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Grundlagen der Metallkunde in anschaulicher Darstellung PDF

160 Pages·1955·7.7 MB·German
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Grundlagen der Metallkunde in anschaulicher Darstellung von Georg Masing o. ö. Professor an der Universität Göttingen Direktor des Instituts für allgemeine )Ietallkunde Göttingen Vierte, verbesserte und erweiterte Auflage Mit 140 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH 1955 Alle Rechte, Insbesondere das der übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege (Photo kopie, Mikrokopie) zu vervielfältigen. ® 1940, 1941, 1951 and 1955 by Springer-Verlag Berlin Heidelberg Ursprünglich erschienen bei Springer·V erlag on G.,BerJin I Göttingen I Heidelberg 1955 ISBN 978-3-662-11919-8 ISBN 978-3-662-11918-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-662-11918-1 Vorwort zur vierten Auflage. Obwohl die theoretische Metallkunde in schneller Entwicklung ist, sind ihre Grundlagen im wesentlichen unverändert ge blie ben. Diesen Grundlagen ist das vorliegende Werk gewidmet. Es brauchte dem gemäß nicht weitgehend umgearbeitet zu werden. Einer Anregung des Herrn Prof. F. C. THOMPSON folgend, dem ich die Übersetzung der "Grundlagen" ins Englische verdanke, wurde in das Werk ein kurzes Kapitel über den technischen Gießvorgang aufgenommen. Ich danke Fräulein E. JANEOKE für die Durchsicht der Korrekturen und für manchen textlichen Vorschlag. Göttingen, Mai 1955. G. Masing. Vorwort zur ersten Auflage. Die "Vorliegende Darstellung der Grundlagen der Metallkunde, die aus Vorlesungen entstanden ist, unterscheidet sich von anderen Lehr büchern auf diesem Gebiete neben ihrer Kürze durch ihre bewußte Beschränkung auf das Grundsätzliche. Ihr Ziel ist nicht, ins Einzelne gehende Kenntnisse, sondern das Verständnis der wichtigsten Grund tatsachen zu "Vermitteln, lUld zwar so anschaulich wie nur irgend möglich. Trotzdem wurde vielfach auf Beziehungen zu technischen Problemen hingewiesen. Damit wenden sich die "Grundlagen der Metallkunde" "Vor allem an den Anfänger und an die großen technisch oder naturwissenschaft lich interessierten Kreise, an die Metallprobleme so oder anders heran treten. Wir leben in einem Zeitalter, in dem der Werkstoff und damit unter anderem das Metall die Gestaltung des technischen Lebens mehr bestimmt als jemals früher. Daher ist es aber auch notwendig, daß lleutzutage jeder technisch oder naturwissenschaftlich interessierte Mensch sich mit der Lehre von den Metallen etwas vertraut macht. Für zahlreiche nützliche Ratschläge und für die Hilfe beim Lesen der Korrekturen bin ich Frl. K. MIETHING zu großem Dank "Verpflichtflt. Göttingen, Oktober 1940. G. Masing. IV Vorworte zur zweiten und dritten Auflage. Vorwort zur zweiten Auflage. Der Umstand, daß die erste Auflage etwa nach einem Dreiviertel jahr vergriffen ist, beweist, daß die "Grundlagen der Metallkunde" in der vorliegenden Form einem vorhandenen Bedürfnis entsprochen haben. Deshalb konnte der Text bei der zweiten Auflage beinahe unver ändert gelassen werden. Verschiedenen Fachgenossen bin ich für wert volle Ratschläge dankhar. Auf Anregung von Herrn Prof. W. KÖSTER ist das jetzige Kapitel VI über Wärmebehandlung aufgenommen worden, was durch die Wichtigkeit des Gegenstandes zweifellos gerechtfertigt ist und womit die Darstellung den Bedürfnissen des Praktikers noch etwas mehr entgegenkommt. Fr!. K. MIETHING bin ich für eine erneute sorgfältige Durchsicht des Textes und für viele gute Verbesserungsvorschläge wieder zu be sonderem Dank verpflichtet. Göttingen, August 1941. G. Masing. V orwort zur dritten Auflage. Dem Vorschlag meines Mitarbeiters, Dr. K. LÜCKE, folgend, ist die Darstellung der Konstitutionslehre durch eine ganz kurze Erörterung der atomistischen Struktur der Metalle und Legierungen in der zweiten Vorlesung belebt worden. Der Text