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Geschmack im Musikunterricht: Das strukturelle Selbstverständnis der Musikpädagogik zwischen Wertevermittlung und Wissenschaftlichkeit PDF

227 Pages·2018·1.935 MB·German
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Rekonstruktive Bildungsforschung Raphael Legrand Geschmack im Musikunterricht Das strukturelle Selbstverständnis der Musikpädagogik zwischen Wertevermittlung und Wissenschaftlichkeit Rekonstruktive Bildungsforschung Band 14 Reihe herausgegeben von Martin Heinrich, Bielefeld, Deutschland Andreas Wernet, Hannover, Deutschland Die Reihe ‚Rekonstruktive Bildungsforschung‘ reagiert auf die zunehmende Etab­ lierung und Differenzierung qualitativ­rekonstruktiver Verfahren im Bereich der Bildungsforschung. Mittlerweile hat sich eine erziehungswissenschaftliche For­ schungstradition gebildet, die sich nicht mehr nur auf die Rezeption sozialwissen­ schaftlicher Methoden beschränkt, sondern die vielmehr eigenständig zu methodi­ schen und methodologischen Weiterentwicklungen beiträgt. Vor dem Hintergrund unterschiedlicher methodischer Bezüge (Objektive Hermeneutik, Grounded Theo­ ry, Dokumentarische Methode, Ethnographie usw.) sind in den letzten Jahren wei­ terführende Forschungsbeiträge entstanden, die sowohl der Theorie­ als auch der Methodenentwicklung bemerkenswerte Impulse verliehen haben. Die Buchreihe will diese Forschungsentwicklung befördern und ihr ein ange­ messenes Forum zur Verfügung stellen. Sie dient vor allem der Publikation qual­ itativ­rekonstruktiver Forschungsarbeiten und von Beiträgen zur methodischen und methodologischen Weiterentwicklung der rekonstruktiven Bildungsforschung. In ihr können sowohl Monographien erscheinen als auch thematisch fokussierte Sam­ melbände. Reihe herausgegeben von Martin Heinrich Andreas Wernet Wiss. Einrichtung Oberstufen­Kolleg Institut für Erziehungswissenschaft Universität Bielefeld Leibniz Universität Hannover Bielefeld, Deutschland Hannover, Deutschland Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/11939 Raphael Legrand Geschmack im Musikunterricht Das strukturelle Selbstverständnis der Musikpädagogik zwischen Wertevermittlung und Wissenschaftlichkeit Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Hans Bäßler Raphael Legrand Hannover, Deutschland Zugl.: Hannover, Hochsch. für Musik, Theater und Medien, Diss., 2016 Rekonstruktive Bildungsforschung ISBN 978­3­658­20202­6 ISBN 978­3­658­20203­3 (eBook) https://doi.org/10.1007/978­3­658­20203­3 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­ bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d­nb.de abrufbar. Springer VS © Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 2018 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informa­ tionen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Springer VS ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Die Anschrift der Gesellschaft ist: Abraham­Lincoln­Str. 46, 65189 Wiesbaden, Germany Danksagung Fu¨r das fortw¨ahrende Vertrauen, die langj¨ahrige bereichernde Zusammen- arbeit und die Offenheit gegenu¨ber dem f¨acheru¨bergreifenden Promotions- vorhabenbedankeichmichbeimeinemDoktorvaterProf.Dr.HansB¨aßler; sein philosophisch-anthropologischer Forschungsansatz war ein Grundbau- stein des wissenschaftlichen Duktus der vorliegenden Dissertation. Prof. Dr. Andreas Wernet bin ich zu Dank verpflichtet fu¨r die Beratung im Hinblick auf die Forschungsmethode und das Theoriekonstrukt; seine Ratschl¨ageaufsoziologischerunderziehungswissenschaftlicherEbenewaren ¨außerst gewinnbringend. Ebenso danke ich Prof. Dr. Gaja von Sychowski fu¨r ihre Begleitung der Forschungsarbeit, die sie mit ihrer fachlichen Ausrichtung einer musikbezo- genen Erziehungswissenschaft – quasi als Bindeglied – unterstu¨tzt