Hans Dieter Betz Gottesbegegnung und Menschwerdung w DE G Akademieunternehmen „Griechische Christliche Schriftsteller" der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften Hans-Lietzmann-Vorlesungen Wwis^· Herausgegeben von Christoph Markschies Heft 6 Walter de Gruyter · Berlin · New York 2001 Hans Dieter Betz Gottesbegegnung und Menschwerdung Zur religionsgeschichtlichen und theologischen Bedeutung der ,Mithrasliturgie' (PGM IV.475-820) Walter de Gruyter · Berlin · New York 2001 Θ Gedruckt auf säurefreiem Papier, das die US-ANSI-Norm über Haltbarkeit erfüllt. Die Deutsche Bibliothek - CIP Einheitsaufnahme Bea, Hans Dieter Gottesbegegnung und Menschwerdung : Zur religionsgeschichtlichen und theologischen Bedeutung der .Mithrasliturgie' (PGM IV.475-820) / Hans Dieter Betz. - Berlin ; New York : de Gruyter, 2001 (Hans-Lietzmann-Vorlesungen ; H. 6) ISBN 3-11-017088-4 © Copyright 2001 by Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, D-10785 Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany Einbandgestaltung: Rainer Engel, Berlin Für die Umschlaggestaltung wurden Abbildungen eines Mosaiks aus der Hagia Sophia (Istanbul; 9. Jh.) und des Codex Vat. Graec. 1209, fol. 65' (Rom; 4. Jh.) verwendet. Das Mosaik zeigt den Erzengel Gabriel, die Handschrift den griechischen Bibeltext Exodus 14,26 f. Datenkonvertierung: Readymade, Berlin Druck und buchbinderische Verarbeitung: Werner Hildebrand, Berlin Vorwort Die in diesem Band dokumentierte sechste „Hans-Lietzmann- Vorlesung" fand kurz nacheinander an zwei Orten statt, die mit dem Leben und Wirken Lietzmanns verbunden sind: Sie wurde zunächst am 26. November 2000 im Vortragssaal der Berlin- Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften gehalten, dar- auf am 28. November 2000 wie auch schon in den vergangenen fünf Jahren an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. In Ber- lin Schloß sie zugleich ein Kolloquium unter dem Titel „Wozu (noch) Editionen im Informationszeitalter?" ab, mit dem das über lange Jahre von Lietzmann geleitete Vorhaben der „Grie- chischen Christlichen Schriftsteller" seinen spezifischen Beitrag zum Jubiläum der Berliner Akademie leistete1. Die „Hans- Lietzmann-Vorlesungen" sind also gewandert, wie auch Hans Lietzmann gewandert ist, als er sich 1924 nach langem Zögern entschloß, Harnacks Nachfolger in Berlin zu werden. Angesichts der verschiedenen personellen Veränderungen in Jena und Berlin lag es nahe, darüber nachzudenken, ob nicht auch die Berlin- Brandenburgische Akademie, deren ordentliches Mitglied Lietz- mann 1926 wurde, und das Akademieunternehmen „Griechische Christliche Schriftsteller", dem er als Nachfolger Harnacks seit 1930 vorstand, künftig am traditionellen Sitz der Akademie in der Jägerstraße „Lietzmann-Vorlesungen" veranstalten sollten. In Berlin soll es wie auch schon in Jena nicht um die äußerliche Erinnerung an einen Gelehrten gehen, der zeitweilig für ein wich- tiges Akademieunternehmen Verantwortung trug, sondern eher Die Vorträge dieses Kolloquiums werden in der Reihe „Texte und Untersuchungen" im Laufe des nächsten Jahres erscheinen. VI Christoph Markschies um das öffentliche Bekenntnis zu einer bestimmten Form, die Geschichte des antiken Christentums zu betreiben: Die interdis- ziplinäre Weite, in der Lietzmann die Geschichte der Antike erforschte, seine selbstverständliche Integration von philologi- schen, historischen, archäologischen und liturgischen Fragestel- lungen war seinerzeit schon etwas Besonderes und ist seither, allzumal angesichts der perniziösen Spezialisierung der einzelnen Wissenschaften, nicht mehr oft erreicht worden. Erst in den letzten Jahrzehnten etabliert sich wieder eine interdisziplinäre Erforschung der Spätantike - und da lag es schon vor sechs Jahren nahe, Lietzmann nicht nur feierlich zum Patron einer solchen kulturgeschichtlichen Neudefinition und energischen Ausweitung der Antike-Studien auszurufen, sondern darauf auf- merksam zu machen, daß das Rad nicht immer vollkommen neu erfunden werden muß, man für eine solche Form der Antike- Studien hier Anregungen bekommen kann. Denn viele einzelne Aspekte, die Lietzmann noch ganz selbstverständlich im Rahmen seiner Forschungen berücksichtigte, sind trotz der gegenwärtig verbreiteten Rhetorik der Interdisziplinarität keineswegs schon wieder und überhaupt selbstverständliche Teilbereiche der Erfor- schung