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Grundsätzliches zur Demokratisierung des deutschen Bildungswesens: Ein Beitrag zur hessischen Schulreform von der Education and Cultural Relations Division der Militärregierung in Hessen PDF

31 Pages·1949·2.003 MB·German
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l1orwort Der Landesschulbeirat ist eine Arbeitsgemeinschaft, die vom Hes sischen Minister für Kultus und Unterricht ins Leben gerufen wurde, um ihn zu beraten und den Aufbau der Schule in Hessen zu planen. Der Landesschulbeirat wurde aus der im Februar 1947 gegründeten Arbeitsgemeinschaft "Die Neue Schule" am 28. No vember 1947 gebildet. Er setzt sich zusammen aus Erziehern aller Schulgattungen, aus Fachleuten für die verschiedenen Gebiete des Schul wesens und aus Vertretern der Parteien, der Religionsgemeinschaften. der Gewerkschaften. der Berufsgruppen und der Eltern. Die Arbeit des Landesschulbeirates wurde durch Geld aus ameri kanischen Fonds und durch Bücherspenden in großzügiger Weise unterstützt. Ebenso wurde sie gefördert durch Informationen über das pädagogische Leben in der Welt, die ausländische Pädagogen und Wissenschaftler den Ausschüssen des Landesschulbeirates durch persönlichen Vortrag und durch Druckschriften zugänglich machten. Der Landesschulbeirat für Hessen veröffentlicht in den "Hessischen Beiträgen zur Schulreform" Abhandlungen und Bekanntmachungen der amerikanischen Militärregierung, besonders der Education and Cultural Relations Division, sowie amerikanischer Wissen schaftler, weiterhin Ausarbeitungen des Ministeriums für Kultus und Unterricht, schließlich Arbeitsergebnisse, Pläne, Entwürfe und Referate aus seinen eigenen Ausschüssen. Es ist Zweck dieser Beiträge, der Lehrerschaft und allen an Schul fragen interessierten Kreisen die für eine fruchtbare Diskussion der Schulreform notwendigen Grundlagen zu vermitteln. Der Lan desschulbeirat hofft, daß auf diesem Wege weiteste Kreise durch die Veröffentlichungen zu kritischen Äußerungen und Verbesse rungsvorschlägen angeregt werden. Die "Hessischen Beiträge zur Schulreform" sind im freien Buch handel einzeln käuflich zu erwerben oder zu verbilligtem Preis durch Abonnement zu beziehen. 'R. '1'Vilh. 'Raupt Direktor des !AndessCbulbtirates für 1ltsstn SCHRIFTLEITUNG: H. W. HAUPT - VERLAG: DR. TH. GABLER. WIESBADEN Grundsätzliches zur Demokratisierung des deutschen Bildungswesens Ein Beitrag zur hessischen Schulreform von der Education and Cultural Relations Division der Militärregierung in Hessen 1.REIHE· HEFT 2 ISBN 978-3-663-00629-9 ISBN 978-3-663-02542-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-02542-9 INHALTSVERZEICHNIS sette I. Einleitung . 5 11. Text der Anweisung Nr. 54 6 111. Bedeutung dieser Grundsätze für die Schulreform 8 A. Gleiche 13ildungsmöglichkeiten für AUe 8 B. Das schulpflichtige Alter . 11 C. Organisation der Schule 12 D. Lehrplan . 14 E. Lehrerausbildung 19 F. Schulverwaltung zr G. Unterstützung . 29 H. Private Schulen 30 GRUNDSÄTZLICHES: Zur Demokratisierung des Erziehungswesens in Deutschland I. Einleitung Im Juni 1947 gab der Kontrollrat der alliierten Kontrollbehörde die Anweisung Nr. 54 heraus, die betitelt ist: "Grundsätze zur Demo kratisierung des Erziehungswesens in Deutschland". Diese aus zehn Leitsätzen bestehende Anweisung wurde den Zonenkommandeuren und der alliierten Kommandantur in Berlin zugesandt. Sie soll den deutschen Erziehern bei der Durchführung einer Schulreform in Deutschland helfen. Die Leitsätze stehen im Einklang mit den früher herausgegebenen Anordnungen der Militärregierung. Seitdem die Anweisung herauskam, sind die Leitsätze als Weg weiser zur Schulreform und gleichzeitig als Kriterien für die Beurteilung von Plänen für eine Reform des Erziehungswesens be nutzt worden. Doch gibt es in den Schulkreisen viele Menschen, die mit den Leitsätzen noch nicht vertraut sind oder noch kein klares Bild von ihrem Sinn und Zweck haben. Für diese beiden Gruppen ist das vorliegende Heftehen gedacht. Zunächst geben wir die zehn Leitsätze im Wortlaut wieder, um irgendwelche Mißverständnisse über das, was der Kontrollrat in bezug auf die Demokratisierung des deutschen Schulwesens gesagt hat oder nicht gesagt hat, aufzuklären. 