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Fernsehen und Weltwissen: Der Einfluß von Medien auf Zeit-, Raum- und Personenschemata PDF

203 Pages·1989·7.338 MB·German
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Preview Fernsehen und Weltwissen: Der Einfluß von Medien auf Zeit-, Raum- und Personenschemata

Peter Winterhoff..Spurk Femsehen und Weltwissen Peter Winterhoff-Spurk Fernsehen und Weltwissen Der Einflufi von Medien aufZ eit-, Raum- und Personenschemata Westdeutscher Verlag CIP-Titelaufnahme der Deutschen Bibliothek Winterhoff-Spurk. Peter: Fernsehen und Weltwissen: der Einflug von Medien auf Zeit-. Raum-und Personenschemata I Peter Winterhoff-Spurk. - Opladen: Westdt. VerI.. 1989 Der Westdeutsche Verlag ist ein Untemehmen der Verlagsgruppe Bertelsmann. Aile Rechte vorbehalten © 1989 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Das Werk einschlieglich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschutzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts gesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fUr Vervielfaitigungen, Obersetzungen, Mikrover filmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Umschlaggestaltung: Horst Dieter Burkle, Darmstadt ISBN-13: 978-3-531-12006-5 e-ISBN-13: 978-3-322-85608-1 001: 10.1007/978-3-322-85608-1 Icb danke berzlicb: Prof. Dr. Theo Herrmann, der mich freundschafllich gefordert und gefOrdert hat, meiner Frau Claudia Spurk, die mich wiihrend des Abfassens der Arbeit liebens wiirdig ertragen hat, Herrn cando psych. Hans-Peter Erlemann, der grundlich und prazise zahlreiche Li teratur-und Rechenarbeiten durchgefiihrt hat, den Diplom-Psychologen Stefan Christmann, Joachim Grabowski-Gellert, Heidi HauB und Marianne Moschel sowie den Psychologiestudenten Michael Brand, Johannes Biihler, Andreas Knecht, Hans-Georg Lauer, Lorena Rossing und Petra Zimmermann, die einen groBen Teil der Daten erhoben haben, den beteiligten Schiilem und Lehrern (besonders Frau Christine Mietens von der Theo-Koch-Gesamtschule in Griinberg/Hessen und Herrn Dipl. Psych. Elmar Baier von der Gesamtschule Herzogenried in Mannheim), die die Befragungen zugelas sen und organisiert haben, sowie der Gesellschaft der Freunde der Universitlit Mannheim, die einen Tell der Arbeiten finanziell unterstiitzt hat. 5 Inhalt 1. Empirische Medienpsychologie: Einige theoretische Voraussetzungen . 9 1.1 Vorbemerkungen............ 9 1.2 Kommunikation und Medien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 13 1.3 Medienpsychologie.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 18 2. Psychologische Befunde zur Wirkung von Massenmedien. . . .. 25 2.1 Vorbemerkungen........................... 25 2.2 Zur Entwicklung der Massenmedien-Wirkungsforschung. . . . . .. 25 2.3 Gegenwartige Forschungsfelder. . . . . . . . . . . 28 3. Fernsehen und die Kultivierung von Zeit-, Raum und Personen-Schemata. . . . . . . . . . . . . . 33 3.1 Zur Entwicklung der Kultivierungshypothese. . . . . . . . . . . .. 33 3.2 Zur Kultivierung kognitiver Fertigkeiten. . . . . . . . . . . . . . .. 47 3.3 Zur Kultivierung von Einstellungen. . . . . . . . . . . . . . . . .. 50 3.4 Allgemeine Folgerungen ....................... , 57 4. Zur Kultivierung von Zeit-Schemata. . . . . . . . . . . . . . .. 62 4.1 Psychologische Aspekte der Zeit-Wahrnehmung. . . . . . . . . . .. 62 4.2 Untersuchung 1.1: Fernsehen und Zeit-Schiitzungen. . . . . . . . .. 64 5. Zur Kultivierung von Raum-Schemata. . . . . . . . . . . . . .. 74 5.1 Psychologische Aspekte der Raum-Wahrnehmung. . . . . . . . . .. 74 5.2 Untersuchung 1.2: Fernsehen und Entfernungs-Schiitzungen. . . . .. 79 6. Zur Kultivierung von Personen-Schemata. . . . . . . . . . . . .. 