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Geschichte PDF

190 Pages·2021·0.947 MB·German
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Christian Thies Geschichte Grundthemen Philosophie Herausgegeben von Dieter Birnbacher Pirmin Stekeler-Weithofer Holm Tetens Christian Thies Geschichte ISBN 978-3-11-071760-0 e-ISBN (PDF) 978-3-11-071768-6 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-071775-4 ISSN 1862-1244 Library of Congress Control Number: 2020947132 Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2021 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Coverabbildung: Martin Zech Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck www.degruyter.com Inhalt  Einleitung 1  Von der Wissenschaft zur Philosophie 5 . Die Doppeldeutigkeit von „Geschichte“ 5 . Von der Geschichte zur Geschichtsphilosophie 7 . Die doppelte Totalisierung 11 . Die doppelte Dezentrierung 16  Reflexive historische Selbstvergewisserung 18 . Positivismus und Empirie 19 . Monumentalismus und öffentliche Historie 21 . Herkunftssicherung und ihre Pluralisierung 23 . Alternative und kontrafaktische Historie 26 . Kritik und subversive Genealogie 28 . Das geschichtsphilosophische Dreieck 32 .. Gegenwart 32 .. Zukunft 34 .. Vergangenheit 37 . Metatheoretische Implikationen 39  Geschichtsphilosophie als philosophische Disziplin 42 . Analytische Geschichtsphilosophie – Wie ist Geschichte zu erkennen? 43 . Normative Geschichtsphilosophie – Wie ist Geschichte zu bewerten? 48 . Metaphysische Geschichtsphilosophie – Welchen Sinn hat die Geschichte? 54 . Substantialistische Geschichtsphilosophie – Was istdas Wesen der Geschichte? 59 . Reflexiv-praxisorientierte Geschichtsphilosophie – Was dürfen wir innerweltlich hoffen? 65  Modelle des geschichtlichen Verlaufs 71 . Stillstand 72 . Kreis 78 . Verfall 86 . Aufstieg 94 VI Inhalt . Fazit: die Komplexität des geschichtlichen Verlaufs 103  Das Rätsel Europa 105 . Europas Rolle in der Weltgeschichte 105 . Theorien über den Aufstieg Europas 113 . Zur Situation Europas im 21. Jahrhundert 118  Reflexionen zum Fortschritt 122 . „Fortschritt“ als Wort und Begriff 123 . Das utilitaristische Fortschrittsmodell 127 . Das deontologische Fortschrittsmodell 134 . Weitere Einwände 140 .. Externalisierungen 140 .. Ambivalenzen 147 .. Diskontinuitäten 149 . Bilanz 154  Furcht und Hoffnung 157 Das Recht gegen die Geschichte 160 Literaturverzeichnis 162 Personenregister 177 Begriffsregister 183 1 Einleitung Geschichte war in der Schule mein Lieblingsfach. Schon früh wollte ich auch GeschichteanderUniversitätbelegen.AberbereitsnachkurzerZeitwarichvom Studiumenttäuscht.InderFüllederDatenundDetailshatteichdieOrientierung verloren,vor allem schienen mirdie Zugänge unüberlegt zu sein.Vieles war in- teressant – was jedoch relevant? Außerdem wurde aus meiner Sicht zu wenig darüber nachgedacht,wie man und was man aus der Geschichte lernen könne. Denn trotz meines Interesses an der Vergangenheit waren mir Gegenwart und Zukunftwichtiger.IntuitivneigteichzuderAuffassung,dassman,umGeschichte zu verstehen, mehr Theorie bräuchte,ja sogar die Philosophie.Ohnehin kämen doch inhaltliche Vorannahmen in der historischen Forschung hinterrücks zur Geltung.AmbestenseialsoeineGeschichtsphilosophie. Von dieser Disziplin war wiederum in der Philosophie fast nie die Rede, bestenfalls verächtlich: bloß keine Geschichtsphilosophie. Deren Zeiten seien unwiederbringlichvorbei.