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Geist und Wirklichkeit: Kritische Essays PDF

95 Pages·1953·2.847 MB·German
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KURT REIDEMEISTER GEIST UND WIRKLICHKEIT KRITISCHE ESSAYS SPRINGER-VERLAG BERLIN· GOTTINGEN . HEIDELBERG 1953 AUe Remte, insbesondere das der Obersetzung in fremde Spramen, vorbehalten. Ohne ausdriicklime Genehmigung des Verlages ist es aum nimt gestattet, dieses Bum oder Teile daraus auf photomemanismem Wege (Photokopie, Mikrokopie) zu vervielfaltigen. Copyright 1953 by Springer-Verlag OHG, Berlin· Gottingen . Heidelberg. ISBN-13: 978-3-540-01742-4 e-ISBN-13: 978-3-642-86806-1 DOl: lO.l007/978-3-642-86806-1 INHALTSDBERSICHT Einleitung 1 1. ESSAYS Mensch und Wirklichkeit 3 Die Unverstandlichkeit der Mathematik 5 Vom Sinn der Zeichen 8 Anschauung als Erkenntnisquelle 11 Raum und Erfahrung . . . 25 Appell im Elend . . . . . . . 32 Die gnostische Umwalzung 35 Der Narr als Karikatur der Vernunft 37 Dber Formenschonheit . . . . . . 39 II. PROLEGOMENA EINER KRITISCHEN PHILOSOPHIE Der Sprung als Gepflogenheit 42 Die Selbst1indigkeit des Denkens 46 Erfahrung und Erleuchtung . . 52 Die Wirklichkeit des Faktischen . 64 Das erscheinende Schone . 70 Verniinftige Erfahrung 82 SchluB ....... . 90 EINLEITUNG Was ist Philosophie? Philosophie sei die Anleitung zu philosophieren heiBt es und die Gesmichte der Philosophie das imaginare Museum, das dem Publikum zu andamtigem Besum offen zu halten sei und in dem der junge Philosoph die Meister studiere, um seinen eigenen Stil zu finden. Diese Parallele zur Kunst macht die Mannigfaltigkeit der Smulen, die so bedrockend ist, wenn Philosophie eine Wissenschaft sein solI, zu Reimtum und es ware alles gut, wenn die klassische Philo sophie nimt so unverkennbar im Stil der Wissenschaft gesmrieben ware. Das gibt zu denken: Die scheinbar soliberale Idee, die Philo sophie sei nimt eine Wissenschaft, wird zu einem Vorurteil, sob aId man folgert, nach ihrer Wissenschaftlichkeit braume nun nicht mehr gefragt zu werden, und die Objektivitat der Unterbringung von Ge danken in der Geschichte der Gedanken ist eine Verflihrung, in Ge schichte zu spekulieren statt selbst zu denken. Aber PLATO und DES CARTES wenden sich an verbindlich mitdenkende Leser und die Kritik der Vernunft ist nicht als Dokument des geistigen Adels eines groBen Mannes oder als Ausdruck einer Epoche geschrieben, sondern als Lehre. Die drei Antinomieen der Vernunft z. B. wollen gewiB als eine kri tische Entdeckung gelten und es ist nimt von vorne herein klar, daB diese Absicht keine Rlicksicht verdient. Welche Bedeutung hat die Wissenschaftlichkeit flir die Philosophie? Konnen wir sie zurockgewinnen, sollten wir es und wie. Der geschichtliche Oberblick zeigt, daB bei der neuerwachenden Spekulation nach KANT zugleich mit der Wissenschaftlichkeit auch der Gedanke an die Natur in den Schatten tritt. Das ist ein Zug, welcher der Gedankenwelt von FICHTE, SCHELLING und HEGEL wie der von KIERKEGAARD, NIETZSCHE und DILTHEY gemeinsam und merkwlirdig genug flir den Geist in diesem Zeitalter der Naturwissensmaften marakteristisch ist. Diese paradoxe Tatsache ist der AnlaB der nach folgenden Oberlegungen. Es muB ein ganz allgemeines Prinzip sein, aus dem der Geist sich in seiner Abwendung von der Natur, die so lange eines seiner Hauptthemen war, bestarkt und wir sollten es ken nen. Nun gibt es aber einen Weg zu der Stelle, wo dies Prinzip zu 2 Einleitung finden sein