBeinheit der Spannung S. 7. - 9. Parallel- und Reihenschaltung von Stromquellen S. 9. D. Zusammenhang von Spannung und Strom .• , .. '. . . . . . . . . . . .. 10 10. Das Ohmsche Gesetz; Leiterwiderstand S. 10. - II. Der Widerstand und seine Tempe raturabhiingigkeit S. II. - 12. Reihen- und Parallelschaltung von Widerstanden S. 13. - 13. Spannungsmessung; Strommesser mit Nebenwiderstand S. 14. - 14. Die Kirchhoff schen Satze S. 15. - 15. Innerer Spannungsabfall von Stromquellen S. 17. - 16. Spannungs teilung S. 18. - 17. Widerstands-MeBbriicken S. 19. - 18. Spannungsmessung nach der Kompensationsmethode S. 21. - 19. Elektrisches Potential S. 21 E. Elektrizitat als Energietrager . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 20. Elektrische Arbeit und Leistung S. 22. - 21. Leistungsverluste durch Stromwarme S. 26 F. Elektrische Felder 27 22. Rechnen mit gerichteten GroBen S. 27. - 23. Das elektrische Stromungsfeld S. 29. - 24. Das elektrostatische Feld; der Kondensator S. 35. - 25. Parallel-und Reihenschaltung von Kondensatoren S.43. - 26. Der Kondensator an zeitlich veranderlicher Spannung S. 44. - 27. Energie und Krafte im elektrostatischen Feld S. 45 G. Zusammenhang zwischen elektrischen und magnetischen GroBen ....• 46 28. Das magnetische Feld S. 46. - 29. Das Durchflutungsgesetz S. 47. - 30. Der magnetische FluB S. 51. - 31. Die magnetische Induktion S. 53. - 32. Magnetkreise mit Eisen S. 56. - 33. Magnetisches Potential S. 59. - 34. Messung magnetischer Spannungen S. 63. - 35. Per manente Magnete S. 64. - 36. Die induzierte Spannung S. 66. - 37. Der im Magnetfeld bewegte Leiter S. 68. - 38. Krafte auf stromdurchflossene Leiter im Magnetfeld S. 72. - 39. Selbstinduktion S.74. - 40. Energie des Magnetfeldes S.75. - 41. Schaltvorgange in Stromkreisen mit Selbstinduktion S 79. - 42. Zugkraft von Elektromagneten S. 81. - 43. Gegenseitige Induktion S. 84. - 44. Magnetische Streuung S. 87 H. Wechselstrome und -spannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88 45. Zeitlicher Verlauf von WechselgroBen S. 88. - 46. Der Effektivwert S. !l0. - 47. Lei stung in Wechselstromkreisen S. 91. -48. Darstellungvon WechselgroBen durch Zeiger S. 9! I. Widerstand, Induktivitat und Kapazitat im Wechselstromkreis ..... 96 49. Wirk- und Blindwiderstand S. 96. - 50. Resonanz S. 99. - 51. Reihenschaltung von Wirk- und Blindwiderstanden S. 100. - 52. Resonanzkreise mit Verlusten S. 102. - 53. Verlustwinkel des Kondensators S. 104. - 54. Symbolische Behandlung von Wechselstrom no. - aufgaben S. 104. - 55. Induzierte Wechselspannung und magnetischer FluB S. 56. EinfluB der Eisensattigung S. II2. - 57,' Verluste in Eisen S. Il3 K. Der Transformator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ..... II6 58. Wirkungsweise des Transformators mit Eisenkern S. 116. - 59. Kappsches Diagramm S. 124. - 60. Der Spartransformator S. 125. - 61. Die Transformatorgleichungen S. 126. - 62. Einschaltstrom bei Transformatoren S. 127 VI Inhaltsverzeichnis L. Drehstromsysteme .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 63. Unverkettete Drehstromsysteme S. 127. - 64. Sternschaltung S. 129. - 65. Dreieck schaItung S. 131. - 66. Drehstromtransformator S. 133 M. Elektrische Masqhinen ............................ 133 a) Allgemeine Gesichtspunkte .......................... 