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Geschichtsbilder in den postdiktatorischen Ländern Europas PDF

186 Pages·2009·2.708 MB·German
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Gerhard Besier, Katarzyna Stoklosa (Hg.) Geschichtsbilder in den postdiktatorischen Ländern Europas Mittel- und Ostmitteleuropastudien herausgegeben von Gerhard Besier und Katarzyna Stoklosa (Technische Universität Dresden) Band 9 LIT Gerhard Besier, Katarzyna Stoklosa (Hg.) Geschichtsbilder in den postdiktatorischen Ländern Europas Auf der Suche nach historisch-politischen Identitäten LIT Umschlagbild: MuzeulTaranuluiRoman, Bucharest(MuseumderRu mänischenBauern), SaalderKollektivierungderLand wirtschaft ©JoseM. Faraldo Bibliografische InformationderDeutschenNationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind imInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. ISBN978-3-643-10230-0 ©LlT VERLAG Dr.W. Hopf Berlin 2009 Verlagskontakt: Fresnostr.2 D-48159Münster Tel.+49 (0)251-6203222 Fax+49 (0)251-9226099 e-Mail: [email protected] http://www.lit-verlag.de Auslieferung: Deutschland: LlTVerlagFresnostr.2,D-48159Münster Tel. +49(0)251-6203222,Fax+49(0)251-9226099,e-Mail: [email protected] Österreich: MedienlogistikPichler-ÖBZGmbH&CoKG IZ-NÖ,Süd,Straße 1,Objekt34,A-2355WienerNeudorf Tel. +43(0)2236-63535290,Fax+43(0)2236-63535243,e-Mail:[email protected] Schweiz: B+MBuch-undMedienvertriebsAG Höchste357,CH-8200Schaffhausen Tel. +41(0)52-6435485,Fax+41(0)52-6435435,e-Mail: [email protected] Inhaltsverzeichnis Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 LarsKarl „ImperialeVisionen“:NationenundGeschichtspolitik imZarenreichundinderSowjetunion.............. 23 OlgaNovikova TheConstructionofAlternativeMemoriesand IntellectualChangewithintheProcessofSovietand Post-SovietTransition............................. 47 ElenaV .Müller „WoheristdasrussischeLandgekommen“undwohin sollesgehen?DieinoffizielleGeschichtsschreibung imheutigenRussland............................. 75 KatarzynaStokłosa GeschichtspolitikimProzessderTransformationin Polen........................................... 93 GerhardBesier MemoryinEurope,theConsequencesofAuthoritarian andTotalitarianRegimes,andthePolish-German Relationship..................................... 105 FernandoMolina TheBasqueCountryinModernSpanishPolitics...... 123 PaulRobertMagocsi CarpathianRus’:InterethnicCo-existencewithout Violence ........................................ 137 CristinaPetrescu/DragoşPetrescu Retribution,Remembering,Representation:On Romania’sIncompleteBreakwiththeCommunist Past ............................................ 155 Autorenverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 EINLEITUNG Die Beschäftigung mit Geschichte und die Geschichtsschreibung dienen nicht ausschließlich wissenschaftlichen Zwecken, es geht nicht nur um die Erforschung, Analyse und Weitergabe historischer Begebenheiten. Allein durch die notwendige Interpretation historischer Konstellationen gerät die Geschichtsschreibungunversehensinden SoggeschichtspolitischerInteres sen. Vergangenheit kann so als „geschichtliches Bewusstsein" Gegenwart beeinflussen. Schon durchdieAuswahlund Strukturierungdeshistorischen Stoffs trifft man Vorentscheidungen darüber, welche Geschichte von wem aus welcher Perspektive erzählt wird. Sensibilisiert durch entsprechende Vorgänge in derVergangenheit, gehörtdie ideologiekritische Frage,wo wis senschaftliche Geschichtsschreibung endet und manipulative Geschichts klitterung beginnt, zu den wichtigen Instrumentarien der Geschichtswis senschaft. In Ländern, die eine diktatorische Vergangenheit hinter sich haben, besteht häufiger die Versuchung, Geschichte zu instrumentalisieren als in Ländern, die auflange und festgefügte Freiheitstraditionen