GAUSS CARL FRIEDRICH GAUSS Walter K. Buhler GAUSS Eine biographische Stodie Mit 10 Abbildungen Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York London Paris Tokyo WALTER K. BOHLER 204 Barker St., MI. Kisco, NY 10549, USA FrQlllispiz: GauB im Jahre 1803 (Portrait von J. C. A. Schwartz) Tilel der engiischen Originalausgabe W. K. Buhler: GaWiS. A Blogn.phical Study ~ Springer.Verlag New York Inc. 1981 AMS Subject Classification (1980): OlASS, 01A70 ISBN 978-3-642-51444-9 ISBN 978-3-642-51443-2 (eBook) DOl 10.1007/978-3-642-51443-2 CIP·Kul"Ztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Bilhler, Waller K.: GauB I w. K. Biihler.- Berlin; Heidelberg; New York ; London; Paris; Tokyo: Springer, \986. Oas Werk iSI urheberr~hllich ge§chuizi. Die dadurch begriindeten Re<:hle, insbesondere die der Oberscl· zung, des Nachdrockes, de. Entnahme von Abbildungen, der Funksendung, der Wiedergabe auf photome chaniKhem oder ahnlichem Wege und der Speicherung in Dalenverarbeilungsanlagen bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehahen. Bei Vervielfiiltigung fUr gewerbliche Zwecke ist gemliB § 54 UrhG eine Vergiilung an den Verlag zu uhlen, deren Hohe mil dem Verlag zu vereinbaren iSI. e Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1987 Softcover reprinl ofthe hardcover 151 edilion 1987 Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenoozeichnungen U$W. in diesem Werk berech ligl auch ohne besondere Kennzeiehnung niehl IU der Annahrne, daB solche Namen im Sinne der Warenzei_ chen- und Markenschul1.-Geselzgebung als frei IU belrachlen wiren uDd <laher von jedermann beDul1.1 werden diirften. 214413150-543210 Vorwort Die vorliegende deutsche Ausgabe meiner GauBbiographie unterscheidet sich nur geringfugig von dem gleichzeitig erscheinenden korrigierten Nachdruck der englischen Ausgabe. Fur die deutsche Fassung wurden einzelne Passagen abgeandert; dabei handelt es sich vorwiegend urn historische Erlauterungen, die in einer an deutschsprachige Leser gerichteten Ausgabe gestrafft werden konnten. Mein Ziel ist jedoch dasselbe geblieben, namlich dem historisch interessierten Mathematiker und Naturwissenschaftler einen Zugang zum Verstandnis des Lebens und Werks Carl Friedrich GauB' zu verschaffen. Das Werk GauB' ist umfangreich und behandelt ein sehr breites Spektrum von Themen aus der reinen und angewandten Mathematik sowie aus den Anwendungsgebieten, darunter der Astronomie, der Geodasie und der Phy sik. Meine Auswahl ist subjektiv, und ich habe 'mich auf Fragen beschrankt, die ich als exemplarisch ansehe. Der Zweck dieses Buchs ist dann erfullt, wenn es den Leser an die Originalarbeiten GauB' heranfuhrt. In diesem Zu sammenhang sei erwahnt, daB fast aile wichtigen Werke GauB' in deutschen Ubersetzungen vorliegen, soweit sie nicht schon ursprunglich auf Deutsch verfaBt wurden. Eine Reihe ausfUhrlicher in diesem Buch gegebener Zitate zeigt, wie GauB' Stil dem heutigen Leser noch unmittelbar zuganglich ist und in seiner Direktheit nichts an Uberzeugungskraft veri oren hat. An dieser Stelle bedanke ich mich bei verschiedenen kritischen Lesern des ursprunglichen deutschen Manu.skripts, insbesondere den Herren Peter Kaufmann-Buhler, H.Opolka und M. Schroter, die mir mit zahlreichen de taillierten Kommentaren geholfen haben. Die deutsche Fassung dieses Buchs ist dem Andenken an Herrn Walter Doll gewidmet. September 1986 Mt. Kisco, New York W. K. Buhler Inhal tsverzeichnis Einfiihrung ........................................................ 1 1. KAPITEL Kindheit und Jugend, 1777-1795 .................................... 5 1. ZWISCHENKAPITEL Zur politischen und sozialen Situation ............................... 10 2. KAPITEL Student in Gottingen, 1795-1798 .................................... 14 2. ZWISCHENKAPITEL Die Anlage von GauB' Gesammelten Werken ......................... 17 3. KAPITEL Das zahlentheoretische Werk ........................................ 20 3. ZWISCHENKAPITEL Der EinftuB von GauB' zahlentheoretischem Werk .................... 36 4. KAPITEL Riickkehr nach Braunschweig, Promotion, Ceresbahn ................. 39 5. KAPITEL Die rest lichen Braunschweiger Jahre. Heirat ......................... 