Die Bibel und die Frauen Eine exegetisch-kulturgeschichtliche Enzyklopädie Herausgegeben von Irmtraud Fischer Mercedes Navarro Puerto Adriana Valerio Mary Ann Beavis 19. Jahrhundert Band 8.1 Irmtraud Fischer, Angela Berlis, Christiana de Groot (Hrsg.) Frauenbewegungen des 19. Jahrhunderts Verlag W. Kohlhammer Die Herausgabe des Werkes wird unterstützt durch den Fonds für Ökumenische und Historische Theologie der Fontes-Stiftung in Bern den Eugène und Louis Michaud-Fonds des Instituts für Christkatholische Theologie der Theologischen Fakultät der Universität Bern Calvin Center for Christian Scholarschip, Grand Rapids Universität Graz Verein zur Förderung der Theologie an der Katholisch-Theologischen Fakultät Graz 1. Auflage 2021 Alle Rechte vorbehalten © W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart Print: ISBN 978-3-17-039638-8 E-Book-Format: pdf: ISBN 978-3-17-039639-5 Für den Inhalt abgedruckter oder verlinkter Websites ist ausschließlich der jeweili- ge Betreiber verantwortlich. Die W. Kohlhammer GmbH hat keinen Einfluss auf die verknüpften Seiten und übernimmt hierfür keinerlei Haftung. Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Vorwort Dieser Band, dessen Forschungskolloquium 2012 an der Universität Bern stattfand, hat eine etwas längere Vorgeschichte. Für sein Zustandekommen wurde erstmals auch ein Call for papers genutzt, durch den wertvolle Bei träge vorgestellt wurden, von denen aber doch einige nicht dem Fokus dieser Reihe entsprachen. So wurden nach dem bewährten System der eingeladenen Autor*innen wichtige Themenfelder ergänzt. Durch vielfältige Verpflich tungen und Umstände verzögerte sich das Erscheinen, sodass schließlich die Bandeditorinnen, die überaus reiches Material gesammelt hatten, die He rausgabe abgeben mussten. Aus den vorliegenden Rohbeiträgen sind jene in diesem Band gesammelt, deren zentrale Thematik das Bibelverständnis von Frauen behandelt. Ein einleitender, rechtshistorischer Beitrag beinah mo nographischen Ausmaßes legt den zum Verständnis notwendigen sozialge schichtlichen Hintergrund jener Lebensumstände dar, in denen Frauen dieser Epoche von der Aufklärung bis nach dem Ersten Weltkrieg und dem Erhalt des Frauenwahlrechts lebten. Die weiteren Beiträge, auf die in diesem Band immer wieder hingewiesen wird, werden in etwa zeitgleich unter dem Titel Die Bibel war für sie ein po- litisches Buch: Bibelinterpretationen der Frauenemanzipationsbewegungen im langen 19. Jahrhundert in der Reihe Frauenforschung in Europa (Band29) im LIT Verlag in Münster erscheinen. Den Autorinnen und Autoren dieses Bandes bin ich zu großem Dank ver pflichtet. Sie waren in kürzester Zeit während des Covid-19-Shut-downs be reit, nach vielen Jahren ihre Artikel nach meinen Vorschlägen zu bearbeiten und teils auch zu kürzen oder zu teilen. Ohne finanzielle Unterstützung wäre auch dieser Band nicht möglich ge worden. Dem Verein zur Förderung der Theologie an der KatholischTheolo gischen Fakultät und dem Vizerektorat für Personal und Gleichstellung der KarlFranzensUniversität Graz danke ich für großzügige Unterstützung bei der Finanzierung der Übersetzungen, dem Vizerektorat für Forschung und Nachwuchsförderung der KarlFranzensUniversität und der Universität Bern danke ich für die Unterstützung des Forschungskolloquiums. Für die Überset zungsvorlagen danke ich wie immer der in dieser Reihe jahrelang bewährten Altphilologin Dr. Gabriele Stein; für die Betreuung durch den Kohlhammer Verlag sei der Dank stellvertretend Florian Specker ausgesprochen. Ohne die Knochenarbeit der bibliographischen Vereinheitlichung und der Translation von fremdsprachiger Literatur, die auch auf Deutsch erschienen ist, sowie des mühsamen Korrekturlesens hätte dieser Band trotz der Behin derungen durch die weltweit sich ausbreitende Pandemie nicht binnen eines 6 Vorwort halben Jahres druckfertig gemacht werden können. Dafür danke ich sehr herzlich meiner Assistentin MMag. Dr. Edith Petschnigg sowie den beiden Studienassistentinnen Nicole Navratil MA und Helene Prvinsek. Wie immer lag die Erstellung der Druckvorlage in den zuverlässigen Händen von Dr. Pa trick Marko, der nicht nur durch seine professionelle Formatierung, sondern auch durch die Verwaltung der Finanzen und Abrechnungen aller Kongresse des doch recht komplexen Projekts „Die Bibel und die Frauen“ beständig zum Fortschreiten der Reihe