hat. Mein Dank gilt auch Prof. Dr. Franz Riemer, dessen Forschungsperspekti- ve der vergleichenden und historischen Musikp¨adagogik die systematischen Aspekte der Arbeit mit gepr¨agt haben. Fu¨r das minuzi¨ose und fundierte Lektorat danke ich Gunda Landwehr. Fu¨r die zahlreichen Ratschl¨age, die emotionale Begleitung und die berei- chernden Hinweise danke ich außerdem: JanBiring,IngaClemens,Dr.JorisDoelle,derFallwerkstattderUniversit¨at Hannover, Lara Grove, Imke Kollmer, Prof. Dr. Reinhard Kopiez, Philipp undKarlaLegrand,Prof.Dr.AndreasLehmann-Wermser,Dr.LorenzLuy- ken, Sebastian Meller, Jun.-Prof. Dr. Friedrich Platz, Dr. Rita Spiller, Dr. Anna Wolf, Maria Zech, Dr. Ramona Zeimet und Prof. Dr. Thomas Ziehe. Raphael Legrand Geleitwort In allt¨aglichen Situationen des Musikunterrichts bildet die individuelle Ori- entierunganbestimmteMusikeneinezentraleRolle,ohnedassdiesetats¨ach- lich zur Sprache gebracht werden muss. Die Diastase zwischen dem jeweili- gen–geradeauchuntereinanderdivergierenden–Schu¨lergeschmackaufder einenundderjeweiligenmusikalischenPr¨aferenzderLehrer*inaufderande- renSeiteschwingtunterschwelliginsogutwiejedemUnterrichtmitundver- mag Konfliktpotenzial zu haben. Diese unterschiedlichen Pr¨aferenzen aber basieren auf einem weitaus gr¨oßeren Unterschied — dem der Identit¨ats- orientierung und damit auch der Verschiedenheit von Biographien. Hinzu kommt noch ein zweites Problem: das der Lehrpl¨ane und Richtlinien, auf deren Basis Unterricht geplant werden muss. In ihnen sind bereits Vorga- ben und damit Geschmackspr¨aferenzen vorgenommen, die ggf. von denen der Lehrer*innen und Schu¨ler*innen abweichen. Doch selten werden solche grunds¨atzlichen Fragen analysiert, sondern eher als gegeben und unl¨osbar hingenommen. Der Autor nimmt sich diesem Desiderat an und befasst sich in seiner Ar- beit mit dem musikalischen Geschmack“ als einer Komponente des unter- ” richtlichen Geschehens. Er stellt ein Untersuchungsmodell vor, das einen anderen Weg einschl¨agt als herk¨ommliche Untersuchungsstrategien zu Ge- schmackspr¨aferenzenundderenAuswirkungenaufdaskommunikativeVer- halten (egal in welchem Zusammenhang auch immer). Von daher ergeben sich u¨berraschende Einsichten in fu¨r die Musikp¨adagogik neue M¨oglichkei- ten der Analyse von Unterrichtsdetails durch die Objektive Hermeneutik; gleichzeitig aber k¨onnen grunds¨atzliche U¨berlegungen zur Zielgerichtetheit von A¨ußerungen in kontextbezogenen und kontextunabh¨angigen Situatio- nen angestellt werden. Raphael Legrands zentrale Forschungsfrage ergibt sich aus dieser Spannung: Wird Musikunterricht von praktizierenden Leh- ” rern als U¨bermittlung von Werten verstanden oder wird eine wissenschaft- lichdistanzierte,neutralePerspektiveaufMusikkulturvermittelt?Undwie zeigt sich die jeweilige U¨berzeugung in der Praxis?“ Damit untersucht der Autor nicht weniger als die Basis musikp¨adagogischen Handelns: die Hal- tung zum unterrichtlichen Gegenstand und zu den Schu¨lern. VIII Geleitwort Diehierangestellten U¨berlegungenbauenaufdreiFallstudienauf,dienach dem von Oevermann entwickelten und von Wernet fortgefu¨hrten Verfahren analysiert, und zudem (a) ineinenZusammenhangmitderhistorischenwieaugenblicklichenDe- batte der Musikp¨adagogik gestellt werden, und sich (b) sowohl auf Webers Paradigma der Wissenschaften beziehen, Haber- masdreiRealit¨atsebenenreflektierenundBourdieus Geschmackund ” Distinktion“ fu¨r die weiteren Abhandlung als konstitutiv verstehen. Die notwendige Grundlegung dieser genuin forschenden Arbeit geschieht in drei Schritten: einem musikp¨adagogischen, in dem ein Aufriss der Ge- schichtedesFachesgegebenwird,eineminweitestemsoziologischen(wobei die Musikpsychologie hier zugleich soziologisch verstanden wird) und einer ausfu¨hrlichen Darstellung des Verfahrens