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Gottes Nähe unmittelbar erfahren: Mystik im Mittelalter und bei Martin Luther PDF

360 Pages·2007·13.953 MB·German
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Gottes Nähe unmittelbar erfahren Mystik im Mittelalter und bei Martin Luther herausgegeben von Berndt Hamm und Volker Leppin unter Mitarbeit von Heidrun Munzert Mohr Siebeck Berndt Hamm, geboren 1945; Professor für Neuere Kirchengeschichte in Erlangen. Volker Leppin, geboren 1966; Professor für Kirchengeschichte in Jena. Heidrun Munzert, geboren 1971; wissenschaftliche Assistentin am Lehrstuhl für Neuere Kirchengeschichte in Erlangen. EHE Könyvtära « /0,5 BUDAPÖ^- 0040 728 ISBN 978-3-16-149211-2 ISSN 0937-5740 (Spätmittelalter und Reformation. Neue Reihe) Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2007 Mohr Siebeck Tübingen. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Ver­ lags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzun­ gen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Guide-Druck in Tübingen auf alterungsbeständiges Werkdruck­ papier gedruckt und von der Großbuchbinderei Josef Spinner in Ottersweier gebunden. Gottfried Seebaß zum 70. Geburtstag Vorwort Der vorliegende Band ist aus einer Sozietät hervorgegangen, die wir wäh­ rend des Sommersemesters 2005 in Erlangen und Jena veranstalteten. The­ ma war die abendländische Mystik in ihrer Veränderungsdynamik vom 12. bis 16. Jahrhundert. Ein thematisches Schwergewicht fiel dabei zum einen auf das 15. Jahr­ hundert. Wie die Beiträge von Christoph Burger, Berndt Hamm (I) und Barbara Steinke zeigen, ist das ausgehende Mittelalter nicht das Zeitalter einer verblühenden, sondern einer sehr lebenskräftigen Mystik, die sich al­ lerdings gegenüber dem 14. Jahrhundert bemerkenswert wandelt. Damit wird eine immer noch häufig anzutreffende Forschungsmeinung korrigiert, die im 15. Jahrhundert kein Jahrhundert der Mystik, sondern die Ära einer eher unmystischen Frömmigkeit sieht. Der zweite Schwerpunkt des Bandes liegt bei Martin Luther. Aus den Beiträgen von Volker Leppin, Sven Grosse und Berndt Hamm (II) geht hervor, dass auch in dieser Hinsicht eine Weiterführung und Neuorientie­ rung der Forschung beabsichtigt wird. War es in der bisherigen Lutherfor­ schung weitgehender Konsens, dass Luther zwar traditionelle mystische Motive, Bilder und Begriffe rezipierte und umprägte, aber nicht eigentlich als mystischer Theologe zu verstehen sei, so wird im vorliegenden Band die Auffassung vertreten, dass die Gesamtkomposition der reformatori­ schen Theologie Luthers mystischen Charakter habe und dass die Genese dieser Theologie als Ausbildung einer neuen Gestalt von Mystik zu be­ schreiben sei. Dabei fallt der Blick zurück auf die wichtigsten mystischen Impulsgeber Luthers, auf Bernhard von Clairvaux, Johannes Tauler, die ,Theologia deutsch4, Johannes Gerson und Johannes von Staupitz; Luther wird so in einer Tradition wiederholter frappierender Neuaufbrüche und Transformationen von Mystik gesehen. Durch den Beitrag von Andreas Zecherle erfährt die ,Theologia deutsch4, die vermutlich kurz vor Ende des 14. Jahrhunderts entstand, be­ sondere Berücksichtigung. Das entspricht der Gesamtanlage des Bandes, weil damit einerseits die Brücke zwischen dem Zeitalter Taulers und Seu- ses zum 15. Jahrhundert geschlagen wird und andererseits einer der mysti­ schen Lieblingstexte Luthers, den er selbst publizierte, analysiert und in die religiösen Konflikte des Spätmittelalters eingeordnet wird. VIII Vorwort Versteht man die Geschichte der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Mystik als eine Fortschreibung von Traditionen und Grundkonzeptionen, zugleich aber auch als eine Abfolge von Brechungen und Neukonfigura­ tionen, dann eröffnen sich über die Jahrhunderte hinweg ungewöhnliche Vergleichsmöglichkeiten: So schlägt Heidrun Munzert in ihrem abschlie­ ßenden Aufsatz einen Bogen vom späten 13. in das frühe 17. Jahrhundert