ebook img

Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft: Vorgetragen in der Sitzung vom 1. Dezember 1990 PDF

19 Pages·1991·0.546 MB·German
Save to my drive
Quick download
Download
Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.

Preview Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft: Vorgetragen in der Sitzung vom 1. Dezember 1990

Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften Mathematisch -naturwissenschaftliche Klasse Jahrgang 1991, 3. Abhandlung Gotthard Schettler Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft Mit 8 Abbildungen Vorgetragen in der Sitzung vom 1. Dezember 1990 Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo Hong Kong Barcelona Budapest em. o. Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Gotthard Schettler Leiter der Geomedizinischen Forschungsstelle Heidelberger Akademie der Wissenschaften KarlstraBe 4 W-6900 Heidelberg 1 ISBN-13: 978-3-540-54068-7 e-ISBN-13: 978-3-642-46741-7 DOl: 10.1007/978-3-642-46741-7 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschiitzt. Die dadurch begriindeten Rechte, insbesondere die der Ubersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabelien, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfilltigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine VervielftUtigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfali nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland Yom 9. September 1965 in der jeweils giiltigen Fassung zulassig. Sie ist 'grundsatzlich vergiitungs- pflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1991 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, daB solehe Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetz gebung als frei zu betrachten waren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Satz: K + V Fotosatz GmbH, Beerfelden 25/3140-543210 - Gedruckt auf saurefreiem Papier Die Geomedizinische Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissen schaften befal3t sich vornehmlich mit Fragen der Gesundheitsforschung. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, Gesundheitsschaden in der Bevolkerung zu differenzie ren. Diese konnen einmal genetisch bestimmt sein, andererseits auf Umweltfakto ren beruhen. Die Mehrzahl der GesundheitsstOrungen und der zum Tode ftihren den Krankheiten gehoren in die Bereiche der Herz-Kreislauf-und der Krebskrank heiten. Beide sind eng mit StoffwechselstOrungen verkntipft. In zwei wissen schaftlichen Symposien wurden die Risiken. fUr degenerative Herz- und Gefal3- krankheiten auf dem Boden genetischer StOrungen und von VerhaltensstOrungen abgehandelt. Herz-Kreislauf-Krankheiten, insbesondere koronare Durchblutungs stOrungen, Bluthochdruck und DurchblutungsstOrungen der Hirngefal3e konnen angeboren sein. In weit tiberwiegender Zahl beruhen sie jedoch auf VerhaltensstO rungen des einzelnen wie ganzer Gruppen oder Volker. Es hat sich herausgestellt, dal3 die Industrienationen besonders anfallig sind. Zu den krankmachenden Risi kofaktoren gehoren der Bluthochdruck, massives Ubergewicht, Bewegungsarmut, LipidstoffwechselstOrungen, Gicht und Diabetes. Risikofaktoren erster Ordnung sind ferner Zigarettenrauchen und Alkoholabu sus. Mit der Summe der Risikofaktoreti" rii~!llt das Risiko des Individuums tiber proportional zu. Die Masse der HerzinfarIaeund der Hirnschlage sind, soweit nicht genetisch bedingt, auf derartigJ1ii~ikobqndel zurtickzufUhren. Die Weltge sundheitsorganisation befal3t sich seit Jllhren mit der Dokumentation von Risiko konstellationen in Europa. Die Geomedizinische Forschungsstelle der Heidelber ger Akademie der Wissenschaften ist Referenzzentrum fUr die Projekte MONICA (Multinational Monitoring of Trends and Determinants in Cardiovascular Dis eases), ERICA (European Risk an.d Incidence, a Coordinated Analysis) sowie CINDI (Countrywide Integrated Noncommunicable Diseases Intervention Pro gram). Auch bei uns laufen seit Jahren Untersuchungen, bei denen in umschriebenen Gebieten Risikokonstellationen aufgesptirt werden, urn zu versuchen auf dem Bo den kommunaler DaseinsfUrsorge Risiken abzubauen. In Nordbaden, genauer im Raum Heidelberg, Eberbach, Wiesloch, Bruchsal und Karlsruhe wurden durch Antiraucherprogramme, durch die Erfassung und Behandlung von chronis chern Bluthochdruck und schweren StoffwechselstOrungen, durch die Beeinflussung von massivem Ubergewicht, tibermal3igem Alkoholgenul3, oder von Storungen des taglichen Lebensablaufs in Beruf und Freizeit und in Strel3situationen