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Freiheit und Determinismus: Ein philosophischer Kommentar zu Ciceros Schrift De fato PDF

384 Pages·2008·1.749 MB·German
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Magnus Schallenberg Freiheit und Determinismus ≥ Quellen und Studien zur Philosophie Herausgegeben von Jens Halfwassen, Jürgen Mittelstraß, Dominik Perler Band 75 Walter de Gruyter · Berlin · New York Freiheit und Determinismus Ein philosophischer Kommentar zu Ciceros Schrift De fato von Magnus Schallenberg Walter de Gruyter · Berlin · New York (cid:2)(cid:2) GedrucktaufsäurefreiemPapier, dasdieUS-ANSI-NormüberHaltbarkeiterfüllt. ISBN 978-3-11-018940-7 ISSN 0344-8142 BibliografischeInformationderDeutschenNationalbibliothek DieDeutscheNationalbibliothekverzeichnetdiesePublikationinder DeutschenNationalbibliografie;detailliertebibliografischeDatensind imInternetüberhttp://dnb.d-nb.deabrufbar. (cid:2)Copyright2008byWalterdeGruyterGmbH&Co.KG,D-10785Berlin Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro- verfilmungenunddieEinspeicherungundVerarbeitunginelektronischenSystemen. PrintedinGermany Einbandgestaltung:ChristopherSchneider,Berlin DruckundbuchbinderischeVerarbeitung:Hubert&Co.,Göttingen In tiefer Dankbarkeit für Armgard, Hans und Ingrun Vorwort Die philosophische Auseinandersetzung mit Ciceros Schrift De fato ist von jeher nur mit großer Zurückhaltung geführt worden. Ein Grund dafür ist die schlechte Überlieferung des Textes. De fato ist nur fragmentarisch, mit zum Teil großen Lücken erhalten geblieben. Schon allein diese Tatsache erschwert das Verständnis der gesamten Schrift hinsichtlich ihrer Kompo- sition und ihrer argumentativen Stringenz. Ein anderer Grund ist zweifellos in der Thematik der Schrift zu fin- den. Die philosophische Auseinandersetzung mit dem ‚Schicksal‘ muß bereits in der hellenistischen Zeit ein für den Leser schwieriger und gera- dezu befremdlicher Stoff gewesen sein, denn schon Cicero selbst bezeich- net die Untersuchung über das, was in der Zukunft möglich oder nicht möglich ist, als eine ‚dunkle‘, d. h. vom Verständnis her schwierige Unter- suchung (§ 1: obscura quaestio). Neben der inhaltlichen Problematik wird die Diskussion über das Fatum dadurch noch erschwert, daß sie sich gleichermaßen auf alle drei Teildisziplinen der hellenistischen Philosophie – nämlich auf die Physik, auf die Ethik und auf die Logik – bezieht. Dies bedeutet, daß Überlegun- gen innerhalb einer Disziplin Implikationen für die anderen Disziplinen nach sich ziehen können. Die zurückhaltende Beschäftigung mit De fato spiegelt sich in der Re- zeptionsgeschichte dieser Schrift wider. Die erste Edition, die sich in ei- nem ausführlichen Kommentar mit dem philosophischen Gehalt von De fato auseinandersetzt, stellt die lateinisch-französische Ausgabe von Albert Yon aus dem Jahre 1933 dar. Die deutsche kommentierte „Standard- Ausgabe“ erscheint im Jahre 1963 mit der von Karl Bayer erstellten zwei- sprachigen Ausgabe und ist seitdem jeweils mit kleineren Überarbeitungen zuletzt im Jahre 2000 aufgelegt worden. Einen wertvollen philosophischen Kommentar enthält die im Jahre 1991 von Robert W. Sharples vorgelegte lateinisch-englische Edition.1 Eine deutsche Paraphrase der Schrift De fato ist bei Johann Werder- mann in seinem Buch „Versuch einer Geschichte der Meinungen über Schicksal und menschliche Freiheit von den ältesten Zeiten an bis auf die _____________ 1 Weitere, teilweise auch kommentierte Ausgaben von De fato sind im Literaturverzeichnis aufgeführt. VIII Vorwort neuesten Denker“ aus dem Jahre 1793 zu lesen.2 Die erste deutsche Über- setzung von De fato wurde – soweit ersichtlich und zugänglich – 1807 von Johann F. von Meyer vorgelegt. Es folgten die deutschen Ausgaben von Ernst W. Eckermann (1828), Georg H. Moser (1828), Friedrich Chr. W. Jacobs (1840) und die bereits erwähnte Übersetzung aus dem Jahre 1963 von Karl Bayer. Ferner ist auch eine deutsche Übersetzung von Hans- Georg Gadamer erstellt