48 4. ZWISCHENKAPITEL Die politische Situation in Deutschland zwischen 1789 und 1848 54 6. KAPITEL Familienleben. Der Umzug nach Gottingen .......................... 57 7. KAPITEL Tod der Johanna GauB, zweite Ehe und die erst en Jahre als Professor in Gottingen ............................................... 62 5. ZWISCHENKAPITEL Sektion VII der Disqu.Arithm. ....................................... 69 6. ZWISCHENKAPITEL GauB' Stil ........................................................... 76 8. KAPITEL Das astronomiscl).e Werk. Elliptische Funktionen ..................... 80 VIII 7. ZWISCHENKAPITEL Modulformen. Die hypergeometrische Funktion 88 9. KAPITEL Landvermessung und Geometrie .................................... 92 10. KAPITEL Vom Ruf nach Berlin bis zum Ende der zweiten Ehe ................ 107 11. KAPITEL Physik .............................................................. 118 8. ZWISCHENKAPITEL GauB' personliche Interessen nach dem Tod der zweiten Frau ......... 127 12. KAPITEL Die Gottinger Sieben ................................................ 131 9. ZWISCHENKAPITEL Die Methode der kleinsten Quadrate 134 13. KAPITEL Numerische Mathematik. Dioptrik 138 14. KAPITEL Die Jahre zwischen 1838 und 1855 ................................... 142 15. KAPITEL GauB' Tod .......................................................... 150 Nachwort (10.ZWISCHENKAPITEL) .................................. 152 ANHANG A Die Gesammelten Werke ............................................. 155 ANHANG B Eine Ubersicht tiber die Sekundarliteratur ............................ 158 ANHANG C Index der Werke GauB' .............................................. 163 Anmerkungen ....................................................... 173 Literaturverzeichnis ................................................. 185 Stichwort- und Namenverzeichnis .................................... 189 Einfiihrung 1977 wurde die Zweihundertjahrfeier von Ga.ufi' Geburt begangen, und 1980 markiert die 125. Wiederkehr seines Todestages. Dies bedeutet, dafi die Personlichkeit Gaufi' von einer Umwelt geformt wurde, die sehr lange zuriick liegt - dem 18. Jahrhundert und den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhun derts. Ein unmittelbarer Zugang zu diesem Teil unserer Vergangenheit ist nicht mehr moglich. Es wird von J ahr zu J ahr schwieriger, eine Biographie Gaufi' zu schrei ben. Immer mehr Details miissen erklart werden, vor allem, wenn der Autor sich an Leser wendet, deren Interesse nicht primiir historisch ist. Es scheint, dafi in einigen wenigen Jahren die letzten sichtbaren Spuren der Aufkliirung und der Romantik verschwunden sein werden. Das vorliegende Buch beschreibt das Leben des Mathematikers und Naturwissenschaftlers Carl Friedrich Gaufi. Gaufi lebte in einem Zeit alter aufierordentlicher politischer und sozialer Umwiilzungen - aufierordentlich, selbst wenn man die Mafistiibe unserer heutigen Zeit anlegt. Gaufi war zu Beginn der franzosischen Revolution zwolf Jahre alt, 29, als das scheinbar ewige tausendjahrige Heilige Romische Reich aufgelost wurde, 38, als Na poleon besiegt wurde, und iiber 70 im Jahr 1848, als Deutschland seine eigene liberale Revolution hatte. Zur selben Zeit fand die sogenannte erste industrielle Revolution statt mit umgreifenden Auswirkungen auf das All tagsleben und auf die politische und soziale Ordnung. Offensichtlich hatte all dies auch seine explizite Bedeutung fiir Gaufi. Bestimmte Auswirkungen lie gen auf4ier Hand wie etwa die Moglichkeit wissenschaftlicher Grofiversuche oder die Verbesserung von Fernrohren und anderer optischer Instrumente, aber wir werden auch subtileren Effekten begegnen wie etwa den Folgeer scheinungen des Endes des traditionell absolutistischen Feudalstaates und des Aufkommens absolutistischer Regierungen "neuen Stils" in Deutsch land oder der Erleichterung vieler Schwierigkeiten des Alltagslebens durch Industrieprodukte. Diese Biographie richtet sich an Mathematiker und Naturwissenschaft ler, nicht an Wissenschaftsgeschichtler oder Psychologen, die die Skalps grofier Manner sammeln. Der Anspruch dieses Buchs ist bescheiden, denn es wird nicht versucht, hier das definitive Leben C. F. GaufJ' darzustellen. 