muB; denn das exakte Denken, das uns die Natur er schlieBt, laBt sich in seinen Anfang zuriickverfolgen und dort muB auch das Prinzip der Naturferne und die Grenze seiner Berechtigung deudich werden. Wir machen uns auf dies en Weg in der Meinung, daB das exakte Denken im Anfang einfach und die Aufklarung dieser Einfachheit eine Aufgabe ist, die in der Natur der Sache liegt. Es ist nicht die Aufgabe eines Faches, denn der Appell zur Besin nung, den die Philosophie erhebt, richtet sich an Jedermann und der Konflikt, der durch die Vieldeutigkeit dieses Appells entsteht, ist eines der wenigen Dinge, die zu Allgemeingut geworden sind. Darum ist das Folgende nicht in einer Fachsprache abgefaBt. Vorangestellt sind einige kiirzere Aufsatze iiber einschlagige Einzelaspekte. Einige dienen dem Zweck allgemeine und einfache Ziige der mathematischen Denk weise zu vergegenwartigen. Das ist notwendig, denn die Natur "treibt immer Geometrie" und ohne Mathematik hat der Gedanke der Natur keinen festen Halt. Einige andere dienen dem Zweck, den Anspruch auf Tiefe im Namen des Geistes als Phanomen zu sehen. Erst nachdem wir so die Distanz hergestellt haben, auf die es ankommt, treten wir in eine zusammenhangende Erorterung iiber die Methode des rich tigen Vernunftgebrauchs und iiber Geist und Wirklichkeit ein. Wir stoBen dabei von verschiedenen Seiten her auf Vorurteile im Ansatz des Denkens, die schwer zu durchschauen sind, weil sie mit dem Be griff des A priori zusammenhangen. Was wir von dieser formal en Kritik, die uns durch die Zeitumstande auferlegt worden ist, ab gesehen eigentlich und der Sache nach betreiben, ist erst yom Ende her zu beurteilen. Wir nennen es vorlaufig eine Aufklarung der Struk tur der Wirklichkeit und eine Klarung des verniinftigen Wirklichkeits sinns in der elementaren Besinnung auf die Vernunft und die Frage nach dem Wesen des Menschen. I. ESSAYS MENSCH UND WIRKLICHKEIT Das auBere Wirkliche entdecken wir praktisch als das uns Wider stehende. Wir lernen, mit ihm umzugehen, indem wir uns nach ihm richten. Durch Anpassung beziehen wir es in unser eigenes Leben ein, und Gewohnheit umkleidet es mit dem Mantel der Vertrautheit, den es dann geduldig auf seinen festen Schultern tragt. Diese Auseinander setzung liegt im Dammer des HalbbewuBten. Der entscheidende Schritt des Menschen auf das Wirkliche hin geschieht dann, wenn er bemerkt, daB sich Wirkliches "feststellen" laBt, daB sich StUcke des Wirklichen aus dem Ganzen der AuBenwelt heraussondern und durch Versuche befragen lassen. Wasser muB erst zu aqua des till at a gereinigt werden, wenn sich die RegelmaBigkeit des Siedens und Gefrierens genau er weisen solI. Die reinen Stoffe aber haben Eigenschaften von dieser erstaunlichen Bestimmtheit, wie sie die exakten Naturwissenschaften beschreiben. Schwefel verbrennt immer wieder mit blauer Flamme zu Schwefeldioxyd. Und immer stehen die Mengen Sauerstoff und Schwe fel, die sich dabei mit einander verbinden, in demselben Verhaltnis. 1st diese erstaunliche Zuverlassigkeit der Natur begreiflich? Die Philosophie neigt dazu, die Frage zu bejahen. Sie sucht die Gesetz maBigkeit der Natur durch reines Denken zu begrunden. Aber die Entwicklung der Naturwissenschaften widerlegt diese Ansicht. Der Forschende ist zwar zunachst auf Vermutungen angewiesen, die sein Eigentum sind, und auf Ideen, nach denen er diese Vermutungen ent wirft. Die Idee der Ursache etwa und die Idee des euklidischen Raumes haben sich oft bei der Bildung von naturwissenschaftlichen Theorien bewahrt. Aber so wenig sich Ideen als gUltig und wirklich "feststellen" lassen, so wenig sind sie auch Vorbedingungen fUr das Wirkliche. Das Feststellen beruht auf ganz einfachen anschaulichen Handlungen, Handfertigkeiten und Beobachtungen und ist unabhangig von den all gemeinen Ideen des Geistes. Das sieht man an Feststellungen, die sol chen Ideen widersprechen. 