GRUNDRISS DER KLINISCHEN DIAGNOSTIK \"ON DR. GEORG KLEMPERER, MED. AO. PROFESSOR AN DER FRIEDRICH-WILHELMS-UNIVERSITAT. GEH. MEDIZINALRA'l', DIREKTOR DER INNEREN ABTEILUNG DES STADT. KUANKENHAUSES MOABIT. Neunzehnte, neubearbeitete Auflage. Mit 2 Tafeln und 56 Textfiguren. SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1915 ISBN 978-3-662-23603-1 ISBN 978-3-662-25682-4 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-25682-4 Softcover reprint of the hardcover 19th edition 1915 Alle Rechte vorbehalten. Uebcrsetzungen ins Englische, Italienische, Russische, Ungm·ische, Spanische, Pm·tttgiesische und Türkische sind bm·eits m·schienen. Zur Erinnerung an Ernst von Leyden geb. 20. IV. 1832 in Marienwerder, gest. 5. X. 1910 in Berlin Professor der I. medizinischen Klinik in Berlin von 1876 bis 1907. Vorwort. zur 17. Auflage. Dies Büchlein habe ich vor 21 Jahren nieder geschrieben, damit es meinen Zuhörern in der Vorlesung über Diagnostik und im praktischen Kurs das Mit schreiben ersparte und später in der Klinik als Repeti torium diente. Diesem Zwecke hat sich das Büchlein um so brauchbarer erwiesen, je mehr ich, in steter Be rührung mit Lernenden, Form und Inhalt dem Gesichts kreis und dem Bedürfnis derselben anzupassen ver mochte. Ueber seinen unmittelbaren Daseinszweck hinweg verbreitete sich das Büchlein im Kreise der praktischen Aerzte, denen es zur Auffrischung und Erneuerung ihrer diagnostischen Kenntnisse nützlich wurde. Das hat mir zum Ansporn gedient, alle Fortschritte der Diagnostik von Jahr zu Jahr zu registrieren; doch habe ich mit verschwindenden A usoahmen nur Selbst beobachtetes und Selbsterprobtes aufgenommen. Ich füge dies kleine Buch in einen historischen Zusammenhang, indem ich es dem Andenken an meinen Lehrer E. v. L e y den widme, an dessen Klinik ich von 1887 bis 1896 Assistent war und dessen stets dem therapeutischen Endzweck zugewandte Lehrmethode sich auch in diesen Blättern wiederspiegelt. Berlin, 15. September 1911. Oeorg Klemperer. Vorwott zur 19. Auflage. Auch diesmal wurde der Text sorgfältig durch gesehen und den Fortschritten der Diagnostik durch Aenderungen und Zusätze in vielen Kapiteln Rechnung getragen. Berlin, 20. August 1915. Oeorg Klemperer. Inhaltsverzeichnis. Seite Der Gang der diagnostischen Untersuchung 1 I. Anamnese und Allgemeinstatus . 4 II. Diagnostik der akut-fieberhaften oder Infektions- krankheiten 15 Spezielle Symptomatologie . 19 III. Diagnostik der Krankheiten des Nervensystems 33 Spezielle Symptomatologie 65 IV. Diagnostik der Erkrankungen des Digestions- apparates . 70 Diagnostik der Magenkrankheiten . 74 Spezielle Syl'nptomatologie . 88 Diagnostik der Iüankheiten des Darms und Peritoneums . 90 Spezielle Symptomatologie . 102 Diagnostik der Leberkrankheiten 104 Spezielle Symptomatologie . 106 Diagnostik der Pankreaskrankheiten . lOS Diagnostik der Milzvergrösserung . 109 V. Diagnostik der Krankheiten der obersten Luft- wege (Nase, Rachen, Kehlkopf) . 111 Spezielle Symptomatologie 113 VI. Diagnostik der Krankheiten des Respirations- apparates 123 Perkussion des Thorax 130 Auskultation des Thorax . 137 Untersuchung des Sputums 142 Spezielle Symptomatologie 152 VII. Diagnostik der Erkrankungen des Zirkulations- apparates 160 Lehre vom Puls . 170 Spezielle Symptomatologie 183 VIII Inhaltsverzeichnis. Seite VIII. Untersuchung des Urins . 187 IX. Diagnostik der Nierenkrankheiten 222 Diffuse Nierenerkrankungen . 