Wolfgang Weber· Grundlagen der Personalwirtschaft Wolfgang Weber (Hrsg.) Grundlagen der Personal wirtschaft Theorien und Konzepte GABLER Professor Dr. Wolfgang Weber ist Professor dec Betriebswirtschaftslehre, insbesondere betriebliche Bildungsforschung und Personalwirtschaft, an dec Universitat Gesamthoch schule Padecborn. Die Deutsche Bibliothek -CIP-Einheitsaufnahme Grundlagen der Personalwlrtschaft : Theorien und Konzepte / Wolfgang Weber (Hrsg.). -Wiesbaden : Gabler, 1996 NE: Weber, Wolfgang [Hrsg.] Herausgegeben im Auft rag der Kommission Personalwesen im Verband der Hochschullehrer fUr Betriebswirtschaft e.V. von Prof. Dr. Wolfgang Weber. Der Gabler Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinformation. © Betriebswirtschaftlicher Verlag Dr. Th. Gabler GmbH, Wiesbaden 1996 Lektorat: RaIf Wettlaufer Das Werk einschlieBlicb aller seiner Teile ist urbeberrechtlich gescbiitzt. Jede Verwertung au6erhaIb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzullissig und strafbar. Das gilt insbe sondere fUr Vervielfliltigungen, Obersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroniscben Systemen. Hochste inhaltliche und technische QuaIitlit unserer Produkte ist unser Ziel. Bei der Produktion und Auslieferung unserer Biicher wollen wir die Umwelt schonen: Dieses Buch ist auf sliurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier gedruckt. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berecbtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annabme, daB solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. ISBN -13 :978-3-409-12220-7 e-ISBN -13 :978-3-322-82430-1 DOl: 10.1007/978-3-322-82430-1 Vorwort Die junge Disziplin Personalwirtschaftslehre krankt an ihrem kurzatmigen Anwendungsbezug. Die Wissenschaft hilft der Personalpraxis wenig, wenn sie sich auf das Nachvollziehen und Systematisieren der betrieblichen GestaItungspraxis beschriinkt. Der gestaItungsorientierten personalwirtschaftlichen Diskussion fehlt immer noch ein tragfahiges Geriist: das Durch schauen der relevanten Zusammenhiinge als Grundlage fUr Prognose, fUr Kritik der GestaI tungspraxis und schlieBlich fOr die Ableitting gestaItungsorientierter SchluBfolgerungen. Die Kommission Personalwesen im Verband der Hochschullehrer fUr Betriebswirtschaftslehre hat deshalb in der Amtszeit des Kommissionsvorsitzenden 1994/95 und Herausgebers dieses Bandes einen Schwerpunkt auf dem Gebiet der theoretischen Fundierung der Personalwirt schaftslehre gesetzt. Bei den Workshops der Kommission stand diese Thematik 1994 und 1995 im Zentrum der gemeinsamen Arbeit, wobei die erste der beiden Sitzungen ausschlieBlich der Prasel'ltation und Diskussion theoretischer Konzepte diente. Die Vortrage und Arbeitspapiere worden anschlieBend von den Autorinnen und Autoren zur Veroffentlichung uberarbeitet. Das Ergebnis dieser Arbeit Iiegt mit diesem Band nunmehr vor. Der Band enthiilt die Beitrage, die der Kommission Personalwesen anlaBlich ihrer Paderbomer Workshops vorgelegt worden oder aus der gemeinsamen Diskussion entstanden sind. Einige wenige Beitrage konnten wegen Terminschwierigkeiten nicht gemeinsam diskutiert werden. Sie wurden aber ebenfalls in diesen Band aufgenommen, da sie fUr den Stand der Diskussion Mitte der 90er Jahre kennzeichnend sind und das Spektrum der Positionen in unserem Fach ergiinzen. Dennoch sind nicht alle theoretischen Positionen gleichgewichtig in diesem Sammelband ver treten. Nach der ursprOngIichen Hinwendung der theoretisch orientierten Hochschullehrer zu den Verhaltenswissenschaften, im wesentlichen zu dem Theoriespektrum der Psychologie, gilt gegenwartig zu Recht den okonomischen Theorien die Hauptaufmerksamkeit. Die okonomi schen Theorien, die sich ebenfalls mit dem Verhalten der Wirtschaftsteilnehmer befassen, nehmen in diesem Band einen besonders wichtigen Platz ein. Die Auseinandersetzung mit die ser theoretischen Akzentuierung ist besonders geboten, ohne daB mit dieser Ausrichtung alle Theoriedefizite alleine abgedeckt werden konnten. Eine Reihe von Beitragen zu anderen wich tigen und erfolgversprechenden Ansatzpunkten und Konzepten rundet die aktuelle Suche nach einer theoretischen Fundierung der Personalwirtschaftslehre abo Zur Fundierung des Faches durch motivationale und kognitive Theorien haben K.