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Gerechter Nutzen der Gleichbehandlung: Vorlesungen zur Didaktik ethischen Ur-teilens über Recht, Moral und Politik in Schule und Universität PDF

385 Pages·1997·9.998 MB·German
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Hagen Weiler Gerechter Nutzen der Gleichbehandlung Hagen Weiler Gerechter Nutzen der Gleichbehandlung Vorlesungen zur Didaktik ethischen Ur-teilens tiber Recht, Moral und Politik in Schule und Universitiit f[)'l1.\f7 DeutscherUniversitatsVerlag ~ GABLER ·VIEWEG WESTDEUTSCHER VERLAG Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaulnahme Weiler, Hagen: Gerechter Nutzen der Gleichbehandlung : Vorlesungen zur Di daktik des ethischen Ur-teilens uber Recht, Moral und Politik in Schule und Universitot / Hagen Weiler. - Wiesbaden : Dt. Univ.-Verl., 1997 IDUV : Sozialwissenschahl ISBN 978-3-8244-4218-8 ISBN 978-3-322-97656-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-97656-7 Der Deutsche Universitots-Verlag ist ein Unternehmen der Bertelsmann Fachinlormation. © Deutscher Universitots-Verlag GmbH, Wiesbaden 1997 Lektorat: Claudia Splittgerber Dos Werk einschlieBlich oller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzu I.ossig und stralbar. Dos gilt insbesondere lur Vervielloltigungen, Ubersetzungen, Mikroverlilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Gedruckt aul chlorarm gebleichtem und sourelreiem Po pier ISBN 978-3-8244-4218-8 INHALT A. Bestimmung und Abgrenzung des Themas ....................................................... 7 Gegenstand und Kategorien: Grund-und folgerichtiges, system-ethisches Ur-teilen tiber Gerechtigkeit und Solidaritat ....................................................................... 7 II Ziel und Kriterien: Argumentativer Konsens tiber Dissenzen .................................................. 18 III Hypothesen und Leit-Fragen: Priimissen, Verfahren, Bedingungen, Prinzipien und didaktische Konsequenzen .................................................................. 25 IV Disposition und Methode: Didaktische Spirale der Interdependenz von wissenschaftlicher Diskussion, Verfassungs-Rationalitat, Verantwortungs-Ethik und politi scher Okonomie ......................................................................... 35 B. Prlimissen, Verfahren, Bedingungen und Prinzipien ..................................... .49 Erkenntnis-Theorie und Wissenschafts-Analyse: Methodisch-systematische Intersubjektivitat. ............................................. 49 II Diskussions-Logik: Gegenseitigkeit und Verallgemeinerung .................................................... 61 III Verfassungs-Rationalitat: Freiheit und Gleichheit vor dem Gesetz ..................................................... 83 IV Schul-Recht: Exemplarisches Lehren und Lemen ......................................................... 118 V Verantwortungs-Ethik: regelutilitaristische Gerechtigkeit und Solidaritat .................................... 231 VI Politik fur die Zukunft: Egalisierung des allgemeinen Wohls ....................................................... 281 VII Gerechtigkeit und Solidaritat als strukturelle Herrschafts-Analysen und Ideologie-Kritiken ....................... 304 VIII Richtlinien zur "Werte-Orientierung": aufhalbem Wege zum Ethik-Unterricht .................................................. 329 C. Ergebnisse -Thesen ....................................................................................... 355 D. Quellen-Auswahl ............................................................................................ 