usw. Hilfen angeboten. Die Erfolge dieser Programme waren unterschiedlich, vor al lem was die Pravention betrifft. - 197 - 6 o. Schettler Es muB weiter versucht werden, die in den USA, in Kanada, Australien und in skandinavischen Uindern erzielten praventiven Erfolge auch bei uns zu erreichen. Durch Feldstudien in Wuhan (VR China) und in Tokyo-¥okohama (Japan) ist festgestellt worden, daB die fUr Europa geltenden Risikokonstellationen im fernen Osten abgewandelt sind. In der untersuchten Gruppe von Industriearbeitern in Wuhan sind Herzinfarkte ungewohnlich selten. Offenbar sind die Werte fUr Plas macholesterin und andere atherogene Fet1eiweiBsymplexe sowie gerinnungsfOr dernde Substanzen yom Typ des Fibrinogen so niedrig, daB es nicht zur Ausbil dung von schweren atherosklerotischen Veranderungen und gefaBverschlieBenden Blutpfropfen kommt, welche in den meisten Fallen den todlichen Herzinfarkt be wirken. Es ist bemerkenswert, daB selbst beim Vorhandensein anderer Risikofak toren wie Hypertonie und starkem Zigaret1enrauchen die Anfalligkeit fUr korona re Durchblutungsstorungen in China gering ist. Das untersuchte Kollektiv in Ja pan weist demgegenuber ein leicht gesteigertes Risiko auf, ist aber im Gegensatz zu den Vergleichsgruppen in Westeuropa und speziell in unserem Raume wesent lich weniger gefahrdet. Die von uns durchgefUhrten Untersuchungen in Wuhan und Yokohama wurden internationalen Gremien vorgestellt und in den Akade mieberichten publiziert. Der Datenvergleich mit epidemiologischen Ergebnissen aus europaischen Landern machte die deutlichen Unterschiede in der Krankheits gefahrdung sichtbar. Aber auch innerhalb Europas sind die Unterschiede groB. So weisen die Lander, die zum ehemaligen Ostblock gehorten, eine extreme Gefahr dung durch Herz-Kreislaufkrankheiten, insbesondere durch Herzinfarkt und Hirnschlage auf. Dies gilt fUr Ungarn, Polen, Rumanien, bestimmte Regionen im Norden der UdSSR, fUr Bulgarien und Jugoslawien. Auch die ehemalige DDR ge hort zu den Regionen mit extrem hohem Risiko. Gegenuber der ehemaligen Bun desrepublik besteht also eine sehr deutliche Summierung der Risikofaktoren, die entsprechende Auswirkungen auf Herz- und GefaBkrankheiten sowie Krebs krankheiten haben. In Ungarn und in der DDR waren im weltweiten Vergleich ubrigens die hochsten Selbstmordraten zu verzeichnen. Die bemerkenswert genaue Datenerhebung in der ehemaligen DDR hat aIle die se Faktoren erfaBt, allerdings wurden nur die politisch opportunen zur Publika tion und Auswertung freigegeben, so daB auch die zustandigen Gremien der WHO immer nur manipulierte Statistiken ubermittelt bekamen. Trotzdem sind die Zahlen fur den Alkoholkonsum in den Ostblocklandern beeindruckend hoch. Dagegen zeigt sich in den sog. weintrinkenden Regionen (Frankreich, Italien, Spanien) ein deutlicher Ruckgang des Alkoholverbrauchs. Uberhaupt sind beein druckende Bewegungen im Krankheitsprofil in Europa festzustellen. Es ergibt sich, wie aus den folgenden Abbildungen abzulesen ist, ein deutlicher Ruckgang der Herz-Kreislauf-Todesfalle, aber auch bestimmter Krebsarten in West-, Sud und Nordeuropa. Bemerkenswerte und uberzeugende Beispiele sind Finnland, Schweden, Eng land, Belgien, Frankreich und Italien. Die Anrainerstaaten des Mittelmeerbeckens sind ohnehin wesentlich weniger anfallig als die der nordeuropaischen Regionen. - 198 - Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft 7 _ 1970 -----------------__- Tga-a------------------------------------------------------------------ Abb. 1. Ischamische Herzkrankheiten _1970 -------------------}-~~-~---------------------------------------------------------------------------- NOR ISA BEL IRE UK AUS ITA GRE SPA FIN POL POR eZE YUG ROM HUN Abb. 2. Zerebrovaskulare Erkrankungen - 199 - 8 O. Schettler Es besteht hier also ein ausgesprochenes Nord-Sud-Gefalle. Daruber hinaus sind die Unterschiede zwischen West- und Osteuropa im Sinne der Risikozunahme in teressant. Dies gilt auch fUr eine weitere groBe Gruppe der Krankheiten, namlich der Leberzirrhose und der Krebskrankheiten des Magen-Darm-Traktes. Die Un terschiede zwischen der ehemaligen Bundesrepublik und der DDR werden aus den folgenden Abbildungen ebenfalls ersichtlich (s. FRG und GDR). Man erkennt daraus, daB bei der zweifellos bestehenden genetischen Oberein stimmung Umweltfaktoren fur den Gesundheitszustand bzw. die Krankheitsanfal ligkeit auf dem Gebiete von Herz-Kreislauf- sowie der malignen Erkrankungen verantwortlich sind. Hand