133 67. Magnetischer Kreis S. 133. - 68. Spannungserzeugung S. 135. - 69. Umfangskrafte S. 135. - 70. Anordnung der Leiter in Nuten S. 136 b) Die Gleichstrommaschine. . . . . . . . . . . . . . . . . . .......... 137 71. Aufbau und Wicklung S. 137. - 72. Spannungsformel S. 139. - 73. Ankerfeld und Stromwendung S. 140. -74. Klemmenspannung, Strom und Drehmoment S.140. - 75. Fremderregte Gleichstrommaschine S.142. - 76. NebenschluBmaschine S. 143. - 77. Hauptstrommaschine S. 144 c) Die Synchronmaschine ............................ 145 78. Aufbau; Entstehung des Drehfeldes S. 145. -79. Leerlaufund Blindstrombelastung S. 149. -80. Wirkstrombelastung S. 15!. d) Die Asynchronmaschine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 . 81. Aufbau und Arbeitsprinzip S. 152. - 82. Zeigerdiagramm und Leistungsbilanz S. 154 -83. Zerlegung eines Wechselfeldes in zwei Drehfelder S. 156. - 84. Der Drehtransfor mator S.157 N. Elektrische MeBgerate ......•......•........•...•• 158 85. Allgemeines S. 158. - 86. DrehspulmeBwerk S. 159. - 87. Dynamometrisches MeBwerk S. 160. - 88. WeicheisenmeBwerk S. 161. - 89. HitzdrahtmeBwerk S. 162. - 90. Schleife n- I schwinger; Oszillograph S. 162. - 91. Elektrostatisches MeBwerk S. 163. - 92. Ballistisches Galvanometer S. 164. - 93. Zeiger-FluBmesser S. 166. - 94. Elektrolytische Zahler S. 167. - 95. Motorzahler S. 167. -96. Induktionszahler S.168. -97. MeBwandler S.170. - 98. Lei stungsmessung in Drehstromsystemen S. 172. - 99. Frequenzmesser S. 175. -100. Vektor messer S. 175 O. Elektrochemische Vorgange .......................•. 177 101. Elektrolyse S.I77. -102. Polarisation; Elemente S.178. -103. Akkumulatoren S.179 P. Mehrwellige Wechselstrome und -spannungen" ...........•..•. 181 104. Grundwelle und Oberwellen S. lSI. - 105. Leistung verzerrter Wechselspannungen und -strome S. IS2. - 106. Effektivwert mehrwelliger WechselgroBen S. 184. - 107. Ur sachen und Bekiimpfung von Oberwellen S. 185. - 108. Schwebung S. 187 Q. Stromdurchgang durch Gase. Elektrische VentiIe .....•.. 188 109. Ionisation; Elektronenemission S. 188. - 110. Der Lichtbogen S. 189. R. Entladungsrohren und Gleichrichter ..........•.......•.. 190 111. Die Elektronenrohre ohne Gitter S .190. -112. Die Verstiirkerrohre (Triode) S. 192.- 113. Das Stromtor (Thyratron) S. 196. - 114. Quecksilberdampf-Gleichrichter S. 9S.- 115. Trockengleichrichter S. 199 S. Stromrichterschaltungen .................•........• 201 116. Mittelpunktschaltungen S. 201. -117. Saugdrossel S. 203. -11S. Briickenschaltungen S. 204. - 119. Gittersteuerung von QuecksiIberdampfgleichrichtern; Wechselrichter S. 205 T. Elektrische Schwingungen .........................• 207 120. Freie Schwingungen S. 207. -121. Erzwungene Schwingungen S. 211. -122. Schwin gungskreis mitverteilter Induktivitat und Kapazitat S. 212. -123. Rohrengenerator S. 212 U. Verkniipfung elektrischer und magnetischer Wechselfelder ..•. . 214 124. Der Verschiebungsstrom S. 214. - 125. Elektromagnetische Wellen S. 217 Weiterfiihrende Literatur. 221 Sachverzeichnis •..... 