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Frieden — Ökologie — Gerechtigkeit: Selbstorganisierte Lernprojekte in der Friedens- und Ökologiebewegung PDF

190 Pages·1983·3.799 MB·German
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Wolfgang Beer Frieden - bkologie - Gerechtigkeit Wolfgang Beer Frieden - Okologie - Gerechtigkeit Selbstorganisierte Lernprojekte in der Friedens- und Okologiebewegung Westdeutscher Verlag CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Beer, Wolfgang, Frieden - Okologie - Gerechtigkeit: selbst organisierte Lernprojekte in d. Friedens-u. Okologiebewegung/Wolfgang Beer. - Opladen: Westdeutscher Verlag, 1983. ISBN-13: 978-3-531-11649-5 e-ISBN-13: 978-3-322-84173-5 DOl: 10.1007/978-3-322-84173-5 © 1983 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Softcover reprint of the hardcover 1s t edition 1983 Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt Aile Rechte vorbehalten. Auch die fotomechanische Vervielfaltigung des Werkes (Fotokopie, Mikrokopie) oder von Teilen daraus bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Vorwort Die Friedensbewegung, tlkologiebewegung und entwicklungspoliti sche Aktionsgruppen haben in den letzten Jahren eine vehemente in haltliche und zahlenmiiBige Entwicklung zu verzeichnen. Sie sind in ihrer Gesamtheit zu einem zunehmend bedeutenderen Faktor in der politischen Auseinandersetzung in der Bundesrepublik aber auch in anderen westlichen Industrienationen geworden. Hunderttausende von Menschen engagieren sich nicht nur auf GroBdemonstrationen in Bonn und anderswo, sondern vor aHem in zahHosen kleinen Ini tiativen vor Ort gegen die Bedrohung durch immer mehr atomare Waffen, mit immer groBerer Vernichtungskraft, gegen eine stiindig fortschreitende okologische Zerstorung und gegen eine Politik, die das Ungleichgewicht zwischen den Industrienationen und den Ent wicklungsliindern stiindig vergroBert und somit ursiichlich das Elend in der 3. Welt bewirkt. Sie engagieren sich fur den Frieden, fur ein partnerschaftliches Verhiiltnis zur Natur, fur ein menschliches Leben in der ,einen Welt'. In ihrer Summe werden die Friedensinitiativen, okologischen Aktionsgruppen und 3. Welt-Initiativen zu einer umfas senden ,Oberlebensbewegung'. 1m Verlauf ihrer politischen Widerstandsarbeit bewirken die neuen sozialen Bewegungen eine Vielzahl von Lernprozessen bei ihren Mitgliedern und entwickeln eigenstiindige Formen organisierten Lernens, die gekennzeichnet sind durch inhaltliche Parteilichkeit, Aktionsbezogenheit und eine weitgehende Selbstbestimmung und Selbstorganisation des Lernprozesses. Dieses ,andere Lernen' doku mentiert sich nicht in einem geschlossenen, umfassenden Bildungs konzept oder gar Curriculum, sondern stellt sich, der Vielfalt der Bewegung entsprechend, als die Summe zahlreicher voneinander unabhiingiger und hochst unterschiedlicher selbstorganisierter Lernprojekte dar. Dieses Buch stellt zwOlf dieser Lernprojekte aus der Friedens tlkologie- und 3. Welt-Arbeit vor. Es beschreibt ihre Entwicklungs- 5 geschichte, ihr Selbstverstiindnis, die praktische Arbeit und die unter schiedlichen Verkniipfungen mit der ,Oberlebensbewegung'. Die Absicht ist, zu dokumentieren, daB diese sich im Kontext politischer Widerstandsarbeit vollziehende Bildungsarbeit hinsichtlich ihrer inhaltlichen Zielsetzung, und der tendenziell ganzheitlichen und anwendungsbezogenen Art und Weise des Lernens als der Beginn einer neuen Lernbewegung angesehen werden kann, die eine qualita tive Alternative zu den vielfach abgehobenen, verschulten Formen des Lernens im etablierten Bildungsbereich darstellt. Die beschriebenen Projekte stehen als Beispiele fiir viele weitere Gruppen auch in anderen Bereichen, in der Alternativbewegung, im Sozial-und Arbeitslosenbereich, in der J ugendarbeit usw. Die gemein same Klammer der hier aufgenommenen Gruppen ist die inhaltliche und praktische Verkniipfung mit dem politischen Kampf gegen die drei zentralen Bedrohungssyndrome der atomaren Riistungsspirale, der Zerstorung der okologischen Lebensgrundiagen