87 6.1 Psychologische Aspekte der Personen-Wahrnehmung. . . . . . . .. 87 6.2 Untersuchung 1.3: Fernsehen und Personen-Beurteilungen. . . . . .. 91 7 7. Zur Modifikation der Kultivierungsbypotbese: Vom Ein-Speicber-Konzept zum Drei-Speicber-Konzept . 104 7.1 Zusammenfassende Interpretation der Zeit- , Raum- und Personen-Untersuchungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 7.2 Psychologische Befunde zum Drei-Speicher-Konzept. . . . . . . .. 118 7.3 Kognitionspsychologische Uberlegungen zur Informations- verarbeitung und das Drei-Speicher-Konzept .............. 127 8. Zur empiriscben Uberpriifung der Drei-Speicber-Hypotbese. . . . 132 8.1 Untersuchung 2.1: Gesamtschulzweig (GrUnberg) .......... , 132 8.2 Untersuchung 2.2: Hauptschulzweig (Grunberg). . . . . . . . . . . . 149 8.3 Untersuchung 2.3: Hauptschulzweig (Mannheim). . . . . . . . . .. 161 9. Drei-Speicber-Hypotbese und Medienwirkungsforscbung. . . .. 165 9.1 Zusammenfassende Interpretation der Befunde. . . 165 9.2 Transfereffekte von den medialen Speichern in den personal-realen Speicher. . . . . . . . . . . . . . 173 9.3 Drei-Speicher-Hypothese: Folgen fUr die Medienwir- kungsforschung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .. 180 Literaturverzeicbnis. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 8 1. Empirische Medienpsychologie: Einige theoretische Voraussetzungen 1.1 Vorbemerkungen Gegenstand dieser Arbeit ist die Frage naeh Wirkungen des Fernsehens auf be stimmte kognitive Strukturen von Rezipienten: In der Tradition MeLuhans (1962, 1965), naeh dessen griffiger Formulierung "Das Medium ist die Botsehaft" Me dienwirkungen nicht so sehr in der Ubernahme spezifiseher Inhalte als vielmehr im Erwerb allgemeiner, je medientypiseher Denkweisen bestehen, wird untersueht, ob unterschiedlich extensive und intensive Fernseh-Nutzung systematisch mit Raum-, Zeit-und Personenvorstellungen von Zusehauern zusammenhangt. DaB Kommunikationsmedien nieht nur spezifisehe Inhalte transportieren, son dern daB deren Rezeption aueh allgemeinere (z.B. kognitive) Fertigkeiten beein fluBt, hat niemand anders als schon Sokrates hinsichtlich der Sehrift beffirchtet: "Aueh Sokrates wetterte gegen die Einfiihrung der Sehrifi, weil sie das Ged.achtnis entlaste, statt eigener Erfahrung die Speicherung fremden Wissens bedeute und das sozial wichtige Gespraeh zugunsten eines passiven, individualisierten Lesens auf hebe" (Spath, 1981, S. 62; vgl. auch Bartels, 1984; von Hentig, 1984). Naehhaltiger werden derartige kulturkritische Beffirehtungen mit dem Auf kommen der heute so genannten Massenmedien. Mit der Erfmdung des Druckes mit beweglichen Lettern durch Johann Gensfleisch zum Gutenberg in Mainz urn 1445 wurde nicht nur die preiswertere Herstellung von Biiehern moglich, sondern aueh die Erstellung von Druekerzeugnissen mit geringem Umfang aber hoher Auflage: Uber Einblattdrucke, FlugbIatter und -schriften fiihrte die Entwieklung zu den ersten regelmaBig (wOchentlich) erscheinenden Zeitungen, die 1609 in Wol fenbiittel ("Aviso") und in StraSburg ("Relation") erschienen. Ihnen folgten ahnli che Produkte in Holland (1618), Frankreich und England (1620) sowie Italien (1636) und anderen europaischen Landern ; die erste Tageszeitung der Welt er sehien 1650 in Leipzig unter dem Titel "Einkommende Zeitungen" (vgl. Heizler, 1971). Nieht viel spater veroffentliehten der fiirstliche Rat Ahasver Fritsch (1629- 1701) aus Rudolstadt und der lutherische Superintendent Johann Ludwig Hartmann (1640-1684) aus Rothenburg ihre Bedenken gegen die "unzeitige neue Zeitungs Sucht" und forderten die Zensur des neuen Mediums: "Was soIl man fiber die schreckliche Neugierde gewisser Leute, Neues zu lesen und zu hOren, urteilen? 