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Frankreich — eine Privilegiengesellschaft PDF

286 Pages·2003·8.889 MB·German
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Thomas Jager Frankreich - eine Privilegiengesellschaft KULTURWISSENSCHAFT Thomas Jager Frankreich - eine Privilegiengesellschaft Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Gunther Ammon Deutscher Universitats-Verlag Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet iiber <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Dissertation Universitiit Erlangen-Niirnberg, 2002 n2 1. Auflage Februar 2003 Aile Rechte vorbehalten © Deutscher Universitiits-Verlag GmbH, Wiesbaden, 2003 Lektorat: Ute Wrasmann / Britta Giihrisch-Radmacher Der Deutsche Universitiits-Verlag ist ein Unternehmen der Fachverlagsgruppe BertelsmannSpringer. www.duv.de Das Werk einschliel3lich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung aul3erhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla.9s unzuliissig und strafbar. Das gilt insbe sondere fUr Vervielfaltigungen, Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen-und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wiiren und daher von jedermann benutzt werden diirften. Umschlaggestaltung: Regine Zimmer, Dipl.-Designerin, Frankfurt/Main Gedruckt auf siiurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier ISBN-13: 978-3-8244-4524-0 e-ISBN-13:978-3-322-81297-1 DOl: 10.1007/978-3-322-81297-1 Geleitwort Frankreich - eine Privilegiengesellschaft? Die vorliegende Arbeit konfrontiert uns mit einer spannenden Hypothese. Thomas Jager sieht Frankreich als Privilegiengesell schaft, und zwar sowohl zu Zeiten des Ancien Regime als auch in unserer Gegenwart. Was die Vergangenheit betrifft, besteht ein breiter Konsens, fUr die heutige franzosi sche Gesellschaft wird die Frage nach Privilegien aber gar nicht mehr gestellt. Sie ist gewissermaBen tabuisiert. Mit der franzosischen Revolution und dem Entstehen eines neuen Frankreich werden Privilegien abgeschafft, die Gleichheit gilt von nun an als ein hoher Wert, der Zugang zu Ftihrungspositionen in der Gesellschaft wird meritokratisch geregelt und damit ist der Begriff des Privilegs fUr die Historiker, die sich mit dem Ancien Regime auseinan dersetzen, reserviert. In aktuellen wissenschaftlichen Analysen taucht der Begriff nicht auf. Obwohl in den letzten Jahren sehr viel tiber gesellschaftliche Probleme Frank reichs geschrieben wurde, insbesondere tiber die classe politique, die Rekrutierungs mechanismen der franzosischen Elite, das Verhaltnis dieser Elite zu den breiten Massen, und zwar sowohl in der Wissenschaft als auch in den Zeitungen, taucht der Begriff der Privilegien nie auf. Das modeme Frankreich hat also - so mochte man meinen - mit einer Privilegiengesellschaft nichts zu tun. Doch genau hier setzt Thomas Jager an. Seine Analyse hat die franzosische Gegen wartsgesellschaft im Blick. Doch bevor er aufPrivilegien im einzelnen eingehen kann, muB zunachst einmal geklart werden, was eine Privilegiengesellschaft ist und wie sie sich im Laufe der Zeit entwickelt hat. In seinem Einleitungskapitel klart er deshalb den theoretischen Bezugsrahmen und schafft das Werkzeug fUr die folgende Analyse. Er stellt seine Arbeit in den Rahmen der historischen Kulturanthropologie, d. h. fUr seine Arbeit vor allem, daB er die spezifischen Strukturmerkmale der Privilegiengesellschaft tiber lange Zeitraume - vor und nach 1789 - erarbeiten mochte. Zentral ist die Klarung der Begriffe Privileg und Privilegiengesellschaft. Thomas Jager beruft sich auf den Gesellschaftsbegriff von Norbert Elias. Ftir Elias besteht die Gesellschaft aus interdependenten Individuen, die tiber ein SpannungsgefUge, eine Figuration, wechselseitig miteinander verbunden und VI voneinander abhangig sind. Die Figuration wird durch die Macht von Individuen und Gruppen beeinfluBt. Die Figuration ist dann stabil, wenn ein Spannungsgleichgewicht, eine Machtbalance, zwischen den verschiedenen Individuen und Gruppen hergestellt ist. Diese Machtbalance ist immer gefahrdet, weil Individuen oder Gruppen an EinfluB und Macht gewinnen konnen. Definiert man Gesellschaft im Elias'schen Sinne so wie eben beschrieben, dann ist eine Privilegiengesellschaft diejenige Gesellschaft, in der die Machtbalance zwischen den Personen, Gruppen und Institutionen durch Privilegien, d. h. durch Vor- oder Sonderrechte materieller oder immaterieller Natur beeinfluBt wird. Damit hat Thomas Jager das Instrumentarium geschaffen, mit dem er die franzosische Gesellschaftsentwicklung tiber viele Jahrhunderte hinweg verfolgen kann, mit dem liel herauszuarbeiten, daB sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart Privi legien der Steuerung der Machtbalance dienen. In der Folge kann also zunachst die historische, in einem zweiten Schritt die aktuelle Privilegiengesellschaft dargestellt werden. Dabei geht es dann urn Bildungs-, Gehalts-, Wohnungs- und Rentenprivilegien im heutigen Frankreich. Die lusammenschau der historischen und der gegenwartsbezogenen Analyse macht unmittelbar deutlich, daB Privilegien ein langfristiges Strukturmerkmal der franzosischen Gesellschaftsent wicklung sind. Die auch im lusammenhang mit den Wahlergebnissen der letzten Jahre haufig geauBerten Vorwtirfe, die franzosische Gesellschaft sei nicht reformfahig, die Eliten der etablierten Parteien denken nur an den Machterhalt und ktimmerten sich urn die Note der Menschen