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Göttliche Karriere eines syrischen Hirten: Sulaiman Murshid (1907-1946) und die Anfänge der Muridiyya PDF

165 Pages·1995·42.132 MB·German
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Patrick Franke • Sulaimän Murèid ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 184 begründet von Klaus Schwarz herausgegeben von Gerd Winkelhane KLAUS SCHWARZ VERLAG • BERLIN ISLAMKUNDLICHE UNTERSUCHUNGEN • BAND 182 Patrick Franke Göttliche Karriere eines syrischen Hirten: Sulaimän Mursid (1907-1946) und die Anfänge der Mursidiyya K KLAUS SCHWARZ VERLAG • BERLIN • 1994 S Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Franke, Patrick: Göttliche Karriere eines syrischen Hirten : Sulaimän Muräid (1907-1946) und die Anfänge der MurSidiyya/ Patrick Franke. - Berlin : Schwarz, 1994 (Islamkundliche Untersuchungen ; Bd. 182) ISBN 3-87997-234-6 NE: GT Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es nicht gestattet, das Werk oder einzelne Teile daraus nachzudrucken oder zu vervielfältigen. © Gerd Winkelhane, Berlin 1994. Klaus Schwarz Verlag GmbH, Postfach 41 02 40, D-12112 Berlin ISBN 3-87997-234-6 Druck: Offsetdruckerei Gerhard Weinert GmbH, D-12099 Berlin VORBEMERKUNG Kurz bevor ich im Oktober 1990 zu einem knapp einjährigen Studienaufent- halt nach Syrien aufbrach, erzählte mir Herr Dr. Peter Behnstedt von einer religiösen Minderheit namens Muräidiyya, auf die er bei dialektologischen Forschungen im Gebiet von Slunfa (syrische Provinz Latakia) gestoßen war. Von meinem Studienort Aleppo aus unternahm ich daraufhin mehrere Aus- flüge nach Latakia und in das Küstengebiet, um mehr über diese Religionsge- meinschaft in Erfahrung zu bringen. Der wichtigste Fund bei diesen Recher- chen war ein Buch über die Lebensgeschichte ihres ersten Propheten und "Gottes" Sulaimän Mur§id, das aus der Feder eines lokalen Beamten namens Ö.B.DAKAR stammt. Die Informationen, die dieses Buch, das ich übesetzte und für die vorliegende Arbeit auswertete, enthält, konnte ich im Laufe der Zeit durch einige im westlichen und arabischen Schrifttum verstreute Anga- ben ergänzen. Um ein klares Bild von den Ursprüngen der MurSidiyya entwerfen zu kön- nen, ist es notwendig, auf einige religiöse und politische Rahmenbedingungen einzugehen, ohne die der anfängliche Erfolg der Bewegung nicht zu erklären wäre. Dazu gehören unter anderem die Religion und Struktur der alawiti- schen Glaubensgemeinschaft sowie Besonderheiten der 28 Jahre lang wäh- renden französischen Herrschaft an der syrischen Küste. Es lag mir am Her- zen, Verzerrungen, die aus den allgemein negativen Einstellungen gegenüber der "Sekte" herrühren können, durch eine kritische Prüfung des Materials herauszuarbeiten und kenntlich zu machen. Ein kurzer Essay über eigene Be- gegnungen mit Angehörigen der MurSidiyya sowie ein Überblick über die Quellenlage im westlichen und arabischen Schrifttum schienen mir als Ein- führung angebracht. An dieser Stelle sei allen gedankt, die zum Gelingen dieser Arbeit beitru- gen: die Studienstiftung des Deutschen Volkes ermöglichte durch ein großzü- giges Stipendium meinen Auslandsaufenthalt; Herr G. Saade, ein angesehener Gelehrter in Latakia mit einer umfangreichen Bibliothek zur Geschichte der Region, stellte mir das Buch von ö.B.DAKAR zur Verfügung; Herr Prof. Dr. P. Heine und Herr Dr. J. Tubach gaben mir wertvolle Literaturangaben; den Kontakt zu Herrn Saade verdanke ich Fabrice Balanche, einem französischen III Forscher, dessen Gastfreundschaft ich in Latakia öfters genießen