1st sie zu loben oder zu tadeln? Die Stellung des Mensehen ist dabei zu unterseheiden, es sind entweder offentliehe oder private Personen, offentliehe, z.B. Ffirsten, staat liehe Verwaltungsorgane, Beamte usw. Diesen fallt es iiberhaupt wegen ihres Amtes zu, emsig zu forsehen und zu wissen, was anderwarts in den Staaten, insbe- 9 sondere in der Nachbarschaft sich zugetragen hat, damit sie etwa eine infolge einer neuen Sachlage drohende Gefahr oder eine Scb11digung rechtzeitig verhuten oder abwenden konnen ... Was aber Privatpersonen anlangt, so ist ihre allzu groBe Neu gierde auch hierin wie in andem Dingen uberhaupt ein Fehler und verdient ge rechten Tadel ... Darum liegt es uberhaupt im offentlichen Interesse, die wahllose Verbreitung und Bekanntmachung von Neuen Zeitungen im Staate nieht zu gestat ten" (Fritsch, 1676; zitiert nach Bluhm & Engelsing, 1967, S. 50f.). Der Lutheraner ergartzt: " ... die Neue-Zeitungs-Sucht ... unter die jenige StUck gehOren, die wir sollen meiden, wie jener Christliche Theologus erinnert: Die Lust, welche viel Leut haben darinnen, daB sie geme was neues bOren und konnen reden und anho ren mit Lust anderer Leut Sachen, die ihnen doch nieht angehen, dieselbe ist sund lich, weil dadurch viel Zeit verdorben, wichtige Dinge darzu unsere Zeit uns gege ben und da wir uns umb zu bekummem haben, versaumet werden." (Hartmann, 1679; zitiert nach Bluhm & Engelsing, 1967, S. 52f.). Jedoch melden sich auch bald Gegenstimmen wie diejenige von Kaspar Stieler (1632-1707), der in einem uber 400 Seiten starken Werk "Zeitungs Lust und Nutz" auch als einer der ersten auf die hier interessierende Fragestellung eingeht, wenn er schreibt: ,,Ein klein und geringes ist es, daB man aus den Zeitungen die Eigenschafft der Sprache, deren uberreiche Wortmenge samt der bindungs- und erzehlungs-Kunst lemet, wiewol auch dieses kein schlechtes Werk ist und dahero allen, die mit Briefen und schrift lichen Sachen oder mundlichen Vortragen umgehen, wol empfohlen seyn solI: Das meiste jedoch ist, daB ich die Welt und ihren Zustand daraus erforsche, die viele Rahtschllige, deren Fort und Ausgang zur Wissenschaft bringe und dadurch im Re den und Urteilen kluger und geschickter werde .... Wann auch schon dieses alles nicht ware; so ware doch dieser einzige Nutzen ubergroB, daB mit den Zeitungen die lange Zeit vertrieben oder doch versusset wird ... " (Stieler, 1695; zitiert nach Bliihm & Engelsing, 1967, S. 59ff.). Von der Schrift uber die Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettem bis zur industriellen Revolution des 19. Jahrhunderts verartderten sich die Kom munikationsmedien nur langsam, danach aber sehr schnell. Die Explosionsartigkeit dieser Entwicklung veranschaulicht Schramm (1981) in einem Aufsatz mit der Oberschrift "What is a long time?", in dem er in eine 24-Stunden-Uhr fUr die ge samte Menschheitsgeschichte einige "Uhrzeiten" zur Kommunikation einfugt: Da nach tritt die Sprache etwa urn 21.33 Uhr auf, die Schrift folgt urn 23.52 Uhr. Das erste Buch erscheint zwei Minuten vor Mittemacht, gefolgt von Gutenbergs Druck mit beweglichen Lettem urn 23.59 Uhr und 14 Sekunden und nach nur weiteren 33 Sekunden kommen Rundfunk und Femsehen hinzu. Etwas praziser (wenngleich weniger anschaulich) aufgelistet, wird 1839 die Fotografie von Daguerre erfunden, der Femsprecher 1861 von Reis (erstes Telefon: 1876). 