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Frankreichs Entwicklungshilfe: Politik auf lange Sicht? PDF

327 Pages·1967·8.85 MB·German
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Osswald, Kohler, Ruf Frankreichs Entwicklungshilfe Ordo Politicus Verăffentlichungen des Arnold-Bergstraesser-Institu ts herausgegeben von Dr. Dieter Oberndărfer o. ă. Professor an der Universirăt Freiburg (Br.) Band 6 Frankreichs Entwicklungshilfe Politik auf lange Sicht? Klaus-Dieter Osswald Frankreichs Entwicklungshilfe Die Problematik der franzăsischen Entwicklungshilfe in ihrer historischen, politischen und wirtschaftlichen Ausprăgung,ihreMotivationen und Formen Ulrich Kohler, Werner Ruf Die Entwicklungshilfe des gaullistischen Frankreich Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH Klaus-Dieter Osswald Ulrich Kohler Werner Ruf Frankreichs Entwicklungshilfe Politik auf lange Sicht? 1967 ISBN 978-3-322-97909-4 ISBN 978-3-322-98440-1 (eBook) DOI 10.1007/978-3-322-98440-1 Gedruckt mit Untersttitzung des Kultusministeriums Baden-Wtirttemberg © 1967 by Springer Fachmedien Wiesbaden Urspriing1ich erschienen bei Westdeutscher Verlag . Kăln und Opladen 1967 Softcover reprint ofthe hardcover lst edition 1967 Verlagsnummer 053706 Grafische Gestaltung: Herbert W. Kapitzki, Stuttgart Alle Rechte vorbehalten Inhalt Vo rwort des Herausgebers .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII Einleitung der Verfasser .............................................. IX Klaus-Dieter Osswald Frankreichs Entwicklungshilfe .......................................... 1 Die Problematik der franzosischen Entwicklungshilfe in ihrer historischen, politischen und wirtschaftlichen Auspragung, ihre Motivationen und Formen Ulrich Kohler, Werner Rut Die Entwicklungshilfe des gaullistischen Frankreich ........................ 235 V orwort des Herausgebers Die vorliegende Publikation ist aus Forschungen des Arnold-Bergstraesser-Instituts fur Politik und GeseUschaft uberseeischer Lander hervorgegangen. Es handelt sich urn die Ergebnisse einer unter der Leitung des Herausgebers tatigen Forschungsgruppe und einer bei ihm angefertigten Dissertation. Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, daB mit dem Erscheinen dieser ersten Publikation von Mitarbeitern des Arnold-Bergstraesser-Instituts im Rahmen der Reihe Ordo Politicus eine Xnderung im Untertitel der Reihe erfolgt ist. Er ver mutet richtig, daB damit ein neuer Akzent gesetzt wird. Die Ausweitung und Inten sivierung des Forschungsprogramms des ABI in seinen Regionalabteilungen - Schwarz afrika, Nahost, Sudostasien und Lateinamerika - wie in seinen uberregionalen Refe raten - Erziehung und Politik - verlangte nach einer institutseigenen Publikations reihe. Dadurch andert sich nichts an der engen Verbundenheit zwischen dem Seminar fur Wissenschaftliche Politik und dem Arnold-Bergstraesser-Institut, die schon durch die personeUe Verflechtung - der Herausgeber steht beiden Instituten als Direktor vor - gegeben ist. Es ist uberflussig zu betonen, daB auch kunftig Arbeiten im Ordo Politicus erscheinen werden, die zur Politik und GeseUschaft uberseeischer Lander keinen direkten Bezug haben. Bemuht sich doch das Arnold-Bergstraesser-Institut selbst darum, in seinen Forschungen die Verbindung zu den aUgemeinen Fragen der politischen Theorie, der politischen Institutionenlehre und der politischen Geschichte zu wahren, ein Vorsatz, wie er aUein schon von der sachlichen Verflochtenheit wissenschaftlichen Forschens in den verschiedenen Teilbereichen der politischen Wissenschaft gefordert wird. Ferner hoffen wir, fur die Fragen von Politik und GeseUschaft in uberseeischen Landern, deren Erforschung in Zukunft einen Schwerpunkt in der Reihe Ordo Politicus bilden soU, auch Autoren auBerhalb des Arnold-Bergstraesser-Instituts zu gewinnen. Dieter Oberndorfer Einleitung der Verfasser Frankreichs Entwicklungshilfe gilt in der offentlichen Meinung der industrialisierten Staaten wie auch der Entwicklungslander als qualitativ und quantitativ mustergultig. Es stellt sich nun die Frage, ob diese Meinung eine Folge der allgemeinen franzosischen Politik in der Periode der Dekolonisation ist, oder aber ob der ProzeB der Dekoloni sation fur Frankreich gerade deshalb ohne Bruch und fast reibungslos verlaufen ist, weil seine Hilfe von den ehemaligcn Kolonien und Protektoraten als ihrer Situation entsprechend verstanden wurde. 