H. J. DIESFELD G. FALKENHORST O. RAZUM D. HAMPEL (Hrsg.) Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern Springer-Verlag Berlin Heidelberg GmbH R.J. DIESFELD G. FALKENHORST O. RAZUM D. RAMPEL (Hrsg.) Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern Medizinisches Handeln aus bevölkerungsbezogener Perspektive 2. Auflage Mit 49 Abbildungen und 42 Tabellen " Springer Prof. Dr. med. HANS JOCHEN DIESFELD GERD FALKENHORST Dr. med. OLIVER RAZUM DIETER HAMPEL Klinikum der Universität Heidelberg Abteilung Tropenhygiene und Öffentliches Gesundheitswesen Im Neuenheimer Feld 324, 69120 Heidelberg Die Deutsche Bibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern: medizinisches Handeln aus bevölkerungs bezogener Perspektive / Hrsg.: Hans J. Diesfeld ... - Berlin; Heidelberg; New York; Barcelo na; Hongkong; London; Mailand; Paris; Singapur; Tokio: Springer, 2001. ISBN 978-3-540-41812-2 ISBN 978-3-642-56648-6 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-56648-6 Dieses Werk ist urheberrechtIich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugs weiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervieWiltigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Ur heberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. http://www.springer.de © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2001 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in die sem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daß sol che Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Produkthaftung: Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann vom Verlag keine Gewähr übernommen werden. Derartige Angaben müssen vom jeweiligen Anwender im Einzelfall anhand anderer Literaturstellen auf ihre Richtigkeit überprüft wer den. Umschlaggestaltung: de'blik, Berlin Satz: K+V Fotosatz GmbH, Beerfelden Gedruckt auf säurefreiem Papier SPIN: 10832792 22/3130/is - 5 4 3 2 1 0 Vorwort Das Thema "Gesundheitsversorgung in Entwicklungsländern" stößt bei vielen im Gesundheitsbereich tätigen Menschen auf reges Inter esse: Schwestern, Pfleger, Ärztinnen und Ärzte planen eine länger fristige Tätigkeit im Rahmen der medizinischen Entwicklungshilfe; vielleicht denken sie auch nur über einen Kurzzeiteinsatz im Rah men der Katastrophenhilfe nach. Medizinstudentinnen und -stu denten erhoffen sich von einer Famulatur oder der Ableistung ei nes PJ-Abschnitts in einem Entwicklungsland Erfahrungen und Impulse für ihre zukünftige Tätigkeit; ihre Kommilitoninnen und Kommilitonen aus Entwicklungsländern, die in Deutschland stu diert haben, bereiten sich auf die Heimkehr und damit auf die Ar beit in einem ihnen vielleicht nur wenig vertrauten Gesundheitssy stem vor. Von ihnen allen wird erwartet, daß sie an ihrem neuen Arbeits platz mit einfachen Mitteln andere und komplexere Aufgaben über nehmen, als sie es von ihrer Ausbildung oder Tätigkeit in Deutsch land her gewohnt sind. Nicht alle sind sich bewußt, daß dies auch mit einem Zuwachs an Managementaujgaben verbunden ist. In den von der Abteilung Tropenhygiene der Universität Heidelberg durchgeführten Vorbereitungskursen wird daher viel nach techni schen Lösungen gefragt (die immer nur landesspezifisch sein kön nen) und gefordert, Mängel der praktischen Ausbildung in Deutschland-zu kompensieren (was in einem "Trockenkurs" nicht möglich ist). Die Dozenten sehen die Vermittlung von medizini schem Fachwissen nicht als höchste Priorität an. Sie erachten es aus ihrer praktischen Erfahrung in Entwicklungsländern heraus für weitaus wichtiger, neue Qualitäten der Wahrnehmung von Ge sundheitsproblemen zu vermitteln und die Fähigkeit zur Entwick lung lokal angepaßter Konzepte und Strategien zu fördern. Das zentrale Anliegen des vorliegenden Buches "Gesundheits versorgung in Entwicklungsländern" ist es, diese Sichtweise nach vollziehbar zu machen. Das Buch führt in das Verständnis von Ge sundheitssystemen ein und berücksichtigt dabei besonders Organi sation und Management von präventiven und kurativen Gesund heitsdiensten auf Distriktebene. Der Begriff "Gesundheit" umfaßt hier nicht nur medizinische Aspekte, sondern das soziale, ökono mische und ökologische Umfeld der Bevölkerung, ohne das ein VI Vorwort Verständnis der gesundheitlichen Probleme nicht möglich ist. Das Buch will zur Public Health-Perspektive hinführen: Es regt