und stellt die Frage nach der Strukturanalogie zwischen der ,unio mystica1 heiliger Frauen und dem intimen Umgang der Hexen mit dem Teufel. Vertraute Nähe, unmittelbare Berührung und beseligende Vereinigung sind wesentliche Komponenten der mystischen Texte, die in diesem Band zur Sprache kommen. Wie sein Titel ,Gottes Nähe unmittelbar erfahren1 zum Ausdruck bringt, verstehen die Herausgeber ihn nicht zuletzt als Bei­ trag zu einer Klärung des umstrittenen Mystikbegriffs. Dabei ist sowohl die Gefahr einer konturenlosen Diffusion des Begriffs als auch die seiner unhistorischen Einengung, die evangelische Zugänge zur Mystik von vornherein ausschließt, vor Augen. Der Begriff muss so quellennah sein, dass er die Neuaufbrüche und Umformungen des Verständnisses von un­ mittelbarer Naherfahrung Gottes in sich aufnehmen kann. Unser herzlicher Dank gilt den Herren Kollegen Johannes Helmrath, Jürgen Miethke und Heinz Schilling für die Aufnahme des Bandes in die Reihe ,Spätmittelalter und Reformation1 und dem Verlag Mohr Siebeck, insbesondere Herrn Dr. Henning Ziebritzki und Frau Ilse König, für die bewährte zuverlässige Betreuung der Drucklegung. Eine große Freude war bei der Herausgabe des Bandes die Zusammenarbeit mit Frau Heidrun Munzert, Assistentin am Erlanger Lehrstuhl, die die Texte formal verein­ heitlicht und das druckfertige Layout vorbereitet hat. Den studentischen Hilfskräften am Jenaer Lehrstuhl, Frau Dorothy Bonchino-Demmler, Frau Franziska Schreiber und Herrn Markus Mickein, danken wir für die Er­ stellung der Register. Erlangen/Jena, 4. August 2006 Berndt Hamm und Volker Leppin Inhaltsverzeichnis Andreas Zecherle Die ,Theologia Deutsch1. Ein spätmittelalterlicher mystischer Traktat......................................................................................................... 1 Christoph Burger Mystische Vereinigung - erst im Himmel oder schon auf Erden? Das Doppelgesicht der geistlichen Literatur im 15. Jahrhundert......... 97 Berndt Hamm „Gott berühren“: Mystische Erfahrung im ausgehenden Mittelalter. Zugleich ein Beitrag zur Klärung des Mystikbegriffs........................... 111 Barbara Steinke „Den Bräutigam nehmt euch und habt ihn und verlasst ihn nicht, denn er verlässt euch nicht.“ Zur Moral der Mystik im Nürnberger Katharinenkloster während des 15. Jahrhunderts................................... 139 Volker Leppin Transformationen spätmittelalterlicher Mystik bei Luther................... 165 Sven Grosse Der junge Luther und die Mystik. Ein Beitrag zur Frage nach dem Werden der reformatorischen Theologie................................................. 187 Berndt Hamm Wie mystisch war der Glaube Luthers?.................................................. 237 Heidrun Munzert Unio mystica versus Teufelsbuhlschaft. Überlegungen zur Vergleich­ barkeit von mystischer Erfahrung und Hexenvorstellung am Beispiel von Gertrud von Helfta und Else Rodamer............................................ 289 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren................................................ 343 X Inhaltsverzeichnis Bibelstellenregister................................................................................... 345 Personenregister......................................................................................... 347 Andreas Zecherle Die ,Theologia Deutsch4. Ein spätmittelalterlicher mystischer Traktat Einleitung „[...] diß edle Buchleyn, alß [= wie] arm und ungesmuckt es ist yn Worten und menschlicher weißheit, alßo [= so] und vill mehr reycher und ubir- kostlich [= überköstlich] ist es in kunst und gotlicher weißheit. Und das [= dass] ich nach meynem alten narren [= ich als alter Narr] rüme, ist myr nehst [= neben] der Biblien und S. Augustino nit vorkummen [= begegnet] eyn buch, dar auß ich mehr erlernet hab und [(erlernt haben)]1 will, was got, Christus, mensch und alle ding seyn.