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Frühe deutsche Kinematographie: Formale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen, 1907–1912 PDF

367 Pages·1994·105.39 MB·German
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FrilhedeutscheKinematographie Corinna Muller Fruhe deutsche Kinematographie Formale, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklungen 1907 - 1912 Verlag J.B. Metzler Stuttgart Weimar DieDeutscheBibliothek-CIP-Einheitsaufnahme Miiller,Corinna: FrOhedeutscheKinematographie:formale,wirtschaftlicheund kulturelleEntwicklungen 1907-1912/ CorinnaMiiller. Stuttgart;Weimar:Metzler,1994 ISBN978-3-476-01256-2 ISBN978-3-476-01256-2 ISBN 978-3-476-03560-8 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-03560-8 DiesesWerkeinschlieBlichaller seinerTeileisturheberrechtlich geschiitzt. JedeVerwertungauBerhalbderengenGrenzendesUrheberrechtsgesetzesistohneZustimmungdes Verlagesunzuliissigundstrafbar.Dasgilt insbesonderefurVervielfiiltigungen,Obersetzungen,Mikro verfilmungen unddieEinspeicherung undVerarbeitunginelektronischen Systemen. ©1994Springer-VerlagGmbH Deutschland UrsprunglicherschienenbeiJ.B.MetzlerscheVerlagsbuchhandlungundCarlErnstPoeschel Verlag GmbHinStuttgart 1994 !tl EIN VERLAG DER SPEKTRUM FACHVERLAGE GMBH Inhalt Einleitung 1 Teill: Kurzfilmzeit 1. » dieseszweidimensionaleVartete,dasderKinemaist« 10 1.1. DieVerwurzelungderdeutschen KinematographieimVariate 11 1.2. EintrittspreisekinematographischerVorfOhrungen 23 2. KinogrOndungskonjunkturundderenAuswirkungen 29 2.1. Kinogewerbe 29 2.1.1. Vom .Ladenkino.zum.Kino-Palast, 29 2.1.2. Kinokettenbildung 39 2.1.3. ProgrammgestaltungalsMitteldesWettbewerbs 43 2.2. Zwischenhandel. 47 2.2.1. GrundsatzlicheszumfrOhenFilmmarkt 48 2.2.2. KommerziellesVerieihwesen 49 2.2.2.1. ZurAusbildungundStrukturdesVerleihs 50 2.2.2.2. Konventionen imVerleihwesen 51 2.2.2.3. Systernschwachen imkommerziellenVerleihwesen 53 2.2.2.4. RentabilitatdesVerleihs 56 2.2.2.5. SanierungsbemOhungen: PariserKongresse 1909 62 2.2.3. Nicht-kommerzielleVerteilermodelle 65 2.2.4. Fabrikanten-Selbstverleih 68 2.3. Filmfabrikanten 73 2.3.1. KinomarktunddeutscheFilmfabrikanten 76 2.3.1.1. EingangsvoraussetzungendeutscherFabrikantenzurFilmherstellung 77 2.3.1.2. Tonbild-KinematographiealsSchwerpunktdeutscherFabrikation 79 2.3.1.3. VomTonbildzumstummen Spielfilm:UmorientierungMesstersaufden Kinomarkt 83 2.3.1.4. Zu Produktions-undAbsatzlageundMaBnahmenzurAbsatzsteigerung 84 2.3.2. »Terminfilm« 88 2.3.3. WettbewerbszielinderfrOhenFilmherstellung 94 2.3.3.1. RationalisierungderFilmproduktion 96 2.3.4. MoglichkeitendeutscherFilmherstellerzurVerbesserungihrerwirtschaftlichen Lage 99 2.3.4.1. OskarMessters.Konzernbildung: 100 2.3.4.2. »Langeschinden- 102 Teilll: .Durchbruch- und Etablierung des langen Spielfilms 3. StrukturwandelimVerleihwesen:VerleiheinzelnerFilme 105 3.1. GrundzOgebeiderHerausbildungeinesVerleihangebots einzelnerFilmezwischen 1907und1909/10 105 3.1.1. Daserste BeispieleinesseparatenLeihangebots 105 3.1.2. Nachfragesituationaufdemdeutschen Filmmarkt 108 3.1.3. InstitutionalisierungdesseparatenVerleihseinzelnerFilme 110 3.2. EntwicklungaufdemdeutschenFilmmarktzwischenSeptember 1910undApril1911 ..112 Exkurs:DanischeLangfilm-Produktion 124 4. »Monopolfilm« 126 4.1. DasSystem des Monopolverleihs 126 4.1.1. Grundstrukturund ihreVorteile 126 4.1.2. MarktstrukturierungmittelsdesMonopolverleihs 128 4.2. AufwertungdesMonopolfilms 