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Franz Alexander von Kleist Werke PDF

940 Pages·2017·5.61 MB·German
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Franz Alexander von Kleist Werke Zusammengestellt von Sigurd von Kleist Hamm 2017 Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 Kurzbiographie 3 1791 Hohe Aussichten der Liebe 10 1791 Ueber die eigentümlichen Vollkommenheiten 21 des preußischen Heeres 1791 Graf Peter der Däne 39 1792 Fantasien auf einer Reise nach Prag 185 1793 Sappho 222 1793 Zamori oder die Philosophie der Liebe 309 1793 Das Glück der Liebe 429 1796 Das Glück der Ehe 439 1797 Vermischte Schriften 450 1799 Liebe und Ehe in 3 Gesängen 571 Hohe Aussichten der Liebe 572 Das Glück der Liebe 583 1788-1793 Einzelveröffentlichungen 592 1789-1797 Briefe und Handschriften 751 Veröffentlichungen zum Werk 873 Zeitgenössische Rezensionen 874 Friedrich de la Motte Fouqué 907 Die drei Kleiste Wolfgang Menzel 913 Auszug aus Geschichte der deutschen Dichtung Allg. Deutsche Biographie 913 Artikel von 1882 Julius Schwering 915 Franz von Kleist Eine litterarische Ausgrabung Ludwig Geiger 932 Franz Alexander von Kleist Alexander von Ungern-Sternberg 934 Über Albertine von Waldow Wilhelm Harnisch 938 Über Albertine von Waldow 1 Vorwort Dieses Buch ist entstanden als Teil der Digitalisierung von Unterlagen zur Familie von Kleist. Unmittelbar vorhergegangen war die Digitalisierung der Ausgabe von August Sauer von Werken und Briefen von Ewald Christian von Kleist. Damit waren für den Herausgeber die Manuskript-Schätze des Gleimhauses in Halberstadt erkennbar geworden, die, soweit sie Franz Alexander von Kleist betrafen, nur auszugsweise veröffentlicht waren. Mit der zusammenfassenden Herausgabe des ganze Werks von Franz Alexander von Kleist, der Bücher, Aufsätze und Briefe sowie von zeitgenössischen Rezensionen ist ein neues eigenständiges Buch entstanden. Die Zusammenstellung und Gliederung ist dabei formal, Bücher vor Veröffentlichungen in Zeitschriften und vor den Briefen, angeordnet grundsätzlich in zeitlicher Reihenfolge. Bei den verwendeten Büchern ist im Normalfall die Bibliothek des Digitalisats, das meist von Google Books stammt, angegeben, soweit sie aus der verwendeten Internet-Datei erkennbar war. Auch die Veröffentlichungen in Zeitschriften waren, von wenigen Ausnahmen abgesehen, im Internet verfügbar. Hier ist auch der digitale Zeitschriftenbestand der Universitätsbibliothek Bielefeld intensiv genutzt worden. Die Texterkennung erfolgte mit Abbyy Recognition Server für Frakturschrift sowie Abbyy Finereader 12 Professional für die übrigen Texte. Fehler können natürlich nicht ausgeschlossen werden. Das Buch enthält zusätzlich Abschriften des im Gleimhaus, Halberstadt, befindlichen Briefwechsels mit Gleim sowie Briefen im Kleist-Museum in Frankfurt/Oder und den Vieweg-Sammlungen der Universitäts- Bibliothek Braunschweig. Ich danke diesen Institutionen für die Unterstützung. Weitere Briefe sind aufgenommen, soweit sie veröffentlicht sind. Eine kleine Zahl von Briefen, die sich in anderen Sammlungen befinden, ist nur erwähnt, aber nicht wiedergegeben. Die Transkription der Briefe enthält Lücken und entspricht - dem Wissenstand des Herausgebers entsprechend - nicht wissenschaftlichem Standard. Die Rechtschreibung richtet sich nach dem jeweiligen Original, lediglich die Verwendung der Anführungszeichen ist etwas angepasst. Die Seitenumbrüche der Originale sind bei den Büchern in [] angegeben. Die Anmerkungen der jeweiligen Quellen sind mit * kenntlich gemacht, Anmerkungen des Herausgebers mit der Jahreszahl 2016 oder 