2 Gau13' wissenschaftliches Werk, insbesondere seine Beitrage zur Ma thematik, ist noch heute von aktuellem wissenschaftlichem Interesse. Die Beschaftigung mit ihm vermittelt viele fruchtbare Anregungen. GauS hatte tiefen Einblick in viele Probleme, die auch heute noch nicht voll verstanden sind. Wissenschaftliche Arbeiten von solchem Rang sind zeitlos. Das ist der wahre Grund, warum wir uns fUr einen Mann wie Gau13 interessieren; es ist lohnend, aber auch eben moglich, seine Ideen und sein Leben zu verstehen. Das vorliegende Buch ist eine Art Reisefiihrer, der ein Gebiet erschlieSen will, das schwer zuganglich, aber voller ungewohnlicher Attraktionen ist. Wenn ein Reisefiihrer niitzlich sein will, muS er auswahlen. Wer ihn beniitzt, verliert nicht seine Unabhangigkeit, aber er sollte der Ortskenntnis und, was wichtiger ist, dem Geschmack seines Fiihrers vertrauen konnen. Wann immer in dem vorliegenden Buch Entscheidungen zu fallen waren, sind sie zu Gunsten spezifischer Beispiele und Probleme, als IIlustrationen von Gau13' Art, zu denken und zu forschen, getroffen worden. Dies schien die beste Methode, urn Gau13 in seinem Verhaltnis zu seiner Zeit zu verste hen. Der Entscheidung, bestimmte Themenkreise zu behandeln oder zu ver nachlassigen, haftet eine bestimmte WiIlkiir an, und offensichtlich werden viele wichtige Themen aus GauS' Werk stillschweigend iibergangen. Ent scheidend ist jedoch das Gesamtbild, mit allen Fehlern und Widerspriichen im Detail. GauS' Karriere, seine ungebrochene Entwicklung unter fast stets giin stigen Umstanden, war ungewohnlich fiir die damaligen Verhaltnisse in Deutschland. Das ist nicht nur von historischem Interesse, denn diese un gebrochene Entwicklung bestimmte GauS' Leben und Werk, beeinftuSte aber auch seine Einstellung zur Umwelt. Gau13 "paBt" nicht in die intel lektuelle Szenerie des Deutschlands des ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhunderts; dies ist wohl einer der Griinde dafiir, da13 die altere Se kundarliteratur so wenig Verstandnis fiir die nichtwissenschaftlichen Aspekte seines Lebens aufgebracht hat. Die beiden wichtigsten und niitzlichsten Veroffentlichungen in der Se kundarliteratur gehen auf Felix Klein zuriick. Es handelt sich dabei urn Kleins Zusammenfassung des mathematischen Werks Gau13' in seinen Vorle sungen zur Entwicklung der Mathematik im 19. Jahrhundert und UIlJi die ver schiedenen Essays, die auf Kleins Veranlassung in den Banden X und XI der Werke GauB' abgedruckt sind. Diese Essays, die in einem der Anhange dieses Buchs besprochen werden, stammen von bedeutenden Mathematikern und Naturwissenschaftlern und haben sehr zum intellektuellen Verstandnis des Werks Gau13' beigetragen. Urspriinglich hatte der Plan bestanden, mit den Gesammelten Werken auch Gau13' wissenschaftliche Biographie zu veroffent lichen. Diese Biographie, sowie der geplante Sachindex, sind jedoch nicht zu Stande gekommen. Das vorliegende Buch enthalt sehr wenig, was dem Spezialisten nicht schon bekannt ware. Fast aile benutzten Quellen sind veroffentlicht und all- 3 gemein zuganglich. Die Gesammelten Werke sind recht vollstandig, und fast aile wesentlichen Teile der erhaltenen Korrespondenz Gaufi' sind veroffent licht worden. Die Anhange zu diesem Buch enthalten zusiitzliche Informa tionen zu den primaren und sekundaren Quellen. Diese Biographie hiitte nie gesch~ieben werden konnen ohne die um fangreiche Sekundarliteratur zu Gaufi' Leben und Werk. Kleins Beitrage wurden bereits oben erwiihnt; als eine weitere sehr wichtige Quelle sei G. W. Dunningtons C.F. Gauss ~ Titan of Science (1955) genannt. Dieses Buch enthiilt eine ungeheuere Masse an Material, das Ergebnis einer sich iiber 20 Jahre erstreckenden Sammlertatigkeit. Es war schwierig zu entscheiden, in weJchem Mafi dieses Buch mit ei nem wissenschaftlichen Apparat versehen werden sollte. Die Fufinoten, die den Text begleiten, enthalten Belege und in bestimmten Fiillen zusatzliche Informationen. Es ist offensichtlich, dafi der Grofiteil des Texts aus Behaup tungen besteht, die nicht direkt belegt werden, aber es wurde jedenfalls versucht, aile Aussagen, die nicht im Kanon der Uberlieferung enthalten sind, mit Belegen und Literaturhinweisen zu untermauern.