worden, die 1965 in seinem „Philosophischen Lesebuch I“ zusammen mit anderen antiken und mittelalterlichen Texten erschienen ist. Schließlich sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, daß Hermann Weidemann eine zweisprachige, mit erläuternden Anmerkungen versehene Ausgabe von De fato vorbereitet, die in der Philosophischen Bibliothek des Meiner Verlags erscheinen wird. Was die Sekundärliteratur betrifft, sind folgende Abhandlungen zu De fato veröffentlicht worden: Max Meinecke, De fontibus, quos Cicero in libello de fato secutus esse videatur (1887). Wilhelm Stüve, Ad Ciceronis de Fato librum observationes variae (1895). Adolf Lörcher, De compositione et fonte libri Ciceronis,qui est de fato (1907). Henricus Skassis, Adnotationes criticae ad Ciceronis librum qui de fato inscribitur (1915). Bärbel Platz, Fatum et libertas. Untersuchungen zu Leibniz’ ‚Theodizee‘ und ver- wandten Schriften sowie Ciceros ‚De fato‘ (1973). Octave Hamelin. Etwa um 1900 verfaßte Octave Hamelin einen Kom- mentar zu De fato, der aber erst 1978 aus seinem Nachlaß von Marcel Conche unter dem Titel „Sur le DeFato“ veröffentlicht wurde. David P. Marwede, A Commentary on Cicero’s „De Fato“ (1984). Josip Talanga, Zukunftsurteile und Fatum. Eine Untersuchung über Aristoteles’ De interpretatione 9 und Ciceros De fato, mit einem Überblick über die spätantiken Heimarmene-Lehren (1986). Ferner sei darauf hingewiesen, daß die Vorträge, die während eines De fato gewidmeten, von Anna Maria Ioppolo, Stefano Maso und Carlo Natali vom 10.–12. Juli 2006 in Venedig veranstalteten internationalen Seminars gehalten wurden, in der Zeitschrift Lexis. Poetica, retorica ecomunicazione nella tradizioneclassica 25 (2007), 1–162 erschienen sind. Die Tatsache, daß Ciceros De fato eine zurückhaltende Ausein- andersetzung erfahren hat, ist eines der Motive, einen Kommentar zu verfassen, der sich insbesondere dem philosophischen Gehalt dieser cice- ronischen Schrift widmet. Zum anderen motiviert das Thema von De fato _____________ 2 Vgl. Werdermann (1793), 56–62. Vorwort IX selbst zu einer intensiveren Beschäftigung. Cicero stellt aus antiker Per- spektive das Problem um die Vereinbarkeit von Freiheit und Determinis- mus dar. Der Determinismus findet in der Antike mit der Bezeichnung fatum (gr. (cid:463)(cid:649)(cid:470)(cid:459)(cid:475)(cid:470)(cid:616)(cid:471)(cid:465)) seinen Ausdruck. Die Auseinandersetzung mit die- sem wurde in der hellenistischen Epoche unter dem Titel De fato (gr. (cid:443)(cid:463)(cid:475)(cid:648) (cid:463)(cid:649)(cid:470)(cid:459)(cid:475)(cid:470)(cid:616)(cid:471)(cid:465)(cid:476)) mit großer Vehemenz geführt – eine Vehemenz, die bis in die gegenwärtigen Freiheitsdebatten nicht verlorengegangen ist. In diesen Debatten werden Positionen vertreten, die in ihrer grundsätzlichen Form bereits von Cicero diskutiert wurden. Das Kernproblem in der Fatumsdiskussion stellt sich wie folgt dar: Wenn das Fatum durch die auf dem Gebiet der Physik und der Logik vorgebrachten Argumente der Fatalisten seine Bestätigung fände, dann hätte dies zur Konsequenz, daß die Zukunft bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt in der Weise determiniert wäre, daß alle zukünftigen Ereignisse mit Notwendigkeit eintreten oder mit Notwendigkeit ausbleiben müßten. Die Vorstellung von einer derart vollständig determinierten Welt wider- spricht dem intuitiven Selbstverständnis des Menschen, als ein frei han- delndes Individuum die Zukunft beeinflussen und durch Fleiß und festen Willen (§ 11: voluntate, studio, disciplina) ‚seines Glückes Schmied‘3 sein zu können. Wenn aber nun durch die Existenz des Fatums die Möglichkeit des freien Handelns nicht mehr bestehen sollte, dann ist auch jeglichen ethischen Überlegungen und moralischen Maximen der Boden entzogen; denn nur dann, wenn der Mensch aus (einer wie auch immer gearteten) Freiheit handelt, kann ihm auch die Verantwortlichkeit für seine Taten zugeschrieben werden. Cicero, selbst ein leidenschaftlicher