2017. Der Band soll die Beschäftigung mit Franz Alexander von Kleist erleichtern. Auf Grund des familienge- schichtlichen Ansatzes spielt es für die Herausgabe keine Rolle, wie seine Bedeutung als Dichter heute einzuschätzen ist. Seine in den Briefen geäußerten Ansichten, die teilweise auch zu seinen Texten im Widerspruch stehen, stellen eine interessante Quelle für die Ansichten eines jungen Kleist in den Zeiten der französischen Revolution dar. Da das Buch für die Veröffentlichung im Internet bestimmt und durch- suchbar ist, ist ein Register nicht erforderlich. Ein Druck, aufgeteilt auf 2 Bände, wird nur in einer Auflage von wenigen Stück für die unterstützenden Institutionen und das Familienarchiv durchgeführt. Eine Kommentierung der Texte ist nicht vorgesehen. Am Ende der Kurzbiographie wird auf neuere Literatur verwiesen, die zur Vertiefung herangezogen werden kann, insbesondere die grundlegende Arbeit von Anke Tanzer, „Mein theurer zweiter Kleist“, ohne die dieser Band nicht entstanden wäre. Von den von Anke Tanzer zusammengestellten zeitgenössischen Rezensionen sind mehrere, von den älteren Aufsätzen, die sich mit Franz Alexander von Kleist beschäftigt haben, sind die Texte von Friedrich de la Motte Fouqué und Julius Schwering am Schluss beigefügt. Für eine Information über Fehler an [email protected] wäre ich dankbar. Sigurd von Kleist Familienverband derer v. Kleist e. V. Hamm 2 3 Kurzbiographie auf der Basis des aktualisierten Artikels in der 2. Auflage der Familiengeschichte von 1886 und der dort verwendeten Literaturzitate. Franz Alexander, Legationsrat und Dichter, geb. 1769, † 1797. Ein Lebensbild dieses bedeutenden, leider so früh verstorbenen Mannes ist in der Allgemeinen Deutschen Biographie1 1882 erschienen; Der Text ist unten S. 913 vollständig abgedruckt. Teile sind im folgenden Text verwendet, ebenso Teile des ergänzenden Textes der Familiengeschichte, die aber durch weitere Informationen ergänzt sind. Franz Alexander von Kleist wurde am 24. Dezember 1769 zu Potsdam geboren. Sein Vater war der preußische Generallieutenant Franz Casimir von Kleist, seine Mutter Caroline Luise, gleichfalls aus Kleist’schem Geschlechte, war die Tochter des Obersten Carl Wilhelm (II. 129), der das Haus Zützen2 begründete, und seiner Frau Eva Luise Eleonore, geb. von Schlomach, verwitw. von Einsiedell, einer sehr wohlhabenden Frau. Kl. wurde bis zu seinem 9. Jahre von seiner Großmutter mütterlicherseits, zur der Zeit bereits Witwe, in Zützen, erzogen und kam dann zu seinen Eltern nach Potsdam3 und später nach Magdeburg. Seine Mutter starb während dieser Zeit 1780 in Magdeburg. Im März 17844 trat er bei dem preußischen Infanterie-Regiment des Herzogs von Braunschweig Nr. 21 in Halberstadt ein5. 1785 wurde er Fähnrich. Dort ergab sich ein Kontakt zu dem Domsekretär und Dichter Gleim, der auf Grund seiner früheren engen Freundschaft zu dem 1759 gefallenen ,Frühlingsdichter’ Ewald Christian besondere Sympathie für Franz Alexander empfand. Gleim hatte einen Kreis von an Dichtung Interessierten um sich versammelt und führte einen umfangreichen Schriftwechseln mit Dichtern in Deutschland. In diesem Umfeld sind die ersten poetischen Arbeiten von Franz Alexander von Kleist entstanden.6 Seinem ersten Gedicht, im März 1788 in den Halberstädtischen Gemeinnützigen Blättern veröffentlicht, folgten Veröffentlichungen in verschiedenen Zeitschriften. 