ist durchgesehen und mannigfach verbessert worden. Da die Darstellung nur die elementaren Grundlagen betrifft, brauchte der stürmischen Entwicklung der Lehre von den Metallen in den letzten zehn Jahren nur durch einzelne Hinweise Rech nung getragen zu werden. Ich danke Fr!. eH. BAATZ für die Durchsicht der Korrekturen. Göttingen, Mai 1951. G. Masing. Inhaltsverzeichnis. Seite I. überblick über das Gebiet der Metallkunde 1 Vorbemerkung S.1. - Probleme der chemischen Verwandtschaft S. 2. - Schmelzen von Glas und Metall S. 3. - Krystallgefüge im Ätzbild S. 5. - Eigenspannungen S. 8. - Zugversuch S. 9. - Re krysta.llisation S. 11. - Physikalische Probleme der Metallkunde S. 12. - Beziehungen der Meta.llkunde zur physikalischen Chemie S. 13. II. Atomistische Struktur der Metalle und Legierungen .. , 13 Das Raumgitter S.14. - Struktur der reinen Metalle S. 15. - Misch krystalle S. 17. - Intermetallische Verbindungen S. 20. - Anwendung der Röntgenstrahlen S. 21. m. Aufbaulehre der Legierungen. Systeme ohne Mischkrystall und Verbindungsbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 Aufnahme einer Abkühlungskurve S. 24. - Abkühlungskurve einer Zn-Cd-Legierung S. 26. - Ablauf der Ersts.rrung in Zn-Cd-Legierungen S.27. - Gefüge der Zn-Cd-Legierungen S.30. - Eutektische Halte zeiten S.32. - Verschiedene eutektische Systeme S.33. IV. Aufbaulehre der Legierungen. Verbindungsbildung 36 Maximum bei der Zusammensetzung einer Verbindung S.37. - Zu standsdiagramm bei offenem Maximum S. 38. - Kontrolle S. 39. - Hebelbeziehung S. 39. - Beispiele S. 41. - Phasenregel S. 43. - Eine Verbindung schmilzt unter Zersetzung (mit verdecktem Maxi mum) S.47. - Abkühlungskurven im System mit verdecktem Maxi mum S. 49. - Ni-Bi-Legierungen S. 50. - Umhüllungen S. 51. Beispiele typischer Verbindungen S. 52. V. Aufbaulehre der Legierungen. Mischkrystallbildung. Be schränkte Mischbarkeit in der Schmelze. . . . . . . . . . 53 Änderung der Schmelztemperatur durch Zusätze bei Mischkrystall bildung S. 54. - Erstarrungsverlauf bei Mischkrystallbildung S. 55. - Diffusion S.57. - Abkühlungskurve eines Mischkrystalles S.58. - Maxima. und Minima. S.58. - Verzeichnis ununterbrochener Misch krystallreihen S.60. - Begrenzte Mischkrysta.11biIdung mit Eutekti kum S. 60. - Mischkrystallgebiete und Mischungslücken S. 62. - Mischkrystallbildung mit Peritektikum S. 63. - Umhüllungen S. 64. - Temperaturabhängigkeit der Mischkrystallgrenzen S. 65. - Mischungs lücke im flüssigen Zustand· S. 65. - KrystaIlisationsablauf S. 66. - Emulsionen S. 67. -Automatenlegierungen S. 67. - Kurzer und langer Span S.68. VI Inhaltsverzeichnis. Srite VI. Der Vorgang der Krys tallisation ... 68 Typisches Getüge eines Gußstückes. S. 69. - Säulenförmige Zone S. 70. - Innere Keimbildungszone S. 70. - Komplikltionen S. 71. - Dendritenbildung S. 72. - Erstarrungskontraktion und Lunkerbildung S. 73. - Makroskopische Seigerung S.74. VII. Vorgänge im festen Zustande. Aufbau der Eisen-Kohlen stoff-, der Zink-Kupfer- und der Zink-Aluminium-Legie rungen als Beispiele. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 r-~-Umwandlung des Fe S_ 75. - Zinnpest S.75. - Diagramme mit Umwandlungen S.76. - Eutektoid S.77. - Krystallisation der Fe-C-Legierungen S. 79. - Umwandlungen in Fe-C-Legierungen S. 8I. - Weitere Zusätze in technischem Stahl S. 83. - Doppeldiagramm der Fe-C-Legierungen S. 85. - Graphitsystem S. 85. - Gußeisen S. 85. - + Cu-Zn-Legierungen S. 85. - ~- und oc ß-Messinge S. 86. - Al-Zn Legierungen S.88. VIII. Thermische Behandlung. . . . . . . . . . . . . . . . . .. 89 Überschreitung der Perlitlinie S. 91. - Abschreckbehandlung des Stahls S. 92. - Anlassen des abgeschreckten Stahls S. 95. - Sonderstähle S.96. - Aushärtung S.97. - Beseitigung der Übersättigung S.99. IX. Plastische Verformung ................... 