222 Zusammenstellung der bauptsachlichen Bezeichnungen Vorbemerkung: Gerichtete GroBen sind mit Frakturbuchstaben, ihre Betrage mit den ent sprechenden Antiquabuchstaben bezeichnet. Wegen der Verwendung unterschiedlicher Schrift arten bei der Bezeichnung von WechselgroBen wird auf S. no verwiesen. I B, \l3 magnetische Induktion n 1. minutliche Drehzahl C Kapazitat 2. Augenblicksleistung D, '£) Verschiebungsdichte N Leistung E 1. elektromotorische Kraft w Kreisfrequenz 2. elektrische Feldstarke q 1. Leiterquerschnitt elektrische Feldstarke 2. Ladung Dielektrizitatskonstante Q 1. Ladung, VerschiebungsfluB t Frequenz 2. Leistungsverlust cp magnetischer KraftfluB r, R ohmscher Widerstand e 1. Phasenwinkel spezifischer Widerstand 2. elektrisches Potential t, T Zeit g,g Stromdichte {} 1. Temperatur 2. Polradwinkel G elektrischer Leitwert e Tragheitsmoment H, .S) magnetische Feldstarke u ]. elektrische S pannung i, I, i5 Stromstarke 2. magnetisches Potential i V-I u,u elektrische Spannung u elektrische Leitfahigkeit v Geschwindigkeit L Selbstinduktionskoeffizient V,fS magnetischc Spannung A magnetischer Leitwert w Windungszahl M Koeffizient der gegenseitigen Induktion W Energie Md Drehmoment X Blindwiderstand f.I. Permeabilitat 21, Z,.3 Scheinwiderstand A. Das Wesen der Elektrizitat 1. Elementarteilchen der Elektrizitat. Wenn Elektrotechnik der Inbegriff aller MaBnahmen ist, die darauf abzielen, dieNa turkraftElektrizitat dem Menschen dienstbar zu machen, so erhebt sich sofort die Frage, was Elektrizitat eigentlich sei. Einer ein gehenden Erorterung dieser Frage mussen wir leider ausweichen, da sie, ahnlich wie die Fragenach demAufbauderMaterie und mit ihr eng zusammenhangend, inBereicheder Physik fiihrt, die nur noch dem abstrakt-mathematischen Denken, aber nicht mehr der anschaulichen Vorstellung zuganglicb sind. Dadurch wird uns aberder Weg zur Erkenntnis elektrotechnischer Zusammenhange nicht versperrt; denn worauf es hier ankommt, ist nicht die Frage nach demeigentlichen Wesen der Elektrizitat, sonderndieFrage nachihren feststellbaren und beiihrer Anwendungwichtigen Wirkungen. Es genugtzu diesemZweck, wenn wir uns von der Elektrizitat, die sich in vieler Hinsicht wie eine Substanz verhalt, ein verhiiltnismaBig grobes Bild machen und gewisse Wirkungen ohne tieferes Eingehen aufihr Zustandekommen als gegeben hinnehmen. Man weiB heute, daB die Elektrizitat atomistischen Charakter hat, d. h., daB es kleinste, nicht weiter teilbare Elektrizitatsteilchen gibt, deren jedes eine ganz bestimmte Elektrizitatsmenge darstellt. Aus Grunden, die wir spater kennenlernen werden, nennt man eine Elektrizitatsmenge auch Ladung, so daB die Elektrizitatsatome als Elemen tarladungen anzusehen sind. Wie man sich diese Elektrizitatsatome vorzustellen hat, muB dahingestellt bleiben. Es gibt davon zwei Sorten, die in vieler Hinsicht genau gegensatzliches Verhalten zeigen; man unterscheidet sie als positive und negative Elektrizitatsatome, von denen die letzteren die Sonderbezeichnung Elektronen fiihren. Fur beide gilt, daB sie unzerstorbar sind, also unter allen Umstanden und bei jedem Vorgang erhalten bleiben. Sind in einem Raumteil gleich viele Elektronen und positive Elementarladungen gleichmaBig verteilt, so heben sich ihre Wirkungen nach auBen hin auf, und der betreffende Raumteil verhiilt sich so, als ob er keine Ladung besitze. Uberwiegen die Elektronen, so erscheint er negativ, iiberwiegen die positiven Elemen tarladungen, so erscheint er positiv geladen. Wie sich eine positive oder negative Aufladung eines Korpers auswirkt, werden wir spater sehen. Nun kommen, von auBerst seltenen und fiir uns belanglosen Fallen abgesehen, nur Elektronen, d. h. negative Elementarladungen, frei vor, wahrend die positivenElementarladungen