-F. Ackermann und G. Reber schon 1981 mit der Herausgabe eines Readers einen wichtigen Beitrag geleistet. Mit diesem Band - so hoffen Herausgeber und Autoren -wird die bisher bestehende Lucke geschlossen. v Die Reihenfolge der zwolf Beitrage folgt - soweit dies moglich war - dem Gedanken, daB die eher allgemein und grundsatzlich gehaltenen Beitrage am Anfang-stehen und die speziellen Beitrage spater folgen. Die Beitrage zur neueren okonomischen Theoriediskussion folgen im zweiten Teil des Bandes, die Theoriebeitrage zur eher traditionellen Grundlegung des Faches sind im ersten Teil des Bandes untergebracht. Der Herausgeber raumt ein, daB die gewablte Ordnung nicht zwingend ist. Bei der Herausgabe eines so1ches Buches sind viele Helfer und Forderer notwendig. Ihnen allen danke ich sehr herzlich. Mein besonderer Dank gilt der Universitatsgesellschaft Paderbom, die die Workshops fmanziell gefOrdert und der Volksbank Paderbom, die diesen Band mit ihrer Anzeige sehr untersttitzt hat. Mein Dank gilt Dipl.-Kffr. Marion Grasse, cando rer.pol. Birgit Peters und Frau Roswitha Nell, die aus den Manuskripten und Disketten eine publikations fahige Druckvorlage gemacht haben. Ich danke meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitem, besonders Dr. Marion Festing fUr viele Anregungen. SchlieBlich gilt mein ganz besonderer Dank den Autorinnen und Autoren fUr ihre auf Disketten gelieferten Beitrage sowie dem Gabler-Verlag Wiesbaden ffir sein erfreuliches Engagement bei der Herausgabe dieses Buches. Ich hoffe, daB die an dieses Buch gekntipften Erwartungen erftillt werden und die Diskussion tiber die theoretische Fundierung der Personalwirtschaftslehre die dringend notigen Impulse erfahrt. Paderbom, im Juni 1996 Wolfgang Weber VI Inhaltsverzeichnis Vorwort ................................................................................................................................. V Hans Jiirgen Drumm Theoretische und verantwortungsethische Grundlagen des Personalmanagements ............................................................................................................ 1 Gertraude Krell Orientierungsversuche einer Lehre vom Personal ................................................................... 19 Werner Nienhilser Die Entwicklung theoretischer Modelle als Beitrag zur Fundierung der Personal wirtschaftslehre. Uberlegungen am Beispiel der Erklarung des Zustandekommens von Personalstrategien ......................................................................................................... .39 Wolfgang Mayrhofer Systemtheorie und Personalwirtschaft ................................................................................... 89 Albert Martin/Susanne Bartscher Zusammenhange zwischen Filhrungs-und Entscheidungsforschung ..................................... 115 Rolf Wunderer Filhrungstheorien ................................................................................................................ 139 Jilrgen Weibler Filhrungslehre -Ursachensuche fur die Heterogenitiit einer Disziplin ................................... 185 Horst Steinmann/Carola Hennemann Personalmanagementlehre zwischen Managementpraxis und mikro-okonomischer Theorie -Versuch einer wissenschaftstheoretischen Standortbestimmung -....................................... 