1m Jahr 1877 konstruiert Edison eine "Sprechmaschine", 1895 fiihren die Gebruder Lumiere in Frankreich und die Bruder Skladanowsky in Deutschland den ersten Kinematographenfilm Of fentlich auf. Im gleichen Jahr wird die drahtlose Telegraphie moglich, sieben Jahre spater die Bild-Telegraphie. Die ersten Comics erscheinen 1897, Rundfunk (1920), Tonfilm (1922) und Femsehen (1928) folgen nach (vgl. dazu Kinder & Hilgemann, 10 1964; Kunczik, 1977). Es kann nicht verwundem, daB in dieser Zeit (und bis heute) die begleitende Diskussion urn die Auswirkungen dieser jeweils neuen Medien auf die Menschen nervOser und oft schriller wird, zumal sie sich selbst in Teilen in eben diesen Me dien abspielt So kommentiert beispielsweise der Leipziger Stadtanzeiger in einem 1841 erscheinenden Aufsatz (zitiert nach Buddemeier, 1981, S. 47) die Erfmdung der Fotografie: ,,Fliichtige Spiegelbilder festhalten zu wollen, dies ist nicht bloB ein Ding der UnmOglichkeit, wie es sich nach griindlicher deutscher Untersuchung herausgestellt hat, sondem schon der Wunsch, dies zu wollen, ist eine GottesUiste rung .... Nun: und derselbe Gott, der seit Jahrtausenden es nie geduldet hat, daB ei nes Menschen Spiegelbild unverganglich bestehen bleibt, dieser selbe Gott solI plOtzlich seinen urewigen Grundsatzen ungetreu werden und es zulassen, daB ein Franzose in Paris eine Erfmdung teuflischer Art in die Welt setzt! Man moB sich doch klarmachen, wie unchristlich und heillos eitel die Menschheit erst werden wird, wenn sich jeder ffir seine Goldpatzen sein Spiegelbild dutzendweis anferti gen lassen kann. Es wird eine Massenkrankheit von Eitelkeitswiitigen ausbrechen, denn wenn sich jedes Gesicht billig dutzendweis verschenken und bewundem las sen kann, so macht das die Menschen gottlos oberfUichlich und gottlos eitel." Zum Kinofllm wird u.a. spekuliert (vgl. dazu auch Winterhoff-Spurk, 1986): "Wenn ein Menschenkind wochentlich ein-, zwei-, dreimal ins Kino geht, so wird es schon allein durch die Art der Vorfiihrung, abgesehen yom Inhalt, seelisch zerstOrt. Mag das Kino noch so anstandig sein und ein wohlzensuriertes Programm zeigen, die bloSe GewOhnung an die huschenden, zuckenden, zappeloden Bilder der Flim merwand zersetzt langsam und sicher die geistige und schlieBlich die sittliche Fe stigkeit des Menschen" (Moreck, 1926, S. 69). Dann sind es die aus Bilderbiichem und -bogen (vgl. Wermke, 1982) hervorgegangenen und 1897 a1s .. Katzenjammer Kids" erstmals veroffentlichten Comics, die eine entsprechende Diskussion auslO sen (vgl. Doetsch, 1958). Da heiBt es u.a.: .. Auch die deutschen Kinder werden von den Groschenheften zu perfekten Kriminellen gemacht" (Mosse, zitiert nach Doetsch, 1958, S. 10). Oder auch: ..... aufgrund jahrelanger vielseitiger Untersu chungen (steht) fest, daB die Comic-books mitverantwortlich sind ffir das Anstei gen der Jugendkriminalitat nach dem Kriege .... Mehr oder weniger schwere Er schiitterungen sind die unausweichlichen Folgen" (Demisch, 1955, zitiert nach Doetsch, 1958, S. 11). Beer (1960, S. 23) nennt sie sogar ..... das Esperanto der An alphabeten ... " und vermutet Gehetztheit und Verbrauchtheit, Zwangsneurosen, Angstzustiinde, Schlafstorungen, stimulierende Wirkungen auf das Triebleben, Le sestOrungen, Entfremdung von Wort, Sprache und Literatur, Sprachverwahrlosung und schlieBlich sexuelle Verrohung als Folgen bei jugendlichen Lesem. Zu Rund funk, Film und Femsehen schreibt Anders (1961, S. 100) zeitlich vor McLuhan (1962) und erheblich skeptischer als dieser: .. Was uns pdigt und entpragt, was uns formt und entformt, sind eben nicht nur die durch die ,Mittel' vermittelten Gegen stiinde, sondem die Mittel selbst ... " Auch er vermutet SprachvergrOberung, Sprachverarmung und Sprachunlust ebenso als Folgen wie die Unfahigkeit zur philosophischen, soziologischen und politischen Selbsterkenntnis. ..Der Betrug, 11

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