Fundamentalismusverdacht Reihe: Interkulturelle Studien Herausgegeben von Georg Auemheimer Wolf-Dietrich Bukow Christoph Butterwegge Hans-Joachim Roth Band 4 Wolf-Dietrich Bukowl Markus Ottersbach (Hrsg.) Fundamentalismusverdacht Plädoyer für eine Neuorientierung der Forschung im Umgang mit allochthonen Jugendlichen Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH 1999 Gedruckt auf saurefreiem und altersbestandigem Papier. ISBN 978-3-8100-2500-5 ISBN 978-3-663-10116-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-663-10116-1 © 1999 Springer Fachmedien Wiesbaden Ursprünglich erschienen bei Leske + Budrich, Op1aden 1999 Das Werk einschlieBlich aIler seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfaltigungen, Obersetzungen, Mikro verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Inhalt Einleitung Wolf-Dietrich BukowlMarkus Ottersbach: Der Fundamentalismusverdacht. Einige einleitende Bemerkungen ........ , 11 1. Die multikulturelle Gesellschaft als Bedrohung? Zum Stellenwert des Kulturellen in der Postmoderne Birgit Rommelspacher: Die multikulturelle Gesellschaft am Ende - oder am Anfang? ............ 21 Christoph Butterwegge: Fundamentalismus und Gewalt als Grundmuster der Weltpolitik? Zur Kritik an Samuel P. Huntingtons These vom "Kampf der Kulturen" .... 36 Lutz Hoffmann: Die Konstruktion von Minderheiten als gesellschaftliches Bedrohungspotential ........................... 50 Jan Rath/Thijl SunieriAstrid Meyer: Der Islam in den Niederlanden: Zur Bedeutung islamischer Institutionen in einer entsäulten Gesellschaft ......................... , 74 Thijl Sunier: N iederländisch-islam ische Staatsbürgerschaft? Ansichten über Islam, Bürgerschaft und Bürgerrechte unter türkischen Jugendlichen in den Niederlanden .................... 85 5 2. "Kruzitürk"? Zur Skandalisierung des Islams in der Wissenschaft Werner Schiffauer: Beschwörungsrhetorik: Zur Konstruktion des islamischen Fundamentalismus in der Wissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 101 Georg Auernheimer: "Verlockender Fundamentalismus" - ein problematischer Beitrag zum Diskurs über "ausländische Jugendliche" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 119 Susanne Lang: Zur Konstruktion des Feindbildes "Islam" in der Bielefelder Studie "Verlockender Fundamentalismus" ................. 134 Marco Heinz: Der fundamentale Irrtum im "ethnischen Diskurs" - Wilhelm Heitmeyers unkritischer Umgang mit einem undefinierten Begriff ..... . . . . . . . . . . .. 159 Andreas Pott: Ethnizität und Migrationsgewinner ................................ 178 3. Pädagogische Nachfragen WolfD. Aries: Geschichte der Minderheiten aus religionspädagogischer Sicht .......... 197 Hans Joachim Roth: Und immer wieder das Kopftuch - Zur Bedeutung des Themas Islam im Kontext Interkultureller Pädagogik . . . . . . . . . . . . . . . . .. 207 6 4. Weiterleben nach der Einwanderung? Was den einen Recht ist, soU den anderen billig sein Paul Mecheril: Wer spricht für wen? Gedanken zu einer Methodologie des (re-)konstruktiven Umgangs mit dem Anderen der Anderen . . . . . . . . . . . .. 231 Wolf Dietrich Bulww: Die Alltagssituation allochthoner Jugendlicher. Wege aus einer kulturalistisch reduzierten Minderheitenforschung am Beispiel der allochthonen Jugendlichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 267 Claudia Nilwdem/Erika Schulze/Erol Yildiz: Städtischer Multikulturalismus: Eine neue Lesart ..................... 288 Markus Ottersbach: Plädoyer für einen anderen Umgang mit Minderheiten in postnationalen Zivilgesellschaften ................... 328 Literaturverzeichnis .......................................... 340 Autor(inn)enverzeichnis ....................................... 359 7 EINLEITUNG Wolf-Dietrich BukowlMarkus Otters bach: Der Fundamentalismusverdacht. Einige einleitende Bemerkungen Die Kinder und die Enkel der Gastarbeiter geraten zunehmend in den Blick der Öffentlichkeit. Mal werden sie wegen ihrer hohen Anpassungsbereitschaft, ihrer Ausbildungserfolge und ihrer beruflichen Leistungsflihigkeit gelobt, mal werden sie wegen ihres Rückzugs in das familiale Herkunftmilieu, ihrer patriarchalischen Allüren und ihrer Hinwendung zu vormodernen religiösen Werten getadelt, mal werden sie als ein Vorbild filr eine neue Gründergeneration von selbstständigen kleinen Unternehmern hingestellt, mal wird vor ihnen wegen Tendenzen zur Kriminalität und zur Gewalt gewarnt. Es ist klar, dass eine solche in aller Öffentlichkeit gefilhrte Diskussion auch die Wissenschaft auf den Plan ruft. Zumal die Erziehungs-und Sozialwissenschaften, die sich der gesellschaftlichen Entwicklung verpflichtet wissen, müssen diese Themen auch aufgreifen und sollte zu einer Klärung der Situation ihren Beitrag leisten. Schließlich steht hier eine ganze Bevölkerungsgruppe im Blick der Öffent lichkeit. Und dabei geht es nicht nur um eine Einschätzung, sondern es geht um die Zukunft von mehr als zehn Prozent der Gesellschaft und damit auch um die Wei terentwicklung der Civil Society schlechthin. Um so mehr stellt sich die Frage, wie man sich aus der Wissenschaft heraus der Thematik nähern kann, um wirklich etwas zur allgemeinen Diskussion beitragen zu können, das nicht nur die Sache, um die es hier geht, sinnadäquat erfasst, sondern auch noch in verantwortlicher Form präsentiert. Insbesondere wäre zu überlegen, wie die Thematik eigentlich einzugrenzen ist und unter welcher Per spektive herangegangen werden soll. Zunächst wäre zu überlegen: Handelt es sich um ein Phänomen, dass primär ein Minderheitenproblem darstellt, oder handelt es sich um eine Angelegenheit, die vor allem mit Kindern und Jugendlichen zu tun hat? Sodann bleibt zu fragen: Unter welcher Perspektive muß die Problematik aufgerollt werden. Soll man sie unter dem Vorzeichen einer Integrationsfragestel lung betrachten und versuchen, herauszuarbeiten, was Integration beschleunigt und was sie ggf. auch behindert? Oder geht es hier um Desintegrationsprozesse, also darum, Mängel, Defekte oder was auch immer herauszuarbeiten und zu überlegen, was das filr die betroffenen Kinder und Jugendlichen bedeutet. Oder soll man aus einer Perspektive des Abweichens heraus dem Abdriften in Kriminalität und der zunehmenden Gewaltbereitschaft nachgehen? 11