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Geschichten zur Geschichte: Kritische Tradition des »Volkstümlichen« in den Kalender-Geschichten Hebels und Brechts PDF

344 Pages·1973·38.524 MB·German
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1682 GESCHICHTEN ZUR GESCHICHTE ]AN KNOPF Geschichten zur Geschichte KRITISCHE TRADITION DES »VOLKSTÜMLICHEN« IN DEN KALENDER GESCHICHTEN HEBELS UND BRECHTS MCMLXXIII J. ß. METZLERSCHE VERLAGSBUCHHANDLUNG STUTTGART Die in [ ] erscheinenden Zahlen verweisen auf die Anmerkungen ISBN 978-3-476-00266-2 ISBN 978-3-476-03016-0 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03016-0 ©Springer-Verlag GmbH Deutschland 1973 Ursprünglich erschienen bei]. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 1973 D 7 Göttinger philosophische Dissertation MEINEM VATER Inhaltsverzeichnis EINLEITUNG 1 Bertolt Brechts Fragen eines lesenden Arbeiters . 1 Zur Sprache monumentalischer Historie . . . 9 Die Fragen innerhalb der Kalendergeschichten . 12 Zur Frage des Definierens . . . . . . 15 I. TRADITION UND GESCHICHTE 22 1. Definitionen . . . . . . . . . 22 2. Grimmeishausens Kalendergeschichten 35 3. Grimmeishausens Ewig-währender Calender 45 Hinweise zur Anordnung . 46 Das große Spatium . SO 4. Practica . . . . . . 53 Il. GESCHICHTE ALS GESCHICHTEN • 69 1. Nachweise bei Hebel . . . 69 Der rheinländische Hausfreund . 69 Integration der Kalenderchronologie: Unverhofftes Wiedersehen . . . . . . . . . . . . . 75 Humanisierung des Großen: Kaiser Napoleon und die Obstfrau in Brienne . . . . . . . . . . 81 Rationalität und Aufklärung: Eine sonderbare Wirts- zeche . . . . . . . . . . . . . 83 Die Chronik: Unglück der Stadt Leiden . . 90 Verknüpfung von Kalender und Geschichte. 98 2. Nachweis bei Brecht . . . . . . . 109 Der Fall Frau B. und sein Berichterstatter 109 111. ENTTÄUSCHUNGEN • • • • • • • • 123 Die Erkenntnis des Bekannten . . . . 123 1. Verheimlichung der Welt: Reimmichl 138 2. Ewigkeit in der Zeit: Alban Stolz . . 146 3. Praktikable Weltbilder: Bertolt Brecht 164 Inhaltsverzeichnis 4. Ist der Mensch ein wunderliches Geschöpf: Johann Peter Hebel . . . . . . . . . . . . . . . . 179 IV. SPRACHFORMELN UND EINGREIFENDE SÄTZE • 186 1. Sprichwörter . . . . . . . . . . 186 2. Enttäuschung der sprichwörtlichen Welt . 200 3. Die Einübung des Ungehorsams bei Hebel . 212 4. Praktikable Theorien: Bertolt Brechts Kalender- Gedichte . . . . . . . . . . . . 230 EPILOG • • . 260 Der abstrakte Mensch 260 QUELLENNACHWEISE, ANMERKUNGEN, EXKURSE • 268 LITERATUR-VERZEICHNIS 321 REGISTER • • • • • 333 Als wir ihn aber erschlagen hatten Richteten wir ihn zu, daß er sein Gesicht verlor Durch die Spuren unserer Fäuste. Also machten wir ihn unkenntlich Daß er keines Menschen Sohn sei. BERTOLT BRECHT VoM UNBEKANNTEN SOLDATEN Einleitung Er ließ andere für sich denken, denn andere lie ßen ihn für sich arbeiten. WILL DURANT Bertolt Brechts »Fragen eines lesenden Arbeiters« 1935, im dänischen Exil, schrieb Bertolt Brecht das Gedicht Fragen eines lesenden Arbeiters. Es sollte zunächst unter den Gedichten im Exil, dem letzten Teil der Gesammelten Gedichte (1918-1938), in Prag erscheinen. [1] Da der vorgesehene Verlagsort von Hitlers Truppen im März 1939 überfallen wurde, reihte Brecht das Gedicht nun in die Gedichtsammlung des Exils, in die Svendborger Gedichte (1939), ein, und zwar innerhalb der dritten Abteilung, der Chroniken, die es er öffnet. [2] Nach dem Krieg, 1949, erschien das Gedicht zusammen mit anderen Gedichten (mit einer Ausnahme der Svendborger Samm lung entnommen) erneut in der Sammelausgabe der Kalendergeschich ten, welche Gedichte