stets an Massenatome, also an Materieteilchen, gebunden sind. Man kann daher einem Korper wohl Elektronen, nicht aber positive Elektrizitatsatome entziehen oder zufiihren, und ob der Korper elektrisch positiv oder negativ geladen erscheint, hangt nur von dem Zu wenig oder Zuviel an Elektronen abo Wir werden uns spater noch mit dem Verhalten und dem EinfluB ruhender Ladungen auf Korpern befassen; die weitaus meisten elektrotechnisch ausgenutzten Erscheinungen beruhen aber auf der Bewegung von Elementarladungen, insbesondere von Elektronen. 2. Elektrische Leiter und Nichtleiter. Es gibt Stoffe, innerhalb deren eine Fort bewegung von Ladungen moglich, und solche, bei denen das nicht oder nur in sehr geringem MaBe der Fall ist. Man bezeichnet die ersteren als elektrische Leiter, die letzteren als Nichtleiter oder Isolatoren. Nichtleiter sind u. a. Glas, keramische Stoffe, Gummi, Schwefel, 61e. Zu den Leitern gehoren in erster Linie aIle Metalle, insbesondere das fur diesen Zweck meist verwendete Kupfer, aber auch gewisse Flussigkeiten, wie z. B. waBrige Losungen von Salzen, verdiinnte Sauren und Laugen. Die elektrische Leit- Schutz, Elektrotechnik 1 2 Das Wesen der Elektrizitat fahigkeit der Metalle beruht ausschlieBIich darauf, daB in ihnen Elektronen frei beweg lich sind, wahrend bei denleitenden Flussigkeiten, den sog. Elektrolyten, der Ladungs transport durch das Wandern positiv und negativ geladener Molekulbruchteile, sog. Ionen, besorgt wird. Das Vorhandensein frei beweglicher Elektronen in einem Metall ist nicht etwa so aufzufassen, als seien die neutralen Metallatome stets von zusatzlichen Elektronen begleitet; denn dann muBten ja alle Metalle normalerweise negative Ladung aufweisen. Man muB sich die Elektronenbeweglichkeit in Metallen vielmehr so vorstellen, daB die Metallatome, deren jedes aus einem positiv geladenen Kern und einer die positive Kern ladung nach auBen neutraIisierenden Hulle von Elektronen besteht, untereinander Elektronen austauschen konnen. 3. Elektrischer Strom. Die weitaus wichtigste Erscheinung der Elektrotechnik ist der elektrische Strom. Wie schon der Name "Strom" andeutet, handelt es sich um eine Bewegung elektrischer Ladungen, in einem metallischen Leiter also um das Wandern von Elektronen innerhalb des Metalls. Wir wollen unsere Betrachtungen zunachst auf den sog. Gleichstrom beschranken, d. h. auf den Fall, daB durch einen abgegrenzten Leiter querschnitt positive oder negative Ladung standig nur in einer Richtung transportiert wird. Es liegt auf der Hand, daB dann je nach der Zahl der Elementarladungen, die in der Zeiteinheit durch den betrachteten Querschnitt flieBen, der Strom starker oder schwacher sein kann. Wir konnen deshalb dem Strom eine meBbare GroBe zuordnen, die als Stromstarke bezeichnet wird. Fur diese GroBe hat man, obwohl sie doch als durch flieBende Ladung je Zeiteinheit angegeben werden kann, also eine von der Ladung abge leitete GroBe ist, wegen ihrer uberragenden Bedeutung eine eigene Einheit, das Ampere, geschaffen, mit deren Festsetzung wir uns aber erst spater beschiiftigen wollen. Zuerst wollen wir uns eine wichtige Eigenschaft des bestandig flieBenden Gleich stromes, namlich seine Kontinuitat, vergegenwartigen, die unmittelbar aus der Natur des Stromes folgt. Wir fragen uns, in welcher Art sich beispielsweise in einem Stuck Kupfer draht ein Strom ausbilden