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Globaler Hunger als Verletzung der menschlichen Würde: Zu den normativen Grundlagen einer moralischen Herausforderung PDF

327 Pages·2020·2.759 MB·German
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Julia Müller Globaler Hunger als Verletzung der menschlichen Würde Zu den normativen Grundlagen einer moralischen Herausforde- rung Globaler Hunger als Verletzung der menschlichen Würde Julia Müller Globaler Hunger als Verletzung der menschlichen Würde Zu den normativen Grundlagen einer moralischen Herausforderung Julia Müller Kiel, Deutschland Zugleich Dissertation an der Universität Bielefeld, 2019 Die Dissertation wurde durch ein Promotionsstipendium des Evangelischen Studien- werkes Villigst e.V. gefördert. ISBN 978-3-662-62574-3 ISBN 978-3-662-62575-0 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-62575-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National- bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.deabrufbar. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa- tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. J.B. Metzler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany Vorwort Die vorliegende Arbeit ist die Veröffentlichung meiner Dissertation, die im Frühjahr 2019 an der Fakultät für Geschichtswissenschaften, Philosophie und Theologie an der Universität Bielefeld in der Abtei- lung Philosophie angenommen worden ist. Die Arbeit habe ich an der Universität Potsdam, wo ich mein Studium der Philosophie absolvieren durfte, begonnen und an der Universität Bielefeld fortgeführt und ab- geschlossen. Das Forschungsprojekt ist aus der Beschäftigung mit der humanitären Hilfe der Bundesrepublik zu den Hungersnöten im Sahel im Rahmen meiner Magisterarbeit entstanden. Aus der zeithistorischen Analyse entstand die Frage nach der ethischen Beurteilung des Welthungers. Dem historischen Interesse folgte die philosophische Neugierde her- auszufinden, wie die Situation des Welthungers aus normativer Sicht zu beurteilen ist. Außerdem drängte sich die philosophische Frage auf, wie grundlegende Normen unserer Moral mit den elenden Zuständen in der Welt vereinbar sein können. Bei Ralf Stoecker lernte ich viel über den Begriff der menschlichen Würde bzw. der Menschenwürde und die Idee beide Themen zu verbinden entstand. Diese Arbeit hätte ohne die Unterstützung und Begleitung vieler Men- schen nicht entstehen können. Daher möchte ich mich an dieser Stelle für die umfangreiche Hilfe, die mir zuteilwurde, bedanken. Ralf Stoecker hat nicht nur die Arbeit von Beginn an betreut, sondern mich mit seiner eigenen Forschung zu Fragen menschlicher Würde inspiriert. Insbesondere für seine langjährige Geduld mit mir und meinem Projekt schulde ich ihm Dank. In seinem Doktoranden-Kolloquium konnte ich immer wieder Teile meiner Arbeit zur Diskussion stellen und habe von VI Vorwort den Gesprächen mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern profitiert. Stephan Schlothfeldt danke ich für das spontane Zweitgutachten, zu dem er sich kurzfristig bereit erklärt hat. Ohne die finanzielle Unter- stützung des Evangelischen Studienwerks Villigst e.V. hätte ich das Projekt nicht beginnen können. Für die Gewährung eines Promotions- stipendiums bin ich den Villigstern mit Dank verbunden. Clemens Se- dmak danke ich für die Einladung zu einem Forschungsaufenthalt an das Internationale Forschungszentrum für soziale und ethische Fragen in Salzburg zu Beginn dieses Projektes. Den größten Anteil am erfolgreichen Abschluss dieses Buches haben meine philosophischen Freunde Julia Engels, Thomas Wachtendorf und Nele Röttger. Ich danke ihnen für endlose Gespräche, Diskussio- nen und philosophischen Streit, die für dieses Buch unabdingbar wa- ren. Aber insbesondere danke ich ihnen für die tiefe Freundschaft und die Verbundenheit in allen philosophischen Fragen. Kati Lüdecke- Röttger und Britta Petersen haben mir geholfen, aus dem Manuskript ein lesbares Buch zu machen. Kristina Poncin danke ich für die nette Begleitung bei der Veröffentlichung im J.B. Metzler Verlag. Ohne die Unterstützung meiner Eltern und ihr unerschütterliches Ver- trauen in meine Fähigkeiten hätte ich diese Arbeit nicht vollendet. Ich danke Euch für all die Ermutigungen auf meinem Weg. Inhaltsverzeichnis Vorwort .................................................................................................................... V 1 Einleitung ...................................................................................................... 