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Funktionen des Lebendigen PDF

296 Pages·2016·1.594 MB·German
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Funktionen des Lebendigen HUMANPROJEKT Interdisziplinäre Anthropologie Im Auftrag der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben von Detlev Ganten, Volker Gerhardt, Jan-Christoph Heilinger und Julian Nida-Rümelin Band 15 Funktionen des Lebendigen Herausgegeben von Thiemo Breyer und Oliver Müller Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne, des Bernstein Focus Neurotechnology Freiburg * Tübingen (BFNT) und des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). ISBN 978-3-11-050045-5 e-ISBN (PDF) 978-3-11-049910-0 e-ISBN (EPUB) 978-3-11-049770-0 ISSN 1868-8144 Library of Congress Cataloging-in-Publication Data A CIP catalog record for this book has been applied for at the Library of Congress. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. © 2016 Walter de Gruyter GmbH, Berlin/Boston Einbandgestaltung: Martin Zech, Bremen Druck und Bindung: Hubert & Co. GmbH & Co. KG, Göttingen ♾ Gedruckt auf säurefreiem Papier Printed in Germany www.degruyter.com Vorwort Dieser Band bringt Autorinnen und Autoren in ein Gespräch, die aus verschie- denenPerspektivenundDisziplinenzurKonturierungderunterschiedlichenDi- mensionenundAspektederFormel„FunktionendesLebendigen“beitragen.Ein Autor, den wir für einen Beitrag gewinnen konnten, ist wenig später vor zwei Jahrenleiderverstorben:OlafBreidbach–eingroßerVerlustnichtnurfürdiesen Band, sondern auch für die Wissenschaft.Wir hoffen, dass ihm die Rezeption seinerTexteeinlangesakademischesNachlebenbeschert. Darüber,dassderBandindieReihe„Humanprojekt“aufgenommenwurde, sind wir sehr glücklich,und danken hierfür ganz herzlich dem Verlag und den Reihenherausgebern, insbesondere Jan-Christoph Heilinger, für die gewohnt kompetente Unterstützung bei unserem Vorhaben. Ferner danken wir Fabian NeuwahlfürdieHilfebeiderredaktionellenArbeitandenTexten. DenDruckdiesesBandeshabendervomBundesministeriumfürBildungund ForschunggetrageneBernsteinFocus„Neurotechnology–HybridBrains“(01GQ 0830)unddiea.r.t.e.s.GraduateSchoolfortheHumanitiesderUniversitätzuKöln finanziell unterstützt, wofür wir an dieser Stelle ebenfalls unseren herzlichen Dankaussprechen. ThiemoBreyerundOliverMüller KölnundFreiburgimSommer2016 Inhalt Vorwort I Thiemo Breyer und Oliver Müller Einleitung 1 I Formen des Lebendigen Christian Bermes Leben als Form der Praktischen Vernunft 11 Evan Thompson Living Ways of Sense Making 25 Oliver Müller und Franziska Krause Technik im lebendigen Selbst Natürliche Künstlichkeit und Vulnerabilität am Beispiel der Tiefen Hirnstimulation 43 II Normen des Lebendigen Volker Gerhardt Selbstbestimmung im Lebenszusammenhang 73 Roberto Esposito Biologisches und politisches Leben 93 Petra Gehring Leben und Gehirn Der Fall Neurokriminologie 105 Carolin Schwegler Das Argument „(zu)künftige Generationen“ in umweltethischen Konflikten Funktionen des Ungeborenen 123 IV Inhalt III Erfahrungen des Lebendigen Jeff Malpas The Threshold of the World 161 Matthew Ratcliffe Existential Feeling and Narrative 169 Andreas Urs Sommer „Moral als Vampyrismus“ Leben und Blutsaugen bei Friedrich Nietzsche 193 IV Grenzen des Lebendigen Tobias Eichinger Hirntot – untot – ganz tot? Ontologische Überlegungen 217 Hans Werner Ingensiep Subhumanismus und Heroismus im „Wachkoma“ Positionen und Reflexionen zum Bioethos in Grenzsituationen des Lebens 237 Thomas Dürr Hannah Arendt über lebende Leichname 259 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 279 Sachregister 283 Personenregister 285 Thiemo Breyer und Oliver Müller Einleitung Nachdem schon zwei instruktive Bände zu „Funktionen“ erschienenen sind – „FunktionendesBewusstseins“und„FunktionendesErlebens“¹–,hattenwirdie Idee, die Themenstellungen und Fragerichtungen der Reihe „Humanprojekt“ produktiv weiter zu entwickeln, indem wireinen Band zu den „Funktionen des Lebendigen“konzipieren.DerTitel„FunktionendesLebendigen“scheintunseine treffende Formel für ein vielschichtiges interdisziplinäres Arbeitsprogramm zu sein, mit dem eine zentrale Problemlage unserer Zeit,unserer Gesellschaft,un- serer Technik philosophisch erfasst und einzelwissenschaftlich ausbuchstabiert werdenkann.InderVerbindungdesmethodologischenBegriffsderFunktionmit dem phänomenalen Begriff des Lebendigen liegt auch kulturreflexives, episte- mologischesundwissenschaftsgeschichtlichesPotential.DerFunktionsbegriffist