kann. Trager eines Stromes konnen in diesem Fall nur die im Kupfer vorhandenen, frei beweglichen Elektronen sein. Diese haben das Bestreben, sich gleichmaBig so in dem Metall zu verteilen, daB nirgendwo eine Elektronenanhaufung oder -verarmung, d.h.keine UngleichmaBigkeit derAufladung zustandekommt. Um sie aus dieser Ruhelage in Bewegung zu setzen, bedarf es einer eigentiimlichen Kraft, deren Existenzmoglichkeit wir vorerst als gegeben hinnehmen wollen, ohne uns iiber ihre Natur und die Art ihrer Erzeugung Gedanken zu machen. Nehmen wir an, es gelinge uns, solch eine ladungsverschiebende Kraft in einem von seiner Umgebung elektrisch vollig isolierten, beiderseits frei endenden Metallstab in dessen Langsrichtung zu erzeu gen, so werden sich unter ihrem EinfluB die Elektronen in dem Metallstab in Richtung auf dessen eines Ende hin in Bewegung set zen. Solange diese Verlagerungsbewegung anhalt, flieBt somit in dem Metallstab elektrischer Strom. Gewohnlich wird dieser Strom experimentell kaum nachweisbar sein; er fiihrt aber dazu, daB sich an dem einen Ende die Elektronen haufen, wahrend das andere Ende entsprechend an Elek tronen verarmt. Nun haben, wie gesagt, die Elektronen das Bestreben, sich gleich maBig zu verteilen. Dieses Ausgleichsbestreben der Elektronen wirkt der ladungs verschiebenden Kraft, die die Elektronen nach dem einen Stabende hin befordern mochte, entgegen, und zwar um so starker, je groBer die bereits erreichte Elektro nenhaufung bzw. -verarmung an den Stabenden ist. Die Wanderung der Elektronen nach dem einen Stabende hin geht also nicht unbegrenzt weiter, sondern findet einmal ein Ende dann, wenn infolge der erreichten UngleichmaBigkeit der Verteilung die Gegenwirkung gegen die ladungsverschiebende Kraft so groB geworden ist, daB sie mit ihr im Gleichgewicht ist. Wenn somit die UngleichmaBigkeit der Ladungsverteilung der Kraft, durch die sie veranlaBt wird, entgegenwirkt, muB sie selbst als Ursprung einer Kraft angesehen werden, die mit der ladungsverschiebenden Kraft wesensgleich ist, analog wie die Kraft, mit der eine zusammengedriickte Feder sich wieder auszudehnen bestrebt ist, der Kraft, durch die !'lie zusammengedriickt wird, wesensgleich ist. Elektromotorische Kraft; Stromquellen 3 Das AufhOren d!:)r Elektronenwanderung bei Erreichung des geschilderten Gleich gewichtszustandes bedeutet, daB der dieser Bewegung entsprechende Strom erlischt. Dadurch, daB lediglich die Verteilung der Ladung geandert wird, laBt sich somit zwar ein voriibergehender StromfluB, aber kein standig flieBender Gleichstrom erzeugen. Um einen LadungsfluB in gleichbleibender Richtung, also einen elektrischen Gleichstrom; beliebig lange aufrechtzuerhalten, gibt es offenbar nur eine Moglichkeit: den Ladungs tragern muB ein geschlossener, in sich zuriicklaufender Leitungsweg zur Verfiigung gestellt werden, und es muB auBerdem irgendwie dafiir gesorgt werden, daB sie auch tat sachlich mit gleichbleibender Bewegungsrichtung und gleichbleibender Geschwindigkeit in Umlauf bleiben. Man nennt solch einen geschlossenen, leitenden Weg treffend einen elektrischen Stromkreis. Aus der Tatsache, daB ein bestandig flieBender Gleichstrom nur einen Umlauf von Ladungen auf geschlossener Bahn darstellt, folgt, daB an jeder Stelle eines einfachen, d. h. nicht verzweigten Stromkreises die gleiche Stromstarke vor handen sein muB. Wenn also