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Gottfried Benn: Ein Schriftsteller zwischen Erneuerung und Reaktion PDF

242 Pages·1990·8.234 MB·German
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Hugh Ridley . Gottfried Benn Hugh Ridley Gottfried Benn Ein Schriftsteller zwischen Erneuerung und Reaktion Stadtbücherei lserlohn Westdeutscher Verlag CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Ridley, Hugb: Gottfried Benn: ein Schrütsteller zwischen Er neuerung und Reaktion I Hugh Ridley. Opladen: Westdt. Verl.,1990 ISBN 978-3-531-12043-0 ISBN 978-3-322-91526-9 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-91526-9 Der Westdeutsche Verlag ist ein Unternehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann International. Cl 1990 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich ge schützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Ur heberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Bürkle, Darmstadt Titelfoto: Fritz Eschen. Bildarchiv Preußischer Kulturbesitz, Berlin ISBN 978-3-531-12043-0 Für Jochen Vogt Inhalt I Einführung ......................................................... 9 11 Benns Leben ..................................................... 13 1. Selbstdarstellungen ................................................. 13 2. Kaiserreich und Weltkrieg ........................................... 15 3. Weimarer R.epublik ................................................. 21 4. Jahre der Entscheidung ............................................. 24 5. Die Nachkriegszeit .................................................. 30 111 Die Lyrik 1. Die frühe Lyrik ..................................................... 32 1.1. M orgue ........................................................ 32 1.2. Die R.ezeption der ersten Sanunlung ............................ 36 1.3. Benns frühe Lyrik im Zeichen der Kontrafaktur ................ 43 1.4. Benn und die Tradition ........................................ 54 1.5. Sozialkritische Gedichte vor 1917 ............................... 63 2. Lyrik vor und nach der Krise ........................................ 67 2.1. Rausch und Ratio im Gedicht vor 1917 ......................... 67 2.2. Die Lyrik der zwanziger Jahre .................................. 72 2.3. Das südliche Wort ............................................. 76 2.4. R.ealitätsverlust ................................................ 79 2.5. Formale Charakteristika ....................................... 82 2.6. ~ontage und "ersform ......................................... 85 3. Gedichte der dreißiger Jahre ........................................ 89 3.1. Lyrik in der 'konservativen R.evolution' ......................... 89 3.2. Auf dem Weg zum statischen Gedicht .......................... 95 4. Die Nachkriegssammlungen ........................................ 100 4.1. Stat~che Gedichte ............................................ 100 4.2. Die letzten Sammlungen ...................................... 105 7 IV Die Prosa 1. Die Rönne-Geschichten ............................................ 113 1.1. Metapher und Metonymie .................................... 121 1.2. Exemplarische Lektüre ........................................ 128 1.3. Die Rönne-Geschichten und die Prosa des Expressionismus .... 133 1.4. Der Übergang zum Essay ..................................... 141 2. Die Aufsätze ....................................................... 144 2.1. Der Aufstand des Körpers .................................... 146 2.2. Kunst ohne Macht ............................................ 149 2.3. Geschichte im Zeichen des Nihilismus ......................... 