und der zuneh menden Verscharfung des Nord-Siid-Konfliktes. Die Existenz und Praxis dieser vielfaltigen Projekte, die in man cherlei Hinsicht ganz anders sind als traditionelle Bildungseinrichtun gen, rufen bei vielen AuBenstehenden zwiespiiltige Reaktionen und Fragen hervor. Was zieht so viele Menschen in diese Projekte? Warum macht das Lernen in und mit diesen Gruppen offenbar allen Beteiligten SpaB? Wie konnen Menschen oft ohne piidagogische Ausbildung mit geringen finanziellen und organisatorischen Mitteln eine offen sichtlich sehr effektive Bildungsarbeit machen? Kann die aktionsorientierte Lernpraxis der Projekte iiberhaupt als ,Bildung' bezeichnet werden? Auf solche und iihnliche offene z. T. skeptische Fragen, die auch in der auBerhalb der Beteiligten weitgehenden Unbekanntheit dieser ,anderen Lernwelt' begriindet sind, will das Buch einige Antworten geben. Es ist als ein Versuch zu verstehen, einen ersten, aufgrund der Vielfalt und Vielzahl der Gruppen zwangsliiufig fragmentarischen Oberblick iiber die ,neue Lernbewegung' zu geben, iiber ihre Inhalte, Ziele, Lern- und Organisationsformen. Konstitutive Merkmale selbst organisierter aktionsorientierter Bildungsarbeit im Kontext der neuen sozialen Bewegungen sollen herausgearbeitet und die vorhandenen 6 Beziige, aber auch Abgrenzungen zum bestehenden Bildungsbereich aufgezeigt werden. Dies ist verbunden mit der Hoffnung, durch die Beschreibung einer ,anderen', alternativen Bildungsarbeit Anregun gen und Anstoge zu partiellen Veranderungen und Experimenten in der Bildungspraxis der bestehenden etablierten Institutionen zu geben, die in der augerschulischen Jugend-und Erwachsenenbildung sicher in grogerem Umfang moglich sind als im Schulbereich. Dariiber hinaus will das Buch auch zur Nachahmung anregen, will durch das Vorstellen unterschiedlicher erfolgreicher Lernprojekte andere dazu ermutigen, eigene Wege des Lernens und der Organisation dieses Lernens zu suchen und auszuprobieren. Meine Absicht ist es aber ebenfalls, durch das Hinweisen auf die vielfliltigen Schwierig keiten, die okonomischen, organisatorischen, gruppendynamischen und politischen Probleme, die mit dem Aufbau selbstorganisierter Lernprojekte verbunden sind, Illusionen entgegenzuwirken, Erfah rungen des Scheiterns vermeiden zu helfen. Das Buch ist auf der Grundlage meines Besuches der beschriebe nen und anderer Projekte im Sommer und Herbst 1982, vieler dabei gefuhrter Gesprache und mir von den Gruppen zur Verfiigung gestell ter Materialien entstanden. Bedanken mochte ich mich bei den Mit gliedern der besuchten Projekte fur diese Unterstutzung sowie bei Angelika Rimmek fur die Mitarbeit bei der Endredaktion. Berlin, im Marz 1983 Wolfgang Beer 7 Inhalt 1 Vkologiscbe Aktionsgruppen, Friedensinitiativen und Dritte-Welt-Gruppen als eine gemeinsame "Vberlebensbewegung" . . . . . . . . . . . . • . . . • . . . . . . . 11 2 Bildung und Lemen als Elemente politiscber Widerstandsarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 20 3 Selbstorganisierte Lemprojekte in der "Vberlebensbewegung" . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 3.1 Station Umwelterziehung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 28 3.2 Bildungs-und Begegnungsstiitte fiir gewaltfreie Aktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 39 3.3 Rondel - Schule fiir lebensnotwendige Alternativen 53 3.4 Werkhof Kukate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 62 3.5 Antikriegshaus und Antikriegswerkstatt Sievershausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 69 3.6 Energie-und Umweltzentrum am Deister ........ 75 3.7 Reisende Schule - 3. Welt .. . . . . . . . . . . . . . . .. 87 3.8 Walduniversitiit Startbahn West. . . . . . . . . . . . . .. 102 3.9 Verein zur Forderung der c1kologie im Bildungsbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 121 3.10 Verein fiir Friedenspiidagogik Tiibingen . . . . . . . . .. 128 3.11 Arbeitsgemeinschaft Friedenspiidagogik ......... 136 3.12 Volkshochschule Wyhler Wald . . . . . . . . . . . . . . .. 