4 I. Essays Die AuBenwelt HiBt sich z. B. nicht, wie DESCARTES meinte, auf Raumlichkeit und Undurchdringlichkeit der Materie zuriickfUhren. Die Atome sind trotz ihrem Namen zerlegbar. Die Materie laBt sich zwar nicht zerstoren, aber in Energie verwandeln. Ursache und Wir kung verlieren im Kleinen ihren entschiedenen Sinn. GesetzmaBigkeit ist nicht notwendig kausale GesetzmaBigkeit. Und Raum und Zeit sind nicht Vorformen alles Wirklichen, sondern se1bst Wirklichkeiten, deren Beschaffenheit durch Beobachtung ermittelt werden muB. Die Wirklichkeit hat verstanden, sich dem Vorgriff aller dieser Gesetze zu entziehen. Und sie enthiillt ihre Eigenschaften dem Priifenden nur, wenn er die Moglichkeit der Entscheidung fUr sie we it genug ab steckt. Der Geist muB lernen auf seine Eigenmachtigkeiten zu ver zichten, wenn er das Wirkliche erlangen will, - eine unendliche Auf gabe, denn er liebt die voreiligen Verallgemeinerungen und die Sym metrie seiner Systeme. Das Wirkliche steht dem Geist unabhangig, unableitbar, ja fremd gegeniiber. Das uns vertraut Umgebende begleitet uns nur, solange wir, in unserer Tatigkeit befangen, unseren eigenen Gedanken nach gehen. PlOtzlich aber steht es wie Schweigen urn die Dinge, sie sind mit einem Rand von Unerklarlichkeiten umgeben. Sie fliistern "wir sind, und du bist". Wir sind; aber was sind wir wirklich? Das ist die unheimliche Frage, die am Ende dieses Weges durch das Wirkliche auftaucht. Wir denken und erwagen die Wirklichkeit und finden uns selbst denkend als Wirkliche. Grundsatzlich ist ein Mensch, der, einer Spiegel wand entgegengehend, auf sich selbst zukommt und sich plOtz lich erkennend, ruft und sich rufen sieht "ach, das bin ich!", nicht ab surder als ein Mensch, der mit Hilfe irgend welcher Strahlen, Spiegel und Glaser in sein Gehirn hineinsahe und dort die Veranderungen beobachtete, die bei dieser Beobachtung in Tatigkeit treten und ihn wiederum ausrufen lieBen: "das also bin ich!" Das Wirkliche ist uns fremd, und mit tiefer Entfremdung betrach ten wir uns selbst, wenn wir uns in dem unbekannten Planetensystem unseres Leibes als wirklich und wirkend entdecken. Der Weg von den Menschen zu den Gottern ist viel naher als der Weg yom Menschen zu diesem, aus Atomen aufgebauten, wirklichen Leibe. Miissen wir uns in diesem Bilde anschauen? Warum kehren wir nicht urn? Wie eine Saure friBt sich das BewuBtsein in das Wirkliche und das Wirk liche in das BewuBtsein hinein. Was halt uns vor dieser Unabsehbar keit des Such ens und Findens? Die Wirklichkeit selbst ist es, die uns Die Unverstiindlichkeit der Mathematik 5 halt. Das Wirkliche der Entdeckung des Wirklichen, die Bestandigkeit dieses anderen, das sich dem Geist enthullt und dem Geist die Verant wortung fur wahr und falsch abnimmt. Der Geist lemt auf der Erde zu gehen, er spurt Boden unter seinen FuBen. Er vermag das Ende seines Weges nicht abzusehen, wie er es vordem zu konnen vermeinte, aber er geht voran. Er lernt fragen und findet Antwort. Hier sind Turen, die sich auft un. Die Gotter sind stumm, aber die N atur steht uns Rede. Das