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Fallsammlung zum Sanktionenrecht PDF

222 Pages·2009·0.977 MB·German
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Juristische ExamensKlausuren For further volumes: www.springer.com/series/3939 Bernd-Dieter Meier • Sarah Noetzel Fallsammlung zum Sanktionenrecht 1 C Professor Dr. Bernd-Dieter Meier Sarah Noetzel Universität Hannover Juristische Fakultät Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht und Kriminologie Königsworther Platz 1 30167 Hannover [email protected] [email protected] ISSN 0944-3762 ISBN 978-3-540-89073-7 e-ISBN 978-3-540-89074-4 DOI 10.1007/978-3-540-89074-4 Springer Dordrecht Heidelberg London New York Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2009 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funk- sendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Ver- vielfältigung dieses Werkes oder von Teilen dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes der Bundesrepublik Deutschland vom 9. September 1965 in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechtsgesetzes. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jeder- mann benutzt werden dürften. Einbandentwurf: WMXDesign GmbH, Heidelberg Gedruckt auf säurefreiem Papier Springer ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media (www.springer.com) Vorwort Soweit in den universitären Vorlesungen das Recht der strafrechtlichen Sanktio- nen behandelt wird, stehen meist die Sanktionskategorien, die mit ihnen verfolgten Ziele, die Strafzumessungstheorien und die Ergebnisse der empirischen Sanktions- forschung im Mittelpunkt. Das Sanktionsrecht bleibt bei dieser Herangehensweise für die Studierenden oft eine nur schwer verständliche Materie, die zwar abstrakt gelernt und beherrscht werden kann, deren Bedeutung für die praktische Strafver- folgung sich ihnen aber nicht erschließt. Die Grundidee der vorliegenden Fall- sammlung ist es, diese Problematik dadurch aufzufangen, dass die aus den dogma- tischen Fächern bekannte Falllösungstechnik übernommen und auf sanktions- rechtliche Fragestellungen übertragen wird. Indem für ausgewählte Fälle der in der Praxis einzuschlagende Lösungsweg dargestellt wird, sollen die Grundstruktu- ren des strafrechtlichen Sanktionssystems und das Ineinandergreifen der einzelnen Regelungskomplexe anschaulich und in ihrer praktischen Bedeutung besser ver- ständlich gemacht werden. Die Fallsammlung verfolgt einen dezidiert praxisorientierten Ansatz. Viele an der Universität relevante Streitfragen werden nicht behandelt, wenn sie für die Lösung eines konkreten Falls aus der Sicht der Praxis nicht ernsthaft zu erörtern sind. Ausgeglichen wird dieses gewollte Theoriedefizit dadurch, dass die sankti- onsrechtlichen Fragen in der Regel in einen prozessualen Kontext eingebettet werden. Gefragt wird beispielsweise: Welches Strafmaß soll der Verteidiger for- dern? Welche Anträge soll der Staatsanwalt stellen? Wie ist der Urteilstenor zu fassen? Hätte eine Revision Aussicht auf Erfolg? Die Beschäftigung mit der Fall- sammlung setzt dementsprechend nicht nur sanktionsrechtliches Wissen, sondern auch vertiefte Kenntnisse im Prozessrecht voraus. Das wirkt auf den ersten Blick vielleicht schwierig, ist aber – so hoffen wir jedenfalls – ein geeigneter Weg, um die praktische Bedeutung des Sanktionsrechts für die Strafverfolgung klarer her- vortreten zu lassen. Die 12 Fälle sind überwiegend aus der jüngeren höchstrichterlichen Rechtspre- chung entnommen. Mit einem kurzen Einleitungstext versuchen wir, auf die Prob- lematik des jeweiligen Falls hinzuweisen und ggf. auf einen weitergehenden Kon- text aufmerksam zu machen. Die Aufgaben können in der angegebenen oder einer ähnlichen Form in Klausuren und Hausarbeiten gestellt werden, die in den krimi- nalwissenschaftlichen Schwerpunkten anzufertigen sind; sie können aber auch zur Vorbereitung auf die mündlichen Prüfungen herangezogen werden. Die Fälle haben einen unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad, der aus der Kennzeichnung mit ein bis drei Sternchen (*) hervorgeht. Bei längeren Textpassagen sind wichtige Begriffe durch Fettdruck hervorgehoben. Das ausführliche Sachverzeichnis er- leichtert das Auffinden spezieller Fragestellungen; Querverweise ermöglichen den VI Vorwort Vergleich zwischen den einzelnen Aufgaben. Als Vertiefung kann für sämtliche Fälle auf das ebenfalls im Springer-Verlag erschienene Lehrbuch Strafrechtliche Sanktionen verwiesen werden; die einschlägigen Stellen