223 Wolfgang Weber Fundierung der Personalwirtschaftslehre durch verhaltenswissenschaftliche Theorien ............................................................................................................................. 279 VII Uschi Backes-Gellner Personalwirtschaftslehre -eine okonomische Disziplin?! ...................................................... 297 Hans-Gerd Ridder Personalwirtschaftslehre als okonomische Theorie ............................................................... 317 Bernd Schauenberg Personalwirtschaftslehre und okonomische Theorien .......................................................... .341 Schlagwortverzeichnis ........................................................................................................ .373 VIII Hans Jiirgen Drumm Theoretische und verantwortungsethische Grundlagen des Personalmanagements1 1. Leitbilder und Theorien fUr das Personalmanagement.. ...................................................... 2 2. Der nationale Kontext des Persona1managements .............................................................. 5 3. Struktur und Probleme genuiner Theorien des Personalmanagements ................................ 6 4. Die Funktion importierter Theorien fUr das Personalmanagement.. .................................... 8 5. Ungetestete Hypothesen mit Praxisbezug als Ausweg aus der Theoriefalle ........................ 9 6. Einige ausgewiihlte personalwirtschaftliche Lehrbiicher als Spiegel des Stands der Dinge. ........................................................................................................................ 10 7. Die Funktion verantwortungsethischer Normen fUr das Personalmanagement in Praxis und Theorie ........................................................................................................... 11 8. Die Soziallehre der katholischen Kirche als QueUe verantwortungsethischer Normen rur das Personalmanagement der Praxis .............................................................. 13 9. Ergebnis und offene Probleme .......................................................................................... 14 Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 16 1 Uberblick In diesem Beitrag wird die Frage nach der Wissenschaftlichkeit des Fachs "Personalmanage ment" gestellt. Um zu einer Antwort zu kommen, werden einige Partialerkenntnisse zu Grund fragen des Personalmanagements zusammengetragen und durch vier Hypothesen miteinander verkniipft. Die erste, ein wenig spekulative Hypothese besagt, daB unter dem EinfluB von un terschiedlichen Leitbildern des Personalmanagements in Deutschland eine selektive Behandlung von dessen Problemen stattgefunden hat. Die zweite Hypothese driickt aus, daB fast alle Aus sagen zu personalwirtschaftlichem Handeln in einen nationalen Kontext eingebettet werden miissen. Die dritte Hypothese behauptet, daB selbst bei Beriicksichtigung der Beschr8nk:ungen durch die Hypothesen 1 und 2 die "Theoriefalle" eine breite theoretische Untermauerung des Personalmanagements vereitelt und zu "Kunstlehren" in der Form ungepriifter, intelligenter Hypothesen zwingt. Die vierte Hypothese verbindet "Kunstlehren" mit verantwortungsethi schen Normen. 1m Ergebnis geniigt das Fach hohen Anforderungen an Wissenschaftlichkeit nur sehr eingeschr8nk:t. 1. Leitbilder und Theorien fUr das Personalmanagement Seit mehr als 25 Jahren haben sich Lehre und Forschung zum Einsatz von Personal in Unter nehmungen unter verschiedenen Namen an den meisten wirtschaftswissenschaftlichen Fakulta ten in der Bundesrepublik als Fach etabliert. Die Namen des Fachs mit zunachst "Personalwe sen", dann "Personalwirtschaft" und neuerdings "Personalmanagement" signalisieren nicht nur eine zeitliche Entwicklung und einen Wandel der Personalfunktion (vgl. Wachter 1992, 