ist es: die fremde Wirklichkeit hat sich in eine Zwiesprache ein gelassen, die den Geist gefangen nimmt als Geist. Nach Antwort dur stig, flieht der Geist aus seiner tautologischen Leere in die Fulle des Wirklichen utid aus seiner unverbindlichen Selbstentfaltung in die strenge Schule des Feststellens. Mit tiefem MiBvergnugen blickt er nun in seiner einsamen Versponnenheit und Oberheblichkeit zuruck. Das Wirkliche ist sein Schicksal. Nur uber das Wirkliche findet er den Weg zu sich selbst. DIE UNVERSTANDLICHKEIT DER MATHEMATIK Die Sonderstellung des Mathematischen im allgemeinen Bildungsgut ist nicht zu bestreiten. DaB Mediziner mit der Erforschung von Krebs und Physiker mit Atomkernen sich beschaftigen, ist sogleich verstand lich, doch was fur den forschenden Mathematiker heute aktuell ist, laBt sich nicht ins Allgemeinverstandliche ubersetzen. Vom Standort der allgemeinen Bildung aus stoBen wir bei der Frage nach der Mathe matik zunachst auf dies Faktum. Dies Faktum aber bedeutet ein Pro blem, ein Problem, das zwar nicht neu, aber nichts desto weniger aktuell ist. Denn haben wir nicht standig den mathematischen Zug der wirklichen Natur vor Augen, und kann di~ Bedeutsamkeit der mathe matischen Struktur der Naturgesetzlichkeit innerhalb der Natur und fur unsere Auseinandersetzung mit der Natur verkannt oder irgend wie bestritten werden? Da ist die gradlinige Fortpflanzung des Lichts, die uns taglichen praktischen Unterricht in Perspektive und darstel lender Geometrie gibt. Da sind die Bewegungen der Gestirne, deren Perioden in das vage Dahinstromen der geschichtlichen Zeit die eine gesetzliche Reihe der Tage und Jahre einpragen und uns zugleich an eine groBartige Entwicklung menschlichen Denkens yom PTOLEMA ischen System der Alten uber KOPERNIKUS und KEPLER zu der klassi- 6 I. Essays smen Theorie der Smwerkraft von NEWTON bis zu der neuesten Theorie von Raum, Zeit, Bewegung und Smwerkraft, die EINSTEIN entwarf, erinnem. Da sind femer aIle diese vielen Konstruktionen auf dem ReiBbrett und die Beremnungen der Festigkeiten und Gesmwin digkeiten, mit denen die temnismen Erfindungen anheben. Kurz, wo exaktes Naturerkennen und wo Temnik getrieben wird, ist Mathema tik mit im Spiel und zwar in einer unvermeidlichen ganz entsmeiden den Weise. 1st es im Anblick von so viel mathematischem Ansmauungs stoff, den dom jeder irgendwie zu bewaltigen hat, und zweifellos jeder in seiner Weise bewaltigt, glaubwiirdig, daB das Mathematische dem allgemeinen Verstandnis in dem MaBe entzogen sein solI, wie es die gangige Meinung behauptet? Liegt hier nicht vielmehr ein Paradoxon vor, welmes das vemiinftige Selbst- und Weltverstandnis betrifft und aum den Nimtmathematiker zum Namdenken iiber das Wesen der Mathematik antreiben muB? Beachten wir vorerst dies: Wissen ist Wissen von Samverhalten, die Gesamtheit der Sachverhalte gliedert sim in Gebiete, und jedem beson deren Q:biet ist eine Einzelwissensmaft zugeordnet. Da miiBte sim also aum die Mathematik durm die Sachverhalte, die sie ermittelt, beschreiben und etwa als Lehre von Zahl und Raum in das Ganze des Wissens einordnen und wenigstens im Prinzip verstehen lassen. Die Erfahrung zeigt, daB dies nicht der Fall ist. In der Tat: das natiirlime Interesse fiir Samverhalte rimtet sim auf Samverhalte in der Welt. Das Ziel fast aller Wissensmaften liegt in der Rimtung dieses Inter esses und der Fortschritt ihres Wissens laBt sim unschwer in die Form eines Tatsachenberimtes kleiden, der