durfte und mit dem ich mehrere gemeinsame Exkursionen ins Küstengebirge unternahm; das Institut Français des Etudes Arabes in Damaskus gewährte mir neben einer angenehmen Unterkunft ausgezeichnete Arbeitsmöglichkeiten. Der größte Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Stefan Wild, der meine Arbeit von Anfang an aktiv betreute und immer mit gutem Rat zur Seite stand. Schließ- lich möchte ich noch meiner Frau Heike für die zahlreichen Anregungen dan- ken, die sie mir während der Arbeit gab, und die unermüdliche Geduld, mit der sie meine verschiedenen Entwürfe korrigierte. IV INHALT VORBEMERKUNG III Inhalt V Bemerkungen zur Umschrift IV A. BEGEGNUNGEN MIT DER MURSlDIYYA 1 B. DIE MURSlDIYYA IM SCHRIFTTUM 4 C. URSPRUNG UND ENTWICKLUNG DER MURSlDIYYA . . 11 I. Voraussetzungen 11 1. Die Religion der Alawiten 11 a) CA1T b. Abi Tälib und die Seelenwanderung 12 b) Initiation und Geistlichkeit 16 c) Al-Hidr und der alawitische Volksglauben 18 2. Die alawitische Gemeinde 23 a) Stammesgliederung 23 b) Rituelle Differenzen 25 3. Zur Situation im Alawitengebirge um das Jahr 1923 . . .. 29 a) Die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse 29 b) Französisches Mandat und Alawitenstaat 31 II. Die Lebensbahn des Sulaimän MurSid 34 1. Die Sulaimän-Biographie des öurg Butrus Dakar 34 2. Der Rabb von öaubat Burgäl. Die Geschichte eines Aufstiegs. 39 a) Kindheit und Jugend 39 b) Die Berufung zum Propheten 41 c) Die Inhalte der frühen Botschaft 45 d) Zur zeitgenössischen Relevanz der frühen Botschaft. Nativismus . . .. 52 e) Vorstellungen göttlicher Inspiration und Inkarnation 55 f) Wundertätigkeit und Segenskraft 61 V g) Fätih und der Wandel der Endzeitvorstellungen 64 h) Die ersten Erfolge 66 i) Der Umgang mit den Gegnern 73 k) Veränderungen an der Führungsspitze 77 1) Mögliche Gründe für die Wende in der französischen Haltung 84 3. Vom Himmel auf die Erde 89 a) Machtbündelung 89 (1) Sulaimän betritt die politische Bühne 90 (2) Sulaimän als ra'ls 92 (3) Sulaimän als geistliches Oberhaupt 95 b) Rund um den Vertrag von 1936. Sulaimän und die Nationalisten . . .. 97 c) Banditentum; Der Staat im Staate 104 d) Das Regime Saukat al-cAbbäs, Höhepunkt französischer Teilungspolitik? 111 e) Britisch-französische Interferenzen: Die Spears Mission 117 (1) Phase I: Konfrontation; Evans-Pritchard in Latakia 119 (2) Phase II: Niedergang der französischen Autorität 124 f) Sulaimäns Ende 128 III. Mugib erneuert die Gemeinde 133 Zeittafel 136 Quellenverzeichnis 138 1. Abkürzungen 138 2. Schriftliche Quellen 138 3. Interviews 144 4. Bildnachweis 144 Anhänge 1. Karten 145 2. Eine Hymne auf Sulaimän (D 100-102) 153 3. Abbildungen 157 BEMERKUNGEN ZUR UMSCHRIFT Grundsätzlich richte ich mich nach dem Umschriftsystem der Deutschen Morgenländischen Gesell- schaft. Probleme ergaben sich lediglich bei der Retranskription europäischer Personennamen. Wo diese nicht in westlicher Literatur auffindbar waren, blieb mir nichts anderes übrig, als zu raten. In solchen Fällen fuge ich die arabische Schreibweise des Namens, in lateinische Großbuchstaben übertragen, in Klammern bei. VI g) Fätih und der Wandel der Endzeitvorstellungen 64 h) Die ersten Erfolge 66 i) Der Umgang mit den Gegnern 73 k) Veränderungen an der Führungsspitze 77 1) Mögliche Gründe für die Wende in der französischen Haltung 84 3. Vom Himmel auf die Erde 89 a) Machtbündelung 89 (1) Sulaimän betritt die politische Bühne 90 (2) Sulaimän als ra'ls 92 (3) Sulaimän als geistliches Oberhaupt 95 b) Rund um den Vertrag von 1936. Sulaimän und die Nationalisten . . .. 