130 4.3. Monopolfilm-Werbung 132 4.4. ZurArtdesMonopolfilms 136 4.5. FrontgegendenMonopolverleih 137 4.6. GefahrdungdesMonopolverleihsdurchlangeTerminfilme 140 4.7. EtablierungdesMonopolverleihsmitHilfedesStars 143 4.7.1. DasersteBeispieldesStareinsatzesdurchdenMonopolverleih 1911:»AstaNielsen«..144 4.7.2. BasisderMonopolfilm-Starserie:Derlangfristige MonopolvertragaufdiePrasentation desStars 153 4.7.3. LeihkonditionendererstenMonopol-Starfilme 156 4.7.4. BegOnstigende FaktorenfOrden ErfolgderMonopolfilm-Starserie 157 5. AuswirkungendeslangenFilmsfOrdieSpartenderFilmwirtschaft 159 5.1. Filmhersteller 160 5.1.1. Filmlangenentwicklung 161 5.1.2. Niedergangdes Kurzfilms 163 5.1.3. ErweiterungderBetriebsmittel 164 5.1.4. AnstiegderHerstellungskosten 165 5.1.5. BetrieblicheKonzentration 166 5.1.6. Preisentwicklung 167 5.1.7. Vom Filmfabrikanten zumFilmindustriellen 168 Exkurs:FilmstarimTerminfilm 170 5.1.8. LangfilmundPatheFreres 179 5.2. Zwischenhandel 181 5.3. Kino 182 5.3.1. VeranderungderKinoprogrammstruktur 186 6. KinokulturinBewegung 191 6.1. »Theaterderkleinen Leute« 192 6.2. »TheaterdesVolkes«-KinoundBildungskultur 200 6.3. Formkultur:Mitdem DauerfilmaufsNiveau 209 6.3.1. »Autorenfilme« 219 6.4. Kino-Variete-Kino-Theater 226 6.5. DasKinounddieTheaterreife 229 Anmerkungen 243 Literaturverzeichnis 355 Abbildungsnachweis,Danksagungen 366 Einleitung »Von der Existenz des deutschen Films kann eigentlich erst nach dem Ersten Weltkrieg die Rede sein. Seine Ge schichte bis zu diesem Zeitpunkt war Vorgeschichte,eineFriihzeit,deransich keine Bedeutungbeizumessenist..I Die Fruhzeit der deutschen Kinematographie galt lange Zeit nicht als besonders erwahnenswert; die mehrbandige»Geschichtedes Films« von UlrichGregorund Enno Patalas etwa behandelt die deutsche Filmgeschichte in dem Zeitraum von 1895bis zum Endedes ErstenWeltkriegs aufschmalenelfZeilen.?Vora11emdie fruhen Jahre noch vor dem Beginn des Ersten Weltkriegs, urn die es hier gehen sol1,wurden zwardurchaus mit Interesse an den technischen Entwicklungenund dem Erfolgdes Filmgewerbesbetrachtet,insgesamtaberals amusant-liebenswer te, noch nichternstzunehmende»Kinder-«"oder»Flegeljahre-r'des Filmsbewer tet. Nur untereinerspezie11enPerspektivestieBderfruheFilmaufgroliereBeach tung, indem man in ihm ein neues Medium sah, das sich, beheimatet in einer »Welt von Variete,Zirkus und Jahrmarkt,inden Vergnugungsstattender -kleinen Leute-«,5anein neues,kulture11unterprivilegiertesPublikumwandte.Das >Thea ter des kleinen Mannes- erschien geradezu politisch instrumentalisierbar, sei es als -demokratisch-wie aus amerikanischerSicht?oder,aus marxistischer,als pro letarisch-revolutionar:Eine urspriinglich »plebejische countercultureel,die erst dasSchielennach ProfiteneineWendezukapitalistischenStrukturenund burger licherKulturhabe vo11ziehenlassen." 1mZuge der in den 1980erJahre aufgekommenen -new film history." hat man sich erneutmit derfruhen KinematographiebefaBt, wobei die Defizitederfilmhi storischenUberlieferung- nicht nur derdeutschen- immeroffensichtlicherwur den.'