Gegner des Fatalismus, sieht sich daher vor die Aufgabe gestellt, die Freiheit des Menschen gegen die scheinbar stichhaltigen Argumentationen der Fatalisten zu verteidigen. Mit seiner Schrift De fato stellt er sich dieser Herausforderung, indem er die Argumente der jeweiligen hellenistischen Philosophenschulen darstellt und diskutiert, um so Licht in diese ‚dunkle Untersuchung‘ zu bringen. Bemerkenswert ist der Umstand, daß Ciceros Untersuchung über das Schicksal ein einzigartiges Zeugnis dieser Auseinandersetzung mit dem fatum darstellt – einzigartig insofern, als dieses Werk die einzige erhaltene Schrift aus der hellenistischen Zeit ist, die über die Fatumsdiskussion in dieser Ausführlichkeit berichtet. Die früheren Schriften aus der hellenisti- schen Zeit sind nicht erhalten geblieben und die Abhandlungen (cid:443)(cid:463)(cid:475)(cid:648) (cid:463)(cid:649)(cid:470)(cid:459)(cid:475)(cid:470)(cid:616)(cid:471)(cid:465)(cid:476) von Ps.-Plutarch und von Alexander von Aphrodisias stam- men bereits aus dem zweiten bzw. dritten nachchristlichen Jahrhundert. _____________ 3 Dieser Ausspruch wird Appius Claudius Caecus zugeschrieben (vgl. Ps.-Sallust, Ep.adCaes. I, 1.2: fabrumessesuaequemquefortunae). X Vorwort Den philosophischen Gehalt der Schrift De fato zu erfassen und mög- lichst angemessen zu erläutern, soll daher auch das Ziel der vorliegenden Arbeit sein. Durch diese Erläuterungen soll aber auch das allgemeine Ver- ständnis für die in der hellenistischen Zeit so vehement geführte Fatums- diskussion gefördert werden. In diesem Zusammenhang spielt die sorgfäl- tige Unterscheidung zwischen dem schwachen und dem starken Wahrheitsbegriff eine wichtige Rolle. Letzterer lag der antiken Logik übli- cherweise zugrunde und stellt – im Gegensatz zum schwachen Wahr- heitsbegriff – eine für den heutigen Leser ungewöhnlich starke Bedingung für die Wahrheit von Aussagen dar. Dieser starke Wahrheitsbegriff ist in der Auseinandersetzung mit dem logischen Determinismus von entschei- dender Bedeutung. Die Struktur des vorliegenden Kommentars gestaltet sich wie folgt: Nach der Einleitung werden der kausale und der logische Determinismus dargestellt, da vornehmlich diese beiden Formen des Determinismus in der Antike diskutiert wurden. Nach einigen Bemerkungen zur verwende- ten Terminologie schließt sich ein Überblick über die an der hellenisti- schen Fatumsdiskussion beteiligten Schulen an. Darauf folgen einige Vor- bemerkungen zu De fato. Im Hauptteil wird der Text von De fato in Form eines fortlaufenden Kommentars sukzessive besprochen. Die Arbeit schließt mit einer Zusammenfassung, in der die Positionen der einzelnen Schulen aus heutiger Sicht systematisiert und evaluiert werden. Für den lateinischen Text von De fato wurden die Editionen von Karl Bayer, Remo Giomini und Robert W. Sharples verwendet. Die mit „§“ gekennzeichneten Verweise beziehen sich auf die übliche Paragraphenein- teilung von De fato, die sich ebenfalls in den zuvor genannten Ausgaben findet. Mit römischen Ziffern beginnende Verweise beziehen sich auf die Gliederung des vorliegenden Buches. Alle Übersetzungen gehen, soweit nicht anders vermerkt, auf den Autor zurück. Das vorliegende Buch stellt eine überarbeitete Fassung meiner Dissertati- on dar, die im Juli 2004 an der Westfälischen Wilhelms-Universität zu Münster angenommen wurde. Besonderer Dank gebührt Herrn Prof. Dr. Hermann Weidemann, der das ganze Promotionsprojekt mit viel Enga- gement betreut und mit zahlreichen Anregungen gefördert hat. Herrn Prof. Dr. Alfons Weische sei für seinen fachlichen Rat und für das Erstel- len des Zweitgutachtens gedankt. Ferner bin ich Frau Susanne Pinkernell- Kreidt und Herrn Dipl.-Bibl. Norbert Mertens für ihre Unterstützung sehr verbunden. Schließlich gilt mein Dank all denen, die mir in privater Initia- tive Beistand und Hilfe verschiedenster Art haben zuteil werden lassen. Münster, November 2007 Magnus Schallenberg

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