1 Teil I Weltarmut und Welthunger als normative Herausforderungen ........... 7 2 Weltarmut und Welthunger in der angewandten Ethik ......................... 9 2.1 Historische Dimension der Armut ................................................. 10 2.2 Deskriptive Dimension der Armut ................................................ 26 2.3 Normative Dimension der Armut .................................................. 33 2.4 Weltarmut und Welthunger als eine Frage der Menschenwürde ................................................................................. 48 3 Weltarmut als Gerechtigkeitsproblem .................................................... 53 3.1 Armut und Rettung aus der Not: Lifeboat Ethics ....................... 54 3.2 Armut und globale Gerechtigkeit ................................................... 69 3.3 Armut und Menschenrechte ............................................................ 81 3.4 Armut und das Gute Leben: der Capability-Approach ............. 101 4 Menschliche Würde als normative Grundlage .................................... 117 4.1 Menschenwürde als normativer Bezugspunkt ............................ 117 4.2 Der Begriff der menschlichen Würde im Wandel ..................... 124 4.3 Menschliche Würde aus ihrer Negation verstehen .................... 152 Teil II Armut als Gefahr für die menschliche Würde ................................. 159 5 Armut und entwürdigende Abhängigkeit ............................................. 161 5.1 Fehlende Freiheit durch ein Leben in schwerer Armut ............ 164 5.2 Gefährdete Selbstachtung .............................................................. 186 6 Armut und entwürdigende Ungleichheit .............................................. 195 VIII Inhaltsverzeichnis 6.1 Würde und egalitärer Status: Asymmetrien durch Armut ........ 197 6.2 Moralische Ignoranz und Irrelevanz als Verletzung menschlicher Würde ....................................................................... 215 Teil III Globaler Hunger als Folge der schweren Armut ............................. 237 7 Überleben am Existenzminimum .......................................................... 239 7.1 Verletzbares Leben und menschliche Grundbedürfnisse ......... 239 7.2 Entwürdigende Lebensbedingungen............................................ 243 8 Globaler Hunger und Menschenrechte gegen den Hunger .............. 259 8.1 Das Verhältnis von menschlicher Würde und Menschenrechten ............................................................................ 260 8.2 Menschenrechte gegen den Hunger: die Entwicklung des Rechts auf Nahrung ....................................................................... 266 9 Verletzungen der menschlichen Würde durch Hunger ..................... 287 9.1 Würde als gleicher und nobler Anspruch auf ein menschenwürdiges Leben .............................................................. 289 9.2 Die Einordnung des Welthungers ................................................ 292 10 Schluss........................................................................................................ 299 Literaturverzeichnis ............................................................................................. 