316- 323), sondern auch einen Paradigmenwechsel. Diesen Paradigmenwechsel hat man dann be sonders verspiirt, wenn man mit dem Fach gewachsen ist und selbst zu dessen Entwicklung beigetragen hat. Das erste Paradigma der Beschr8nk:ung auf die Verwaltung von Personal (vgl. WundererlSchlagenhaufer 1994, 3-4) wurde in den 70er Jahren zugunsten des Paradigmas wirtschaftlichen kurz- und langfristigen Einsatzes von Personal aufgegeben. Entscheidungen iiber das Personal und mit dem Personal wurden zu einem der wichtigsten Objekte des Fachs (vgl. Gaugler 1993, 263). Dieses Paradigma wurde zugleich mit dem Paradigma der Humani sierung der Arbeitswelt verkniipft. Personalmanagement wird zwar teilweise noch mit Personalwirtschaft gleichgesetzt, konnte jedoch in Zukunft starker einem anderen, komplexen Paradigma folgen, nlimlich sowohl der Integration von Personaleinsatz und allen iibrigen Funktionen der Unternehmung mit dem Ziel erfolgsorientierter UnternehmungsfUhrung als auch einer Interpretation des Personals als knappe menschliche Ressource, die fUr alle unternehmerischen Funktionen wirksam und sozial verantwortlich einzusetzen ist. Mehr oder weniger unangetastet bleibt lediglich das Paradigma 2 der Rationalitat des Handelns fUr die Vertreter des Fachs dann bestehen, wenn diese sich ihrer Herkunft und ihrem ZugeMrigkeitsgefiibl zufolge als Betriebswirte verstehen. Neben diesen Paradigme n mit okonomischem Einschlag hat seit den 50er Jahren stets auch das Leitbild sozialer Verantwortung als Folge der Akzeptanz verantwortungsethischer Normen existiert, so daB vor allem fUr die Praxis, weniger fUr Forschung und Lehre stets eine Trias der Paradigmen gegeben war: okonomisch - sozial - problemorientiert. Die Wirkung dieser Leitbilder besteht erstens darin, daB sie uns eine Vorstellung davon vermitteln, was als wichtig angesehen werden sollte, daB sie somit die Auswahl und Gewichtung von Problemen steuem, die mit der Beschiiftigung von Personal verbunden sind. Sie besteht zweitens in der Schfufung des Be woBtseins, daB mehrfache, okonomische und soziale Zielsetzung bei allen Entscheidungen fiber den Einsatz von Personal in Untemehmungen als Gebot fUr Untemehmer existiert haben und noch existieren und daB folglich mehrfache Zielsetzung zum Forschungsgegenstand fUr Wis senschaftler werden moB. Selbst wenn man die bier behaupteten Leitbilder und ihre Wirkungen akzeptiert, bleibt die Frage nach dem Warum ihres Entstehens zu stellen. Auf diese gibt es mehrere Antworten: (1) Wertewandel und ein geiindertes Bild vom Menschen kommen als Ausloser der Paradig menwechsel in Frage. (2) Die einschneidende Anderung der deutschen Untemehmungsverfassung mit der Schaffung des Arbeitsdirektors durch das Mitbestimmungsgesetz 1976 hebt zuvor eher inferior an gesiedelte Probleme des Personals auf die Geschaftsfiihrungsebene. (3) Neue Probleme des Personaleinsatzes werden durch GroBenwachstum, DiversifIkation und Intemationalisierung von Untemehmungen ausgelost. (4) Die katholische Soziallehre haIt ab den 50er Jahren unter Wortfiihrung durch Oswald von Nell-Breuning Einzug in das Gedankengut von Gewerkschaften, vereinzelt von politischen Parteien, und nicht zuletzt von Untemehmem: Okonomische Rationalitat und Verantwor tungsethik prallen zunachst aufeinander, urn sich dann schrittweise zu durchdringen und gegenseitig zu begrenzen. Die erste zentrale Hypothese dieses Beitrags ist daher die Aussage, daB der Wandel von Pa radigmen zur Konzentration auf jeweils nur einen Ausschnitt des denkbaren personalwirt schaftlichen Problemspektrums gefiihrt hat. Einen Beleg ffir diese Hypothese bietet Wachters (1992, 324-336) relativ breiter Uberblick fiber offene Probleme, die bisher in der Diskussion personalwirtschaftlicher Sachverhalte nicht aufgegriffen oder nur gestreift worden sind. 3