im Lehrbuch werden bei jedem Fall genannt. Für die Unterstützung bei der Erstellung der Fallsammlung bedanken wir uns bei dem gesamten Lehrstuhlteam, namentlich bei Frau Nina Poltrock für die Ent- wicklung des Falls zum Umgang mit wiederholt Auffälligen. Besonders bedanken möchten wir uns aber vor allem bei Frau Richterin Anne Homuth und Frau Staats- anwältin Bernadette Pape, die uns mit ihren kritischen Anmerkungen und vielen nützlichen Tipps zur Seite gestanden haben. Die Verantwortung für das Werk tragen wir indes allein; wir freuen uns über jeden weiterführenden Hinweis an [email protected] Hannover und Dortmund, März 2009 Bernd-Dieter Meier Sarah Noetzel Inhaltsverzeichnis Abkürzungen ………………………………………………………………….. IX Fall 1 (*) Der Abend am See ................................................................................ 1 Strafzumessung nach der Spielraumtheorie - Modalitäten der Tatbestandsverwirklichung - nicht angeklagte Taten - Abschreckungserwägungen - Gesamtstrafenbildung Fall 2 (*) Ein teures Schnäppchen ..................................................................... 11 Vor- und Nachtatverhalten - Bemessung der Geldstrafe nach dem Tagessatzsystem - nachträgliche Gesamtstrafen- bildung - Zahlungserleichterungen - Ersatzfreiheitsstrafe Fall 3 (*) Tools and more .................................................................................... 29 Einspruch gegen den Strafbefehl - Beschränkung auf die Rechtsfolgen - Bemessung der Geldstrafe nach dem Tages- satzsystem - Bestimmung der Anzahl der Tagessätze - Be- rechnung der Tagessatzhöhe Fall 4 (**) Dieser Weg wird kein leichter sein .................................................. 43 Vorstrafen - kurze Freiheitsstrafe - erheblich verminderte Schuldfähigkeit bei Suchtmittelabhängigkeit - Gesamtstra- fenbildung - Strafaussetzung zur Bewährung - Legalpro- gnose bei Suchtmittelabhängigkeit Fall 5 (***) Zwei ungleiche Ganoven ................................................................ 61 Strafzumessung bei mehreren Tatbeteiligten - Indizwirkung der Regelbeispiele - Strafaussetzung zur Bewährung - Vor- gehensweise bei der Erstellung einer Legalprognose - Ne- benentscheidungen im Bewährungsbeschluss Fall 6 (**) Eine verhängnisvolle Autofahrt ....................................................... 87 Strafzumessung bei Fahrlässigkeit - Wahl zwischen Geld- und Freiheitsstrafe - Strafaussetzung zur Bewährung - Ver- teidigung der Rechtsordnung - Entziehung der Fahrerlaub- nis - Sperrfristbemessung VIII Inhaltsverzeichnis Fall 7 (***) Eifersucht ist eine Leidenschaft… .............................................. 109 Zusammentreffen von Milderungsgründen - erheblich ver- minderte Schuldfähigkeit und Strafrahmenverschiebung bei Alkoholisierung - Voraussetzungen des Täter-Opfer- Ausgleichs Fall 8 (**) Spiel mit dem Feuer ........................................................................ 127 Erheblich verminderte Schuldfähigkeit bei Persönlichkeits- störung - doppelte Strafrahmenmilderung - Gesamtstrafen- bildung - Unterbringung im psychiatrischen Krankenhaus Fall 9 (**) Wiederholt auffällig ........................................................................ 145 Fehlender Strafantrag - Vorstrafen - Gesamtstrafenbildung - Unterbringung in der Sicherungsverwahrung - Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung Fall 10 (**) Vorsicht besser als Nachsicht? ..................................................... 165 Nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung - neue Tatsachen - Gefährlichkeitsprognose - Hang zu erheblichen Straftaten - prozessuale Voraussetzungen Fall 11 (**) Wenn der Fernsehmechaniker zweimal klingelt ........................ 179 Revisibilität der Strafzumessungsentscheidung - Begrün- dung der Strafzumessung im Urteil - unvertretbar niedriges Strafmaß - Beschränkung der Revision auf die Rechtsfolgen Fall 12 (***) Rache ist süß ................................................................................ 199 Revisionsbegründungsfrist - Begründung der Strafzumessung im Urteil - Begründungsfehler - Entscheidungsmöglichkeiten des Revisionsgerichts - Erfolg des Rechtsmittels im Kosten- recht Literatur …………………………………………………………………….... 217 Sachverzeichnis ………………………………………………………………. 