zurückbli cken können. Allzu oft färbt man in jungen Demokratien die Nationalge schichte außerordentlich patriotisch ein, um die Taten zu übertünchen, auf die das betreffende Land nicht stolz sein kann. In den vorliegenden Beiträ gen gehen die Autorinnen und Autoren auf Geschichtsbilder ein, die in Russland, der Ukraine, im Baltikum, in Spanien, Deutschland, Polen, Un garnund RumänienvergangeneundgegenwärtigekollektiveWahrnehmun genbeeinflussen. In diesenpostdiktatorischenLändernlassen sichhinsicht lich der Geschichtsschreibung zahlreiche Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede feststellen. Lars Karl interpretiert in seinem Beitrag „Imperiale Visionen": Nationen und Geschichtspolitik im Zarenreich und in der Sowjetunion die Funktion und Wirkung offizieller Geschichtspolitik und Geschichtskultur im späten Zarenreich und in der stalinistischen Sowjetunion. Eingangs stellt der His toriker fest, dass das Zarenreich und die Sowjetunion als Imperien zwar in einer Kontinuität stünden, deren Staatlichkeitjedoch aufganz unterschied lichen Grundsätzen aufgebaut worden sei. Das russische Kaiserreich habe aufeinem„vornationalendynastischenReichspatriotismus"beruht, derspä testens seitMitte des 19. Jahrhunderts durch konkurrierende nationale An sprüche in Frage gestellt worden sei. Die Sowjetunion hingegen habe den Nationalismus durch territorialisierte Nationsbildung unschädlich machen und im Sozialismus aufhebenwollen. Dabei sei sie zu einem „Laboratorium der KonstruktionvonNationen" geworden. 8 GerhardBesier/Katarzyna Stoklosa Karl zeigt an konkreten Beispielen die politische Inszenierungbedeuten derPersönlichkeiten aus derGeschichte desrussländischenImperiums. Der Kult um den russischen Nationaldichter Aleksandr Sergeevic Puskin (1799-1837) verdeutliche, inwelchemMaße die LiteraturTrägerin dernati onalen Identität Russlands war. Puskin sei sowohl vom offiziellen Russland als auchvon seinen erbitterten Gegnernbewundertworden. In einem zwei ten Beispiel zeigt Karl den sowjetischen Heldenkultum den „großen ukrai nischen Volksdichter" Taras Grigorevic Sevcenko (1814-1861), der zum Überleben derukrainischen Literaturund Schriftkulturbeitrug. Aus Anlass des 50. Todestages Sevcenkos inszenierten zarische Behörden in St. Petersburg, Moskau, Kievund anderen Gouvernementshauptstädten of fizielle Feierlichkeiten, um die Bedeutung des Dichters im ganzen Reich, nicht nur in der Ukraine, zu unterstreichen. In der Sowjetunion habe sich erst unter Stalin ein sowjetischer Heldenkult um den „großen ukrainischen Volksdichter" konstituiert. Jetzt sollten seine Werke wieder in Russisch er scheinen. Karl verdeutlicht, wie das sowjetische Imperium die Helden der von ihm regierten Völker okkupierte. Eine weitere Gestalt, die Karl als Bei spielheranzieht, istImam Samil (1797-1871), derlegendäre Führerderisla mischen Bergvölker und Sultan des nordkaukasischen Emirats im 19. Jahr hundert. In der ersten Hälfte der 30er-Jahre des 20. Jahrhunderts sei Samil als „revolutionärerHeld" dargestelltworden. Diesepositive Kodierunghabe jedoch nicht lange angehalten; 1947 sei ein weiterer Kurswechsel erfolgt. Samilseinun zu einer „reaktionären" und eindeutignegativbesetztenhisto rischen Figuruminterpretiertworden; dievon ihm initiierte Bewegunggalt nun alsvolksfeindlich. Am Beispiel des Kultes um den gebürtigen Perser und islamischen Re naissancegelehrtenAliserNavoi(1441-1501) zeigtKarleinreinsowjetisches Phänomen. Die Sowjetmacht habe schon früh versucht, diese historische Persönlichkeit aus der Blütezeit islamischer Hochkultur für sich zu verein nahmen. Schließlich stellt Karl den historisierenden Kult um den legendär enmongolischenHeerführerCingiz-Chan(1155-1227)vorundgehtaufdie Instrumentalisierung und kultische Inszenierung