1789 folgte sein erstes Buch, „Hohe Aussichten der Liebe“. Die Orientierung am Halberstädter Kreis hatte nicht nur Vorteile, weil sie die Wahrnehmung anderer poetischer Zeitströmungen begrenzte.7 Er machte den Feldzug von 17908 mit. Nach diesem Feldzuge verließ er am 9. November 1790 die Armee. Angaben über einen anschließendes Aufenthalt in Göttingen sind nicht belegbar, auch könnte er nur Wochen gedauert haben. Eine Immatrikulation ist jedenfalls nicht erfolgt. Schon Anfang 1791 wohnte er in Berlin. Auch nachdem er Halberstadt verlassen hatte, stand Kl. bis zu seinem frühen Tod im Briefwechsel mit 1 Allgemeine Deutsche Biographie 16 (1882), S. 121-122 2 Zützen ist heute Teil der Gemeinde Golßen im Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg. Das Gut hatte die Ehefrau 1749 gekauft. (2016) 3 2016: Sein Vater wurde zum 12. Januar 1777 nach Magdeburg versetzt. 4 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 16. (2007) 5 Laut Kriegs-M. -A. war er im Juni 1786 Fähnrich im Infanterie-Regiment Nr. 21, wurde 3. Juni 1788 Lieutenant und nahm 9. November 1790 den Abschied. 6 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 15 ff. (2007) 7 Unveröffentlichter Vortrag von Dr. Lothar Jordan bei dem Kleistschen Familientag am 18. Oktober 2003 in Falkenhagen. Anlage zum Rundschreiben Nr. XVI des Familienverbandes v. Kleist vom Januar 2004. 8 2016: Nicht 1789, wie in der Familiengeschichte 1886 stand, siehe Schreiben zwischen Gleim und Kleist im Juni/Juli 1790. Kleist befand sich in Schlesien in Baumgarten bei Franckenstein an der Grenze nach Böhmen. 4 Gleim. Die erhaltenen Briefe sind unten abgedruckt. Ein Inhalt der Briefe ist die Stellung der Briefschreiber zur französischen Revolution und ihren Folgen für Deutschland. Er wurde unter dem Minister Grafen von Hertzberg 1791 am 1. April 1791 Legationsrat im auswärtigen Dienst. Zu einer Verwendung im Ausland kam es aber nicht. Seine Reise im September 1791 nach Prag zur Königskrönung Leopolds II., die er anonym in den „Fantasien auf einer Reise nach Prag“ geschildert hat, könnte einen dienstlichen Hintergrund gehabt haben, für den es aber in dem Text keinen Beleg gibt. 1791 erschien sein erstes Schauspiel „Graf Peter der Däne“. Er vermählte sich am 10. oder 11. Januar 17929 mit Albertine von Jungk, geboren 2. Juli 1774 in Frankfurt/Oder,10 gestorben 16. November 1854 in Charlottenburg bei Berlin,11 Tochter des verstorbenen Johann Anton von Jungk auf Falckenhagen, Legationsrat und Preußischer Resident in Danzig, den Friedrich der Große 1766 geadelt hatte, und der Albertina Anna Susanna Fettingen12. Zwei Briefe von Kleist an seine spätere Frau sind erhalten. In Briefen an seinen Freund und Verleger Vieweg aus der Zeit nach der Hochzeit gibt er Aufträge zur Ausstattung seiner Wohnung in Berlin. Er verliess bereits 1792 wieder den Staatsdienst. Ob dies mit der etwa gleichzeitigen Entmachtung des Grafen von Hertzberg oder mit Plänen zum Erwerb eines Gutes für die Eheleute zusammenhängt, ist nicht zu klären. Im gleichen Jahr stellte er das Schauspiel „Sappho“ und das Lehrgedicht „Zamori“ fertig. Es gelang ihm überraschend, das Gut Falkenhagen bei Frankfurt a. /O.13, welches zur Aufteilung des Erbes zwischen Albertine und der Witwe, ihrer Stiefmutter, versteigert wurde, für 102.000 Reichstaler im Frühjahr 1793 zu ersteigern. Er bezog es zum 20. März 1793.14 Die Verwaltung des Guts nahm von jetzt an seine Zeit stark in Anspruch. Es endeten seine Veröffentlichungen in Zeitschriften. Von den Büchern sind in dieser Zeit nur zwei kurze Arbeiten, das Glück der Liebe, 1793, und das Glück der Ehe, 1796, erschienen. Auch 9 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, 1998, S. 29. (2007) 10 Albertine wurde in Frankfurt/Oder am 3. August 1774 in der Marienkirche getauft. Zu den Taufpaten gehörten die Schwester der Mutter