219 Abkürzungen a.F. alte Fassung AG Amtsgericht Alt. Alternative BAK Blutalkoholkonzentration BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGH Bundesgerichtshof BGHR BGH-Rechtsprechung Strafsachen, hrsg. von den Richtern des Bundesgerichtshofs BGHSt Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsa- chen BRAO Bundesrechtsanwaltsordnung BT-Drucks. Bundestagsdrucksache BtMG Betäubungsmittelgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BZRG Bundeszentralregistergesetz EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch EGMR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte EMRK Europäische Konvention zum Schutz der Menschen- rechte und Grundfreiheiten GA Goltdammmer´s Archiv für Strafrecht GG Grundgesetz GKG Gerichtskostengesetz GS Großer Senat für Strafsachen GVG Gerichtsverfassungsgesetz HK-GS/Bearbeiter Handkommentar Gesamtes Strafrecht, hrsg. von Dölling/Duttge/Rössner h.M. herrschende Meinung i.S. im Sinne i.V.m. in Verbindung mit JGG Jugendgerichtsgesetz JR Juristische Rundschau JuMoG Justizmodernisierungsgesetz JuS Juristische Schulung KK StPO-Bearbeiter Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung, hrsg. von Hannich KV Kostenverzeichnis X Abkürzungen LG Landgericht LK-Bearbeiter Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar, hrsg. von Laufhütte/Rissing-van Saan/Tiedemann LR-Bearbeiter Löwe-Rosenberg. Strafprozessordnung und Gerichtsverfassungsgesetz MDR Monatsschrift für deutsches Recht MüKo-Bearbeiter Münchener Kommentar zum Strafgesetzbuch, hrsg. von v. Heintschel-Heinegg NJW Neue Juristische Wochenschrift NK StGB-Bearbeiter Nomos Kommentar Strafgesetzbuch, hrsg. von Kindhäuser/Neumann/Paeffgen Nr. Nummer NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-RR NStZ-Rechtsprechungs-Report Strafrecht NZV Neue Zeitschrift für Verkehrsrecht OLG Oberlandesgericht RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen RiStBV Richtlinien für das Strafverfahren und das Bußgeld- verfahren Rn. Randnummer RVG Rechtsanwaltsvergütungsgesetz SK StGB-Bearbeiter Systematischer Kommentar zum Strafgesetzbuch, von Rudolphi u.a. SK StPO-Bearbeiter Systematischer Kommentar zur Strafprozessordnung, von Rudolphi u.a. S/S-Bearbeiter Schönke/Schröder, Strafgesetzbuch, Kommentar StGB Strafgesetzbuch StraFo Strafverteidiger Forum StrRG Strafrechtsreformgesetz StPO Strafprozessordnung StV Strafverteidiger StVG Straßenverkehrsgesetz StVO Straßenverkehrsordnung StVollzG Strafvollzugsgesetz VO Verordnung VRS Verkehrsrechtssammlung VV Verwaltungsvorschriften wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht ZPO Zivilprozessordnung Fall 1 (*) Der Abend am See Strafzumessung nach der Spielraumtheorie – Modalitäten der Tatbestandsverwirk- lichung – nicht angeklagte Taten – Abschreckungserwägungen – Gesamtstrafen- bildung Sachverhalt Die vor der großen Strafkammer des Landgerichts K durchgeführte Beweisauf- nahme hat Folgendes ergeben:1 Am späten Abend des 4.8.2006 fuhr der angeklagte A mit der ihm flüchtig be- kannten O zu einem abseits der Straße gelegenen See. Das dortige Gelände war zu dieser Zeit menschenleer. Nachdem er sich zunächst – wie zuvor angekündigt – mit O lediglich unterhalten hatte, drückte er sie plötzlich gewaltsam auf den Bo- den, entkleidete sie und setzte sich auf die Brust der sich heftig wehrenden O. Zuerst versuchte A vergeblich, O zum Oralverkehr zu zwingen. Anschließend sagte er, um sie gefügig zu machen und ihr Schreien zu unterbinden: „Wenn du nicht das Maul hältst, schlag ich dich.“ Sodann führte er sein Glied (ohne dass es zum Samenerguss kam) ungeschützt in ihre Scheide ein. Dann ließ A vorerst von O ab. Nachdem sie sich wieder angekleidet hatte, lief O zu dem Fahrzeug des A, um ihre Handtasche zu holen und sodann fortzulaufen. A, der erneut den Entschluss gefasst hatte, unter Ausnutzung der einsamen Lage den Geschlechtsverkehr mit O auszuführen, folgte ihr und drang in das Fahrzeug ein, in das O geflüchtet war. Dort zog er die sich heftig wehrende O aus und führte sein Glied erneut unge- schützt in ihre Scheide ein, und zwar bis kurz vor dem Samenerguss, der außer- halb ihres Körpers erfolgte. A ist ein 28 Jahre alter Versicherungsangestellter. Er ist ledig und hat keine Kinder. In der Hauptverhandlung hat A ein umfassendes Geständnis abgelegt und bekundet, dass ihm das Geschehene leid tue. Er hat angegeben, im früheren Ver- lauf des Abends in einer Diskothek vergeblich versucht zu haben, eine ehemalige 1 Fall in Anlehnung an BGH NStZ 1999, 505; erstmals veröffentlicht in Coester-Waltjen u.a. (Hrsg.), Jura Sonderheft Examensklausurenkurs, 3. Aufl., Berlin: de Gruyter, 2008, S. 69-72, Wiederabdruck mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

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