der Antike: Ich nenne ein einziges Beispiel, nämlich das häufig sträflich vernachlässigte Gebiet der Liturgie, das Lietzmann besonders am Herzen lag2. Insofern fügt es sich doppelt gut, daß heute über so etwas wie eine pagane Liturgie geredet wird, um zu demonstrieren, daß unter dem Stichwort „Liturgie" ja keines- wegs allein an das antike Christentum zu denken ist. Wegen dieser überraschend aktuellen Universalität des Lietz- mannschen Forschungsprogramms, die gleichzeitig immer auch mit einer peniblen Durchdringung der Details und zunehmend mit dem Interesse, davon schwungvoll in breiterem Kreise zu erzählen, verbunden war, wurden bislang schon fünf „Hans- Lietzmann-Vorlesungen" in Jena veranstaltet, werden deo volente Vgl. nur H. Lietzmann, Das Sacramentarium Gregorianum nach dem Aachener Urexemplar, LQF 3, Münster 31967. Vorwort VII dort weiter veranstaltet und nun auch in der Berliner Jägerstraße künftig jährlich solche „Hans Lietzmann-Vorlesungen" angebo- ten. Insofern gilt, was man in neupythagoreischen Kreisen der Antike über die Zahl Sechs sagte, auch hier: Sie ist die erste vollständige Zahl3. Hans Dieter Betz, seit 1978 Shailer Mathews Professor of New Testament Studies an der University of Chicago, war wie kaum einer geeignet, die Serie der „Hans-Lietzmann-Vorlesun- gen" an der Berlin-Brandenburgischen Akademie zu eröffnen und in Jena fortzusetzen. Die Spannweite seiner eigenen Studien erinnert nämlich sehr deutlich an das Forschungsprogramm dessen, der der Vorlesung den Namen gegeben hat: Mit der alten Dölgerschen Programmformel „Antike und Christentum" ist beispielsweise der vierte Band der gesammelten Aufsätze von Betz überschrieben4, und dort findet sich ein Aufsatz, der der Frage nachgeht, warum die entstehende christologische Reflexi- on des jungen Christentums es vermieden hat, den Glauben an Jesus Christus in den Kategorien der in der Umwelt durchaus sehr populären Heroenverehrung auszudrücken5. Untersuchun- gen zur Magie6 werden begleitet durch eine kommentierte eng- lische Ubersetzung der griechischen magischen Papyri7, und die 3 Iamb., theol. arith. 33 (BiTeu 42,19 De Falco). 4 H.D. Betz, Antike und Christentum. Gesammelte Aufsätze IV, Tübin- gen 1998. - Auf den Nachweis der Erstveröffentlichungen wird in den folgenden bibliographischen Angaben verzichtet. 5 H.D. Betz, Heroenverehrung und Christusglaube. Religionsgeschicht- liche Beobachtungen zu Philostrats Heroicus, in: ders., Antike und Christentum, 128-151. 6 H.D. Betz, Secrecy in the Greek Magical Papyri, in: ders., Antike und Christentum, 152-174; ders., The Changing Self of the Magician according to the Greek Magical Papyri, ebd. 175-186; ders., Jewish Magic in the Greek Magical Papyri (PGM VII.260-271), ebd., 187- 205 und eine Reihe von Beiträgen in H.D. Betz, Hellenismus und Urchristentum. Gesammelte Aufsätze I, Tübingen 1990. 7 The Greek Magical Papyri in Translation, ed. by H.D. Betz, Vol. I: The Texts, Chicago 21996. Vili Christoph Markschies Spannweite reicht von Rom bis Delphi8. Wenn Hans Dieter Betz in einem seiner wissenschaftsgeschichtlichen Aufsätze von der „zunehmenden Isolierung der neutestamentlichen Forschung" handelt9, in die diese Disziplin seit den zwanziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts geriet, dann handelt es sich dabei gewiß nicht um ein verkapptes Selbstreferat. Schon die Mainzer Dissertation vom Wintersemester 1957/1958 über „Lukian von Samosata und das Neue Testament" zeigt, in welch weitem Rahmen hier neutestamentliche Wissenschaft angelegt ist; das Buch erschien als „Beitrag zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti" wenig später in den „Texten und Untersuchun- gen"10. Wollte man weiter das Œuvre von Hans Dieter Betz dem von Hans Lietzmann gegenüberstellen, dann hätte man zu reden über das, was in den „Paulinischen Studien"11 von Betz ausge- führt ist, hätte seine faszinierende Kommentierung des pauli- nischen Galaterbriefs12 vor dem Hintergrund der zeitgenössi- schen Rhetorik mit Lietzmanns Kommentar im „Handbuch zum Neuen Testament" zu vergleichen (um hier nur einen der drei 8 H.D. Betz, The Mithras Inscription of Santa Prisca and the New Testament, in: ders., Hellenismus und Urchristentum, 72-91; ders., The Delphic Maxim ΓΝΩΘΙΣΑΥΤΟΝin Hermetic Interpretation, ebd., 92-111. 9 H.D. Betz, Eduard Norden und die frühchristliche Literatur, in: ders., Antike und Christentum, (78-99) 84. 