Überhaupt gab es zwischen der Philosophie und den Geschichtswissenschaften nur wenige Schnittmengen, eher bildeten sie Gegen- sätze:abstraktundkonkret,theoretischundempirisch,aprioriundaposteriori. MeineInteressenführtenmichdannohnehininandereBereiche.Immerwieder aber habe ich erwogen, mich erneut intensiv mit Geschichtsphilosophie zu be- schäftigen.NachmeinerHabilitationsschriftDerSinnderSinnfrage(2008)wollte ich eigentlich eine Monographie zum Sinn der Geschichte vorlegen. Deshalb behandelteichauchschoninmeinererstenVorlesunganderUniversitätPassau im Wintersemester 2009/10 die Geschichtsphilosophie. Aber bald wurde ich wiederin andereThemen- und Aufgabenkreise abgetrieben, nicht zuletztdurch die Pflichten der akademischen Lehre und der universitären Selbstverwaltung. Erst nach mehreren Jahren kehrte ich zu meinem Projekt zurück, konnte dann aberdasManuskriptrelativzügigabschließen,auchbedingtdurchdashäusliche DaseinwährendderCorona-KriseimFrühjahr2020. Weiterhinbinichfestdavonüberzeugt,dassdieGeschichtsphilosophieun- verzichtbar ist (so auch Rohbeck 2020). Dabei sei hier unter Geschichtsphiloso- phie vorläufig das systematische Nachdenken über die Menschheitsgeschichte verstanden. Die Revitalisierung dieser Disziplin innerhalb der akademischen PhilosophieistmeinerstesAnliegen.DennkeinBereichunseresFacheswurdeso starkandenRandgedrängt. ZwargibtesvielesehrguteMonographienzurGe- schichte der Geschichtsphilosophie, zu den gängigen Positionen und zu einzel- nen Aspekten (Lemon 2003, Rohbeck/Nagl-Docekal 2003, Schloßberger 2013). AberesmangeltansystematischenErörterungen,diesichgrundlegendenFragen widmen:Was ist Geschichte? Wozu Geschichte? Mit welchen Maßstäben sollen https://doi.org/10.1515/9783110717686-001 2 1 Einleitung wir geschichtliche Ereignisse und Verläufe bewerten? Was bleibt von der Fort- schrittsidee? UmdieseFragenzubeantworten,sindzunächsteinmaldieargumentativen Schätze,diedieGeschichtsphilosophieimLaufederZeitangehäufthat,zubergen und zu ordnen. Sodann muss man über den Tellerrand blicken. Denn in den letztenJahrzehntenführte,someineich,insbesonderedieHistorischeSoziologie die Geschichtsphilosophie mit anderen Mitteln fort. Aber auch fruchtbare Bei- träge anderer Wissenschaften sind heranzuziehen. Daraus folgt, dass für mich unter den Begriff der Geschichtsphilosophie vieles fällt,was dies als Selbstbe- zeichnungstriktablehnt.SchließlichistdieebenerwähntediskursiveKluftzwi- schen Philosophie und Geschichtswissenschaften zu verringern. Als Philosoph möchte ich einige Schritte auf die Zunft der Historiker und Historikerinnen zu- gehen; meine Ausführungen sollen für diese zumindest nachvollziehbar sein. GeschichtsphilosophieisteigentlichnuralsinterdisziplinäresProjektinteressant. Angesichts der Spezialisierung aller Wissenschaften bleibt aber nach meiner Auffassung weiterhin die Philosophie der beste institutionelle Ort für solche Vorhaben.DieVoraussetzungdafüristallerdings,dassmandiePhilosophienicht primäranalytisch,sondernehersynthetischbetreibt. Nicht nur wissenschaftlich, auch lebensweltlich ist die Geschichtsphiloso- phie relevant. Denn ohne das systematische Nachdenken über Geschichte wür- denwirunsselbst,dieanderenunddiegesamtesozialeWirklichkeitschlechter verstehen.Kantpostuliertebekanntlich,dasssichallephilosophischenFragenzu einer zusammenführen lassen: „Was ist der Mensch?“ In reflexiver Wendung lautetdieFrage:„WersindwiralsMenschen?“Umaberetwaszuverstehen,istes hilfreich, dessen Geschichte zu kennen. Gewiss erfolgt unsere reflexive Selbst- vergewisserung auch auf andere Weise und in anderen Dimensionen, aber die historische Komponente darf man nicht vergessen. Die Geschichtsphilosophie sollte solche Reflexionsprozesse anregen, orientieren und kritisieren. Es geht dabei nicht um unser individuelles Selbstbild oder um eine nationale Ge- schichtspolitik, sondern um uns als Menschheit. Die Geschichtsphilosophie ist, umesemphatischzusagen,einuniversal-humanistischesProjekt.Dasbestimmte auch ihre disziplinären Anfänge in der Epoche der Aufklärung. Mein zweites Anliegen ist es also, diesem Diskurs eine winzige Kleinigkeit hinzuzufügen. Zu diesem Zweckgiltes,wichtige Argumente herauszuarbeiten,die auch in öffent- lichen Debatten verwendet werden könnten.Vielleicht erreiche ich aber auch nichtmehr,alsmirübermeineeigenenFragenundGedankenklarzuwerden.Zu definitivenAntwortengelangtmaninderPhilosophieohnehinnie. Dennoch