erst, wenn sie von populistischen Kraften dazu gezwungen wtirden, erscheinen vor dem Hintergrund der Privilegiengesellschaft in einem neuen Licht. Die Fragestellung hat also Brisanz. Es ist deshalb zu wtinschen, daB Thomas Jiigers Arbeit viele Leser findet und neue Studien anstOBt. Prof. Dr. GUnther Ammon Vorwort An dieser Stelle mochte ich den Personen danken, die zum Erfolg dieser Arbeit mit beigetragen haben. An erster Stelle ist mein Doktorvater Prof. Dr. Giinther Ammon zu nennen, der mein interkulturelles BewuBtsein maBgeblich gepr1igt und stets Offenheit gegeniiber neuen Ideen gezeigt hat. Besonderer Dank gebiihrt auch Prof. Dr. Walther Bemecker fUr die Unterstiitzung dieser Arbeit. Ebenso schulde ich besonderen Dank Dr. Michael Hartmeier aus StraBburg fUr dessen konstruktive Kritik und wichtige Hinweise zu dieser Studie. Gleichfalls ist all den Teilnehmem an Diskussionsrunden und meinen Freunden zu danken, die mir mit ihren Anregungen weitergeholfen haben. Stellvertretend fUr diese Personen sollen Laurent Verdier aus dem Aveyron und Bruno Poulain aus Paris genannt sein. SchlieBlich danke ich auch in besonderem MaBe meiner Frau Lourdes Mielgo Cascon, die fUr unseren in der spannungsreichen Endpha se dieser Studie geboren Sohn David auch teilweise die Vaterrolle mit iibemehmen muBte. Thomas Jager Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis .......................................................................................................... IX Abkiirzungsverzeichnis .............................................................................................. XIII Abbildungsverzeichnis ................................................................................................ XV Tabellenverzeichnis ..................................................................................................... XV EINLEITUNG ............................................................................................. 1 1 Frankreich - eine Prlvilegiengesellschaft? .......................................... 1 2 Zielsetzung und historlsche Kulturanthropologie als theoretischer Bezugsrahmen ................................................................ 4 3 Definition des Prlvilegienbegrlffs ......................................................... 7 4 Die Privilegiengesellschaft als eine Figuration, die fiber Privilegien gesteuert wird ................................................................... 11 5 Vorgehensweise .................................................................................... 15 TElL I: HISTORISCHE ANALYSE DER PRIVILEGIENGESELLSCHAFT .......................................... 17 1 Gesamtgesellschaftliche Machtverschiebung yom Jahr 1000 bis zur Revolution und Ablauf des Zentralisierungsprozesses ............. 18 x 1.1 Funktionsmecbanismus der Feudalgesellscbaft und Feudalprivilegien ... 18 1.2 Konsensuelle Steuererbebung und Stiirkung der Konigsmacbt ................ 21 1.3 Absolutistischer Zentralisierungsproze6 und Entstehung des koniglichen Steuererhebungsprivilegs ......................................................... 24 2 Die Privilegien des Klerns nnd des Adels im 17. nnd 18. Jahrhnndert ................................................................................... 30 2.1 Scholastisches Organisationsprinzip und Privilegien des katholischen Klerus .............................................................................................................. 30 2.2 Der Adel und seine Privilegien ...................................................................... 38 3 Beziehnngsgeflechte nnd Dnrchsetznng von Privilegien im absolntistischen ZentralisiernngsprozeB ........................................... 42 3.1 Provinzialversammlungen und Steuerprivilegien der pays d'etats ............ 42 3.2 Adeliges Beziehungsgeflecht und Durchsetzung adeliger Steuerprivilegien ............................................................................................ 47 3.2.1 Die Fronde als Oppositionsbewegung des Ade1s gegen den Konig .... .48 3.2.2 Die Beibehaltung der Steuerprivilegien des Adels zwischen 1650 und 1789 ................................................................................................ 52 4 Hierarchie nnd Hohe der Privilegien ................................................ 58 4.1 Die Entstehung des Rationalismus im 17. Jahrhundert ............................. 58 4.2 Der Einflu6 der raison auf die franzosische G~sellschafts-und Privilegienordnung. ........................................................................................ 60 4.3 Das Durchsetzen der rationalen Gesellschafts-und Privilegienordnung. 66 4.3.1 Die Bedeutung des Salons fUr die Durchsetzung der rational en Gesellschaftsordnung ............................................................................ 67 4.3.2 progres, civilisation und Verbesserung der Gesellschaft ..................... 69 4.3.3 nation und Biirgergleichheit.. ................................................................ 72 4.4 Prestige als Unterscheidungskriterium zwischen den gesellschaftIichen Hierarchien ..................................................................................................... 76 4.4.1 Luxuskonsum und Position in der gesellschaftlichen Hierarchie ......... 77 4.4.2 Wohnstrukturen und hofisch-aristokratisches Wohnideal .................... 83

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