10 H.D. Betz, Lukian von Samosata und das Neue Testament. Religions- geschichtliche und paränetische Parallelen. Ein Beitrag zum Corpus Hellenisticum Novi Testamenti, TU 76, Berlin 1961. Vgl. auch die umfangreiche Zusammenstellung zu Plutarch: H.D. Betz (Hg.), Plu- tarch's Ethical Writings and Early Christian Literature, Studia ad Corpus Hellenisticum Novi Testamenti 4, Leiden 1978. 11 H.D. Betz, Paulinische Studien. Gesammelte Aufsätze III, Tübingen 1994. 12 H.D. Betz, Galatians. A Commentary on Paul's Letter to the Churches in Galatia (Hermeneia), Philadelphia 1979/H984 = Der Galaterbrief. Ein Kommentar zum Brief des Apostels Paulus an die Gemeinden in Galatien. Aus dem Amerikanischen übersetzt und für die deutsche Ausgabe redaktionell bearbeitet von S. Ann, München 1988. Vorwort IX großen Kommentare von Betz zu nennen)13: Zwei ganz verschie- dene Ansätze und doch einander verbunden durch den energi- schen Blick auf die zeitgenössische antike Literatur. Die große Schultradition, in der Hans Dieter Betz steht, wird deutlich, wenn dieses Vorwort mit Bemerkungen Rudolf Bult- manns schließt. Betz hat in einem programmatischen Aufsatz zum Thema „Antike und Christentum" aus einem Memoran- dum Bultmanns zitiert, daß die Frage nach dem Verhältnis der Universität zum Forschungsprogramm „Antike und Christen- tum" weithin zusammenfalle „mit der Frage nach der Einheit der Universität. Ist unsere Universität nur eine Sammelstätte für alle möglichen Einzelwissenschaften, oder ist sie eine wirkliche ,Universitas', eine Einheit, deren Teile - die Einzelwissenschaften - als die Glieder eines Organismus zusammengehören?"14 Deut- licher und noch dazu mit einem ganz und gar paulinischen Gedanken kann man eigentlich nicht sagen, warum es immer wieder sinnvoll ist, sich des Forschungsprogramms von Hans Lietzmann zu erinnern und zur Berliner Premiere wie zur Jenaer Fortsetzung der Hans-Lietzmann-Vorlesungen Hans Dieter Betz zu bitten. Auch in diesem Heft ist wieder sehr herzlich dem Verlag zu danken, der bisher schon die Vorlesungsveranstaltung freundlich unterstützt hat - in der Regel durch ein äußerst schmackhaftes Buffet -, sie weiter unterstützt und auch weiter verlegt. Die Berlin- Brandenburgische Akademie verbindet mit dem Verlag eine lange Zusammenarbeit, die auch in den Jahren zwischen 1949 und 13 H.D. Betz, 2. Korinther 8 und 9. Ein Kommentar zu zwei Verwal- tungsbriefen des Apostels Paulus. Aus dem amerikanischen Englisch übersetzt und für die deutsche Ausgabe redaktionell bearbeitet von S. Ann, Gütersloh 1993. 14 E. Dinkier, Die christliche Wahrheitsfrage und die Unabgeschlossen- heit der Theologie als Wissenschaft: Bemerkungen zum wissenschaft- lichen Werk Rudolf Bultmanns, in: Gedenken an Rudolf Bultmann, Tübingen 1977, (15-40) 37 Anm. 28; zitiert bei Betz, Antiquity and Christianity, in: ders., Antike und Christentum, (267-290) 289, Anm. 85. χ Christoph Markschies 1989 fortgesetzt wurde. Vor einiger Zeit fanden sich beim Auf- räumen in der Arbeitsstelle „Griechische Christliche Schriftstel- ler" der Akademie zwei maschinengeschriebene Seiten aus den sechziger Jahren, auf denen ein früherer Funktionsträger der damaligen Deutschen Akademie der Wissenschaften, dessen Name hier diskret verschwiegen sei, Einschätzungen über den Verlag Walter de Gruyter für seine politischen Oberen vortrug. Der unvergessene Professor Wenzel wird dort in wunderbarem DDR- Deutsch als „ein aufgeschlossener, wendiger Typ, der politische Realitäten anerkennt und in harten ökonomischen Kategorien denkt", bezeichnet. Wörtlich heißt es dann weiter: „Dennoch ist er kein Businessman, sondern auf Grund seiner künstlerhaften Veranlagung genügend ausgewogen, um die Besonderheiten eines wissenschaftlichen Verlages zu berücksichtigen. Die technischen Mitarbeiter Prof. Wenzels sind jüngere Westberliner mit klarem, offenem Blick für die Welt". Auch wenn wir so heute nicht mehr formulieren und - Gott sei Dank - auch niemandem solche Berich- te schicken müssen: Dem „klaren, offenen Blick" der heutigen Verantwortlichen im Verlag verdanken wir das Engagement des Verlages bei den Lietzmann-Vorlesungen und die in diesen Tagen begonnene Zusammenarbeit bei der Betreuung der beiden großen Reihen der „Griechischen Christlichen Schriftsteller" sowie der „Texte und Untersuchungen". Berlin, im August 2001 Christoph Markschies