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Flucht im Mondlicht: Eine Geschichte aus Afghanistan PDF

159 Pages·2011·0.88 MB·German
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DIE AUTORIN N. H. Senzai ist mit zwei Sprachen und zwei Kulturen aufgewachsen. Als Kind lebte sie in San Francisco und Jubail/Saudi-Arabien, zur Highschool ging sie in London. Heute lebt N. H. Senzai mit ihrer Familie in San Francisco. »Flucht im Mondlicht« ist ihr Debütroman, der auf Erlebnissen ihres Ehemanns bei der Flucht seiner Familie aus Afghanistan basiert. N. H. Senzai Flucht im Mondlicht Eine Geschichte aus Afghanistan Aus dem Englischen von Renate Weitbrecht Impressum cbj ist der Kinder-und Jugendbuchverlag in der Verlagsgruppe Random House Deutsche Erstausgabe September 2011 Gesetzt nach den Regeln der Rechtschreibreform German Language Copyright © 2011 by cbj Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten Original English Language Edition Copyright © 2010 by Naheed Hasnat Originaltitel: Shooting Kabul Published by arrangement with Simon & Schuster Books For Young Readers, an imprint of Simon & Schuster Children’s Publishing Division All rights reserved. No part of this book may be reproduced or transmitted in any form or by any means, electronical or mechanical, including photocopying, recording or by any information storage and retrieval system, without permission in writing from the Publisher. Aus dem Englischen von Renate Weitbrecht Umschlagfotos: Corbis/Peter Turnley (Junge), Mauritius-Images/Aurora Photos (Stadt) Umschlaggestaltung: init. Büro für Gestaltung, Bielefeld MI · Herstellung: AnG Satz: KompetenzCenter, Mönchengladbach ISBN: 978-3-641-06095-4 www.cbj-verlag.de Für meine anderhalb Paschtunen Farid und Zakaria Inhalt Die Flucht Entrissen Asyl Die Ankunft Das Wiedersehen Paradise Brookhaven Gesichtet Farben Ein blinder Passagier Gescheitert Die Katastrophe Der Anstifter Anfeindungen Barbies Die Eröffnung Am Boden zerstört Der 7. Oktober Ein neuer Plan Porträts Warten Die Entscheidung Badal Geständnisse Das Exploratorium Nachwort Anmerkung der Autorin Glossar Buchtipps Danksagungen Die Flucht Eine perfekte Nacht, um zu fliehen, dachte Fadi, während er durch die gesprungene Rückscheibe zum hellen Mond hinaufschaute. Ihm fiel die erste Zeile des Buches Die heimlichen Museumsgäste ein: »Claudia wusste, dass sie ganz bestimmt nicht auf die altmodische Tour ausreißen konnte.« Fadi hatte erst die Hälfte des ersten Kapitels gelesen, deshalb wusste er noch nicht, ob bei Claudia alles klappte wie geplant, aber er hoffte, dass seiner Familie die Flucht gelingen würde. Wenn nicht, würde sie ernste Probleme bekommen. Im Schutze der Dunkelheit fuhr das Taxi, in dem er und seine Familie unterwegs waren, um einen zerbombten sowjetischen Panzer herum und verließ die holprige Landstraße. Sie mussten die Kontrollpunkte umgehen, die Männer mit schwarzen Turbanen auf der Hauptverkehrsstraße errichtet hatten. Mit ausgeschalteten Scheinwerfern rumpelte der Wagen über eine felsige Ebene und rüttelte die Insassen durch, dass ihre Zähne aufeinanderschlugen. Fadi presste die Nase gegen die kalte Fensterscheibe und spähte in die trostlose Landschaft hinaus. Das Glas spiegelte sein schmales Gesicht und sein widerspenstiges dunkles Haar wider, das unter einer traditionellen perlenbestickten Kappe hervorschaute. Seine Nase war leicht nach links gekrümmt, seit er sie sich einmal gebrochen hatte. Er hielt die Luft an, als der Wagen beinahe gegen einen Baumstumpf prallte, während der Fahrer sich einen Weg durch ein verdörrtes Weizenfeld bahnte. Nach weiteren anderthalb Kilometern erreichten sie die Außenbezirke der Großstadt Dschalalabad im Osten Afghanistans. Der Fahrer drosselte die Geschwindigkeit und steuerte den Wagen durch schmale Gassen auf verfallende Gebäude zu, die sich in der Ferne erhoben. Sie kamen an ruhigen Wohnvierteln und einem geschlossenen Gemüsemarkt vorbei. Schließlich quietschten die Bremsen und das Taxi hielt vor einer Reihe aufgegebener Lagerhäuser. Die Betonmauern waren von Kugeln und Granatsplittern durchlöchert. »Sind wir da?«, fragte Fadis Vater und beugte sich auf dem Beifahrersitz vor. »Ja, Habib. Wir sind an der Ecke der Dschalalkot-Straße und der Turi-Straße«, erwiderte der Fahrer. Habib spähte mit zusammengekniffenen Lippen um die Ecke. »Als Kind war ich manchmal mit meinem Vater hier, das weiß ich noch«, fügte der Fahrer mit einem tiefen Seufzer hinzu. »Hier wurde über viele Generationen feinstes Papier hergestellt und verkauft.« Fadi betrachtete die verlassene Kreuzung und versuchte sich belebte Straßen und Geschäfte voller Regale mit glänzendem Papier und feilschenden Kunden vorzustellen. »Also dann«, sagte Habib. Seine Stimme zitterte kurz. »Gehen wir!« »Komm, Fadi, reiß dich los«, flüsterte Noor, Fadis ältere Schwester. Sie drückte die Tür auf und stieg als Erste aus, vorsichtig gefolgt von ihrer Mutter. »Geht’s, Safuna?«, fragte Habib seine Frau. »Ja«, erwiderte sie mit schwacher Stimme. Noor fasste ihre Mutter am Arm und führte sie behutsam zum Straßenrand. Fadi stieg als Nächster aus und legte schützend den Arm um seine kleine Schwester Mariam, als sie nach ihm aus dem Wagen kletterte. Im Mondlicht sahen sie einen geschlossenen Teeladen mit einer Markise davor und stellten sich in seinen dunklen Eingang. Noor und Fadis Mutter waren in Burkas eingehüllt, die sich als hellblaue Farbkleckse von den dunkelgrauen Wänden abhoben. Fadi warf einen Blick zurück und sah, wie sein Vater dem weißhaarigen Taxifahrer ein Bündel Banknoten hinstreckte, aber der Mann schüttelte den Kopf. Nach einer leisen, aber hitzigen Debatte steckte er das Geld schließlich ein und öffnete den Kofferraum, damit Habib ihre wenigen Habseligkeiten herausholen konnte. Fadi betrachtete die beiden abgestoßenen Koffer. Das meiste, was seine Familie besessen hatte – die dicken Teppiche, den Farbfernseher und den Videorekorder, Radios, Schmuck, feines Porzellan, Spielzeug, Kleidung und sogar die geliebten Bücher seiner Mutter –, hatte sie auf dem Schwarzmarkt verkauft oder zur Bestechung von Beamten verwendet, um die nötigen Papiere und Pässe zu erhalten. »Salam alaikum und viel Glück, Habib«, flüsterte der Fahrer. Sein Blick schweifte nervös über die verlassene staubige Straße. »Walaikum Salam, Professor Sahib. Und vielen Dank, dass Sie Ihr Leben riskierten, um uns hierher zu bringen«, erwiderte Fadis Vater mit einem grimmigen Lächeln. »Das konnte ich mir nicht nehmen lassen«, erwiderte der Fahrer. »Sie waren

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