beiträgt. Graz – Udine, Juli 2020 Irmtraud Fischer Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 Angela Berlis Einleitung 9 Ute Gerhard Der Partikularismus der Frauenrechte im 19. Jahrhundert Rechtslagen und Rechtskämpfe der Frauenbewegungen in der westlichen Welt 29 Aud V. Tønnessen Christus als Frauenbefreier? Feministische Bibelauslegungen im Norwegen des 19. Jahrhunderts 107 Arnfríður Guðmundsdóttir Sie hatte den Mut, das Schweigen zu brechen Bríet Bjarnhéðinsdóttir – eine Pionierin der Suffragettenbewegung in Island 122 Adriana Valerio Geheimgesellschaften, Modernismus und Frauenbewegungen in Italien (1789–1920) Die Bibel als Grundlage für soziale Veränderungen 131 Christiana de Groot Grace Aguilar – Anwältin jüdischer Frauen 150 Royce M. Victor Pandita Ramabai: Eine frühe postkoloniale feministische Exegetin und Sozialreformerin Indiens 170 Christine Lienemann-Perrin BibelLektüren von Frauen im Missionskontext Helen Barrett Montgomery im Vergleich mit Pandita Ramabai 187 8 Inhaltsverzeichnis Kristin Kobes Du Mez Globale Aktivitäten und Bibelauslegung durch Frauen im viktorianischen Zeitalter Katharine Bushnells God’s Word to Women 209 Joy A. Schroeder Maria Stewarts Bibelauslegung im Kontext der afroamerikanischen Frauenbewegung 228 Claudia Setzer „Ein Zyklon an Absurditäten“ Frances Willards Ablehnung fundamentalistischer Bibelauslegung 249 Amanda Russell-Jones Josephine Butler: Stimme der Verstoßenen 263 Elisabeth Joris Die Bergpredigt und der natürliche Lebenstrieb von Frauen und Männern Die eigenwillige Auslegung der acht Seligpreisungen der liberalen Frühfeministin und Pädagogin Josephine Stadlin (1806–1875) 293 Izaak J. de Hulster Frauen erkunden biblische Länder Reisebeschreibungen, Ethnologie, Topografie, Botanik und Kodikologie 315 Bibliographie 339 Stellenregister 375 Autor*innen 379 Einleitung Angela Berlis Universität Bern Die Reihe „Die Bibel und die Frauen“ widmet der Epoche des sogenann ten langen 19. Jh., das von der Französischen Revolution bis zum Ende des Ersten Weltkriegs reicht, gleich zwei Bände. Dies verdankt sich der im Ver gleich zu vorhergehenden Jahrhunderten wesentlich besseren Quellenlage, wodurch verschiedene Aspekte der Interpretation der Bibel durch Frauen ins Licht gerückt werden können. Während sich der Band 8.2 den religiösen Frauenbewegungen dieser Epoche widmet,1 befasst sich der hier vorliegen de Band 8.1 mit den politisch motivierten Frauenbewegungen im 19. Jh. Sie sind allerdings kein völlig neues Phänomen, sondern Teil von weiter in die Geschichte zurückreichenden, umfassenderen Emanzipationsbestrebungen.2 Infolge der Revolutionen um 1848 verlangte auch der Bauern und sodann der sich neu formierende Arbeiterstand politische Mitsprache. In diesem Zeitraum entstehen ab den 1840er Jahren die modernen Frauenbewegun gen im Kontext allgemeiner Freiheitsbewegungen, die die Menschenrechte für alle einfordern. Diese manifestieren sich regional unterschiedlich und in verschiedenen Tempi: in den Vereinigten Staaten von Amerika vor allem in der Sklav*innenbefreiungsbewegung, in Indien im Hinterfragen des strikten Kastensystems, in Großbritannien in der Arbeiter*innenbewegung und welt weit im Kampf gegen feudale Systeme. In diesem Band werden moderne Frauenbewegungen, die im langen 19. Jh. in verschiedenen Ländern entstehen, anhand ausgewählter Protagonistinnen und deren Art und Weise der Bezugnahme und Berufung auf die Bibel dar gestellt, mit denen sie sich für die gesellschaftlichen und religiösen Rechte von Frauen engagieren. „Rechte von Frauen und Rechte für Frauen“ kann im 19. Jh. zunächst ganz Unterschiedliches bedeuten. Die gesamte Rechtslage im damaligen Europa und seinen Kolonien gleicht einem Flickenteppich. Die 1 Michaela Sohn-Kronthaler und Ruth Albrecht, Hg., Fromme Lektüre und kriti- sche Exegese im langen 19. Jahrhundert (BuF 8.2; Stuttgart: Kohlhammer, 2014). 2 Der gängige Begriff „Erste Frauenbewegung“ ist irreführend, da er den Anschein er weckt, dass sich Frauen in diesem Zeitraum erstmals zusammenschlossen, um gegen Diskriminierung aufzustehen. Wo nötig, wird deshalb hier von „modernen“ Frauen bewegungen gesprochen. Die Reihe „Die Bibel und die Frauen“ ist als Ganze dazu angelegt, aufzuzeigen, dass patriarchale Gesellschaftsordnung und androzentrische Weltsicht zu keiner Zeit unwidersprochen war, es also zu allen Zeiten Frauenbewe gungen gab.