des traditionellen „Sän gers" DzambulDzabaev(1846-1945) ein. BeideGestalten interpretierterals sowjetische Neuschöpfung, deren Funktion es gewesen sei, als integratives ElementsowjetischerHerrschaftin Zentralasien zuwirken. In seinen abschließenden Betrachtungen fasst Lars Karl zusammen, wel che Rolle diepolitische InszenierungvonbedeutendenEreignissenund Per sonen aus derGeschichte des russländischen Imperiumsim Zarenreichund in der Sowjetunion spielte. Im Zarenreich habe sich die Staatsmacht von diesen Inszenierungen eine unmittelbare positive Wirkung auf Gegenwart und Zukunft des Imperiumsversprochen. In der Sowjetunion hätten histo rische Feierlichkeiten dieserArtdersowjetischen Führungeinenpropagan Einleitung 9 distischen Anlass gegeben, die Überlegenheit des Sozialismus zu unterstrei chen. Außerdem seien diese Kulte ein wichtiges Instrument gewesen, um Herrschaft zu legitimieren und Herrschaftsansprüche zu artikulieren. Ge schichte habe als säkularer Religionsersatz, als Mobilisierungsressource zur Stärkungdes Sowjetsystemsgedient. OlgaNovikovabehandeltin ihrem Beitrag The Construction ofAlternative Memories andIntellectual Change within theProcess ofSovietandPost-Soviet Transition das kollektive Gedächtnis in der sowjetischen und postsowjeti schen Zeit. Sie konzentriert sich vor allem auf die „traumatische Erinne rung", die destruktiv seiund die lange Zeit nicht nurAuswirkungen aufdie Betroffenen selbst, sondern auch aufderen Angehörige - Opferwie Täter - gehabt habe. Die Autorin analysiert verschiedene Modelle zur Bewältigung dertraumatischen Erinnerung, „dergiftigenHinterlassenschaftdes Stalinis mus". Den Schwerpunkt ihrer Analyse bildet Russland; an einigen Stellen ziehtNovikova aber auch Vergleiche mit Estland, Lettland, Litauen und der Ukraine. Sie unterteiltden Prozess derEntstalinisierunginvierPerioden: in die Ära des Tauwetters, die Stagnation, Perestrojka und die Zeit nach 1990, die sogenannte„ParadederUnabhängigkeit".NachStalinsTodseiendiesta linistischen Verbrechen und die unter Stalin immer wieder vorgenomme nen Geschichts-Manipulationenverurteiltworden. Man habe dieArbeitsla ger geschlossen und mit der Rehabilitierung der Opfer des Stalinismus begonnen. Eine Parteiliche Kommission zur Untersuchung der stalinisti schen Verbrechen sei gegründet worden. Novikova macht aber auch die Grenzen des „Tauwetters" deutlich: Die meisten der berühmten Opfer der MoskauerProzessevon 1936/1937 (z. B. Bukharin, Zinoviev, Kamenev), sei en niemals rehabilitiertworden; es habe nachwie vorviele Tabuthemen ge geben. Trotz dieser Einschränkungen habe man in dieser Periode Einiges verändert: Die neue Generation der sowjetischen Elite habe sich gegenüber dem Westen geöffnet. Gleichzeitig habe die sowjetische Distanzierungvom Stalinismus das Land fürdiewestlichen Intellektuellen attraktivergemacht. InderÄra derStagnationhabediepolitische ElitedenEntstalinisierungs- prozessauslaufenlassen- imUnterschiedzu denIntellektuellen, die sichfür eine Fortsetzung dieses Prozesses eingesetzt hätten. Nicht nur liberale His torikerund Philosophen fuhren fort, die dunklen Seiten des Lebens in stali nistischen Zeiten zu schildern. Auch die Literaturszene habe in Russland eine Artpolitisches Forumgeboten. Die Repräsentanten derStagnationleb ten in einer gewissen Nostalgie gegenüber dem Westen. Der Westen - das bedeutetefürsie einidealistischesStreben nacheinerbesserenWirklichkeit. In dieser Zeit sei auch die Debatte über die Stellung Russlands in der Welt und die Rolle der russischen Außenpolitik wiederaufgenommen worden. Auf der einen Seite habe es die sogenannten Westler gegeben. Sie hätten Russland als Erweiterung der westlichen Zivilisation verstanden. In ihren

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