ein Schlüsselbegriff im Diskurs der Moderne, gerade im Kontext von wissen- schaftstheoretischenundanthropologischenProblemstellungen.DasPhänomen des Lebendigen wiederum kann nach wie vor als eine der großen Herausforde- rungen für das philosophische Denken gelten, sei es in ontologischer, phäno- menologischer oder normativer Hinsicht. Unser Band bezweckt, verschiedene wissenschaftliche Disziplinenzusammen zu bringen,um einigeFunktionen des Lebendigen zum Thema zu machen,um das Feld für ein interdsiziplinäres For- schungsprogramm zu eröffnen. Im Folgendenwollenwir knapp und kursorisch aufeinigeBezüge,Traditionen,KontexteundFragestellungenhinweisen,diesich mitderFunktiondesLebendigenverbinden. EswarErnstCassirer,derdieBedeutungdesFunktionsbegriffsinseinemBuch SubstanzbegriffundFunktionsbegriffvon1910herausgearbeitethat,²demmanmit einer leichten Akzentverschiebung auch den programmatischen Titel „Vom Substanzbegriff zum Funktionsbegriff“ hätte geben können. In diesem wissen- schaftstheoretischen Werk werden die philosophischen Implikationen und Hin- tergrundannahmenderBegriffsbildungeninMathematikundPhysikthematisiert. Cassirerargumentiertdafür,dasswirwenigervoneinersubstanzhaften„Realität“ physikalischer„Gegenstände“ausgehensollten, sondernvon funktionalen Ord- nungsbegriffen innerhalb bestimmter Theoriearrangements. Cassirer blieb bei  Ganten,Detlev/Gerhardt,Volker/Nida-Rümelin,Julian(Hrsg.):FunktionendesBewusstseins, Humanprojekt , Berlin/New York, ; Jung, Matthias/Heilinger, Jan-Christoph (Hrsg.): Funktionen des Erlebens: Neue Perspektiven des qualitativen Bewusstseins,Humanprojekt , Berlin/NewYork,.  Cassirer,Ernst:SubstanzbegriffundFunktionsbegriff,GesammelteWerke,Hamburg,. 2 ThiemoBreyerundOliverMüller seiner wissenschaftstheoretischen Analyse nicht stehen, sondern hatden Funk- tionsbegriff für die Philosophie selbst sowie für die Kulturtheorie fruchtbar ge- macht,indemeraufseineBedeutungfürdas„Verstehen“derWeltinkulturellen FormeninseinerPhilosophie dersymbolischenFormenzurückgreift.³Wirverste- hen uns und unsere Welt,wennwir verstehen,welche Funktionen die symboli- schenFormenfürjenesVerstehenhaben. VordiesemHintergrund istesnur konsequent,dass Cassirer auch in seiner AnthropologieaufdenFunktionsbegriffzurückgreift:InseinemspätenWerkAn EssayonManunterstreichter:„[I]fthereisanydefinitionofthenatureor‚essence‘ of man, this definition can only be understood as a functional one, not a sub- stantialone“.⁴CassirerentwirfteineAnthropologieimRückgriffaufdieBiologie– insbesondereaufdie Arbeitenvon Jakobvon Uexküll, aber auch auf diejenigen vonWolfgangKöhler–undimRekursaufdieNeuropsychologie–KurtGoldstein, AdhémarGelb –,indemerdenspezifischen„Funktionskreis“herausarbeitet,in dem sich Menschen bewegen.Cassirer hat sich bekanntlich zum Programm ge- macht, den menschlichen Geist aus der menschlichen Kultur zu verstehen zu suchen,unddiemenschlicheKulturwiederumausderfundamentalenFähigkeit, SymboleundSymbolsystemeausbildenzukönnen.Diesgelingtihm,weilersich methodischkonsequentamBegriffderFunktionorientiert.Dabeiberührterim- merwiederdieFrage,wiedas„Geistige“ausdemLebendigenerwächstundvotiert dafür,dasVerhältnisvonGeistundLebennichtdualistischzufassen,sondernaus ebenjenemfunktionsbegrifflichenDenkenherauszuerklären.⁵ GleichwohlkommtCassirerinseinerKonzeptionanGrenzenundbehältZüge dessen,wasMauriceMerleau-PontymitdemTitel„Intellektualismus“kritisiert.⁶ Hiermitistgemeint,dassesCassirer(undanderen)indenAugenMerleau-Pontys nicht gelingt, das Bewusstsein hinreichend aus dem lebendigen Dasein zu er- klären, sondern letztlich doch auf dualistische Positionen zurückgreifen zu müssen – die das Verhältnis von Leben und Geist eher verdecken als erhellen, gerade weil sie fürdie Funktionen des Lebendigen nicht die adäquaten Begriff- lichkeiten haben. Seitdem wurde in den verschiedenen philosophischen Diszi- plinen–vonderPhänomenologieüberdiePhilosophiedesGeistesbiszurNeu- rophilosophie – intensiv über dieses Verhältnis diskutiert, wodurch sich die  Cassirer,Ernst:PhilosophiedersymbolischenFormen.ErsterBand:DieSprache,Gesammelte Werke,Hamburg,,VIIf.  Cassirer, Ernst: An Essayon Man: An Introduction to a Philosophyof Human Culture,Ge- sammelteWerke,Hamburg,,.  Cassirer,Ernst:„Geist“und„Leben“inderPhilosophiederGegenwart,in:Aufsätzeundkleine Schriften–,Hamburg,,–.  SieheMerleau-Ponty,Maurice:PhänomenologiederWahrnehmung,Berlin,,ff.

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