der Objektiven Hermeneutik. Fu¨r das gew¨ahlte Verfahren der Objektiven Hermeneutik spricht, dass sich Aspekte struktureller Natur hinter dem subjektiv-situativen Kontext ana- lysieren lassen und nicht durch Vordergru¨ndiges u¨berdeckt werden. So wird das u. U. problematische Verh¨altnis zwischen Interpretationsannahme und Fallstrukturhypothese durch die Sequenzanalyse relativiert. Die drei analysierten Fallbeispiele ( Werte zuschreiben“, Zwischen Wer- ” ” tevermittlung und Wissenschaftlichkeit“ sowie Dekonstruktion von Wer- ” ten“) stellen Bezu¨ge zu parallelen Erfahrungsmomenten (gerade auch au- ßerhalb der Schule) her, um zugleich die sozialen Strukturen zwischen Leh- rer*innen und Schu¨ler*innen und Schu¨ler*innen untereinander differenziert zu decodieren. Dieses Verfahren erh¨alt seinen Sinn im Aufdecken unbewus- ster Bezu¨ge und Beziehungen und begru¨ndet damit eine besondere Sen- sibilit¨atsstufe fu¨r den (Musik-)Unterricht, die im Normalfall nur intuitiv approximiert werden mag. Und gleichzeitig ist dieser erste Aufschlag der Methode der Objektiven Hermeneutik fu¨r die Musikvermittlung von be- sonderem Wert fu¨r einen neu zu denkenden Bezug zwischen Allgemeiner P¨adagogik und Musikp¨adagogik. Hans B¨aßler Inhaltsverzeichnis Abbildungsverzeichnis XI Erl¨auterungen formaler Aspekte XIII Zusammenfassung XV Abstract XVII 1 Ein aktuelles Verst¨andnis von Musikunterricht 1 2 Eine soziologische Perspektive auf Musikunterricht 15 2.1 Webers Wissenschaftslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 2.1.1 Dichotomie: Wissenschaft und Wertstandpunkt . . . . 16 2.1.2 Annex: Webers Kultivationsbegriff . . . . . . . . . . . 22 2.1.3 Habermas: Drei Realit¨atsebenen . . . . . . . . . . . . 25 2.2 Bourdieu: Geschmack und Distinktion . . . . . . . . . . . . . 32 2.3 Geschmack aus Sicht der psychologischen Musikp¨adagogik . . 47 2.4 Zwischenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 3 Methodische U¨berlegungen: Das Untersuchungsdesign 65 3.1 Methodologie der Objektiven Hermeneutik . . . . . . . . . . . 67 3.2 Prinzipien der Objektiven Hermeneutik . . . . . . . . . . . . 77 3.3 Kritische Aspekte der Objektiven Hermeneutik . . . . . . . . 81 3.4 Auswahl des empirischen Datenmaterials . . . . . . . . . . . . 84 3.4.1 Modus des Neu-Schaffens von Musik . . . . . . . . . . 88 3.4.2 Modus des Nach-Schaffens von Musik . . . . . . . . . 95 4 Musikgeschmack im Musikunterricht: Fallrekonstruktionen 105 4.1 Erster Fall: Werte zuschreiben. . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 4.1.1 Die Aufgabenstellung der Unterrichtssequenz . . . . . 106 4.1.2 Sequenzanalyse: Konfrontation auf Werte-Ebene . . . 110 4.1.3 Zwischenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 X Inhaltsverzeichnis 4.2 Zweiter Fall: Zwischen Wertevermittlung und Wissenschaft- lichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 4.2.1 Die Aufgabenstellung der Unterrichtssequenz . . . . . 131 4.2.2 Sequenzanaylse: Gemeinsames Entdecken Neuer Musik142 4.2.3 Zwischenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 4.3 Dritter Fall: Dekonstruktion von Werten . . . . . . . . . . . . 155 4.3.1 Die Aufgabenstellung der Unterrichtssequenz . . . . . 156 4.3.2 Sequenzanalyse: Offenlegung distinktiver Strukturen . 162 4.3.3 Zwischenbetrachtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 5 Conclusio 181 5.1 Strukturgeneralisierung:MusikunterrichtzwischenWertever- mittlung und Wissenschaftlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . 182 5.2 Erg¨anzung zur Theorie der musikbedingten Distinktion . . . 187 5.3 Ein Musikunterricht ohne Musikgeschmack? . . . . . . . . . . 189 5.4 Forschungsperspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 Literaturverzeichnis 195

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