222 Anderweitige Nierenerkrankungen . 225 Untersuchung von Nierensteinen . 228 Funktionelle Diagnostik der Nierenkrankheiten 230 X. Diagnostik der Stoffwechselanomalien 235 Anhang: Erkrankungen der Organe mit innerer Sekretion . 245 XI. Diagnostik der Krankheiten des Blutes . 247 Spezielle Symptomatologie . 259 XII. Die Röntgenstrahlen als Hilfsmittel der Diagnostik 265 XIII. Tierische und pflanzliche Parasiten 270 Tierische Parasiten . 270 Pflanzliche Parasiten 279 Die für die innere Diagnostik wichtigen Bakterien . 284 Die für die innere Diagnostik wichtigen Protozoen . 289 XIV. Probepunktion, Lumbalpunktion, Zytodiagnostik, Serodiagnostik. 293 Sachregister . 299 Der Gang der diagnostischen Untersuchung. Die Aufgabe der praktischen Medizin ist. Krankheiten zu verhüten und die Gesundheit wiederherzustellen. Die unumgänglich notwendige Vorbedingung einer planmässigen Behandlung des erkrankten Menschen ist die Erkenntnis der vorliegenden Krankheit. Die Lehre von der Erkennung der Krankheiten ist die Diagnostik. Eine vollständige Diagnose umfasst: 1. die Benennung der Krankheit, d. i. die Einordnung derselben in eine be stimmte Krankheitsgruppe; 2. die Erkenntnis des Stadiums, eventuell der Besonderheit oder der Komplikationen der Krankheit; 3. die Erkenntnis und Würdigung der zurzeit bestehenden oder im weiteren Verlauf drohenden Gefahren. Die Diagnose ist das Ergebnis der Krankenuntersuchung. Diese besteht aus Krankenexamen (Anamnese) und objek tiver Untersuchung (Status praesens). Man tut gut, in Anamnese und Status praesens sich an die Reihenfolge eines bestimmten Schemas zu halten, um keinem Irrtum durch Versäumnis ausgesetzt zu sein. Folgendes Schema dürfte sich für den Anfänger zur Einübung wohl empfehlen. Name, Alter, Stand. Datum der Untersuchung. Anamnese: 1. Hereditäre Verhältnisse. 2. Kindheit, Menstruation. 3. Allgemeine Lebensverhältnisse, Beschäftigung. 4. Vergangene Krankheiten, Puerperien. 5. Gegenwärtige Krankheit, ihre Prodrome und angebliche Ursache. 6. Die ersten Erscheinungen der Krankheit. (Fieberfrost, subjektive Beschwerden, Funktionsstörungen.) G. Kle m p e re r, Klinische Diagnostik. 111. Aufi. 1 2 Der Gang der diagnostischen Untersuchung. 7. Verlauf der Krankheit bis heute. 8. Bis wann stieg sie an? War eine Besserung oderNachlass? 9. Bisherige Behandlung. 10. Komplikationen: Angaben des Patienten über die Haupt funktionen, z. B. Schlaf, Appetit, Husten, Auswurf, Urin usw. Status praesens: A. Allgemeiner Teil. I. Konstitution. (Statur, Knochenbau, Muskulatur, Fettpolster.) II. Lage. (Aktive oder passive Rückenlage usw.) III. Gesicht. 1. Farbe (Wangen, Lippen, Konjunktiven). 2. Ernährung, Turgor. 3. Ausdruck. 4. Blick. IV. Haut. 1. Farbe. 2. Exantheme, Oedeme, Narben, Dekubitus. 3. Beschaffenheit (trocken, feucht). 4. Temperatur und ihre Verteilung. V. Puls. 1. Frequenz, Rhythmus. 2. Beschaffenheit der Arterie (gradlinig, geschlän gelt, sklerosiert). 3. Spannung der Arterie, Blutwelle. 4. Beschaffenheit der Pulswelle. VI. Respirationsfrequenz und Typus. VII. Auffällige Symptome. VIII. Klagen des Patienten. B. Spezieller Teil. I. Nervensystem. 1. Sensorium. (Frei? Benommen?) 2. Kopfschmerzen, Schwindel. 3. Schlaf. 4. Tremor. 5. Delirien, abnorme Stimmung. 6. Sensibilitäts- und Motilitätsstörungen. II. Drgestionsapparat. 1. Lippen, Zunge. 2. Rachen. 3. Appetit. 4. Durst. 5. Erbrechen. 6. Stuhlgang. 7. Palpation des Abdomens (schmerzhafte Stellen? Tumoren?), der Leber und der Milz.