5 H. Text der Anweisung Nr.54 Grundsltzllches zur Demokratlslerung des deutschen BIldungswesens. ., Es sollten: 1. gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle geschaffen werden; 2. in allen Bildungsanstalten, die ganz aus öffentlichen Mitteln unterhalten werden, Schulgeldfreiheit bestehen und darüber hin aus den Bedürftigen die benötigten Schulbücher und andere Lehr- und Lernmittel unentgeltlich zur Verfügung stehen. Außerdem auch Unterhaltsbeihilfen Unterstützungsbedürftigen gewährt werden; 3. alle Kinder vom 6. bis 15. Lebensjahr zu vollzeitlichem Schul besuch verpflichtet sein. Anschließend sollte von denjenigen Schülern, die zu ihrer weiteren Ausbildung keine vollzeitliche Schule besuchen, bis zum vollendeten 18. Lebensjahr wenigstens der Besuch einer Berufsschule verlangt werden. 4. Es sollen die allgemein verbindlichen Schulen ein umfassendes Schulsystem bilden, um allen Jugendlichen gerecht zu werden. Die Begriffe "Grundschule" und "Höhere Schule" sollten zwei aufeinanderfolgende Stufen der Ausbildung darstellen, nicht zwei Grundformen oder Arten der Ausbildung, die sich über schneiden. 5. Es sollen alle Schulen größtes Gewicht auf die Erziehung zu staatsbürgerlicher Verantwortung und demokratischer Lebens weise legen und Lehrpläne, Schulbücher, Lehr- und Lernmittel und die Organisation der Schule selbst auf diesen Zweck ausrichten. 6. Es soll Verständnis für andere Völker und Achtung vor ihnen gefordert werden und darum sollte man dem Studium der modemen Sprachen in den Lehrplänen besondere Aufmerksam keit widmen, ohne irgendeiner den Vorrang zu geben. 7. Es soll allen Schülern und Studenten erzieherische Hilfe und Berufsberatung geboten werden. 8. Es sollten alle Schüler und Studenten unter gesundheitlicher Ueberwachung stehen und zu gesunder Lebensweise erzogen werden. Außerdem sollten sie Unterricht in Hygiene erhalten. 6 9. Es sollten alle Lehrer an einer Universität oder an einem pld agogischen Institut von Universitäts rang ausgebildet werden. 10. Dort, wo die Verfassung es erlaubt, Simultan- und Bekenntnis schulen nebeneinander bestehen zu lassen, sollte das Schul gesetz deren erzieherischen Standard in bezug auf Einstufung, Lehrpersonal und Einrichtung u. a. nach Möglichkeit wahren. Die Verwaltung der Schulen wird demokratisch sein und fflr die Wilnsche der Bevölkerung empfänglich sein. Gegeben zu Berlin am 25. Juni 1947. P. No ire t , Generalmajor (Frankreich) F. A. K e a tin g, Generalmajor (Amerika), M~ J. D rat v In, Generalleutnant (Ru8land). B. H. R 0 b e r t s 0 n , Generalleutnant (England). 7 III. Bedeutung dieser Grundsätze für die Schulreform Auf den folgenden Seiten versucht die Amerikanische Militärregie nmg, die 10 Leitsätze im Hinblick auf die Hauptgebiete der Schul reform zu analysieren und zu beschreiben. Der größeren Einfachheit und Verständlichkeit halber sind diese Gebiete wie folgt bezeichnet: Gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle, Schulpflichtiges Alter, Organisation, Lehrplan, Ausbildung der Lehrer. Schulverwaltung, Unterhaltungskosten und Privatschulen. A. Gleiche Blldungsm6gllchkelten fUr Alle Die Hessische Verfassung sieht für den einzelnen und für die Ge sellschaft als Ganzes eine große Anzahl von Rechten, Privilegien und Pflichten vor. Sie beruhen auf der Voraussetzung, daß Ehre und Würde jedes hessischen Staatsbürgers unantastbar sind. (Leben und Gesundheit, Ehre und Würde des Menschen sind unantastbar.) Um die Würde des Menschen zu wahren, muß die Gesellschaft seinen grundsätzlichen Wert als Individuum anerkennen und die Ver antwortung für die Entwicklung seiner Fähigkeiten übernehmen. Um die Eigenart und die Würde des Individuums zu wahren, muß die Gesellschaft unablässig auf das Ideal gleicher Bildungsmöglichkeiten für alle hinarbeiten. Es ist die Pflicht einer demokratischen Gesell schaft, allen die gleichen Bildungsmöglichkeiten zu bieten. Mit diesem Prinzip des menschlichen Wertes ist die überzeugung verbunden, daß in einer Demokratie Entscheidungen möglichst durch Mehrheitsbeschluß nach voraufgegangener freier Diskussion und Debatte getroffen werden sollten. Diese überzeugung beruht auf der allgemein angenommenen Voraussetzung, daß man jedem reifen Menschen, der die Tatsachen kennt, die Fähigkeit zu selbständiger Entscheidung zutrauen kann. Diese Art der Volksregierung ist ein stichhaltiger Grund für eine Volkserziehung und darum muß die Demokratie im Interesse einer freien Gesellschaft freie Menschen erziehen. Das bedeutet, daß jedes