100 Zerreißversuch S.I00. - Festigkeitswerte S.102. - Atomistik der Verformung beim amorphen und beim krystallinen Körper S. 103. - Gleitung, Translation S. 105. - Quantitative Behandlung der Trans lation S. 109. - Mechanische Zwillingsbildung S. 110. - Elastische Ver biegung bei der plastischen Verformung S. U3. - Verfestigung S. U5. X. Eigenspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ... U6 Elastische Biegung S. 117. - Plastische Biegung S.118. - Eigen spannungen durch plastische Biegung S. 12J. - Aufreißen von Messing S. 123. - Messung und Beseitigung von Eigenspannungen S.124. XI. Rekrystallisa tion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 Festigkeitsänderungen bei der Rekrystallisation S. 126. - Neubil dung des Kornes S. 127. - Gleitung in hartem Metall S. 128. - Re krystallisation einer Legierung mit 80% Cu, 20% Ni als Beispiel S. 128. - Keimbildung S.129. - Kornwachstum S.130. - Rekry stallisationszwillinge S. 130. - Rekrystallisationsdiagramm S. 132. - Technische Folgen der Grobkornbildung S. 133. - Rekrystallisations schwelle S. 135. XII. Chemisches Verhalten der Metalle nichtmetallischen Ap.· griffsmitteln gegenüber ................... 136 Elektrochemisches Element S. 137. - Wasserstoffelektrode S. 140. - Spannungsreihe S.140. - Sauerstoffelektrode S.141. - ~lektro­ chemischer Ablauf der Korrosion S. 142. - Lochfraß S. 142. - Passivi- tät S. 143. - Entzinkung des Messings S. 144. - Schutzmittel gegen Korrosion S.145. - Angriff der Metalle in Gasen S.146. Anhang. Bemerkung über die Legierungen mit drei und mehr Bestandteilen 148 Sach verzeichnis. . . . . . . . . . . • . . . . . . . . . . . ... 150 J. überblick über das Gebiet der Metallkunde. l. Metallkunde ist die Lehre von den Metallen. Die Metalle stellen eine wichtige Gruppe der chemischen Elemente dar. So könnte man meinen, daß die Metallkunde lediglich ein Kapitel der anorganischen Chemie ist, und man mag fragen: Was für eine Veranlassung hat man denn, daraus eine selbständige Disziplin zu machen 1 Zwischen der Metallkunde und der Chemie besteht jedoch ein sehr wesentlicher Unterschied. Die Chemie ist die Lehre von den chemischen Elementen und ihren Verbindungen miteinander. Die Chemie operiert mit dem Atom des Elementes; was sie interessiert, ist zunächst das Mole kül einer Verbindung, ihr Gebiet ist die Reaktion zwischen Molekülen, wie sie uns in der Reaktionsgleichung begegnet. Die Lehre von Metall atomen ist nicht Gegenstand der Metallkunde; die Metallkunde ist die Lehre von den Atom-Aggregationen, wie sie im festen, weniger im flüssigen Metall vorliegen. In technischer Formulierung kann man sagen, daß die Metallkunde die Lehre vom metallischen Werkstoff ist, während das Metallatom als solches sie weniger interessiert. Das Pro blem, was ein Atom zu einem Metallatom macht, ist nicht metallo graphischen, sondern physikalischen oder chemischen Charakters. In dieser Beziehung hat die Metallkunde Ähnlichkeit mit der Krystallo graphie, die ebenfalls eine Lehre nicht Von den Atomen oder Molekülen, sondern von ihren Aggregationen ist, wie sie im Krystall vorliegen. Aus der angegebenen Eigenart der Metallkunde ergeben sich viele Pro bleme, die gänzlich außer halb des Rahmens der Chemie liegen. Unsere erste Aufgabe wird sein, die Mannigfaltigkeit der metallischen Probleme, ihre enge Verbindung mit einer Reihe von anderen Wissensgebieten, und damit die Vielseitigkeit ihres Inhalts zu zeigen. 2. In einem wichtigen Fragenkomplex kann die Metallkunde allerdings durchaus als ein Teilgebiet der anorganischen oder besser physikalischen Chemie bezeichnet werden. Dieses Gebiet umfaßt die Verwandtschafts lehre der Metalle, die Lehre v~n ihren chemischen Beziehungen unter einander. Sie umfaßt also das Problem der Legierung, die Frage, welche Verbindungen etwa die Metalle untereinander bilden und wie der atomare oder molekulare Zustand der metallischen Bestandteile in der Legierung ist. Wie groß die chemische Verwandtschaft zwischen 2 Metallen sein Maslng. Grundlagen der Metallkunde. 