in Hand gehen damit massive StOrungen der Ernah rung, VerhaltensstOrungen wie Zigarettenrauchen und Alkoholabusus. Die Abbil dungen uber die Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems bzw. der koronaren DurchblutungsstOrungen zeigen die entsprechenden Entwicklungen zwischen den Jahren 1970 und 1988. Beachtlich sind auch die Unterschiede im Befall mit GehirndurchblutungsstO rungen und Hirnschlagen sowie der bosartigen Neoplasmen. AufschluBreich sind die Zahlen fur die chronischen Leberkrankheiten und fur die Leberzirrhose, die einen massiven Anstieg in den Ostblocklandern ergeben, wahrend die Lander West-, Sud- und Nordeuropas eine deutliche Verbesserung der Situation erkennen lassen. Dies gilt auch fUr Israel. Wiederum wird auf die Unterschiede zwischen der ehemaligen Bundesreimblik und der DDR hingewie sen. Fur diese gilt, daB die Lebenserwartung der Allgemeinbevolkerung urn 6 - 8 Jahre niedriger ist als in der ehemaligen Bundesrepublik. Erstaunlicherweise sind die nordlichen Regionen in Brandenburg und Mecklenburg wesentlich starker be troffen als die sudlichen Regionen, obwohl dort die umweltverschmutzende Indu strie angesiedelt ist. Natiirlich darf man nicht verkennen, daB es regional schwere Umweltschaden gibt, welche auch ein hoheres Krebsrisiko bedeuten. Aber immer hin ist festzuhalten, daB die glob ale Entwicklung diese Situation nicht widerspie gelt. Zu erwahnen sind nun Erhebungen zu den unterschiedlichen Ernahrungsge wohnheiten in Europa. Der Verzehr von fetthaltigen Nahrungsmitteln und insbe sondere von Fetten tierischer Herkunft mit einer Bevorzugung der gesattigten Fettsauren, bedeutet eine betrachtliche Zunahme der geschilderten Krankheiten. Dies gilt nicht nur fUr Herz- und GefaBkrankheiten, sondern in erstaunlichem MaBe auch fUr bestimmte Krebsformen wie jene des Magen-Darm-Traktes, der Leber-, der Gallenwege, der Bauchspeicheldruse und vermutlich sogar fUr den Brustkrebs. Betrachtlich sind auch Unterschiede des Alkoholkonsums in den ver schiedenen Regionen. Naturlich haben alle solche epidemiologischen Erhebungen ihre Fehlermoglich keiten. Die individuelle Ernahrung kann man nicht mit globalen Wirtschaftsstati stiken erfassen, denn die EBgewohnheiten der Individuen sind recht verschieden. Man muB ferner darauf hinweisen, daB schwere Notsituationen, beispielsweise in Rumanien und Polen, eine sorgfaltige Differenzierung der Ernahrungsgewohnhei- - 200 - Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft 9 ______________________________________ • ___________________________________________________________________ ._--------______ 0- [deaths/100.000] _1970 _ 1988 150 ................................................................................... . SPA NET POR SWE GAE FAG BEL DEN AUS ISR NOR UK GOA IRE FIN YUG CZE ROM BUL POL HUN Abb.3. Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems [deaths/100.000] _1970 _ 1988 50 ISR FIN GAE POA SPA NOR SWI AUS ROM NET BUl FAG YUO IRE GOA ITA BEL UK FRA DEN POL CZE HUN Abb.4. Alle bosartigen Krebserkrankungen - 201 - 10 G. Schettler 40. ---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------- [deaths/100_000] _1970 _ 1988 Abb.5. Chronische Lebererkrankungen und Zirrhose 16 15 [%] 14 1961 13 1970 1986 12 11 1 0 ____________________________________________________ __ 9 8 7 6 5 4 3 GRE ISR ALB SPA POR TUR MAl BUL ITA ROM teE USS NOR SWI YVG FIN IRE FRA UK CZE POL swe DEN FAG AUS NET GOA HUN BEL Abb. 6. Anteil (in 070) von tierischem Fett an der Gesamtenergiezufuhr - 202 - Gesundheitsrisiken in der Industriegesellschaft 11 11 [%) 10 ...................................... . .................... __ ._-.... _-_ .... _-.............. --.... ----.--- --_ ................. . 1961 9 1970 1986 8 7 6 5 ............................................................ . 4 3 2 ol-'f1I AlB TVR 'SA ICE MAl. NOR GRE POt USS SWE YVG IRE F.,. NET ROM UK ITA POR SWI BEL 8UL SPA DEN HUN FAA AUS CZE FAG GOA Abb.7. Alkoholanteil (in 0/0) an der Gesamtenergiezufuhr 130 120 110 1961 1970 100 ................ . 19.8.6 ................................................................. . 90 80 70 60 50 .......... . 40 30 20 10 o TUR ALB POR MAl NOR .SA FIN SWE YUG POL USS UK GRE BUL ROM SPA ITA ICE IRE NET SWI BEL FRA CZE DEN AUS FRG HUN GOA Abb.8. Fisch, Gefliigel und Eier (kg/pro Kopf/Jahr) - 203 -

See more

The list of books you might like

Most books are stored in the elastic cloud where traffic is expensive. For this reason, we have a limit on daily download.