?1mLaufe dieser neuerlichen Zuwendung begann sich zunehmend Unbeha gen an der iiberlieferten soziologischen und kulture11en Bewertung der friihen Kinematographie zu regen. Die amerikanische Filmgeschichtsforschung geht mittlerweile sogardavon aus,daBdie -proletarischenUrsprunge- ein TrugschluB und die tatsachlicheZielgruppen-Orientierungdes friihenFilmsdie Mittelschicht war," und neuerdings wird auch die Ausrichtung an einem Frauenpublikum dis kutiert." DaBdie Auffassungen tiber die Strukturdes Publikums der friihen Kinernato graphie - und damit derZielgruppenorientierung fruher Filme- auseinanderge hen, liegt vor a11eman derbedauerlichdurftigen Materiallage,denn zuverlassige empirische Daten zur fruhen Filmpublikumsstrukturexistieren nicht. Es gibt le diglich eine zeitgenossische Que11e,die eine systematischere Annaherung an die Besucherschaft friiher Kinos versuchte und auf einer Umfrage unter Kinobesu- 2 Einleitung cherninMannheimberuhte:die 1913 vorgelegteDissertation»ZurSoziologiedes Kino«vonEmilieAltenloh," durchdie Altenlohzur »Kronzeuginder Kinositua tion vor 1914«14wurde.Emilie Altenloh ist ironischerweise aberauch die zeitge nossische Kronzeugin fur dieAuffassung,daBder Filmzunachstein Arbeiterme dium war und sich erst urn 1910an ein fur ihn neues, btirgerliches Publikum wandte - fur diejenige Sichtweise also,die von der neueren Forschung in Frage gestelltwird." Ausder retrospektivenPositionvonheute kann dahernurein indirekterWegzu AufschltissentiberdasZielpublikumder frtihen Kinematographiefuhren,den die Forschunganderweitig bereitseingeschlagenhat.16Anhaltspunkte mtissen aus In dizienermitteltwerden,wieetwaausdem Charakterder Foren derKinematogra phie,aus den Schemata der Ansiedlung von Kinos und deren architektonischer Entwicklung oder aus der Hohe der Preise fur Filmkonsum, woraus sich Ruck schltisseaufpub1ikumsstrategische Absichtender Kinowirtschaftab1eitenlassen. FurdieseindirekteAnnaherungistdieQuellenlageinDeutschlandausgezeichnet, weil sichhierzu1ande unterAnleitungder beiden-Mentoren-der Richtung,Dieter Helmuth Warstat und Anne Paech," in dersorgfaltigen Recherche lokalerKino Historien ein spezieller Zweig der Erforschung frtiher Kinematographie entwik kelt hat. Dank dieser Einzelstudien" ist es mittlerweile moglich,einen durch hi storische Daten gesicherten Gesamttiberblick zum allgemeinen Verlauf der Entstehung und Entwicklung einer landesweiten frtihen Kinoszenezu geben. Er ganzend zu dieser Indizienfolie erlaubt eine Auseinandersetzung mit zeitgenos sischenDarstellungenwiederjenigenEmilieAltenlohseinerelativgenaueBestim mungder Zielgruppenorientierungdesdamalsneuen Mediums in Deutschland. Mitder Frage nachdem Publikumisteine AnnaherungandiefrtiheKinemato graphiejedochbeiweiternnichterschopft,und wenn HeideSchltipmannunlangst beklagte,eine»umfassendeneuereStudiezur EntwicklungdesKinosinDeutsch land gibtes nicht«19,so ist >Kino-auch als pars pro toto furdie Entwicklung der frtihen deutschen Kinematographie insgesamt zu verstehen.Allein der Standder Information ist noch sehr luckenhaft." Zwar liegtdie umfangreiche Kompilation »DerWegdesFilms«vonFriedrichvonZglinicki vor,die aber trotz der imponie renden Ftille von verarbeiteten Quellen nur begrenzt informativ ist." Wenn man sich tiber die Entstehungsgeschichte der Filmbranche in Deutschland und tiber ihre Strukturenund Organisationszusammenhange informieren will,ist die maB geblicheQuellenoch immerdie auch vonZglinickiverarbeiteteStudie»DerFilm alsWare«vonPeterBachlin,die erstmals 1945inderSchweizim Druckerschien und durchdie Taschenbuchausgabe imFischer-Athenaum-Verlag von 1975groBe Reichweiteerlangte." PeterBachlin erarbeitetedieseunentbehrlicheGrundlagen studie zur Filmokonomie allerdings wahrend des zweiten Weltkriegs und hatte daher nur begrenztenZugang