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Geld und Geist. Zur Entstehungsgeschichte von Identitätsbewußtsein und Rationalität seit der Antike PDF

433 Pages·1981·12.485 MB·German
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. 1" Rudolf Wolfgang Müller '• J-3&. Md.; i Zur Ents^K^fc^sc Identität^^^Ä|em Rationalii^^^Ser Anti -w-. ■ w.. . ■ k- V'<‘‘ i'- ■• ■ w ■■ ■ 1 ;; % b ,^^860“ liwins o I Rudolf Wolfgang Müller Geld und Geist ■ K I i D I Die elementaren Formen der bürgerlichen Rationalität, der Identität des Subjekts wie des Objekts, jene Grund­ lagen der formalen Logik, des abstrakten Denkens bzw. theoretischen Erkennens, werden allgemein als natürliche Formen menschlichen Denkens überhaupt begriffen. Ihre Entstehung im Griechenland der Antike, dessen Produk- tions- und Reproduktionsformen nicht die gleichen waren wie die der seit dem 16. Jhdt. sich herausbilden­ den kapitalistischen Gesellschaft, scheinen ihre univer­ selle Geltung, ihre Unabhängigkeit von besonderen ge­ sellschaftlichen Bedingungen zu belegen. Die zentrale These dieses Buches dagegen ist: diese Denkformen stehen in einem inneren Zusammenhang mit der sich entwickelnden Warentauschgesellschaft, wie sie bereits in der griechischen Antike existierte. Der Entstehungsgeschichte und Funktion des Geldes im Warentauschprozeß entspricht die Genesis des „reinen Geistes“, dh. der formalen Logik und der abstrakten Form der Identität im Denkprozeß. Dabei steckt im Geld bereits das Kapital, wenn auch un­ entwickelt; auch das bürgerliche Subjekt ist im Keim schon da: als Schatzbildner, Handelskapitalist und abstra­ hierender Denker. So gewinnt der Marxsche Ausspruch einen Sinn, wonach die Logik das Geld des Geistes sei. Die Logik — nicht anders als das Geld und das Kapital — bleibt grundsätzlich »formal4, gleichgültig gegenüber dem konkreten gesellschaftlichen Prozeß, dem sie ihre schein­ bar zeitlose Existenz verdankt. In dieser Untersuchung, einem herausragenden Beispiel interdisziplinärer Forschung, werden Ergebnisse der Klassischen Philologie und der Alten Geschichte, der Ethnologie und der Psychiatrie, der Politischen Ökono­ mie und der Kritischen Theorie verarbeitet. Die Entste­ hung jenes bürgerlichen Subjekts wird nach ausführlicher theoretischer Reflexion an klassichen und zeitgenössi­ schen Texten exemplarisch vorgeführt. Unter anderem werden Texte von Archilochos, Homer und Platon über Kant und Marx bis zu Schriften Adornos, Piagets und Eriksons interpretiert. ■ Rudolf Wolfgang Müller studierte in München, Tübingen und Berlin Philosophie, Geschichte, Klassische Philologie und Politische Wissenschaft. Ab 1970 Ass. Professor an der FU Berlin, seit 1974 Professor für Politische Wissen­ schaften an der TU Hannover. i Rudolf Wolfgang Müller Geld und Geist Zur Entstehungsgeschichte von Identitätsbewußtsein und Rationalität seit der Antike Studienausgabe Campus Verlag Frankfurt/New York 2.» durchgesehene Auflage 1981 CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek (I Müller, Rudolf Wolfgang: Geld und Geist: zur Entstehungsgeschichte von Identitätsbewusstsein u. Rationalität seit d. Antike / Rudolf Wolfgang Müller. - 2., durchges. Auf! - Frankfurt (Main); New York : Campus- Verlag, 1981. ISBN 3-593-32859-3 Alle Rechte vorbehalten Copyright © 1977 bei Campus Verlag GmbH, Frankfurt/Main Satz: Erhärt Henniger, Wiesbaden Druck und Bindung: Fuldaer Verlagsanstalt, Fulda Printed in Germany SfooTHch« Rechsdiah für Musik Rvftr Fof.cweng Hochschule Wr *Zusil(, Th*of»r, Tonr - Btten 'd / fQ 5 Inhalt Vorwort 8 Einleitung 11 I. Abschnitt Die Genesis des bürgerlichen Subjekts aus der Zersetzung der naturwüchsigen Vergesellschaftung durch den zum Subjekt sich erhebenden Tauschwert 1. Die auflösende Wirkung des Geldes auf naturwüchsige Ge­ meinwesen und die Aporie der Geldtheorie 25 2. Die Elementarstruktur der Verdopplung: Form des Geldes 29 3. Die Verdopplung im Austauschprozeß und die ersten beiden Formbestimmungen des Geldes 46 4. Die dritte Formbestimmung: Geld als solches 60 Exkurs zur Geldtheorie 69 5. Der Übergang vom Geld als Geld zum Geld als Kapital und die einfache Zirkulation als Oberflächenerscheinung . . . . 78 6. Zum Verhältnis von begrifflicher und historischer Entwick­ lung der Formen des Werts bis zum Kapitalverhältnis . . . 99 Exkurs zur Geltung des Wertgesetzes vor kapitalistischer Pro­ duktion 109 7. Die Auflösung direkt vergesellschafteter Gemeinwesen durch das zum Selbstzweck entwickelte Geld und die Entstehung des theoretischen Bewußtseins 118 II. Abschnitt Individuelles Identitätsbewußtsein und Kategorien der Rationa­ lität in ihrer Bezogenheit auf ein überempirisches Subjektbe­ wußtsein 1. Einleitung 141 2. Hume: die Identität von Objekt und Subjekt als Fiktion . . 