von Heinrich von Kleist, Frau von Massow, und ein höherer Offizier, Joachim Rüdiger von Kleist, der auch später Taufpate bei Heinrich von Kleist war. Franz Alexander von Kleist in Falkenhagen und Ringenwalde, Hans-Jürgen Rehfeld, S. 11. (2018) 11 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/ 1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 466 (2012) Sterbeort: Karl August Varnhagen von Ense, Tagebücher, Bd. 11, Hamburg 1869, S. 317 (2014) 12 Biographisches Handbuch der Preußischen Verwaltungs- und Justizbeamten, 1740-1806/ 1815, Teil 1, Rolf Straubel, München 2009, S. 466 (2012) Albertine Susanne Fetting, * 1750 Danzig, + 25. August 1774 - Frankfurt/Oder, Stammbaum Jochen ROLCKE (jrdus) Kirchenbuch der Frankfurter Marienkirche unter dem 26. August 1774: Albertina Anna Susanna von Jungk, geb. Fettingen, verh. Johannes Andreas von Jungk, Königl. Preuß. Legations Rath Ehefrau in dem 24ten Jahre ihres Alters verstorben und nach ihrem Landgut Falckenhagen gefahren und daselbst beerdigt. (2018) 13 Falkenhagen, Kreis Lebus, Regierungsbezirk Frankfurt a. O. (Berghaus, Landbuch der Mark Brandenburg, II, S. 444.) Das Gut gehörte der Witwe seines Schwiegervaters, die in zweiter Ehe mit einem Leutnant von Oppen verheiratet war, und Albertine. Bei der Witwe handelt es sich um Katharina Wilhelmine v. Faggyas, * 1764, + 22.1.1815 Berlin, Tochter des Urban v. Faggyas, Königlich preußischer Kapitän a. D. und Zolldirektor. Sie heiratete 3.11.1790 in Gatersleben, Kr. Aschersleben, Adolf Friedrich v. Oppen, * 4.12.1762 Gatersleben, + 29.8.1834 Siede, Kr. Soldin. Handbuch des preußischen Adels, 2, 1893, S. 456. In ihrem Testament von 1805, Oppen, Catharine Wilhelmine v. geb. v. Faggyas, Majorin, Brandenburgisches Landeshauptarchiv, 4A Testamente 12977, führt sie aus: Mein Vermögen, welches ich aus meines verstorbenen Mannes, des wolseligen Herrn Legations-Rat von Junck Nachlas ererbt habe, bestehet nach Ausweisung des darüber errichteten Erbvertrags in Sieben und Vierzig Tausend Neunhundert Taler in Currant, und einem Mobiliar Vermögen. (2018) 14 Bis November 1795 war ein Kleist aus dem Hause Stavenow, Wilhelm Adrian, III. 490, Commendator des Johanniter-Gutes (Komturei) Lietzen, ca. 6 km nördlich von Falkenhagen. In den vorhandenen Briefen gibt es keinen Hinweis darauf. (2019) 5 seine Briefe an Gleim wurden immer seltener. Er erklärte Gleim nun, er wolle sich der Politik enthalten, kam aber immer wieder auf die jeweilige aktuelle politische Lage zu sprechen. Es gibt nur Spekulationen darüber, ob es einen Kontakt zwischen Franz Alexander von Kleist und seinem jüngeren entfernten Vetter Heinrich gab. Da Heinrich von Kleist am Rheinfeldzug teilnahm, war er während der Zeit, in der Franz Alexander von Kleist in Falkenhagen war, nicht in Frankfurt/Oder. Allerdings spricht alles dafür, dass Heinrich von Kleist etwas von Franz Alexander von Kleist wußte, schon deshalb, weil er mit einem Bruder der Mutter von Franz Alexander, dem Kammerherrn August Wilhelm v. Kleist auf Tzschernowitz, Haus Zützen, und später dessen Witwe Kontakt hatte.15 Ob der Werdegang und das Werk von Franz Alexander von Kleist Einfluss auf die Entwicklung von Heinrich von Kleist hatte, kann hier nicht behandelt werden.16 Kleist hat das Gut ohne die nötige Erfahrung geführt, neigte wohl auch zur Verschwendung. Er hatte aber auch mit der preußischen Verwaltung Schwierigkeiten, die sich auf angebliche Versäumnisse der Vorbesitzer bezogen. Auch ergaben sich erhebliche finanzielle Forderungen der Frau von Oppen. Er verpachtete zunächst im April 1795 das Rittergut Falkenhagen auf zwölf Jahre.17 