an, auf der Ebene von Bevölkerungsgruppen zu denken, statt wie gewohnt nur den einzelnen Patienten zu sehen. Entsprechend steht die Prä vention hier gleichberechtigt neben den kurativen Diensten. Dieses Buch ist kein Nachschlagewerk für Einzeldisziplinen. Heu te stehen für fast alle medizinischen Fachgebiete entwicklungsland bezogene Standardwerke zur Verfügung, in denen die jeweilige Thematik viel ausführlicher abgehandelt wird, als das in einem Handbuch wie diesem möglich sein kann. Jedoch werden techni sche und soziale Lösungen als Beispiele lokaler Strategieentwick lung vorgestellt. Um die gezielte Informationsbeschaffung zu er leichtern, findet sich am Schluß des Buches eine Bibliographie der Standardwerke zu einzelnen Fachgebieten. Ein Buch wie das vorliegende kann keine fertigen Lösungen oder "Kochrezepte" bieten - dazu sind die Probleme zu vielfältig und die lokalen Situationen zu unterschiedlich. Vielfalt und Unter schiede spiegeln sich auch in den Beiträgen der Autorinnen und Autoren wider, die ihre Erfahrungen in verschiedenen (meist afri kanischen) Entwicklungsländern mit sehr verschiedenen ökonomi schen Rahmenbedingungen gesammelt haben. Insofern sind unter schiedliche Sichtweisen und Meinungen nicht nur unvermeidbar, sondern beabsichtigt. Unterschiedliche Auffassungen hatten wir auch hinsichtlich der Schreibweise der weiblichen und männlichen Formen von Berufs bezeichnungen. Wo "Schwestern" steht, mögen sich Leserinnen und Leser bitte auch "Pfleger" dazudenken - und wo "Ärzte" oder "Entwicklungshelfer" steht, natürlich auch Ärztinnen und Entwick lungshelferinnen. Viele der Autorinnen und Autoren hatten in ih ren Texten ausdrücklich beide Formen vorgesehen, was von der Redaktion allein der besseren Lesbarkeit wegen an einigen Stellen geändert wurde. Wir wünschen uns, daß die Nutzer dieses Buches darin Ermuti gung für ihre Arbeit finden sowie vielleicht auch ungewohnte, zu nächst nicht eingängliche, aber zum Diskutieren und Nachdenken provozierende Sichtweisen von "Gesundheitsversorgung in Ent wicklungsländern. " HANS JOCHEN DIES FELD GERD FALKENHORST OLIVER RAZUM DIETER HAMPEL Abkürzungsverzeichnis AIDS aquired immunodeficiency syndrome ANC antenatal care ARI acute respiratory infection BCG Bacille Calmette-Guerin BID Interamerikanische Entwicklungsbank BMZ Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenar beit und Entwicklung CBR crude birth rate CDD control of diarrhoeal diseases CFT case-finding and treatment CPD cephalo-pelvic disproportion cSTD classical sexually transmitted disease CSW commercial sex worker DHMT District Health Management Team DIFÄM Deutsches Institut für Ärztliche Mission DMO District Medical Officer DNO District Nursing Officer DOT direct observation therapy DPT Diphtherie-Pertussis-Tetanus-Impfstoff DSM direct sputum microscopy DT Diphtherie-Tetanus-Impfstoff EDLIZ Essential Drugs List for Zimbabwe EPI Expanded Programme on Immunization ESAP Economic Structural Adjustment Programme FP Familienplanung GMP Good Manufacturing Practices GOBI-FFF Growth monitoring, Oral rehydration, Breast feeding, Immunization - Food fortification, Female education, Family planning GPA Global Programme on AIDS GPV Global Programme for Vaccines and Immunization GTZ Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit GZ Gesundheitszentrum HAI Health Action International HBs Hepatitis-B surface antigen H(M)IS Health (Management) Information System HIV human immunodeficiency virus VIII Abkürzungsverzeichnis IBFAN International Babyfood Action Network ILO International Labour Organization INN International Non-proprietary Names INRUD International Network for the Rational Use of Drugs lOs internationale Organisationen IPV inactivated poliomyelitis vaccine IUATLD International Union Against Tuberculosis and Lung Disease IWF Internationaler Währungsfond KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau MCH mother and child health care MMR maternal mortality rate (ratio) MUAC mid upper arm circumference NCHS National Center for Health Statistics NGO non-governmental organization NNT neonatal tetanus OMS Organisation mondiale de la Sante (= WHO) OPD out-patient department OPV oral poliomyelitis vaccine ORF oral rehydration fluid ORS oral rehydration solution ORT oral rehydration therapy PEM Protein -Energie-Mangel PEV Programme elargi