367 5 A. BESTIMMUNG UND ABGRENZUNG DES THEMAS I Gegenstand und Kategorien: Grund-und folgerichtiges, system-ethisches Ur-teilen fiber Gerechtigkeit und Solidaritiit Problem-Aufril1 Ethik ist seit Jahren ein offentliches Thema. Kaum eine Regierungserkliirung"ZUf Lage der Nation" verzichtet darauf. WeIche Festansprache von Bundespriisident und Kanz ler liillt sie aus? Kein Partei-und Verbands-Progranun kann sie entbehren. Zu Firmen Jubiliien wird sie bemiiht. Die Feuilletons der Wochenzeitungen beschworen sie. Nach den Klagen uber den allgemeinen Werteverfall folgen die Appelle ZUf (Grund-)Werte Erziehung. Akademie-Tagungen werden fur sie veranstaltet.1 Novellierte Liinderver fassungen, Schulgesetze, Rahmenrichtlinien zum Unterricht fiihren sie in ihren Priiam beln.2 Ihre Verfasser und Vertreter erscheinen in tiefem Ernst, in groBer Nachdenklichkeit, in historischen Dimensionen, voll von Verantwortung fur die junge Generation. Ihre Re den tun allen Berufsbedenken-Triigem wohl und keinem weh. Sie dienen ihrer gesell schaftlichen Legitimation, entlasten in ihrer Aligemeinheit jeden "Gutmeinenden", ko sten (nur) Zeit und Papier. Ihre Grund-, Mittel- und Folgen-Losigkeiten verpflichten niemanden. So gehOren sie zum guten Ton in der Offentlichkeit. Gegen diese opportunen Tendenzen wenden sich die folgenden Vorlesungen. Sie wol len (hoch)schul-didaktisch zeigen, daB es anders gehen kann, wenn dabei etwas her auskommen soll, was der allgemeinen Aufkliirung uber Ethik nutzt. Sie halten den ub lichen Ungenauigkeiten, Undifferenziertheiten, Widerspruchen und Unverbindlich keiten im Offentlichen Gerede uber Moral-Erziehung priizisere Begriffe und differen ziertere SchluBfolgerungen entgegen. Zugleich sollen sie fortgeschrittene SchUler (vor nehmlich in der Sekundarstufe II der Gymnasien) sowie Studierende der Geschichts-, Sprach- und Sozialwissenschaften einfiihren in die notwendige Gliederung wissen schaftlicher Arbeiten. Diese Vorlesungen heben sich bewuBt ab von den Auseinandersetzungen uber sog. Prinzipien, die bereits vor ihren Kem-Fragen regelmiiBig daran scheitem (mussen), daB die Kontrahenten sich nicht verstiindigt haben uber die Unterscheidung der Probleme, ihrer Voraussetzungen, Bedingungen, Verfahrensregeln und -Kriterien, Ziele und Da die quellen-kritischen Leser sich diesbeziiglich selbst miihelos inforrnieren kannen, verzichte ich - auch aus Platzgriinden - auf Belege; vergl. die iibersichtliche Analyse und Satire von Christoph Tiircke, Die neue Geschiiftigkeit (1992). 2 Vergl. dazu im einzelnen Kap. B III und IV mit weiteren Belegen. 7 Zwecke, tiber die eine (mutmaBliche) Ubereinstimmung unterstellt, tiber die eine er wartet und tiber die ein Konsens eher unwahrscheinlich sein wird. Aus diesen Versaumnissen haben gerade wissenschaftliche Diskussionen tiber Gerech tigkeit und Solidaritat zu lernen. Sowohl von ihren inhaltlichen als auch von ihrem - begriffs-konsequenten - Verfahrensanspruch her haben sie gar keine andere Alterna tive zu den fortdauernden Miihen, die - strukturellen - Fehler von vornherein fruchtlo ser Kontroversen zu korrigieren. Sie bleiben darauf angewiesen, das - tiberlegte - Gesprach zwischen den gegnerischen Parteien nicht abreillen zu lassen, sich weiter urn - fundierte - Verstiindigungen und - zunehmende - Ubereinstimmungen zu bemiihen. Diese Absicht konnen sie nur verfol gen, indem sie die kontradiktorischen Positionen Mfnen, deren (noch verborgene) Implikationen aufdecken, einander auf die jeweiligen "blinden Flecken" aufmerksam machen. Dieser Erwartung kann man niiher kommen, indem man die verschiedenen Stand punkte befragt im Hinblick auf ihre Herkunft, ihre Bedingtheiten, ihre Richtungen. Deren Struktur ist zu analysieren. Ohne Bestimmung und Unterscheidung ihrer Pra missen, Quellen, Kategorien, Kriterien, Methoden, Ziele und Zwecke kann man nicht auf ihre Einseitigkeiten, Lticken, FeWer und Bruche stollen. Erst deren Gegentiberstel lung ermoglicht ihre - vergleichende - Beurteilung. Eine solche Strategie bedarf der Planung in doppelter Hinsicht: Zurn ersten ist jede einzelne Position, die als solche zur Diskussion steht, beziig lich ihrer Geschichte, ihres Gefiiges, sowie ihrer Funktionalitat in sachlicher, sy stem-theoretischer, sozialer und personlicher Dimension aufzukliiren. Zurn zweiten sind die