4.Aufl. 1 2 Überblick über das Gebiet der Metallkunde. kann, wollen wir an einem Experiment zeigen, indem wir Quecksilber mit Natrium reagieren lassen. In eine Glasflasche, die mit Quecksilber gefüllt ist, werfen wir ein frisch abgeschnittenes Stückchen metallisches Natrium hinein und schütteln die Flasche um. Man sieht, daß nach kurzer Zeit eine Reaktion zwischen den beiden Metallen unter Feuererscheinung eintritt. Es hat sich eine Natrium-Quecksilber-Verbindung gebildet. Die anfängliche Ver zögerung der Reaktion ist darauf zurückzuführen, daß das Natrium un vermeidlich mit einer Oxydhaut bedeckt war und deshalb nicht sofort eine molekulare Berührung zwischen Quecksilber und Natrium zustande kommen konnte, die natürlich eine Voraussetzung für die Reaktion ist. Man sieht, in ihrer Heftigkeit steht diese Reaktion nicht zurück etwa hinter der Bildung von Eisensulfid beim Erhitzen von Eisen und Schwefel, die in der chemischen Vorlesung gezeigt wird. Bringt man auf einmal zu viel Natrium auf das Quecksilber, so kann die Flasche gesprengt werden. In diesem Versuch hat es sich um die Reaktion eines festen Körpers mit einer Flüssigkeit gehandelt. Sehr häufig - und das sind die sowohl theoretisch als auch technisch wichtigsten Fälle - reagieren die Metalle auch im festen Zustande miteinander. Auch diese Reaktionen können mit erheblichen Wärmetönungen verbunden sein. Das kann an einer Legierung von Zink mit Aluminium als Beispiel experimentell gezeigt werden. In einem Ofen werden einige Stücke der Legierung mit etwa 67 At.-% Zn und 33 At.-% Aluminium auf 3500 erhitzt. Wir lassen diese Legierung aus dem Ofen in Wasser fallen und holen die Stücke nach Abkühlung auf Zimmertemperatur wieder heraus. Wenn man sie in der Hand hält, überzeugt man sich sehr bald, daß die Legierung nicht nur durch Wärme leitung Handwärme annimmt, sondern auch weiterhin selbst Wärme entwickelt, und dabei so heiß wird, daß sie nicht mehr in der Hand gehalten werden kann. In dieser Legierung spielt sich eine chemi8che Reaktion ab. Durch Abschrecken in Wasser haben wir zunächst ihren Eintritt verhindert; sie setzt jetzt bei Zimmertemperatur ein. Systematische Untersuchungen haben gezeigt, daß das Maximum der Wärmeentwicklung etwa in der Nähe der Zusammensetzung der Formel Zn~l liegt. Es lag deshalb nahe, sie mit der Bildung oder dem Zerfall einer solchen Verbindung zu erklären, und in der Tat hat die Metall kunde jahrzehntelang geglaubt, daß diese Wärmeentwicklung auf den Zerfall dieser nur bei höherer Temperatur beständigen Verbindung zurückzuführen sei. Wie wir heute aus dem Zustandsdiagramm der Zink-Aluminium-Legierungen wissen - mit den Zustandsdiagrammen und mit dieser Frage werden wir uns in den nächsten Vorlesungen be fassen, vgl. insbesondere S. 88 -, liegen die Verhältnisse in Wirklichkeit ganz anders. Das ist ein lehrreiches Beispiel für die Unzulässigkeit der Schmelzen von Glas und Metall. 3 einfachen Übertragung von Gedankenansätzen, wie sie in der anorga nischen Chemie üblich sind, auf die Metalle. In den Metallen und Legierungen oder, wie wir uns auszudrücken pflegen, in metallischen Systemen finden also des öfteren chemische Reaktionen sowohl im flüssigen als auch im festen Zustande statt. Die erste Aufgabe der Metallkunde ist deshalb, den Aufbau der Metalle und Legierungen zu erforschen in ähnlicher Weise, wie es sonst die anorga nische Chemie tut. Ganz unabhängig davon, was ein Fachmann nachher mit den Metallen anstellen will oder in welcher Richtung er sie unter suchen will, ist es zunächst seine Pflicht, sich über ihre chemische Natur zu unterrichten. Die festen Metalle und Legierungen sind alle krystallinisch. Früher wurde darauf auf indirektem Wege geschlossen. Bekanntlich hat z. B. ein amorpher Körper, etwa das Glas, keinen definierten Schmelzpunkt; die Zähigkeit