307 1 Einleitung Weltweit leben Millionen von Menschen in schwerer Armut und trotz des Reichtums der Welt verhungern täglich Menschen, weil sie zu arm sind, um ausreichend Essen auftreiben zu können. Die Menschen, die hungern, kämpfen jeden Tag um ihr Überleben. Sie sind so arm, dass sie ihr Überleben nicht ausreichend sichern können. Die Lebensbedin- gungen dieser Menschen sind in der Regel in verschiedener Hinsicht sehr schlecht. Ihnen fehlt es an Essen und an Trinkwasser, an einer vernünftigen Behausung und dem Zugang zu medizinischer Versor- gung und Bildung. Häufig müssen bereits die Kinder arbeiten, um zum Familieneinkommen beizutragen, welches dennoch kaum zum Überle- ben reicht. Die Zahlen dazu sind erschreckend: Diese schwere Armut betrifft mindestens 800 Millionen Menschen weltweit. Jeden Tag ver- hungern tausende Kinder, während in der ersten Welt ein maßloser Überfluss herrscht und etwa ein Drittel aller Nahrungsmittel aufgrund extrem hoher Konsumansprüche vernichtet wird. Diese Form des Un- gleichgewichts löst bei den meisten Menschen Mitgefühl aus. Die Lei- den, die von schwerer Armut betroffene Menschen ohne eigenes Ver- schulden in elenden Bedingungen ertragen müssen, die häufig mit Krankheit, Leid und einem vorzeitigen Tod einhergehen, sind groß. Viele der Umstände, die ein solches Leben kennzeichnen, sind für re- lativ wohlhabende Europäer unvorstellbar. Ob in den Steinbrüchen In- diens, auf den Müllkippen Indonesiens oder in den Gemüseplantagen Südeuropas, weltweit finden sich Menschen in der Situation, dass sie nicht genügend haben, um zu leben. Diese Menschen kämpfen dort jeden Tag um ihr Überleben, auch wenn wir aufgrund der medialen Präsenz vor allem im Fall von Naturkatastrophen darauf aufmerksam werden. Häufig reagieren wir darauf mit der Überzeugung, dass etwas gegen diese Zustände getan werden muss. Wir sind überzeugt, dass Kinderarbeit verboten sein muss und Sklaverei abgeschafft werden © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 J. Müller, Globaler Hunger als Verletzung der menschlichen Würde, https://doi.org/10.1007/978-3-662-62575-0_1 2 1 Einleitung muss und dass es Menschen möglich sein soll, von ihren Löhnen leben zu können. Der formulierte Anspruch und die Wirklichkeit klaffen hier weit auseinander. Die Gemeinschaft der Staaten hat diese Herausfor- derung vor vielen Jahren erkannt und bemüht sich seitdem, diese Prob- leme zu bekämpfen. Dennoch bleibt die Zahl der betroffenen Men- schen auf konstant hohem Niveau. Immer wieder erschrecken Reportagen über die Slums afrikanischer Städte oder die Ausbeutung von landlosen Arbeitern mit einem Einblick in die Lebensumstände, die dort herrschen. Diese Zustände werden nicht nur als Ausdruck ei- ner ungerechten Welt verstanden, sondern lösen mitunter Empörung aus. Menschen, die dieser Lebensbedingungen gewahr werden, be- trachten sie als menschenunwürdig. Es scheint moralisches Unrecht zu sein, dass viele Menschen so arm sind, dass das, was sie haben, nicht einmal zum Überleben reicht, während gleichzeitig eine kleine Elite über gewaltige Reichtümer verfügt und in unverhältnismäßigem und exzessivem Luxus lebt. Schnell geraten wir bei solchen Überlegungen in eine moralische Zwickmühle. Es stellt sich die Frage, wie es sein kann, dass Menschen so arm sind und warum eine gerechtere Vertei- lung nicht möglich ist. Viele Menschen sehen in der Weltarmut nicht nur einen Skandal, sondern auch eine Verletzung der menschlichen Würde. Diese Intuition, dass es sich hier um eine Verletzung der menschlichen Würde handelt, sagt uns, dass kein Kind hungernd und im Dreck, ohne Bildung und Zugang zu medizinischer Versorgung auf- wachsen sollte. Solch eindeutigen Urteilen zum Trotz folgt der ersten moralischen Empörung häufig nicht viel. Mitunter spendet man eine bestimmte Summe an Geld, doch in unserem alltäglichen Handeln wird anderen Dingen als dem Welthunger und der Armut Aufmerksamkeit geschenkt. Das Leid scheint schrecklich, aber eben auch fern und inso- fern außerhalb unserer Verantwortung zu liegen. Moralphilosophisch lassen sich diese Tatsachen und Überlegungen allerdings nicht so leicht

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