1st es wirklich die franzosische Entwicklungshilfe, die ~e Gaulles Stellung in der Dritten Welt so vorteilhaft erscheinen laBt, daB er in einer Umfrage von» Jeune Afrique«, einer der fuhrenden afrikanischen Zeitschriften, als der beliebteste nichtafrikanische Politiker bezeichnet wurde ',? Schon auf Grund dieser allgemeinen Fragestellung wurde es sich lohnen, die franzosische Entwicklungshilfe zu untersuchen. Daneben gibt es jedoch noch eine Anzahl aktueller Fragen, wie beispielsweise die Stellung Frankreichs zur Multilateralisierung der Ent wicklungshilfe und zum Problem der Wahrung nationaler Interessen bei der Zusam menarbeit der EWG-Staaten im Bereich der Entwicklungshilfe. Am Beispiel der franzosischen Hilfe kann untersucht werden, welche Bedeutung die koloniale Vergangenheit fur die Entwicklungshilfe hat. Das franzosische Kolonialreich hat sich in der relativ kurzen Zeit von 1954 bis 1962 aufgelost. Abgesehen vom Beginn (Indochina) und vom Ende (Algerien) dieses Dekolonisationsprozesses ist es Frankreich gelungen, ohne viel BlutvergieBen den einzelnen Landem die Unabhangigkeit zu gewahren. An die Stelle einer Entwicklung der einzelnen Kolonien trat sofort die Ent wicklungshilfe fur die neuen Staaten. Sie trat ein Erbe kolonialen Denkens und kolo nialer Formen der Verbindung zwischen Mutterland und Kolonie an, doch in der kurzen Zeit von 1959 bis 1962 wurden Methoden gefunden, die dem Geber- wie auch dem Nehmerland angemessen zu sein scheinen. Die vorliegende Studie solI die Beziehungen Frankreichs zu seinen ehemaligen Kolo nien nicht nur in ihrem geschichtlichen Wandel vom Empire zur Union Francyaise, zur Communaute und schlieBlich zur Zusammenarbeit souveraner Staaten umreiBen, son dem das Verhaltnis auch in seiner gegenwartigen Auspragung darstellen. Daruber hinaus behandelt die Arbeit die Neugestaltung der Beziehungen zu denjenigen Ent wicklungslandem, zu denen keine kolonialen Bindungen bestanden hatten und die erst * Jeune Afrique No. 243 yom 1. 8. 1965. x Einleitung der Ver/asser nach Beendigung des Dekolonisationsprozesses in starkerem Ma~e in die Interessen sphare Frankreichs riickten. Es handelt sich bei der vorliegenden Untersuchung urn zwei voneinander unabhangig erstellte Teile, die verschiedene methodische Ansatzpunkte haben und schwerpunkt ma~ig verschiedene Zeitabschnitte behandeln. Der erste Teil (Osswald) versucht den Gegenstand geistesgeschichtlich zu behandeln. Es geht urn die ideengeschichtliche Entwicklung der Dekolonisation, vor allem urn die Reaktion in Frankreich auf diesen Proze~. Der behandelte Zeitraum reicht bis 1962. Aus der geschichtlichen Entwicklung werden die geistigen und formal en Voraus setzungen der franzosischen Hilfe untersucht und ihre Veranderungen im Zeitraum der Dekolonisation. Besonderes Interesse gilt dabei dem kulturpolitischen Sektor, der unter den Begriff der technischen Hilfe fallt. Als wesentlich fiir die Entwicklung einer Theorie der franzosischen Entwicklungshilfepolitik werden dabei die Tendenzen der franzosischen Kritik an der Entwicklungshilfe behandelt, die sich einerseits prinzipiell gegen jegliche Entwicklungshilfe, andererseits gegen die Hilfe in ihrer vorliegenden Form wenden. Besonderes Interesse gilt in diesem Zusammenhang der Stellung Frank reichs zu internationalen Entwicklungshilfeorganisationen, ob es sich nun darum han delt, die Institutionen abzulehnen oder sie unter Kontrolle zu bringen. Der