de vaccination (= EPI) PFL pour-flush latrine PHC Primary Health Care PNC postnatal care SD standard deviation SMI Sante maternelle et infantile (= MCH) SSV Schwangerschafts-Vorsorge STD sexually transmitted disease TBA traditional birth attendant Tbc Tuberkulose TT Tetanus-Toxoid UN United Nations UNDP United Nations Development Programme UNFPA United Nations Fund for Population Activities UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees UNICEF United Nations Children's Fund USAID United States Agency for International Development VIP(L) ventilated improved pit (latrine) WHO World Health Organization Inhalt 1 Gesundheit und Krankheit in Entwicklungsländern - Rahmenbedingungen und Konzepte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.1 Sozioökonomische, politische und kulturelle Rahmenbedingungen von Gesundheit und Krankheit ............... . 1 1.1.1 Einführung .............................. . 1 1.1.2 Bevölkerungsentwicklung ................... . 6 1.1.3 Ländliche Lebensbedingungen, Produktivität in der Landwirtschaft und Gesundheit ......... . 20 1.1.4 Urbanisierung und Industrialisierung .......... . 23 1.1.5 Migration, Flucht, Vertreibung ............... . 27 1.1.6 Die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit im Gesundheitswesen ...................... . 28 1.2· Konzepte von "Gesundheit" und "Krankheit" ..... 33 1.2.1 Einführung in Konzepte von "Gesundheit" und "Krankheit" .......................... . 33 1.2.2 Mme Kulubali - ein Fall von mara in einem Krankenhaus in Bamako, Mali ......... 40 1.3 Das "Primary Health Care"-(PHC-)Konzept ...... . 45 1.3.1 Grundlagen und Entstehung des Konzepts ....... . 45 1.3.2 Akzeptanz von PHC ....................... . 49 1.3.3 Selektives Primary Health Care (GOBI-FFF) vs. PHC ................................ . 52 1.3.4 PHC auf der Ebene der Distriktgesundheitsdienste 53 1.3.5 Bamako-Initiative ......................... . 54 1.3.6 Die Rolle der WHO im 21. Jahrhundert ........ . 55 2 Planung ................................ . 59 2.1 Planung: die Aufgabe ...................... . 59 2.2 Grundlegende Konzepte und Definitionen ....... . 60 2.3 Problemanalyse ........................... . 63 X Inhalt 2.4 Entwicklung des Plans ..................... . 64 2.5 Prioritätensetzung ........................ . 66 2.6 Lokale Anpassung ........................ . 67 2.6.1 Geographischer Zugang .................... . 69 2.6.2 Verfügbarkeit ............................ . 70 2.6.3 Akzeptanz .............................. . 71 2.6.4 Ökonomische Zugänglichkeit ................ . 71 2.6.5 Sicherheit .............................. . 73 2.6.6 Wissenschaftliche Belegbarkeit ............... . 74 2.6.7 Zielgruppenspezifität ...................... . 75 2.6.8 Nachhaltigkeit ........................... . 75 2.7 Wahl der Option ......................... . 76 2.8 Ausarbeitung des Plans .................... . 76 2.9 Implementierung des Plans ................. . 77 2.10 Evaluation .............................. . 79 2.11 Das Gesundheitsinformationssystem ........... . 81 2.11.1 Einführung ............................. . 81 2.11.2 Strukturelle Probleme ..................... . 82 2.11.3 Qualität der Daten ........................ . 83 2.11.4 Feedback und Präsentation .................. . 83 2.11.5 Interpretation von Daten ................... . 84 2.11.6 Zusätzliche Studien ....................... . 84 2.11.7 Managemententscheidungen ................. . 85 2.11.8 Denominatoren und Indikatoren (technisch -epidemiologische Probleme) ........ . 87 2.11.9 Taschenrechner oder Computer? .............. . 91 2.11.10 Training ................................ . 92 2.11.11 Was kann man selbst tun? .................. . 92 3 Primäre Prävention ....................... . 93 3.1 Wasser, Entsorgung, Umwelthygiene ........... . 93 3.1.1 Zur gesundheitlichen Bedeutung umwelthygienischer Maßnahmen ............. . 94 3.1.2 Maßnahmen gegen fäkoorale Infektionen ....... . 95 3.1.3 Andere umwelthygienische Ansatzpunkte ....... . 111 3.1.4 Hygieneberatung ......................... . 115 3.1.5 Zur Rolle von Gesundheitsarbeitern in der Umwelthygiene ..................... . 119 3.2 Na hrungsmit telversorgung und Ernährungssicherung .................. . 123 3.2.1 Ausreichende Ernährung ist eine Voraussetzung für Gesundheit .......................... . 123