148 Exkurs zum Identitätsbegriff der Logik 155 3. Kant: Rekurs auf eine überempirische Begründung der Iden­ tität 165 4. Piagets genetische Begründung der Rationalität und ihres Subjekts 173 6 5. Adorno und Horkheimer: das Transzendentalsubjekt als un­ bewußter Ausdruck gesellschaftlicher Arbeit 190 6. Das allgemeine Bewußtsein der Identität als Ausdruck des zum Subjekt verselbständigten Wertes 202 Exkurs: Rationalität und Mündigkeit als klassenjenseitiger Anspruch 209 III. Abschnitt Vorstufe von individueller Identität und abstrakter Rationalität in vorbürgerlichen Gemeinwesen (Interpretationen) 1. Zusammenfassende Überleitung 217 A. Identität und Rationalität in /unterentwickelten' Gesell­ schaften 2. Unterentwicklung der Rationalität bei .Eingeborenen*: die rassistische und die liberale Variante der Erklärung .... 225 3. Individuelle und kollektive Identität bei Erikson 234 4. Wulff zur Bedeutung von Identität und Identitätsstörung in 242 der vietnamesischen Gesellschaft B. Genesis der Identität in frühgriechischen Gemeinwesen 5. Einführung durch Gegenüberstellung der homerischen Epen 258 und der Lyrik des Archilochos 6. Die auf die unmittelbare Lebenserhaltung gerichtete Produk­ tion in der homerischen Welt 287 7. Das Jahrhundert des Archilochos: Auftreten und Artiku­ lation eines neuen Prinzips der Vergesellschaftung 326 Anmerkungen 337 Literaturverzeichnis 413 Personenregister 421 ■ Alfred Sohn-Rethel primo auctori 8 Vorwort Die folgende Untersuchung ist das Resultat .interdisziplinärer* For­ schung; ich habe in ihr vor allem Resultate der Klassischen Philologie und der Alten Geschichte, der Ethnologie und der Psychiatrie, der Kritischen Theorie und der erneuerten Marxschen Kritik der Politi­ schen Ökonomie verarbeitet. Dabei interpretiere ich eine Reihe klas­ sischer und zeitgenössischer Texte im einzelnen, von Archilochos, Ho­ mer und Platon über Kant und Marx bis zu Schriften Adornos, Piagets und Eriksons. Die zentrale Fragestellung, wie sie im Titel bezeichnet und in der Einleitung vorgestellt ist, war nicht vom Beginn der Arbeit an vollkommen klar, sondern hat sich mir erst allmählich im Prozeß der Bearbeitung deutlich herausgestellt. Ein erster Anstoß für die Frage nach der Genesis des bürgerlichen Ichs und seiner Distanz zu einer objektiven Umwelt entstand aus der Beschäftigung mit der Dichtung des Archilochos (anläßlich der Vorbereitung einer Unterrichtsreihe am Karls-Gymnasium in Stuttgart; ich konnte mich dabei auf die For­ schungen von Snell, Hindrichs u. a. beziehen). Weiter führte mich die Beschäftigung mit der sogenannten Spartalegende; während der Fran­ zösischen Revolution und ihren geistigen Vorbereitern das antike Sparta als Vorbild für eine reine Gesellschaft von Gleichen diente (z. B. Rousseau), erinnerte man sich nach dem Faschismus und dem Stalinis­ mus an die gewalttätige Unterdrückung der Heloten durch die »glei­ chen* Spartiaten und entdeckte hier eine Früh form des Totalitarismus (F. L. Neumann u. a.). Mir wurde im Verlauf meiner Arbeit immer überzeugender, daß Sparta in der griechischen Geschichte und in der Rezeption im 18. Jahrhundert nur angemessen zu verstehen ist als ohn­ mächtige Reaktion auf die vor allem in der Handelsstadt Athen begon­ nene neuartige Entwicklung: mit dem Verbot des Geldes in Sparta sollte den Anfängen bürgerlicher Entwicklung begegnet werden; einer Entwicklung, die in Athen schon zur Entstehung des bürgerlichen In­ dividuums, des Schatzbildners, Handels- und Geldkapitalisten, ebenso auch des Bewußtseins der Identität und der logischen Identität, damit der .modernen Rationalität* geführt hatte (.Geburt des europäischen Geistes*). Es erschien mir immer wichtiger, die unbestreitbare Bürger­ lichkeit dieser Entwicklung, die sich sowohl in der Schrankenlosigkeit einer »Geldgesellschaft* wie in der Unerbittlichkeit des entstehenden .europäischen Geistes* äußerte, materialistisch zu begreifen; die wich­ tigste Frage war hier: wie kann es eine offenbar schon unverkennbar bürgerliche Rationalität ohne die Existenz des Kapitals geben? Diese Bürgerlichkeit interessierte mich also von vornherein zugleich in ihrer ökonomischen Dimension im engeren Sinn und in ihrer Prägekraft für die gesellschaftlichen Beziehungen insgesamt, einschließlich der ele­ mentaren Formen der Rationalität. Entscheidende Hinweise für die

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