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Gaben des Meeres PDF

197 Pages·1931·9.44 MB·German
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Verstandliche Wissenschaft Dreizehnter Band Gaben des Meeres Von Eugen N eresheimer Berlin· Verlag von Julius Springer' 1931 Gaben des Meeres Von Dr. Eugen Neresheimer Ministerialrat im Bundesministerium fur Land~ und Forstwirtschaft, Wi en 1. bis 5. Tausend Mit 16 Abbildungen Berlin· Verlag von Julius Springer' 1931 ISBN-13: 978-3-642-90196-6 e-ISBN-13: 978-3-642-92053-0 DOl: 10.1007/978-3-642-92053-0 Aile Rechte, insbesondere das der Cbersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1931 by Julius Springer in Berlin. Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1931 Meiner Mutter zugeeignet Vorwort. Wenn die Neugierde sich veredelt und verfeinert, so wird sie zur wissenschaftlichen Forschung. Der Laie, dem eine andere Veranlagung oder auch au6ere Umst1i.nde die ein gehende Beschaftigung mit wissenschaftlichen Fragen nicht erlauhen, kann oft den unendlichen Reiz nicht verstehen, der uns antreiht, jahrelang Muhe und Flei6 aufzuwenden, urn ein Ratsel zu losen, das nach seiner Meinung niemanden etwas angeht. Was hat man davon, wenn man ergriindet hat, wie die alten Bahylonier ihre Wasserleitungen gebaut hahen, wie weit die Spiralnebel von der Erde entfernt sind, oder wie die Tiere in einer Meerestiefe von 5000 m sich ernahren? Sehr viele Gelehrte werden ganz. einfach antworten, da6 gerade die Losung dieser oder jener Fragen sie befriedige und der Wissenschaft zu einem wesentlichen Fortschritt verhelfe, und da6 die Wissenschaft gr0f5 und edel genug sei, urn Selbst zweck zu sein. Tatsiichlich glaube ich auch, da6 die Wissenschaft Selbst zweck sein solI, da6 der Forscher nicht zu fragen braucht, was bei seiner Arbeit an unmittelbarem Nutzen herauskomme, da6 die seltsame und gr0f5artige Neugierde, die den wahren Forscher beseelt, ihren Lohn in sich selbst tragt. Gleichzeitig aher glauhe ich auch, da6 es gar keine wissenschaftliche Er kenntnis - zurn wenigsten auf dem Gebiete der Naturkunde - geben kann, die nicht eines Tages sich in wirklichen, greif baren Gewinn fur die Menschheit umsetzen wiirde, ganz gleich, ob der Gelehrte, der sie erarbeitet hat, dahei daran dachte oder nicht. Hunderte und aher Hunderte von Gelehr ten arbeiten seit Jahrhunderten daran und werden noch viele Jahrzehnte daran arbeiten, das Leben der Tier- und Pflanzen- VII welt des Weltmeeres zu erforschen; verschiedene Expeditionen sind von den Kulturstaaten ausgesandt worden, urn den einen oder anderen Fragenkomplex aus dies em riesigen Wissens gebiete zu studieren, ohne daB der Auftraggeber oder die Expeditionsteilnehmer an einen praktischen Nutzen aus dieser Arbeit gedacht hatten. Und doch, eines Tages ergab sich die Beziehung der rein theoretischen Erkenntnis zu einer prakti schen Frage, die tief ins Leben der gesamten Menschheit ein schneidet. Viele Arbeitsgebiete der praktischen Wissenschaft sind auf diese Weise erst von der theoretischen Wissenschaft entdeckt und begriindet worden. Wenn heute die Fragen der Meeresfischerei von einem groBen internationalen Stabe von Gelehrten bearbeitet werden, so geht doch alies, was diese er reichen oder erstreben, auf die stille Forschung zuriick, die nicht nach dem W ozu gefragt hat, sondern nur ganz einfach neugierig war nach dem Wie und dem Warum. Von dieser Arbeit und ihren Erfolgen und ihren Zielen etwas zu erzahlen, den Zusammenhang zu zeigen zwischen Theorie und Praxis, das soIl in diesem Biichlein versucht werden. Wien, im Juni 1931. Eugen Neresheimer. VIII Inhaltsverzeichnis. Seite Das Meer und seine Gaben . . . . . . . . . 