auch dann noch unserem Inter esse inhaltlim genug zu bieten hat, wenn die Sachverhalte im Einzel nen so kompliziert sind, daB man das Nahere gem dem Fammann iiberlaBt. Rein mathematisme Sachverhalte aber gehoren nimt dieser Welt an, in bezug auf die wir so gut verstehen, daB es etwas gibt, was wir noch nicht wissen und zu dem wir hinfinden wollen. Und wenn man Mathematik als Lehre von Zahl und Raum aufzufassen sumt, so be merkt man alsbald, daB damit gamimts gewonnen ist und daB die Span nung und Erwartung wie gegeniiber Weltsachverhalten nimt entsteht. Wenden wir unseren Blick wieder dahin, wo uns das Mathematisme so deutlim und eindrucksvoll entgegentrat und fragen wir nam dem allgemeinen, sachlich logischen Charakter, den das Mathematische als Zug der Natur hat, so weist uns smon die grammatisme Wendung die wir dabei benutzen muBten, darauf hin, daB das Mathematisme Die Unverstlindlichkeit der Mathematik 7 uns hier nicht in der Form von Sachverhalten, sondern als Eigenschaft besonderer Sachverhalte entgegentritt. Wie verhalt sich nun aber der Bereich der geometrischen Eigen schaften, die wir an den Dingen entdecken und in denen diese uns be kannt und vertraut werden, zu dem Lehrgebaude der Geometrie? Die Antwort erfordert einen weiteren Begriff, der generell auf Eigen schaften anwendbar ist. Es gibt Eigenschaften, die sich wechselweise ausschlieBen und es gibt Eigenschaften, welche die notwendige Folge anderer Eigenschaften sind. Ein Bereich von Eigenschaften hat, so konnen wir sagen, eine logische Struktur. Und bei den geometrischen Eigenschaften der Dinge ist diese Struktur bemerkenswert engmaschig. rch meine damit: es gibt ganz wenige grundlegende Eigenschaften raumlicher Gestalten, aus denen sich aIle geometrischen Eigenschaften uberhaupt in rein logischer Weise aufbauen oder wie man sagt defi nieren lassen, und es gibt einige wenige grundlegende Satze, die Axiome der Geometrie, aus denen sich alle ubrigen Satze der Geome trie durch logische Beweise ableiten lassen. Urn Mathematik zu verstehen, gilt es, diese eigenartige Umwendung von den Sachverhalten zu den Eigenschaften zu vollziehen, die der Umwendung, die PLATO in seinem beruhmten Hohlengleichnis schil derte, gar nicht so unahnlich ist. Denn auch fur uns handelt es sich darum, den in Sinnesanschauung und im Tatsachlichen befangenen Blick zum reinen Denken hinzuwenden und das Erstaunen des Den kenden daruber wachzurufen, daB es mathematische Beweise gibt und daB der wesentliche Charakter des Mathematischen gerade in seiner logischen Struktur besteht. Fur die anschauliche Erfassung einzelner Dinge ist die Einsicht in die logische Struktur der geometrischen Eigenschaften nicht wichtig. Aber bedenken wir, daB die physikalischen Sachverhalte der unmittel baren Anschauung im allgemeinen nicht zuganglich sind und daB da her auch das Mathematische an ihnen fur den Forscher nicht offen da liegt, und erinnern wir uns noch einmal der Entwicklung der Astrono mie von PTOLEMAUS bis EINSTEIN, so wird vielleicht wenigstens im Prinzip deutlich, daB sich die mathematische Struktur eines Eigen schaftsbereiches im allgemeinen nicht aus der Natur ablesen laBt, son dern daB diese Struktur auf Grund vorlaufiger Beobachtung erst ver mutet und dann als Theorie konstruiert werden muB, die erst nach dieser Konstruktion im Abstrakten hypothetisch angewendet und durch Experimente gepriift werden kann. Urn einer sol chen Aufgabe

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