zuQuellenmatieral.Diesdtirfteerheblichdazu bei getragenhaben,daBsichbei BachlinsAuBerungenspeziell tiberdieFrtihzeitUn gereimtheiten ergeben.Zwar scheint das von ihm entworfene Modell einer von strukturellenUrsachen und Wechselwirkungen bedingten EntwicklungdesFilm wirtschaftsgeftigesaufdenerstenBlickvonbestechender Schltissigkeit,doch bei Einleitung 3 genauererBetrachtungzeigtsich inderhistorischenDarstellungeinWiderspruch, derdas Modellerschuttert." Auch im Detail ergeben sich gegeniiberdem thema tisch spezialisierten,aber sehr faktenreichen Buch von Hans Traub zur Ufa-Ge schichte" Widerspriiche (ein konkretes Beispiel folgt weiter unten), und insge samthinterIaBtBachlinsDarstellungden Eindruckdes Schematischen.Die friihe Kinematographie und ihr -Kosmos- bleibenfremd und ihreokonomischen Struk turen scheineneineWelt fiir sich zu sein,die nicht leicht nachvollziehbarist. Der vorliegende Beitrag mochte die Strukturen der friihen Filmwirtschaft am Beispiel Deutschlands transparenter machen, denn auf der Basis okonomischer Grundlagen lassen sich leichter Zusamrnenhange der filmhistorischen Entwick lung erkennen und viele,scheinbarunvermitteltauftretende und verschwindende Phanomenewie etwa- urnnur zwei markanteBeispielezu nennen- Tonbildoder Filmstar lassen sich historisch einordnen und etliche der kursierenden Wider spriicheund Irrtiimeraufklaren.Die friiheFilmgeschichteerscheintnicht mehrso uniiberschaubar und manchmal verbliiffend kurios,sondern plausibel und folge richtig. Uberdies eroffnet die Ebene okonomischer Zusammmenhange das Ver standnis dafiir,wie vielschichtig die Ursachen fiir den Gang der Filmgeschichte waren, denn die sich stets zuerst aufdrangende Frage nach den Erwartungen des Publikums erklartsie nicht umfassend. Die Darstellung verfolgt nicht das Anlie gen,einevollstandigeHistoriographiederfriihen deutschen Kinematographie zu prasentieren,sonderneinenUberblickiiberwichtigePhanorneneund Entwicklun gen zu geben, Entwicklungslinien zu verdeutlichen und das von Peter Bachlin entworfeneModellzumhistorischenVerlaufderfriihen Filmwirtschaftsgeschich te zu erganzen. Wenn von -Entwicklungslinien- die Rede ist, so ist damit zwar durchaus ein AnspruchaufAllgemeingiiItigkeitverbunden,weil es manche,wirtschaftlich be griindete -Gesetzrnalligkeiten-gab,die zu vielen Ubereinstimrnungeninden gra ben Ziigen des historischen Verlaufs in der internationalen Filmgeschichte fiihr ten. Dennoch handelt es sich bei dieser Darstellung urn ein auf Deutschland begrenztes Beispiel fiir einen solchen Verlauf. Mittlerweile liegen neuere Arbei ten zurfriihen Filmgeschichteaus anderen Nationen vor,wobei exemplarischdie vorziiglichen amerikanischen Beitrage von Janet Staiger" und Robert C. AIlen26 zu nennen waren,und es wird absehbar,daBfriihe Kinematographien nirgendwo unter exakt denselben Bedingungen entstanden - man denke nur an eine Kluft, wie sie sich etwazwischendem Frankreich derPariserWeltausstellungvon 1900 und der islamischen Tiirkei auftat. Nationale Kinematographien nahmen im ein zelnen sehrverschiedeneEntwicklungen" - auch die deutsche,die durchaus exi stierte und unter ihren individuellen Vorzeichen fiir die Filmgeschichte Impulse gab. Die Erforschung friiher nationaler Filmhistorien bleibt unumganglich,denn nur die Summe der Beispiele laBt Filmgeschichte als das Produkt von Gemein samkeitenund prinzipiellenGrundlinien,vonAbweichungenund wechselseitigen Beeinflussungen verstandlich werden. Eine Entwicklung war allen friihen Kino-Nationen gemeinsam,wenn sie sich wohl auch zu verschiedenen historischen Zeitpunkten abspielte, und diese Ent- 4 Einleitung wicklung war noch elementarerals ein etwaigerWandel von Zielgruppen,da sie die wichtigste Ebene im gesamten Filmgeschaft betraf: die Filme, also das, was das Kino zu sehen bietet. 