1796 verkaufte Kleist Falkenhagen für 130.000 Reichstaler wieder,18 und er erwarb von dem Landrat des Königsberger Kreises Carl Cristoph Gottlob von Knobelsdorf, das Gut Ringenwalde in der Neumark für 91.320 Reichstaler. Alexander v. Humboldt erhielt dabei eine Restzahlung aus einer ererbten Hypothek an dem Gut.19 Franz Alexander von Kleist ließ sich auf dem erworbenen Gut nieder. Er starb dort, noch nicht 28 Jahre alt, am 8. August 1797 an der Ruhr.20 Nach dem Vorbericht zu den erst nach seinem Tod erschienenen „vermischten Schriften“ bereitete er diese Zusammenstellung von weitgehend bisher nicht veröffentlichten Werken in seinen letzten Monaten vor, s. unten S. 451. Auch mit der Überarbeitung seiner 1799, zwei Jahre nach seinem Tod, unter dem Titel „Liebe und Ehe in 3 Gesängen“ von seinem Verleger Vieweg veröffentlichten Zusammenstellung seiner Bücher zu dem Thema war er in seinem letzten Lebensjahr befasst gewesen, wie sich aus einem Brief an Vieweg ergibt. Das in diesem Band zusammengestellte gesamte veröffentlichte dichterische Werk während seines kurzen Lebens umfasst mehr als 700 Seiten. Die ungewöhnliche Fruchtbarkeit dieses jetzt vergessenen Dichters verdient besondere Beachtung. Er wurde zu seinen Lebzeiten und unmittelbar nach seinem Tode viel gelesen und beurteilt. Eine ganze Reihe von zeitgenössischen Rezensionen sind in diesem Band abgedruckt. 15 Heinrich von Kleists Lebensspuren, Helmut Sembdner, Nr. 9. 16 Z. B. Kleist und die Romantik, Ernst Kayka, Berlin 1906, S. 8 ff. 17 Franz Alexander von Kleist in Falkenhagen und Ringenwalde, Hans-Jürgen Rehfeld, S. 20. (2018) 18 Eine Kopie des Kaufvertrags betr. das Allodialgut Falkenhagen vom 25.6.1796 zwischen Leg.Rat Franz von Kleist als Verkäufer und Reichsgraf Georg von Münster - Meinhövel als Käufer im Hauptstaatsarchiv Hannover Dep. 125 B Nr. 24 (2011) 19 Franz Alexander von Kleist in Falkenhagen und Ringenwalde, Hans-Jürgen Rehfeld, S. 24. (2018) 20 Nachruf der Königl. Gesellschaft der Wissenschaften, Berlin September 1797 Die Gesellschaft litte vorigen Monath durch den Tod des Legations - Rathes Franz von Kleist einen ihr sehr schmerzhaften Verlust. Er starb auf seinem Landgute Ringenwalde in der Neumark an der Ruhr. Man kann von ihm sagen, dass er nicht minder in der Blüthe seiner Talente, als in der Blüthe seiner Jahre starb. Durch seine erste Erziehung nicht bestimmt zu den Wissenschaften, führte ihn allein das Genie denselben zu. Die Leichtigkeit, mit welcher er arbeitete, die Fülle und selbst die Üppigkeit seiner Einbildungskraft und sein leises Gefühl für Harmonie, bekundeten seinen Beruf zu den schönen Künsten. Er bemühte sich und besonders in dem letzten Jahre seines Lebens, mit Eifer und Anstrengung, durch das Studium der ernsten Wissenschaften und der Philosophie, um die Mittel, seinen späteren Geistesprodukten das Correkte und die Vollendung zu geben, die man gewiss an ihnen erkannt haben würde, wenn der Feind alles Vollendeten hienieden ihn nicht so früh der Welt entrissen hätte. 6 Seine Sappho und der Zamori sind mehrfach von Rezensenten sehr scharf kritisiert worden. Diese Kritiken haben Franz Alexander von Kleist stark getroffen, siehe unten seinen Brief an Gleim vom 5. Januar 1794, S. 854. Kleist’s „Glück der Ehe“ ist sogar nach seinem Tod „ein Meisterstück wohllautender Leerheit“ genannt worden;21 Wolfgang Menzel sagt in seiner „Geschichte der deutschen Dichtkunst“: es sei „kein Zufall, daß in demselben Jahre, in welchem Ludwig XVI. auf dem Schaffot blutete und der Convent seine Schrecken ausgehen ließ, dieser stille Berliner seinen Zamori dichtete, in welchem alles, was ein deutsches Gemüth damals an Süßlichkeit und Schwächlichkeit leistete, concentriert erscheint.