Unterschiede bzw. Gegensatze zwischen den Positionen auszuloten, ihre Bewegungsmoglichkeiten zu priifen, nach korrespondierenden Elementen und Erwartungen zu suchen, urn Brucken bauen zu konnen. Deren Fundament braucht allerdings zuerst die Perspektive, die trennenden Betrach tungsweisen zum gemeinsamen Thema zu machen, Verfahren zu sichern, urn inhaltli che Konflikte so austragen zu konnen, daB beide Seiten Vorteile an Losungen ohne Sieger und Verlierer fmden. Die bornierten "Entweder-Oder-Standpunkte", die tiber die - verkiirzten - Verabsolutierungen ihrer Stand-Orte nicht hinaussehen konnen, be diirfen ihrer korrigierenden Relativierungen. Diese zielen nicht auf "faule Kompro misse" denkbequemer "Sowohl als Auch"-Redensarten sondern auf die Entdeckung inzident (noch nicht bewuBt) zugrundegelegter Maxime, deren (teilweise) Nichtbe rUcksichtigung zu - vermeidbaren - Millverstiindnissen sowohl tiber die eigenen als auch tiber die fremden Orientierungen gefiihrt hat. 8 Diese zweck-/mittelbestimrnte Aufkliirungs-Konzeption ist grund- und folgerichtig zu planen. Sie hat ihre Argumentationsschritte nach Prioritaten einzuteilen. Deren Reihen folge ist nicht beliebig. Thre Rangordnung folgt einem logischen Sach- und Kommuni kations-Aufbau. Dessen Gliederungsprinzipien lassen sich in einem ersten, noch ab strakten Schema skizzieren: Bestimmung und Abgrenzung des Themas Gegenstand und Schliisselbegriffe (Worum geht es, worum nicht?) Ziel- und prafmaftstabe (Wozu die Untersuchung, welcher Anspruch wird verfolgt?) - Hypothesen und Leitfragen (Welche Vor-Annahmen liegen zugrunde, in welche Teilfragen ist die Ziel-Option zerlegt?) - Disposition und Methode (Welche HypotheselLeitfrage ist an welcher Stelle, zu welchem Zweck - irn Hin blick auf das Ziel-, in welcher Form zu behandeln? Welche Argurnentations-Lo gik bestimrnt die Gliederung?) Quellen-Auswahl (Nach welchen Kriterien werden die Beleg-Materialien bestimrnt und begrenzt? Auf welche bereits - dokumentierten - Informationen und SchluBfolgerungen wer den die eigenen Uberlegungen gestiitzt?) Wie in den folgenden Erlauterungen dieser Gliederungsprinzipien deutlicher werden solI, erfiillt deren Disposition keinen formalen Selbstzweck. Sie dienen zum ersten der Ordnung der eigenen Vorstellungen; zum anderen iiberfiihren sie die Verengungen monologischen Meinens in die - dialogische - Intersubjektivitat verbundenen Disku tierens: Sie erschlieBen wechselseitig die Stufen der Gedankenfuhrung, legen die Ebe nen und MaBstabe der Kritik und Gegen-Kritik offen, laden ein zum erklarten Wider spruch, zur Begriindung iiberzeugender Altemativen. Unter dem Anspruch wissenschaftlicher Diskussion, die methodisch ihren Weg zeigt, urn systematisch, d.h. zielbewuBt, planmaBig konsistent regelhafte Erkliirungen zu be grUnden, gilt es, zwei Aufgaben gerecht zu werden: Zurn ersten eine iibersichtliche Komplexitats-Reduktion zumindest modellhaft zu skizzieren; zum zweiten deren Verbindungen und Interdependenzen transparent zu machen. Fast alles hangt mit fast allem anderen (zumindest lebenspraktisch) zusarnmen. Aber diese Zusarnmenhange lassen sich wissenschaftlich nur differenzierend bzw. partiell isolierend untersuchen bzw. nur nacheinander darstellen. 9 Deswegen kommt keine Gliederung ohne gewisse rationalisierende Unter- und Ent scheidungen aus. Meine Vorschliige konnen daher nur Empfehlungen sein. Danach beginne ich mit der DefInition meiner in den Oberschriften auftauchenden, nicht selbstverstandlichen SchlUsselbegriffe sowie noch anderer zentraler Kategorien, die als wesentliche Termini Hauptrollen einnehmen werden. Auch wenn von vornher ein diesen Benennungen und Bezeichnungen nicht die Exaktheit mathematisch-Iogi scher Symbole zugeschrieben werden kann, lassen sich mit ihnen doch erste Markie rung en und Richtungsanzeigen erreichen. Diese sind zu biindeln und zu konzentrieren auf die Kennzeichnung des Ziels; mUBten sich dessen Perspektive ihre Kriterien sowie