Gerate, in denen der Strom niitzliche Arbeit verrichtet, gelegentlich als"Stromverbraucher"bezeichnet werden, so darf das nicht zu der irrigen Auffassung fiihren, als werde darin wirklich Strom, ,verbraucht", d.h. als solcher zum Ver schwinden gebracht. In einen Stromverbraucher tritt auf der einen Seite ein genau so starker Strom ein, wie auf der anderen Seite aus ihm austritt. AIle Stromverbraucher sind im Grunde nichts weiter als besonders ausgebildete Teilstiicke des Stromkreises. Wenn der elektrische Strom seiner Natur nach eine Transportbewegung elektrischer Ladungen ist, so kommt ihm auBer seiner Starke auch eine Richtung zu. Es scheint zunachst keine Frage zu sein, daB man als Stromrichtung die Bewegungsrichtung der Ladungen anzusehen hat, genau so, wie man als Richtung eines Fliissigkeitsstromes selbstverstandlich dieRichtung ansieht, in der sich dieFliissigkeitsteilchen bewegen. So einfach liegen aber die Dinge beim elektrischen Strom nicht; denn hier gibt es ja zwei Sorten von Teilchen, namlich positive und negative Elementarladungen, und der Strom kann entweder durch die einen oder die anderen oder sogar durch beide zugleich gebildet werden. Dabei zeigt es sich, daB infolge der gegensatzlichen Eigenschaften beider Ladungsarten Bewegungen ungleichnamiger Ladungen nur dann elektrisch aquivalent sind, d. h. die gleiche elektrische Wirkung haben, wenn sie in entgegengesetzten Rich tungen erfolgen. Ob sich in einem Querschnitt positive Ladungen von rechts nach links oder negative Ladungen von links nach rechts bewegen, ist fiir die Wirkung der Bewegung gleichgiiltig. Die Richtung des Stromes ist also keineswegs von vornherein festgelegt. Man hat sich entschieden, die Bewegungsrichtung positiver Ladungen als Stromrichtung anzusehen. Diese Festsetzung hat allerdings den SchOnheitsfehler, daB Strome, die allein durch positiv geladene Teilchen gebildet werden, fast nie vorkom men, um so haufiger aber Strome, die ausschlieBlich in einer Elektronenbewegung bestehen, wie z. B. in allen metallischen Leitern. Bei der festgesetzten Stromrichtung flieBt also fast stets der Strom der Bewegungsrichtung der Elementarladungen ent gegen. 4. Elektromotorisehe Kraft; Stromquellen. Um Ladungen in einem Leiter in Be wegung zu setzen oder zu halten, bedarf es einer Kraft auch dann, wenn diese Bewegung nicht zu einer ungleichmaBigen Ladungsverteilung fiihrt. Es ist namlich eine Eigen tiimlichkeit der leitenden Stoffe, daB sie eine Bewegung von Ladungen behindern, d. h. ihr einen Widerstand entgegensetzen, der jede Ladungsbewegung augenblicklich zum Stillstand kommen, also jeden Strom absterben laBt, wenn er nicht durch eine ladungs bewegende Kraft iiberwunden wird. Dieser Widerstand kann mit dem Reibungswider stand in der Mechanik verglichen werden, dessen stets gegen die Bewegung gerichtete Wirkung ebenfalls zur Aufrechterhaltung jeder Bewegung eine Kraft erfordert. In un serem Stromkreis kann deshalb ein Strom nur dann flieBen, wenn in ihm eine ladungs bewegendeKraft wirksam ist, die die Gegenwirkung des Leitungswiderstandes iiberwindet oder, genauer gesagt, im Gleichgewicht halt. Auch die Gegenwirkung des Leitungs widerstandes stellt offenbar wieder eine Kraft dar, die mit der ladungsbewegenden Kraft wesensgleich ist. Die ladungsbewegende Kraft bezeichnet man als elektromoto- 1*

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