“22 Daß Kleist keineswegs ausschließlich dieser Richtung angehört hat, geht unter Anderem aus dem im Maiheft der deutschen Monatsschrift von 1791 veröffentlichten schönen Gedichte: „Auf Mirabeau’s Tod“ hervor, in welchem der Zweiundzwanzigjährige als ein begeisterter Sänger der Freiheit und der höchsten geistigen Güter auftritt. Seine Briefe an Gleim bestätigen diese Haltung. Friedrich de la Motte Fouqué, der sich für die literarische Rezeption von Franz Alexander eingesetzt hatte, hat in einem Brief vom 28. November 1811 an Hitzig ausgeführt: „Seltsam ist es doch mit den drei Dichtern aus dem Kleist’schen Hause. Alle so früh im Grabe, und Jeder gewissermaßen durch die Todesart sein Zeitalter ausdrückend. ...der zweite in wüster Ausschweifung untergegangen noch vor dem Sterben...“23 Anke Tanzer sieht eine mögliche Erklärung darin, dass sich Franz Alexander an der Spekulation mit Gütern beteiligt haben könnte und sich dabei verspekulierte.24 Ein weiteres Urteil sei hinzugefügt. Wir entnehmen es Otto Brahm, der in seinem Buche, Heinrich von Kleist, (1884), schreibt: (Seite 7) „„Alle Kleists Dichter“, heißt es in den kurzen Charakteristiken, welche die Eigenschaften der großen preußischen Adelsfamilien wie in Sprichwörtern zusammenfassen, von dem weitverzweigten altpommerschen Geschlecht; und als Zeuge davon steht neben Ewald und Heinrich als dritter Franz von Kleist da: gleichfalls Soldat und Poet, gleichfalls in frühen Jahren verstorben. Franz von Kleist, um 8 Jahre älter als Heinrich, begann als Schüler zugleich der Wieland’schen Lehrgedichte und der Gleim’schen Anakreontik, er versuchte sich in der Ballade und erzählte unter Anderem, als ein Vorgänger Schillers, die Sage vom Taucher; und er starb, eben als er zu selbständigeren Gestaltungen erfolgreich emporstrebte, noch nicht dreißigjährig. Dennoch war sein nachdenkliches Schaffen nicht ohne Erfolg gewesen; und wir lesen in der Lebensgeschichte eines jüngeren Zeitgenossen, de la Motte-Fouqué’s, das enthusiastische Lob seiner anmutigen Milde, seiner zarten Phantasie und des Wohllauts seiner Sprache.“ 1892 erschienen zwei Abhandlungen unter dem Titel „Franz von Kleist, Eine litterarische Ausgrabung“, wobei die Arbeit des Autors der zweiten Abhandlung, Dr. Julius Schwering, den höheren Wert hat. Sein Urteil zu Franz Alexander lautet: „Am glücklichsten ist der Dichter in der politischen Ode oder Hymne . . . Seine episch-didaktischen Versuche mit ihrem mythologischen Ballast sind dagegen für uns ungenießbar und mit Recht von der Nation vergessen. . . . Franz von Kleist trat auf, als es Frühling war im deutschen Dichterwalde; in dem tausendstimmigen Chor herrlicherer und gewaltigerer Melodieen sind seine jugendlichen Weisen verhallt.“25 Es folgte 1893 ein Aufsatz von Berthold Schulze, „Ein vergessener Dichter (Franz von Kleist)“.26 Sein Ziel war es, zu einer gerechteren Sicht auf das Werk von Kleist beizutragen. 21 2016: Siehe unten S. 906. 22 2016: Geschichte der Deutschen Dichtung, Wolfgang Menzel, Neue Ausgabe, Dritter Band, Leipzig 1875, S. 118. 23 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, S. 37 24 Anke Tanzer, Mein theurer zweiter Kleist, S. 39 25 Die Abhandlung findet sich auf Seite 915 26 2016: Nord und Süd, Band 65, Breslau 1893, S. 322 ff.

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alles dafür, dass Heinrich von Kleist etwas von Franz Alexander von Kleist wußte, schon deshalb, weil er So fessellos in ihren weiten Reichen.
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