zweite Teil (Kohler/Ruf) analysiert die praktische Durchfiihrung der Hilfe. Er will die zahlenma~igen Leistungen bei der Vergabe der franzosischen Entwicklungs hilfe interpretieren und legt seinen Schwerpunkt auf den Zeitraum 1960 bis 1964. Dabei werden die Rolle der staatlichen und der privaten Hilfe, die Differenzierung der Politik gegeniiber bestimmten Regionen, die Entwicklung des Anteils der Hilfe am Bruttosozialprodukt und das Verhaltnis zum Europaischen Entwicklungsfonds untersucht. Weitere behandelte Themen sind die Versuche zu einer Neuorientierung in der gaullistischen Zeit, die Problematik der Entwicklungshilfeverwaltung und die Vorstellungen iiber eine Reform dieser Verwaltung. Ein wei teres wichtiges Unter suchungsobjekt ist die Funktion der Kulturpolitik in der Fiinften Republik gegeniiber den Entwicklungslandern. Die beiden Teile der Arbeit sind bis zu einem gewissen Grade komplementar. Obgleich sie von unterschiedlichen Ansatzen ausgehen und verschiedene Untersuchungsmetho den verwenden, kommen sie doch zu einer weitgehenden Obereinstimmung in den Ergebnissen. Gemeinsam ist beiden Teilen der Arbeit die Frage nach der Organisation der franzosischen Hilfe, der Kulturpolitik in ihrer grundsatzlichen Konzeption und zahlenma~igen Auspragung sowie nach dem Verhaltnis Frankreichs zum Europaischen Entwicklungsfonds. Auch bei der Behandlung dieser Themen wird von verschiedenen Ansatzen ausgegangen, namlich einmal von der Ideengeschichte und zum anderen von der praktischen Durchfiihrung. Wahrend der Kolonialzeit betrieb Frankreich - insbesondere gegeniiber den afrika nischen Landern - eine Politik der Assimilation und baute Erziehungswesen und Ver waltung in einem strikten Zentralismus nach franzosischem Vorbild auf. Daraus resul- Einleitung deT VeT/asseT XI tierten vor aHem personeHe Bindungen, die durch die Unabhangigkeit der ehemaligen Kolonien nicht unterbrochen wurden. Die Zahl der in den ehemaligen Kolonien tatigen Franzosen hat sich seither kaum verandert, nur ihr juristischer Status wurde modi fiziert. Bis jetzt scheint es Frankreich weitestgehend gelungen zu sein, die Ziele seiner Ent widdungspolitik mit den BedUrfnissen der Nehmerlander in Einklang zu bringen. Zu dem aus der franzosischen Entwicklungshilfepolitik entstandenen wechselseitigen Ver trauen zwischen Frankreich einerseits und den entsprechenden Entwicklungslandern andererseits dUrfte beigetragen haben, daB Frankreich nicht nur erhebliche Leistungen auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe voHbringt, sondern auch die Tatsache, daB seine Hilfe zum groBen Teil in Form von Schenkungen vergeben wird. Noch wichtiger ist, daB Frankreich das Schwergewicht seiner Hilfe auf die personeHe Hilfe legt, fUr die auf Grund der relativ reibungslosen Dekolonisation gute Voraussetzungen bestehen und die Frankreich heute als omniprasenten und uneigennUtzigen Helfer erscheinen laBt. In der Sicht der jungen Staaten dokumentiert die groBe Zahl der in Entwick lungslandern tatigen Franzosen das Interesse Frankreichs an der sogenannten Dritten Welt aHem Anschein nach in viel starkerem MaBe als dies durch weitgehend anonym bleibende Kapitalleistungen moglich ware. Frankreichs Politik gegenUber dem Europaischen Entwicklungsfonds scheint sich von ahnlichen Grundsatzen leiten zu lassen. Die assoziierten Staaten sind zum Uberwiegen den Teil die ehemaligen franzosischen Kolonien in Schwarzafrika. Von den Ubrigen assoziierten Landern sind auch der Kongo-L~opoldviHe, Ruanda und Burundi Lander franzosischer Sprache. Die multilaterale Hilfe der EWG dient dem wirtschaftlichen Aufbau dieser Lander, ihre Mittel werden von der franzosischen Entwicklungsbank (CCCE) ausgezahlt. Neben der Tatsache, daB Frankreich also auch als Zahlungsagent fUr die Wirtschaftshilfe auft ritt, reserviert es sich weitgehend das Gebiet der Personal hilfe und hier vor aHem den Sektor der Kulturpolitik, auf dem Frankreich auf