97 c) Banditentum; Der Staat im Staate 104 d) Das Regime Saukat al-cAbbäs, Höhepunkt französischer Teilungspolitik? 111 e) Britisch-französische Interferenzen: Die Spears Mission 117 (1) Phase I: Konfrontation; Evans-Pritchard in Latakia 119 (2) Phase II: Niedergang der französischen Autorität 124 f) Sulaimäns Ende 128 III. Mugib erneuert die Gemeinde 133 Zeittafel 136 Quellenverzeichnis 138 1. Abkürzungen 138 2. Schriftliche Quellen 138 3. Interviews 144 4. Bildnachweis 144 Anhänge 1. Karten 145 2. Eine Hymne auf Sulaimän (D 100-102) 153 3. Abbildungen 157 BEMERKUNGEN ZUR UMSCHRIFT Grundsätzlich richte ich mich nach dem Umschriftsystem der Deutschen Morgenländischen Gesell- schaft. Probleme ergaben sich lediglich bei der Retranskription europäischer Personennamen. Wo diese nicht in westlicher Literatur auffindbar waren, blieb mir nichts anderes übrig, als zu raten. In solchen Fällen fuge ich die arabische Schreibweise des Namens, in lateinische Großbuchstaben übertragen, in Klammern bei. VI A. BEGEGNUNGEN MIT DER MURSIDIYYA Meine erste Begegnung mit "MurSiditen" - oder in ihrer eigenen Mundart MiriSdiyytn - hatte ich in der Ghab-Ebene, in einem langgezogenen Dorf namens Raslf. Nachdem wir Begrüßungsworte ausgetauscht hatten, fragten sie mich nach meiner Meinung über Syrien, woraufhin ich mich lobend äu- ßerte und hinzufügte, daß ich die religiöse Vielfalt in Syrien äußerst reizvoll fände. Es folgte die Frage, ob ich denn wüßte, was ihre tä'ifa (Religionsge- meinschaft) sei. Als ich daraufhin antwortete: "Vielleicht die Muräidiyya?", brachen sie in Begeisterungsstürme aus und freuten sich darüber, daß das Wissen über sie bis nach Europa gedrungen war. Bei einer Einladung zum Mate-Tee, der sich in dieser Region großer Beliebtheit erfreut, hatte ich dann Gelegenheit, noch ein paar Fragen zu stellen. Sulaimän Muräid, sagten sie mir, sei ihr Prophet gewesen, der unter dem französischen Mandat für Fort- schritt und Aufklärung kämpfte, auch Widerstand gegen die Franzosen leiste- te, andererseits die Europäer liebte. Eines der auffallend selbstbewußt auftre- tenden Mädchen fügte noch hinzu, daß er auch für die Frauen gekämpft habe, dann wurde das Gespräch aber in eine andere Richtung gelenkt, so daß meine weiteren Fragen unbeantwortet blieben. In der Folgezeit hörte ich dann von verschiedenen Seiten einige der zahlrei- chen Geschichten, die in Syrien über Sulaimän MurSid1 kursieren: er sei ein französischer Agent gewesen und habe, von ihnen mit allerlei technischen Hilfsmitteln ausgestattet, in öaubat Burgäl, seinem Heimatdorf, mehrere "Wunder" vollbracht, die die Bauern der Umgebung davon überzeugten, daß er von Gott gesandt sei. Einige erzählten, daß er sogar als Gott verehrt und ar-Rabb genannt wurde. Heute sei das Hauptfest bei den MurSiditen das °Id 1 Zum Vornamen Sulaimän kommt die Variante Salmän, zum Nachnamen MwrSid die Variante al-MurSid vor. D hält sich zumeist an die Namensform Sulaimän MurSid und weicht nur selten davon ab (z.B. Salmän al-MurSid D 4, Sulaimän al-MurSid D 5). Dagegen z.B. ZIRIKLl III 112 und SAK°A 308: Salmän al-MurSid, HALIDl/FARRÜH 157: Sulaimän al-MurSid usw. Salmän, das man mit Salmän al-FärisI in Verbindung bringen konnte, und al-Murüid, das als religiöser Titel verstanden werden konnte (vgl. unten Anm. 117), sind sicherlich jeweils die Formen, die der Gestalt größere Bedeutung zukommen lassen. In dieser Arbeit, der ich hauptsächlich D zugrunde- lege, habe ich mich für die Form Sulaimän MurSid entschieden. 1

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