sollte man Position beziehen. Inhaltlich vertrete ich das Konzept einer dialektischen Geschichtsphilosophie, das in seinen Grundzügen plausibel gemacht werden soll. Die wörtliche oder historische Bedeutung des Ausdrucks 1 Einleitung 3 „dialektisch“ ist nebensächlich; systematische Überlegungen sollen im Vorder- grundstehen.Dennochseigesagt,dasszweiDenkerfürmichbesonderswichtig waren: Immanuel Kant und Karl Marx. Von Kant stammt die Idee, die Ge- schichtsphilosophiealsAnhangzurpraktischenPhilosophiezukonzipieren.Jene soll diese mit der empirischen Wirklichkeit vermitteln und unsere moralische Motivationstärken.MarxversteheichalsAhnherrnderHistorischenSoziologie, somitauchalsWegbereiterfürMaxWeberundvieleandereTheoretikerzwischen Philosophie und Sozialwissenschaften. Ein marxistisch zugespitzter Kantianis- mus scheint mir ein für die Geschichtsphilosophie fruchtbares Denk- und For- schungsprogrammzusein,dasweiterentwickeltwerdenmüsste. Im zweitenKapitelwerdeichdarstellen,wiesichdieGeschichtsphilosophie generellvonderGeschichtswissenschaftunterscheidet,nämlichzunächstdurch einedoppelteTotalisierung.Sowohlinderzeitlichenalsauchinderräumlichen DimensionistdasGanzederMenschheitsgeschichteindenBlickzunehmen.Im dritten Kapitel geht es um die Art und Weise,wie die Geschichtsphilosophie zu unserer reflexiven Selbstvergewisserungbeitragen könnte. Entscheidend ist aus meinerSicht,dassdiePerspektivenaufGegenwart,ZukunftundVergangenheitin ein Gleichgewicht gebracht werden, was ich als das geschichtsphilosophische Dreieckbezeichne. DasvierteKapitel erörtertmehrereTypenderGeschichtsphi- losophie, die sich an den verschiedenen philosophischen Kerndisziplinen aus- richten. Ich favorisiere einen von Kant hergeleiteten reflexiv-praxisorientierten Ansatz(vgl.Thies2011).DasfünfteKapitel,dasmirdiemeisteMühebereitethat, systematisiertdieunterschiedlichengeschichtsphilosophischenModelle,dieseit derAntikeentwickeltwurden: Stillstand,Kreislauf, Abstieg,Aufstieg.Diewich- tigsten Argumente für die jeweiligen Ansätze werden herausgearbeitet. Ich plä- dierefüreinmultidimensionalesModell,dasForschungundDarstellungzuori- entieren vermag. Das sechste Kapitel, das weitgehend aus einer früheren Publikationübernommenwurde(Thies2013b),solldenEurozentrismus,demfast alle klassischen Geschichtsphilosophen anhingen, geschichtsphilosophisch kri- tisieren:EuropawarnurkurzeZeitdasZentrumderMenschheitsgeschichte.Das siebteKapitelbehandeltdieIdeedesFortschritts,dieseitdem18.Jahrhundertdas geschichtsphilosophischeDenkenbestimmt.EswerdenzweiFortschrittsmodelle unterschieden, das utilitaristische und das deontologische, sowie mehrere grundlegende Einwände präsentiert. Im Ergebnis werde ich vorschlagen, Fort- schritt als politisches Projekt aufzufassen. Das abschließende achte Kapitel er- örtertinallerKürzeunseresubjektivenEinstellungenzurGeschichte. Um den Lesefluss nicht zu stören, habe ich auf Fußnoten ganz verzichtet. Zudem ist die Anzahl der Zitate, Belege und Literaturhinweise bewusst gering gehalten; dennoch sind es leider ziemlich viele geworden. Bekannte philoso- phische,historischeundliterarischeWerke,aufdieichnur allgemeinverweise, 4 1 Einleitung sindnichtaufgelistet.DieLektürewirdwohlauchnichteinfachsein,weilmein Text keine Transkription mündlicher Rede ist, sondern über längere Zeit ent- standen ist und mehrfach durchgearbeitet wurde. Dennoch hoffe ich, dass die Übersichtnichtverlorengeht,sondernimGegenteilsogarerstmöglichwird. FürhilfreicheHinweisedankeichvorallemBeatrixGotthold-Thies,Cornelia Koller,IlkaDüsterhöftundElmarHolenstein(Kap.6).DieterBirnbacherbinichzu Dank verpflichtet, weil er mir großzügig meine verspätete Abgabe des Manu- skriptsnachsah.GewidmetseidiesesBuchposthummeinemVater,dereinZeuge des 20. Jahrhunderts war, sich auf seine Weise für Geschichte interessierte und meinhistorischesInteresseweckte.

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