152 2.4. Nach dem Nihilismus ......................................... 156 3. Neue Kunstprosa .................................................. 161 3.1. Weinhau$ Wolf ............................................... 161 3.2. Roman de$ Phänotyp ......................................... 164 3.3. Der Ptolemäer ... . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 170 4. Die Exegese Nietzsches ............................................. 173 V Benn und der Faschismus 1. Rückblick auf Benns Bekenntnis zum Faschismus ................... 181 2. Expressionismus und Faschismus ................................... 186 VI Benn im literarischen Leben der Bundesrepublik 1. Das 'Comeback' ................................................... 196 2. Aufarbeitung der Vergangenheit .................................... 203 3. Die Wiederaufwertung des Expressionismus ........................ 208 Bibliographie 1. Einzelinterpretationen zu den Gedichten ............................ 213 2. Allgemeines Literaturverzeichnis ................................... 232 Zitierweise und Abkürzungen ................................................ 239 Namenregister ............................................................... 240 8 Kapitel I Einführung Das Werk Gottfried Benns scheint auf eine neue Lesergeneration eine gewisse Faszination auszuüben. Die Parolen der Zeit lassen sich wieder einmal durch sein Werk bestätigen. Daß es - wie schon in den fünfziger und späten sechziger Jahren - Widerstände geben kann und muß, ist verständlich. Ob die neue Rezeptionswelle aber die Konturen von Benns Werk anders auffassen wird als frühere, sollte uns beschäftigen. Diese Untersuchung will- anders als die meiste Forschung bisher - Gott fried Benns Werk als Gesamtwerk ernst nehmen, das heißt: Lyrik, Kunstprosa und Essayistik im (nicht nur chronologischen) Zusammenhang diskutieren. Ihr zentrales Interesse gilt noch den Gedichten; insofern bildet das Lyrik Kapitel den Hauptteil des Buches. Es versucht eine grundsätzliche These zu entwickeln und zu belegen: die These nämlich, daß das Werk Benns kei neswegs ab ovo entstanden ist, sondern als sehr bewußte Verarbeitung, Ver fremdung - und insofern Weiterführung - einer bestimmten Traditionslinie anzusehen ist. Hieraus ergibt sich als Arbeitsprinzip nicht nur für die frühen Gedichte eine Lektüre 'gegen den Strich', sondern eine generelle Revision der Entwicklungslinie, in der Benns Lyrik zu sehen ist. Die Gedichte der zwanzi ger Jahre sollen hier nicht wie schon so oft als 'Neuer Klassizismus' gefeiert, sondern als Fortführung der frühen Gedichtsammlungen - wenn auch unter verändertem, ja verkehrtem lyrischen Vorzeichen - interpretiert werden. Und der Rekurs der späten Lyrik (aber auch der Prosaschriften, wie etwa Roman des Phänotyp) auf die Themen der Jahrhundertwende soll nicht als einmalige oder gar überraschende Rückwendung verstanden werden; behauptet wird vielmehr eine umfassende Kontinuität, die Benn eigentlich nie verlassen, son dern allenfalls variiert hat: auch die Gedichte aus Morgue waren ihr verhaf tet. Diese Einsicht ist punktuell auch bei anderen Kritikern vorhanden (als besonders anregend sei Peter Rühmkorfs Interpretation von 'Mann und Frau 9 gehn durch die Krebsbaracke' genannt)j sie ist aber bisher nirgendwo mit der nötigen Konsequenz verfolgt worden. In der Darstellung der Lyrik verfahre ich (wie zuvor schon Johannes Oest boe und Harald Steinhagen) chronologisch: nicht mit der Absicht, alle Ge dichte in ein biographisches Licht zu rucken, sondern um die Kontinuität und interne Entwicklung des lyrischen Schaffenprozesses hervortreten zu lassen. Dieses Prinzip macht den Gebrauch der einzigen entsprechend gegliederten Gesamtausgabe