“2 Luther schreibt diese Worte 1518 in der Vorrede zu einem von ihm herausgegebenen spätmittelalterli­ chen Traktat, der heute vor allem unter der Bezeichnung ,Theologia Deutsch' bekannt ist. Dieses von Luther hoch gelobte Werk, das ein wich­ tiges Bindeglied zwischen der spätmittelalterlichen Mystik und der Refor­ mation darstellt, soll in der vorliegenden Arbeit näher untersucht werden. Die ersten beiden Kapitel der Arbeit, die die Frage nach dem Verfasser und der Entstehungszeit der ,Theologia Deutsch4 thematisieren, dienen der historischen Einordnung des Traktats. In den folgenden drei Kapiteln steht die für die inhaltliche Interpretation der Schrift sehr bedeutsame Frage nach dem ursprünglichen Textbestand des Werkes im Vordergrund. Das sechste Kapitel, in dem der Aufbau der ,Theologia Deutsch4 untersucht wird, leitet dann zu einer ausführlichen Inhaltsanalyse über, die den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit bildet. Abschließend soll kurz auf die Frage eingegangen werden, welche Quellen dem Traktat zugrunde lie­ gen und welche Einflüsse in ihm erkennbar sind. 1 In eckigen und runden Klammern stehen hier und im Folgenden Wörter, die man bei einer neuhochdeutschen Übersetzung ergänzen müsste. 2 WA 1, S. 378. 2 Andreas Zecherle 1. Verfasser Die ,Theologia Deutsch34 ist anonym überliefert. Im Prolog des Werkes finden sich aber einige Aussagen über den Autor: „Diß büchelein hat der almechtige, ewige got auß gesprochen durch eynen weißen, vorstanden [= verständigen]3, worhafftigenn, gerechten menschen, seynen frunt, der do vor czeitenn gewest ist eyn deutschir herre, eyn prister vnd eyn custos yn der deutschen herren hauß zu franckfurt [,..].“4 Enthält der Relativsatz historisch zuverlässige Angaben5, so gehörte der Verfasser als Priester­ bruder dem Deutschen Orden an und lebte in dessen Niederlassung in Frankfurt, genauer gesagt in der Deutschordenskommende in Sachsen­ hausen bei Frankfurt am Main6. Als Kustos - ein solches Amt ist für die Sachsenhausener Kommende mehrfach belegt7 - hatte er wohl die Aufsicht über das Gotteshaus. Aufgrund von Aussagen in der Hausordnung der Ballei Koblenz von 1460 und von 1499 kann man außerdem vermuten, dass bereits in früherer Zeit auch in Sachsenhausen mit dem Amt des Kustos Aufgaben im Bereich der Ausbildung jüngerer Ordensangehöriger verbunden waren8. Dem Prolog zufolge war der Autor ein „frunt“9 Gottes. Diese Bezeichnung könnte darauf verweisen, dass der Verfasser der ,Theologia Deutsch4 zur Bewegung der Gottesfreunde gehörte10, die weit­ hin von Gedanken Eckharts, Taulers und Seuses beeinflusst war11. Unter den aus verschiedenen gesellschaftlichen Kreisen stammenden Gottes­ freunden gab es auch Deutschherren12. Die Forschung hat versucht, die Identität des Autors der ,Theologia Deutsch4 zu klären. In neuerer Zeit13 wurde behauptet, Heinrich von Ber­ 3 Bei der Erstellung der Übersetzungen wurden herangezogen: Lexer: Taschen­ wörterbuch; ThD (Ha). 4 ThD(H), Prolog, 1-4, S. 67. 5 Vgl. auch unten Kapitel 5, S. 14-16. 6 Vgl. u.a. Pfeiffer: Vorwort, S. XX; Uhl: Beiträge, S. 12; Siedel: Einleitung, S. 9f.; Cognet: Geburt, S. 188; Haas: Einleitung, S. 14; Hinten: Einführung, S. 2; Peters: Theologia, S. 259. Zur Geschichte der Deutschordenskommende in Frankfurt vgl. SEILER: Frankfurt. 7 Vgl. Schiel: Heinrich, S. 89; SEILER: Frankfurt, S. 32. 8 Vgl. Schiel: Heinrich, S. 88f.; vgl. auch Siedel: Einleitung, S. 10. 9 ThD (H), Prolog,2, S. 67. 10 Vgl. Pfeiffer: Vorwort, S. XXf.; Lisco: Heilslehre, S. 15f; Uhl: Beiträge, S. 12; Hinten: Frankfurter, Sp. 802; vgl. auch SlEDEL: Einleitung, S. 91 f. Zur Bewegung der Gottesfreunde vgl. Rapp: Gottesfreunde; Semmler: Gottesfreund; Hauschild: Lehrbuch 1, S. 650-652. 11 Vgl. Rapp: Gottesfreunde, S. 98f.; Hauschild: Lehrbuch 1, S. 651. 12 Vgl. Rapp: Gottesfreunde, S. 98f. 13 Zu älteren Hypothesen, die in der gegenwärtigen Forschungsdiskussion keine Rolle mehr spielen, vgl. zusammenfassend LISCO: Heilslehre, S. 14f.; UHL: Beiträge, S. 13.

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