des Glases wird mit steigender Temperatur kon tinuierlich geringer, bis es als schmelzflüssig zu bezeichnen ist. Auf der Abkühlungskurve des Glases ist deshalb kein Haltepunkt wahr zunehmen, wie wir einen solchen z. B. beim Zink kennenlernen werden (S. 25), und es tritt kein Sprung in den Eigenschaften auf. Wir können das an einem sehr einfachen Versuch anschaulich zeigen (Abb. 1). Wir erhitzen einen Glasstab in der Flamme eines Bunsenbrenners. Man sieht, ,wie der Stab Abb.1. Schema des Schmelz- II hl h h vorganges beim Glas (links) a mä ic weic wird, sich durchzubiegen und beim Zinn (rechts). beginnt, durchhängt und wie schließlich an ihm eine schwere Glasträne hängt und abfällt. Hierbei ist nicht nur etwa der heißeste Teil des Glases, der abge,tropft ist, geflossen, auch die Umgebung, in der die Temperatur, von der heißesten Stelle aus gehend, langsam niedriger wird, hat am Fließen teilgenommen, wenn auch in geringerem Umfange: Das Fließen setzt mit steigender Tempe ratur eben schleichend stetig ein. Als Gegenstück erhitzen wir in der selben Flamme eine Stange Zinn. Man sieht, die Stange behält un verändert ihre Form, bis an ihrem erhitzten Ende unvermittelt ein Tropfen flüssiges Metall abfällt. Aus einem richtigen festen Körper ist beim Schmelzpunkt unvermittelt und unstetig eine leichtflüssige Schmelze geworden. Nach dem Vorgang von G. TAMM.ANN betrachten wir die Schmelze und das Glas oder den amorphen Körper als wesensgleich, der letztere ist also eine unterkühlte Flüssigkeit. Dagegen gehen die Krystalle, wie wir gesehen haben, diskontinuierlich in den Schmelzzustand über. Das 1* 4 Überblick über das Gebiet der Metallkunde. äußert sich in der Existenz eines definierten Schmelzpunktes, wobei das System aus zwei verschiedenen Teilen besteht, sowie in der beim Schmelzen auftretenden Wärmeaufnahme. Es ist auch schwer einzu sehen, wieso ein Krystall, in dem die Atome in einem Raumgitter angeordnet sind, wie das etwa für das Beispiel des Eisens in Abb. 2 a u. b wiedergegeben ist, stetig in die vorwiegend regellose Anordnung einer Flüssigkeit übergehen soll. Heute können wir das Raumgitter eines aus der Schmelze erstarrten Metalls im Röntgenbild unmittelbar sehen (vgt Ir, S. 21). In der anorganischen Chemie pflegen wir im einfachsten Falle eine Verbindung festzustellen, indem wir sie etwa aus einer Lösung ausfällen. a b Abb. 2. Raumgitter des Eisens. a) «-Eisen, raumzentriert. b) ,,·Eisen, flächenzentriert. Wenn wir eine Lösung von Bariumchlorid mit einer solchen von Glauber salz Na SO, vermischen, so fällt das unlösliche Bariumsulfat aus. Der 2 Umstand, daß das Bariumsulfat eine bestimmte Zusammensetzung BaSO, mit einfachen Proportionen und eine typische Krystallform hat, wird zu nächst als ein ausreichender Beweis dafür betrachtet, daß das Barium sulfat eine chemische Verbindung ist. Ähnlich finden wir in Legierungen besondere Arten von Krystallen, die beide Bestandteile enthalten und deren Zusammensetzung wir nach Verfahren, die wir später besprechen wollen, bestimmen können. Mit dem Nachweis dieser Krystallarten und der Bestimmung ihrer Zusammensetzungen ist auch der Überblick über eine Verbindungsbildung oder, vorsichtiger formuliert, über eine Affini tätsbetätigung zwischen den Metallen erreicht. Damit ist die erste Auf gabe erfüllt. Andererseits entsteht jedoch die tiefere Frage nach dem molekularen Aufbau der in den Legierungen auftretenden Krystallarten, also eine Frage, die für das Kochsalz einen Aufbau aus positiven Na-Ionen und negativen Cl-Ionen ergibt. Auf diese Frage werden wir in der II. Vor lesung kurz eingehen, um dem Leser von Anfang an eine konkrete Vor stellung von den Stoffen, die wir behandeln werden, zu geben. Der Aufbau der Legierungen im Sinne der ersten Aufgabe aus be stimmten Krystallarten mit den Fragen ihrer Zusammensetzungen, der

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