1 Der Hering und seine Sippe. 9 Die Dorsche . . . . . . 30 Die Plattfische. . . . . 42 Die Haie und Rochen . 52 Der Aal ........ . 55 Der Lachs und seine Verwandten . 72 Die Binnenfischerei. 83 Die Fischindustrie 87 Die Wale .... 96 Die Seektihe . . . 112 Die Robben .... 114 Die Schildkroten . 117 Die Auster .... 123 Andere eJ3bare Muscheln . 133 Die Krebstiere . . . . . . 137 Stachelhauter und Wtirmer 145 Schwamme und Korallen . 153 Muschel· und Schneckenschalen, Purpur . 166 Perlen ........ . 168 Sepia ........ . 184 Sachverzeichnis. 187 IX Das Meer und seme Gaben. Zwei Machte sind es, von denen in fiir uns alle sichtbarer und fiihlbarer Weise das Leben auf der Erde beherrscht wird: die Sonne und das Wasser. DaB ohne die Warme, die uns die Sonne Tag fiir Tag spendet, unser Planet in Nacht und Eis erstarrt ware, ist ja ohne weiteres klar; daB alles, was wir als Kraft oder Energie hezeichnen, sei es nun Muskel kraft oder die Kraft des Windes, des stromenden Wassers oder unserer Maschinen, zuletzt Sonnenenergie ist, das ist ein Grundsatz, der wohl heute auch jedem Laien in natur wissenschaftlichen Dingen gelaufig ist. Aber ebensowenig wie ohne Sonne, ist ein Leben auf der Erde ohne Wasser denkbar. 1st doch der Korper des Men schen und alIer anderen Lebewesen zum sehr groBen Teile aus Wasser aufgebaut, und wo es an Wasser fehlt, wie in den eigentlichen Wiistenregionen unserer Erde, da ist auch das Leben erloschen oder fast ganz erloschen, denn absolut ohne Wasser ist ja auch die diirrste Wiiste nicht. Und was wir dort an lebenden Wesen finden, etwa jene seltsamen Pflan zenformen, Kakteen und ahnliche, fristen ihr Leben nur dadurch, daB sie die Fahigkeit ausgebildet haben, auch die kleinsten Feuchtigkeitsmengen an sich zu ziehen und fest zuhalten: sie leben vermoge ihrer wasserspeichernden Organe. Und das groBe Reservoir dieses unentbehrlichen Lebens elementes is! das Meer, das zwei Drittel der Erdoberflache be deckt, in das zuletzt alles andere Wasser zuriickkehrt, wie es in dem ungeheuren Kreislauf des Geschehens auch immer wieder von ihm ausgeht und die anderen Gewasser speist. Denn durch Verdunstung, also durch die Einwirkung d(3r Sonnenwarme, wird das 'Vasser immer wieder dem Meere 1 Neresheimer, Gaben des Meeres. I entnommen und in den Wolken iiber den Erdhall getrag·en, um als Niederschlag zuriickzukehren und Fruchtbarkeit zu spenden. Ober dem Meere beladen sich die regelmaBig wehen den Winde, die Passate und Monsune, mit den riesigen Feuchtigkeitsmengen, um sie den heiBen Landern zuzufiihren, die von ihnen leben. Und ganz kiirzlich erst ist uns die un ermeBliche Bedeutung dieser lebenspendenden Winde an einem eindrucksvollen Beispiel vor Augen gefiihrt worden, als wir durch die Resultate von D y h r e n fur t h s Himalaja expedition die Erklarung fiir den Umstand erhielten, daB in der Wiiste Gobi erst in historischer Zeit groBe Landstrecken, die friiher bewohnt waren, Wiistencharakter angenommen haben: das Himalajagebirge ist heute noch in Hebung be griffen; der Wall, der dem vom Indischen Ozean herkom menden, regenbeladenen Monsun den Weg nach Zentralasien sperrt, wird immer hoher, die dadurch zum Austrocknen verurteilten Gebiete