und Erzählungen umfaßt. Das Gedicht lautet: Fragen eines lesenden Arbeiters Wer baute das siebentorige Theben? In den Büchern stehen die Namen von Königen. Haben die Könige die Felsbrocken herbeigeschleppt? Und das mehrmals zerstörte Babylon, Wer baute es so viele Male auf? In welchen Häusern Des goldstrahlenden Lima wohnten die Bauleute? Wohin gingen an dem Abend, wo die chinesische Mauer fertig war, Die Maurer? Das große Rom Ist voll von Triumphbögen. über wen Triumphierten die Cäsaren? Hatte das vielbesungene Byzanz Nur Paläste für seine Bewohner? Selbst in dem sagenhaften Atlantis Brüllten doch in der Nacht, wo das Meer es verschlang Die Ersaufenden nach ihren Sklaven. Der junge Alexander eroberte Indien. Er allein? Cäsar schlug die Gallier. Hatte er nicht wenigstens einen Koch bei sich? Philipp von Spanien weinte, als seine Flotte Untergegangen war. Weinte sonst niemand? Friedeich der Zweite siegte im Siebenjährigen Krieg. Wer Siegte außer ihm? Jede Seite ein Sieg. Wer kochte den Siegesschmaus? 2 Einleitung Alle zehn Jahre ein großer Mann. Wer bezahlte die Spesen? So viele Berichte So viele Fragen. [3] Das Gedicht gehört zu den bekanntesten Dichtungen Brechts und zu denen, die nur in wenigen Arbeiten über Brecht nicht zitiert zu werden pflegen. Meist bleibt es freilich beim Zitat und einigen Hinweisen, daß die Fragen heroisierende Geschichtsschreibung anprangerten und nach einer Korrektur des überlieferten Geschichtsbildes zugunsten der »Ar beiterklasse« verlangten. [ 4] In der Tat scheint das Gedicht für sich selbst zu sprechen. Die Fragen beantworten sich selbst; sie bilden »einen geschlossenen gedanklichen Zusammenhang, sind eindeutig und ver ständlich und bedürfen keiner näheren Erklärung«, wie Ulla C. Lerg Kill das Gedicht verstanden hat. [5] Es scheint solch schmucklosen Gebilden eigen, nicht nach eingehenderer Interpretation zu verlangen, selbstverständlich und damit auf sich selbst als geschlossenes Gebilde verwiesen zu sein. Bliebe man jedoch dabei stehen, so bedeutete dies, dem Gedicht Einheitlichkeit und Geschlossenheit zu unterstellen, so hieße dies, die Fragen ästhetisch zu sublimieren [6], nach den Fragen nicht weiter zu fragen. Das Gedicht beginnt in der Überschrift mit dem Wort »Fragen«, und es endet damit. Und bereits bei diesem Wort sind sich die Inter preten keineswegs einig. Klaus-Detlef Müller meint, um nur eine der Auslegungen zu nennen, die »bürgerliche Geschichtsschreibung« lasse alle Fragen »offen: >So viele Berichte. So viele Fragen.'«. [7] Ulla C. Lerg-Kill dagegen sagt, das Gedicht gehe am Ende »über seinen ln halt hinaus« und leite zu »kritischem Zweifel« an. Das Fragen sei »Grundsatz der Geschichtsbetrachtung« [8], was ihrer These, das Ge dicht sei geschlossen, widerspricht. Es lohnt sich, weiter zu fragen. Die Fragen sind im Exil geschrieben worden. Brecht läßt sie zuerst in einer Sammlung erscheinen, die den Namen der Stadt im Titel tra gen, in deren Nähe er während des Exils gewohnt hat. Die Fragen er öffnen den dritten Zyklus der Sammlung, die Chroniken, als >>Prolog gedicht« [9], welches bestimmte Akzente für die weiteren Gedichte des Zyklus setzt. Brecht veröffentlicht sie noch einmal 1949 als >>Ka lendergeschichte«, ein Name, der sich unbefragt mit Volkstümlichkeit und Schlichtheit assoziativ zu verbinden pflegt. Welche Bedeutung ha ben diese Tatsachen für das Gedicht? Die Fragen umfassen vier Strophen. Die beiden ersten haben welt geschichtliche Überreste zum Inhalt; die erste Bauten und damit zu sammenhängende Ereignisse, die zweite Kriege und ihre Persönlichkei-

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