unumgänglich, die wir Bruno Hillebrand verdanken. Wenn infolgedessen einige Gedichte nicht in der Fassung letzter Hand diskutiert werden, so dürfte dies - unter unserem werkgeschichtlichen Erkenntnisinter esse - nicht nur vertretbar, sondern geradezu erforderlich sein. Wir arbei ten damit bewußt der Enthistorisierung entgegen, die sich in Benns eigenen Überarbeitungen geltend macht. Damit hängt auch ein zweites Arbeitsprinzip bei der Darstellung der Lyrik zusammen: ich versuche, anders als die Mehrzahl der vorliegenden Interpre tationen, größtmögliche Distanz zu Benns retrospektiven Selbstdeutungen zu halten. In mangelnder Distanz und Skepsis gegenüber den Kommentaren des Autors hat Hans Otto Horch bereits 1975 ein wichtiges Manko der For schungsliteratur gesehen; das ist auch heute noch weithin berechtigt. Benn ging in seinen eigenen Rückblicken auf Leben und Werk weder chronologisch noch sorgfältig, sondern außerordentlich 'situativ', ja willkürlich vor. Ins0- fern sind Vorbehalte gegenüber seinen Selbst interpretationen nicht nur in hermeneutisch-methodischer, sondern auch in ideologischer Hinsicht berech tigt. Gottfried Willems meinte mit Recht, man müsse bei Benn stets 'mit der Möglichkeit einer einseitigen, vergröbernden, bewußt oder unbewußt in die Irre führenden Selbst deutung rechnen'. Irreführendes in unserer Darstellung geht jedenfalls nicht auf Benns Konto. Vor fünfundzwanzig Jahren, zur Zeit meiner ersten wissenschaftlichen Aus einandersetzung mit Benn, fiel die Vernachlässigung seiner Kurzprosa auf, und noch heute bleibt der Bekanntheitsgrad (und insofern auch die Erforschung) dieser erzählend-reflektierenden Prosatexte weit hinter der Lyrik zurück. Dem soll meine Untersuchung entgegenwirken; nicht zuletzt, weil sie bestimmte Aspekte der Lyrikinterpretation unmittelbar für ein Verständnis der (vor al lem frühen) Prosatexte produktiv macht. Aber auch die wichtigen Zusam menhänge zwischen lyrischem Werk und der spä.ten Prosa im Umfeld von Ro man de~ Phänotyp sind zu beachten. Es bleibt zu hoffen, daß die (bei Klett) im Erscheinen begriffene Ausgabe von Benns Gesamtwerk eine Übersicht über 10 die Vorarbeiten und Varianten dieser Texte bieten wird, die historisch im Nie mandsland zwischen Drittem Reich und Bundesrepublik angesiedelt sind. Von daher wäre dann auch ein neues Interesse an Benns Kurzprosa schlechthin zu wünschen. Sollen diese Untersuchungen nicht im freien Raum schweben, sondern vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung stehen, so war neben der kurz gefaßten Biographie vor allem eine kritische Durchsicht des - teilweise ja sehr folgenreichen und kontrovers diskutierten - essayistischen Werks in sei nen politisch-historischen und geistesgeschichtlichen Kontexten unverzicht bar. Dabei sollen die Hinweise zur Chronologie Hans Peter Brodes lückenlose Chronik ebensowenig ersetzen wie die Diskussion der Essays und Reden Dieter Wellershoffs heute noch faszinierende Untersuchung Gottfried Benn. Phänotyp dieser Stunde. Eine wichtige Intention meiner eigenen Untersuchung wird schließlich in den beiden letzten Kapiteln deutlich. Jede neue Lektüre von Benns Gedichten führt unvermeidlich zur Frage, warum er noch gelesen wird; und wann und warum mehr oder weniger; nicht zuletzt, unter welchen Zielset zungen und Interessen die jeweiligen Benn-Konjunkturen in Verlagsprogram men und Lehrplänen stehen? Meine Skizze zu einer Rezeptionsgeschichte Benns beginnt (im Lyrik-Kapitel) mit einer detaillierten Untersuchung der Rezeption der M orgue-Gedichte und schließt mit einigen Beobachtungen und Thesen zur Stellung und Wirkung Gottfried Benns in der und auf die Literatur der Bundesrepublik, besonders in den