immer ausgedehnter. DaB die Nachbarschaft des Meeres das Klima eines Landes besser und angenehmer gestaltet, ist ja bekannt. Jedermann weiB, daB ein kontinentales Klima iibermaBig heiBe, trockene Sommer und iibermaBig kalte Winter bedeutet, wahrend dort, wo die ozeanischen Winde ungehinderten Zutritt haben, die Gegensatze ausgeglichen, die Temperaturextreme gemildert sind. Ohne die ungeheure Verdunstungsflache des Welt meeres waren die fiir das Gedeihen von Pflanze und Tier un erlaBlichen Niederschlage nicht zu denken; nicht zu denken ware die gewaltige Kraftquelle, die uns he ute, im Zeitalter der Technik, die von den Gebirgen herabstromenden Gewasser durch ihr Gefiille liefern. All dieses Wasser - denn die etwa aus Seen und anderen Binnengewiissern stammenden Mengen verdunsteten Wassers spielen nur eine sehr unter geordnete Rolle und waren bald versiegt, wenn sie nicht durch die in letzter Linie dem Meere entstammenden Regen und Schneefiille gespeist' wiirden -, all dies Wasser ent stammt dem Meere, wird durch die Kraft del' Sonne in Wolkenhohe gehoben und stromt in ununterbrochenem Kreis laufe immer wieder dem Meere zu. Und wiihrend heute iiber all der Ausbau dieser Wasserkriifte zur Vermehrung del' fiir 2 uns arbeitenden Energie eifrig betrieben wird, beschaftigen: sich die vorausschauenden Geister, die Propheten unter den Technikern, mit den Problemen der unmittelbaren Ausnut zung der unermeBlichen Krafte des Meeres. In erster Linie kommt hier wohl das Problem in Frage, das schon lange die Menschheit beschaftigt und sie so lange beschaftigen wird, bis es eine wirklich praktische Losung gefunden hat: die unmittelbare Ausnutzung der Gezeitenbewegung zur Kraft erzeugung. In wie vielen Richtungen noch das Meer, das zu ruhen scheint und doch der Urquell ewiger Bewegung ist, uns dienstbar gemacht werden wird, wer kann es voraus ahnen? Es sei nur an die neuen, vielversprechenden Ver suche erinnert, die Temperaturdifferenzen, die das Wasser tropischer Meere in den verschiedenen Tiefen aufweist, als unmittelbare Kraftquelle zu verwerten. Oberall greift das Weltmeer nachhaltig in unser Leben und in unsere "Virtschaft ein; ob uns dies nun unmittelbar zum BewuBtsein komme wer nicht, auch auf dem Festlande, weit von jeder Kliste, sind wir von ihm ahhangig, genieBen seine Gaben und die Gahen fremder Lander, die es auf sei nem Rlicken zu uns tragt. Nicht zufallig sind von jeher Staa ten und Stadte, die liber freien Zugang zum Meer und iiber gute Hafen verfligen, reich und machtig gewesen und von: den anderen beneidet worden. Am unmittelbarsten verspliren wir den Segen des Meeres natiirlich da, wo es aus seinem lebendigen Schatze, aus der noch lange nicht voll erkannten Fulle der in ihm lebenden Organismen oder der in ihm verteilten Stoffe uns ernahrt. Mit jeder Mahlzeit nehmen wir ja eine der wichtigsten Gahen des Meeres zu uns, das Salz - gleichgultig, ob es heute an den warmen Gestaden des Sudens in groBen flachen Becken durch Verdunstung gewonnen wird, oder ob es von einem uralten, langst verschwundenen Meere als Steinsalz ahgelagert wurde und heute bergmannisch gewonnen wird -, immer ist as eine Gabe des Meeres, und eine der wichtigsten und unent behrlichsten. Volker, die weitab von jedem Meeresufer und jeder Salzahlagerung leben mussen, sind den Gliicklichereili tributpflichtig und miissen einen ganz beachtlichen Teil des 1* 3

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