ihre Adressierung erst verspiitet, vielleicht auch nur teilweise und indirekt erschlieBen, konnten auch die zugrundeliegenden, motivierenden Erkenntnis- und Verwertungsin teressen nicht hinreichend aus dem Halbdunkel der Spekulation heraustreten. Sie blie ben im schiefen Licht einer (Schein-)Objektivitiit, hinter der uberheblichen AnmaBung einer (Pseudo-)Un- oder gar Ober-Parteilichkeit. Der Blick auf die diskutierende Ent deckungsmoglichkeiten gemeinsamer, zumindest korrespondierender Nenner in den verschiedenen Parteilichkeiten wtirde verstellt. Erst die Erkliirung der MaBstiibe zur Entscheidung eigener Parteilichkeit (nach der vergleichenden Priifung anderer Partei lichkeiten und deren EntscheidungsmaBstiibe) kann eine - erste - Rechtfertigung des Ziels anbieten. Das Ziellii6t sich nur in Angriff nehmen, indem man den Weg dahin in seine stufen weisen Hypothesen und Leitfragen zerlegt. Aus deren An-Ordnung solI klar werden, von we1chen Annahmen aus-, unter welchen Bedingungen, nach we1chen Verfahren, auf we1chen Betrachtungsebenen vorgegangen werden solI. Somit haben die Hypothe sen und Leitfragen den Abschnitten des Hauptteils (B) zu entsprechen. Thre Vorstel lung dient der inhaltlichen Erliiuterung der Gliederung, damit deutlich wird, welchen Stellen-Wert, welchen lnforrnations- bzw. Argurnentationsteil, in welchem Verhiiltnis zum Ziel und seiner PriillnaBstiibe einnehmen solI. Dieser Obersicht dient die Vorstellung der Disposition und Methode. Die Einteilung und Reihenfolge der Gliederung des Hauptteils folgen nicht nur aus der vorangegange nen Bestimmung und Begrenzung von Gegenstand und Ziel, Hypothesen und Leitfra gen. Sie enthiilt zugleich einen entsprechenden Vorschlag an die Adressaten, einen iihnlichen Argurnentationsweg einzuschlagen, zumindest sich erst einmal auf diesen KompaB mitdenkend einzulassen. "Last but not least" ist die Quel/en-Auswahl keineswegs evident oder selbstverstand lich. Generell gilt fur alle anspruchsvollen wissenschaftlichen Diskussionen, erst recht fur unser Thema und seinen Anspruch, die mehrdimensionalen, interdiszipliniiren Be ztige zwischen praktischer Philosophie, Verfassungstheorie, Schulrecht, Politi scher Okonomie und sozialwissenschaftlicher Didaktik im Hinblick auf Gerechtigkeit und Solidaritiit zu erschlieBen: Ein einzelner Forscher ist inzwischen langst auBerstande, 10 aIle einschliigigen, aktuellen VerOffentlichungen zu ubersehen, geschweige denn sach kundig zu beurteilen. Selbst, wenn er nur die verbreitetsten, am hiiufigsten zitierten Beitriige vollstiindig lesen wiirde, mill3te er in der Fulle der Materialien gleichsam un tergehen. Er muB daher nicht nur den erklarten, entscheidenden "Mut zu Lucken" aufbringen, sondem - nach einer oft nur stichprobenhaften Forschung - sich auf be stimmte Kriterien seiner Quellen-Auswahl festlegen. Diese sind in aller Regel eine Kombination von historischen, systematischen und pragmatischen Kosten-Nutzen-, Zeit- und Kraft -Vergleichspriifungen. Deren MaBstiibe entsprechen den zuvor skizzier ten Festlegungen auf Gegenstand, Zie1, Hypothesen, Leitfragen und Methoden der Untersuchung, d.h. nicht zuletzt den subjektiven Interessen, Moglichkeiten und Gren zen des Verfassers. Smnit konnen die MaBstiibe der Kritik daran sich auch nur an der Perspektivitiit der Urteilskompetenz des Autors sowie der Reichweite seines Materials orientieren. Aile die hier angesprochenen spezifischen Konventionen mogen den wissenschaftli chen Experten - zumindest im Tenor - se1bstverstiindlich erscheinen, ihre blofie Auf listung ziemlich trivial, weil sie im Grundsatz als unstrittig angesehen werden, so daB bisher keine allgemein widerspruchsfrei konsensflihigeren Regeln begriindet worden sind. Dberfiussig ist ihr einleitender Entwurf jedoch keineswegs. Unter der Dberschrift: "Vorlesungen zur Didaktik ethischen Urteilens" laBt sich ihre Explikation und deren Vertiefungen unter drei miteinander verbundenen Aspekten rechtfertigen: 1. Sie dient der Selbst-Disziplinierung und Konzentration des Verfassers. 