fünfziger und frühen sechziger Jahren. Für beide Perioden empfiehlt sich der Gebrauch von Peter Uwe Hohendahls Sammelwerk Gottfried Benn: Wirkung wider Willen. Einem tiefergehenden Interesse an einzelnen Gedichten Gottfried Benns soll der bibliographische Anhang entgegenkommen, in dem verstreute Inter pretationen bzw. Kommentare - wiederum der Chronologie des lyrischen Werks folgend - in einiger Breite aufgeführt sind. Wenn dabei oftmals auf Arbeiten verwiesen wird, die weniger Interpretation im eigentlichen Sinne als vielmehr stoffliche oder sprachliche Erklärungen liefern, so liegt das in der Natur der Sache: schon 1926 meinte Ernst Lissauer, ein Konversationslexi kon sei für jede Benn-Lektüre unerläßlich (WW 114). In der Zwischenzeit ist der Abstand zu Benns Wortschatz (oder doch zu bestimmten Feldern seiner Lexik) und zu seinen teils entlegenen, teils zeitgebundenen Anspielungen noch größer geworden. Gewiß ist Reinhold Grimms Mahnung nicht unberechtigt: 'wer freilich glaubte, der Zugang zum Gedicht führe nur durch solche Fakten, würde die modeme Lyrik gründlich verfehlen'; dennoch scheint es mir sinn voller, bestimmte Bezüge oder Anspielungen zu vergessen, nachdem man sie 11 verstanden bzw. entschlüsselt hat, statt die Texte - letztlich aus Ignoranz - von vornherein als bloße Sprachstrukturen und Klanggebilde auffassen zu müssen. In mein Interesse an Gottfried Benn gehen sowohl intellektuelle bzw. äs thetische Faszination als auch Kritik ein; ein solches Geständnis dürfte aber weniger individuell als generationsspezifisch sein. Benns Polarität zum großen Zeitgenossen Brecht hat einige Spuren in seinem Werk hinterlassen, so etwa in wenig gelungenen Parodien auf Brecht-Gedichte (und schloß andererseits manche Berührungen im Biographischen nicht aus). Kennzeichnend für bei der Lebenszeit und historische Erfahrung war gewiß die extreme Spannung zwischen dem Natur- und Kunstschönen einerseits und der unschönen Gesell schaft andererseits - in Brechts Worten: zwischen dem 'blühenden Apfelbaum' und den 'Reden des Anstreichers'. Vor allem auf diese haben, wie man weiß, beide Autoren höchst verschieden reagiert. Während der Weimarer Jahre - die der Historiker Detlev Peukert als 'Krisenzeit der klassischen Moderne' bezeichnet - hat der Prozeß des Schreibens mit der Zeit und gegen die Zeit, im Wechselspiel von Tradition und Revolution, eine besondere Faszination. Wenn es Brecht gelungen ist, durch wiederholte Kurskorrekturen im Politi schen wie im Ästhetischen sein Werk als Lernprozeß zu organisieren und für 'die Nachgeborenen' bedeutsam zu machen, so darf man vielleicht auch von ei ner nochmaligen Lektüre des Bennschen Werkes vergleichbar aufschlußreiche, wenn schon nicht ähnliche Resultate erhoffen. An dieser Stelle danke ich einer Reihe von Kollegen, Freunden und Stu denten (ein schönes Fach, wo die Differenzierungen so unpräzis werden!): den Jahrgängen 1985/86 und 1986/87 und der M.A. Gruppe von 1987/88 am University College Dublin; auch John Richmond, Matthias Uecker, Don Cruickshank, Ron Spiers, Gilbert Carr, Ursula Hassel und Helmut Peitsch. Zu danken ist den EDV-Experten Vivian Harrington, Wayne Sullivan, Ga briel McDermott und Guy Ridley. Besonders herzlich danke ich Frau Ilse Benn für die freundliche Erlaubnis, die noch unveröffentlichten Arbeitshefte und Manuskripte einzusehen und dem Rechtsinhaber, Klett-Cotta, sowie dem Deutschen Literaturarchiv Marbach. Mein Freund und Kollege Jochen Vogt (Essen) hat die Publikation dieses Bandes nicht nur angeregt, sondern durch seine redaktionelle Tätigkeit ermöglicht. Er hat Vorschläge gemacht: ich habe sie dank bar angenommen. 12

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