1mZusammenhang mit einer Strukturveranderung im Publikumwurdeein Wandeldes Filmschaffensdurchausdiskutiert: Als analoger Umschwunggilt,daBsichder Filmliterarischen(sburgerlichen.)Stoffenzuwand te - Stichworte sindderfranzosische -Filmd'Art- urn ca. 1907 und derdeutsche -Autorenfilm-von 1913/14.DagegenIaBtsichjedocheinwenden,daBdas Charak teristikum des fruhen Films nicht darin bestand, daB er illiterat gewesen ware (»Hamlet« gab es schon 1900 im Film, sogar mit Sarah Bernhardt). Der Unter schiedzwischenfruhem und -spatem- Kino war banalerals eine Umorientierung zu neuen Inhalten und zugleichgrundlegender, was sich bei der Frage zeigt, wie die Fruhzeit der Filmgeschichte denn eigentlich im Kino aussah; dazu Heinz B. Heller: »In der Tatscheinthierein wesentlicherGrundfUrdie unvergleichlichePopularitatdes friihen Filmszur Zeit des ambulantenKinogewerbesunddererstenJahre seinerSeBhaf tigkeit zu liegen. Denn im Gegensatz zu spateren Phasen schlossen sich hier die unter schiedlichsten Genres, soweit man angesichts der Kiirze der Streifen schon iiberhaupt vonausgebildeteneigenstandigenFilmgattungenimneuerenSinne sprechenkann, zuei nemwahren PotpourrimitZiigeneines Panoramaszusammen:Naturaufnahmen,Vorlau fer des spateren -Kulturfilms-,Dokumentaraufnahmen gesellschaftlicherVorgange von offentlichemAusstellungswert,VorlauferinsbesonderederspaterenWochenschauen,in szenierteSpielszenen,die ihrem Charakternach vomintimenGenrebildiiberdie Humo reske und das Melodram bis hin zur Abenteuer- und Schauerdramatikreichten,schlieB lich Trickaufnahmen (sHerr Piefke duelliert sich ohne Kopfx),rudimentare Vorformen spatererSlapstick- wie auch formalistischer Experimentalfilme,- all diese Formen be stimmteninder Regel ein einzigesabendfullendesFilmprogramrn.c/f Vor lauter amusierter Pejorativa war Hellerjedoch nicht in der Lage auszuspre chen, was er im Grunde entdeckte - denn die Frilhzeit der Filmgeschichte war kein >Vorstadium- und nicht von unentwickelten Vorlaufern und Rudimenten ge pragt:DieFruhzeit war die KurzfilmzeitderFilmgeschichte. Die Kurzfilmzeitwar eineausgebildeteFilmkulturund eineeigenstandigefilm historische Phase. Die Geschichte des Kinos langer Filme begann erst im An schluB an die Kurzfilmzeit, und der Langfilm begann sukzessive, die Filmge schichte zu verandern.Das maBgebendeParadigmain derfruhen Filmgeschichte war die StrukturderKino-Darbietungoder,einfachergesagt,die LangederFilme. Dies im historischen Verlaufzu schildern und die Tragweite einer Veranderung der aulleren Filmform in ihrer Vielschichtigkeit zu verdeutlichen, steht im Zen trum dieserUntersuchung. In derneuerenFilmgeschichtsschreibunghat mansichschonseitgeraumerZeit it dem Problemdes langenFilms und dessen filmhistorischen Konsequenzen be faBt29- aber man beschaftigt sich nur mit Aspekten des Langfilms,wahrend die ihm vorausgehende Zeit nebulos bleibt. Die neuere filmhistorische Forschung unterscheidet zwischen einem fruhen »Kino der Attraktionen« und der ihm fol gendenPeriodedes »narrativenFilms-c",wobeisichhinterdiesenTerminiunaus-

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