Grund der traditioneHen Verbindungen und der BedUrfnisse der Lander als der geeignetste Helfer erscheint. Auffallend ist, daB die Lander der Frankenzone HauptnutznieBer der franzosischen Hilfe sind. Bei genauerer Betrachtung stellt sich hera us, daB im Rahmen des von fran zosischer Seite als Frankenzone definierten Gebietes diejenigen Lander am meisten Hilfe erhalten, die noch in echter Wahrungsunion mit Frankreich verbunden sind. Die Bevorzugung dieser Lander geht auf Kosten jener Empfanger franzosischer Hilfe, die zwar offiziell zur Frankenzone gerechnet werden, die aber versuchen, eine mehr oder weniger unabhangige Wahrungspolitik zu betreiben (z. B. Guinea oder Algerien). Da die absolute Hilfe in den letzten Jahren im wesentlichen konstant geblieben ist, zeigt sich deutlich eine Tendenz, nach der die Erhohung der Hilfe fUr die sogenannten Dritt lander offensichtlich zu Lasten dieser sich in zunehmendem MaBe von der Frankenzone entfernenden Landern geht. Diese Neuorientierung laBt sich aus der zahlenmaBigen Entwicklung zwar erkennen, jedoch erhalten gegenwartig die ehemaligen Kolonien noch den weitaus groBten Teil der franzosischen Hilfe. Von der politischen Intention XII Einleitung deT Ver/assel her ist zu erwarten, daB die Drittlander - vor aHem Lateinamerika - in Zukunft noch mehr in den Interessenbereich Frankreichs riicken werden. Als Hauptmerkmale der franzosischen Entwicklungshilfepolitik lassen sich zwei Ele mente festhalten: Das eine ist die Intensivierung der technischen Hilfe, die in den letzten vier Jahren stetig verstarkt wurde und nunmehr im Mittelpunkt steht. Das andere ist die Tatsache, daB die offentliche bilaterale Hilfe der bei weitem groBte Teil der franzosischen Hilfe ist und auf Kosten der offentlichen multilateral en Hilfe ansteigt. Ein ungelostes Problem ist vorerst noch die Verwaltung der franzosischen Entwick lungshilfe. Die Vielfalt der Kompetenzen und die Beteiligung fast jeden franzosischen Ministeriums an der Entwicklungshilfe erklaren sich aus der kolonialen Vergangenheit, wahrend der die Angelegenheiten der Kolonien von einer Vielzahl von Fachressorts behandelt wurden. Inzwischen hat sich aber die Art der Beziehungen zu den ehemali gen Kolonien gewandelt, da Frankreich nicht mehr direkt verwaltet, sondern gegen Uber unabhangigen Staaten Entwicklungshilfe gibt. Demzufolge sind gegenwartig in Frankreich Tendenzen zu erkennen, die auf eine weitgehende Zentralisierung der Ent wickungshilfeverwaltung abzielen. Aus beiden Untersuchungen geht deutlich hervor, daB das erste Ziel der franzosischen Hilfe die Festigung und Verstarkung der Ausstrahlung franzosischer Kultur ist. Auf dem Wege Uber diesen kulturellen EinfluB scheint Frankreich sich auf lange Sicht poli tischen und wirtschaftlichen Nutzen zu versprechen. Daraus foIgt, daB das Interesse Frankreichs an international en Organisationen sich nur dort manifestiert, wo Chancen fUr eine fruchtbare franzosische Kulturarbeit bestehen. Man scheint sich in Frankreich darUber klar zu sein, daB Franzosisch als Weltsprache keine Zukunft mehr hat, wenn nicht die meisten ehemaligen Kolonien Franzosisch als Landessprache beibehalten und Frankreich auBerdem mit intensiver Kulturarbeit in den Ubrigen Landern fUr die Erhaltung und Verbreitung seiner Sprache sorgt. So versteht Frankreich seine Ent wicklungshilfe als Mittel einer AuBenpolitik, die ihm auf dem Hintergrund der kultu rellen Verbundenheit eine FUhrungsrolle in der Dritten Welt, besonders aber in Afrika wahren oder verschaffen solI. Selbst wenn sich keine unmittelbaren Vorteile fUr die Tagespolitik erzielen lassen soIl ten, wird doch durch die systematische Ausbreitung der franzosischen Kultur ein wichtiges Fundament gelegt, das auch in der weiteren Zukunft der Untermauerung eines franzosischen Anspruchs auf politische und wirtschaftliche Geltung in cler Welt clienen kann.

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