2. Sie reagiert - hochschuldidaktisch - auf wiederholte Erfahrungen mit vielen Stu dierenden und ihren Examensarbeiten. Diesen Kandidaten ist - leider erst verspii tet - (niimlich nach schlechten Ergebnissen) klar zu machen, daB die defizitare Be achtung von Gliederungskriterien und Regeln von vornherein auch die inhaltlichen Qualitiiten ihrer Ideen nicht adiiquat zum Ausdruck kommen lassen konnte. 3. Sie richtet an die (Hochschul-)Lehrer, denen der hier vorangestellte theoretische Anspruch der Priizisierung, Differenzierung, Strukturierung, Methodisierung und Systematisierung zu formalistisch, zu schematisch, zu wenig iisthetisch, zu unan schaulich, schon gar nicht "piidagogisch" genug vorkommen mag, die Grundsatz (MaBstabs-)Fragen: - Welche "Erfolge" haben sie - vergleichsweise - vorzuweisen? - Wieweit ist es ihnen gelungen, die notwendige se1bst-kritische Distanz durch- zuhalten gegenuber (Moral-)AppeIlen, (Gesinnungs-)Postulaten? - Wieweit erreichen sie es, ihre Adressaten aus blofien Behauptungs- und Vorur teils-Konfrontationen herauszufuhren? - Wieweit haben sie ihre diesbeziiglichen Mill-Erfolge auch an den Kontroll-Kri terien der Fundierung ihrer didaktischen Konzeption gemessen? 11 - Wieweit waren sie sich dariiber im Klaren, we1che Probleme, auf welchen Ebe nen, in welchen Beztigen, unter we1chen Perspektiven sie in "piidagogisches Handeln" tiberfiihren konnten und wollten? Zur einleitenden Bestimrnung des Gegenstandes und seiner Reichweite gehOrt es, den Rahmen des Anspruchs dieser Vorlesungen von Anfang an nicht zu tiberschreiten. Diese verfolgen keinerlei - direkte - (schul-)piidagogische Absichten. Sie konnen und wollen keinem Lehrer unterrichtsmethodische Empfehlungen geben. Schon gar nicht geht es hier urn kasuistische Unterrichtsmodelle und Lerneinheiten. Diese Vorlesungen bemiihen sich urn die Reflexion und Ordnung der Vorstellungen im theoretischen Vorfe1d, d.h. urn die erste Stufe gedanklicher Vorbereitung eines (hochschul-) didakti schen Konzepts. Kategorien Unter dieser Perspektive gehe ich tiber zu einer ersten, noch ganz allgemeinen Einfuh rung in den thematischen Stellenwert meiner Kategorien. Diese enthalten bereits zen trale Grundaussagen. Sie bilden den Kern der Theorien, die ich verfolgen werde. Thre DefInition bestimrnt und begrenzt gleichsam im ursprunglichen Wortsinn und Bild die Korner. 3 Damit will ich von vornherein - vermeidbaren - Millverstiindnissen vorbeugen: Wenn ich nicht mitteile, was ich gegenstiindlich und gedanklich bezeichne, auf welche Be deutungen ich mich festlege, verfehle ich gleich meine erste Aufgabe: Wir haben uns gegenseitig zu vergewissern, was unseren - hoffentlich - gemeinsamen Uberlegungen entgegensteht. Wie konnten wir uns anders verstiindigen? Liefen wir nicht sonst Ge fahr, aneinander vorbeizureden oder gar nur "leeres Stroh zu dreschen", d.h. Worthtil sen ohne Kern und Korn? Wir konnten dem Anspruch unseres Themas nicht gerecht werden, verloren wir uns auf der (Tief-)Ebene zunehmender sogenannter dilatorischer (Leer-)Formel-Kompro misse unter dem Anschein, moglichst vielen "etablierten", "giingigen" Mustern verbal entgegenzukommen. Gegentiber solchen politischen Opportunitiitsriicksichten haben wissenschaftliche Diskussionen kritischen Widerspruch zu tiben, Gegensiitze nicht zu verwischen, sondern offenzulegen, die zentralen Begriffe zu kliiren, deren Beziehun gen zu ordnen. Meine ausschlaggebenden Kategorien stehen bereits in der Uberschrift. Thre Reihen folge entspricht der Konzeption meines Themas. Sie markieren die Argumentations skizze dieses Einleitungskapitels. Urn dieses kurz und tibersichtlich zu halten, werde Friedrich Kluge, Etymologisches Worterbuch der deutschen Sprache, Berlin 1989, S. 366 "Kern"; vergl. auch im folgenden sowie "Latein und Griechisch im deutschen Wortschatz", Berlin 1982. 12

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