143 4 Das andere Lemen: Cbancen und Risiken selbstorganisierter Bildungsarbeit 160 Anmerkungen ................................ 183 9 Anhang: Anschriften der im Text erwahnten Projekte 186 Verzeichnis der im Text erwahnten Literatur 187 Ausgewahlte Literaturhinweise zu den Bereichen Frieden und Friedensbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 187 tlkologie und tlkologiebewegung . . . . . . . . . . . . . . . . .. 188 3. Welt und entwicklungspolitische Aktionsgruppen ..... 189 Das andere Lernen ........................... 190 10 1 Okologische Aktionsgruppen, Friedensinitiativen und Dritte-Welt-Gruppen als eine gemeinsame Uberlebensbewegung" II "Szenario: Kriegsschauplatz Deutschland: Montag, 13.00 Ubr MEZ, 3. September 19 .. Nachdem die (jllieferungen von Persien und Saudi-Arabien an die USA vor zwei Monaten endgiiltig gestoppt wurden, entschlieBen sich die USA, ihre mobile Eingreiftruppe zu entsenden ... Dienstag, 19.00 Ubr: 1m Persis chen Golf und an der Kiiste zu Saudi-Arabien finden erste heftige Gefechte zwischen sowjetischen und amerikanischen Luft und Seestreitkrii.ften statt ... Donnerstag, 11.00 Ubr: Oas amerikanische Ultimatum an die UdSSR, ihre Oivisionen zuriickzuziehen, ist abgelaufen. Vorsorglich wird die Operation "Big Lift" eingeleitet, d. h. der Transport amerikanischer Kampftruppen nach Europa beginnt. Oer Warschauer Pakt faBt dies als Provokation auf und mobilisiert seine Truppen. Daraufhin beschlieBt der Nato Rat ebenfalls die Mobilisierung der Nato-Truppen; der Bundestag der BRD beschlieBt die allgemeine Mobilmachung ... Freitag, 20.00 Ubr: Amerikanische See- und Luftstreitkrii.fte versuchen, der sowjeti schen Nordseeflotte den Zugang zum Nordatlantik zu versperren. Die erst en Kii.mpfe im Nordatlantik finden statt. Samstag, 5.00 Ubr: Erste bewaffnete Zwischenfii.lle an der Grenze BRD - DDR in Helmstedt und Hof an den blockierten TransitstraBen nach Berlin ... Sonntag, 1O.3Q Ubr: Bis jetzt ist etwa ein Drittel von beiden Teilen Deutschlands zum Kriegsschauplatz geworden - bisher ist das "nur" k()flventioneller Krieg. 11 Sonntag, 11.00 Ubr: Der Nato-Rat beschliegt, taktische Atomwaffen (Neutronenbom ben) einzusetzen, urn die War schauer Pakt Panzer zu stoppen . . . . urn 13.01 Uhr detoniert der erste atomare Sprengsatz nach dem zweiten Weltkrieg, der nicht zu Testzwecken verwendet wird. Er explodiert 5 km nordlich von Liineburg iiber einem sowjetischen Nachschublager und einer Panzerbereitstellung ... 2500 sowjetische Soldaten werden getotet. Der dem Explosionspunkt am nachsten liegende Stadtteil von Liineburg wird verwiistet, Brande brechen aus, 3450 Bundesbiirger finden sofort den Tod, 14000 werden verletzt . . . , urn 13.45 Uhr beschliegt der Oberste Sowjet die Freigabe eines begrenzten Atomschlages gegen militarische Ziele in West deutschland ... Urn 14.10 Uhr detonieren 89 Atomsprengkopfe auf dem Gebiet der Bundesrepublik und vernichten zahlreiche militarische Anlagen. Dabei werden fast 300000 Bundesbiirger getotet und eine Million verletzt. Fiir beide Seiten stellt sich die Frage, wer nun zuerst Mittel streckenraketen einsetzt, urn diese nicht weiteren Angriffen auszu setzen. Einige Stunden spater: Die BRD und die DDR sind zum Schlacht feld des Atomkrieges geworden. Ober die Halfte der Bevolkerung ist so fort tot. Der iiberlebende Rest wird durch Verletzungen aller Art, Strahlenkrankheit, Seuchen, Nahrungs- und Wassermangel oder auf grund psychischer Schocks die nachsten Wochen, Monate und Jahre kaum iiberleben. Es gilt der Satz: Die Oberlebenden werden die Toten beneiden!" (Ausziige aus dem Ausstellungskatalog "Sie nennen es Frieden" S. 58·69). bkologische Momentaufnahme: Das Waldsterben Mindestens ein Drittel des bundesdeutschen Waldes ist unrettbar verloren. Die Baume verlieren Nadeln oder Blatter, werden kahl, sterben ab, miissen gefallt werden. Die Landschaft z. B. im Bayeri schen Wald, aber auch im tschechoslowakischen Teil des Erzgebirges versteppt, wird zur Ode. Und wo der Wald stirbt, kann auch der 12

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