Kind ein Anrecht auf eine vielseitige Bildung bat, und daß ihm die Möglichkeit gegeben werden muß, an lohnen dem Unterricht, der seinen Fähigkeiten, Bedürfnissen, Interessen 8 und Zielen entspricht, teilzunehmen. Bezüglich Geschlecht, Rasse, Glaubensbekenntnis, politischer Einstellung, Klasse oder Kaste soll ten keine Unterschiede zwischen den Schülern gemacht werden. Wenn einem Menschen das Recht verweigert wird, seine Talente zu entwickeln, so ist das nicht nur ein Verlust für ihn selbst, sondern auch für die Gesellschaft, die ihm dieses Recht vorenthält. Ebenso ist es, wenn er nur als Mitglied einer Gruppe und nicht als eine Persönlichkeit innerhalb der Gruppe behandelt wird: der Verlust an Wert und Würde, den er erleidet, trifft außer ihm selbst auch die Gesellschaft, die das Beste von ihm erwartet. Das Bildungsprogramm und die Schuleinrichtungen sollten für Stadt und Landkinder möglichst auf derselben Höhe stehen. Der Unter richt aller Schüler einer gegebenen Stufe sollte von Lehrern erteilt werden, die alle gleich qualifiziert sind. Es wird geschätzt, daß in den ländlichen Gegenden von Hessen 378600 Kinder leben zwischen sechs und fünfzehn Jahren. Von diesen besuchen 12 000 keine Schule. Durch gleiche Bildungsmöglichkeiten für alle Kreise und Angehöri gen des Volkes sichert sich die Gesellschaft das gemeinsame Wachs tum, das aus der Summe der entwickelten individuellen Möglich keiten und Fähigkeiten entsteht. Ohne ein solches Wachstum kann eine Demokratie nicht weiterleben. Um gleiche Möglichkeiten zu gewährleisten, sollten die Klassen nur so groß sein, daß fruchtbare Arbeit im Unterricht getan werden kann. Das zahlenmäßige Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern in allen hessischen Schulen mit normalem Unterricht betrug im Februar 1948 48,9. Diese Durchschnittszahl sagt natürlich nichts Bündiges über die Größe der Klassen im einzelnen aus. Sie ist jedoch aufschlußreich, wenn wir daran denken, daß eigentlich nicht mehr als 35 Schüler in der Klasse sein sollten, um jedem Lehrer eine individuelle Behandlung der Schüler zu ermöglichen. Um allen Kindern gleiche Bildungsmöglichkeiten zu sichern, sollte für die Dauer des pflichtmäßigen Schulbesuches in keiner aus öffent lichen Mitteln erhaltenen Lehranstalt Schulgeld erhoben werden. Auch Lehr- und Lernmittel sollten kostenlos zur Verfügung stehen. Geldliche Beihilfen von seiten der Schule sollten denen zukommen, 9 die sie nötig haben und beweisen, daß ihre Ausbildung eine gesunde Geldanlage für die Gesellschaft ist. Außer mit der Schulpflicht sollte sich Hessen auch mit folgenden Fragen beschäftigen: 1. In welcher Weise könnte man die Bildungsmöglichkeiten nach oben und unten hin erweitern, um für die Erziehungsbedürfnisse derer zu sorgen, die jünger oder älter sind als die schulpflich tigen Jahrgänge? Z. Wie können Kindergärten und andere Schultypen für Kinder von noch nicht schulpflichtigem Alter mit dem regulären Schul programm verbunden und gefördert werden? 3. In welcher Weise könnte man allen begabten jungen Menschen ohne Rücksicht auf Wohnort, wirtschaftliche Lage oder schuli sche Vorbereitung höhere Bildungsmöglichkeiten zugänglich machen? 4. Wie kann man alle Arten von höheren Bildungsanstalten ver größern und geographisch so verteilen, daß sie den Bedürf nissen einer demokratischen Gesellschaft und dem Streben der jungen Leute entsprechen? 5. Wie können die Aufnahmebedingungen für die höheren Lehr anstalten am besten mit den Grundsätzen und Bedürfnissen einer demokratischen Gesellschaft in Übereinstimmung gebracht werden? 6. Wie kann man das, was die höheren Lehranstalten zu bieten haben, erweitern, um einer größeren Mannigfaltigkeit von Talenten und erstrebten Zielen gerecht zu werden? 7. Welche Anregungen kann die deutsche Schule aus der Beschäf tigung mit den Lehrplänen anderer Länder gewinnen, um das eigene Erziehungsprogramm demokratischer zu gestalten? 8. Wie können die Aufnahmebedingungen für höhere Bildungs anstalten und deren Lehrplan den Bedürfnissen der gegen .. wärtigen Lage Deutschlands angepaßt werden? 9. Wie kann man es dem ganzen Volk zum Bewußtsein bringen, daß es soziale und wirtschaftliche Vorteile für die Gesamtheit mit sich bringt, wenn den wirtschaftlich schlechter gestellten jungen Leuten Gelegenheit zu höherer Bildung gegeben wird? 10

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