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Faktizität und Geltung. Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats PDF

704 Pages·1994·23.934 MB·German
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Jürgen Habermas Faktizität und Geltung Beiträge zur Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats Suhrkamp Vierte, durchgesehene und um Nachwort und Literaturverzeichnis erweiterte Auflage 1994 © Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1992 Alle Rechte Vorbehalten Satz und Druck: MZ-Verlagsdruckerei GmbH, Memmingen Printed in Germany Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme Habermas, Jürgen: Faktizität und Geltung Beiträge zur'Diskurstheorie des Rechts und des demokratischen Rechtsstaats / Jürgen Habermas. - 4. Aufl. - Frankfurt am Main : Suhrkamp, 1994 ISBN 3-518-58127-9 kart. ISBN 3-518-58126-0 Ln. Inhalt Vorwort 9 I. Recht als Kategorie der gesellschaftlichen Vermittlung zwischen Faktizität und Geltung 15 I. Bedeutung und Wahrheit: Zur sprachimmanenten Spannung zwischen Faktizität und Geltung . 24 II. Transzendenz von innen: Lebensweltliche und archaische Bewältigung des Dissensrisikos . 32 III. Dimensionen der Rechtsgeltung 45 II. Soziologische Rechts- und philosophische Gerechtigkeitskonzepte. 61 I. Die sozialwissenschaftliche Entzauberung des Rechts . 62 II. Wiederkehr des Vernunftrechts und Ohnmacht des Sollens . 78 III. Parsons vs. Weber: die sozialintegrative-Funktion des Rechts 90 III. Zur Rekonstruktion des Rechts (1): Das System der Rechte 109 I. Private und öffentliche Autonomie, Menschenrechte und Volkssouveränität . 112 II. Moral- und Rechtsnormen: Zum Ergänzungsverhältnis von Vernunftmoral und positivem Recht . 135 III. Diskurstheoretische Begründung der Grundrechte: Diskursprinzip, Rechtsform und Demokratieprinzip 151 IV. Zur Rekonstruktion des Rechts (2): Die Prinzipien des Rechtsstaates 166 I. Der konstitutive Zusammenhang von Recht und Politik . 167 II. Kommunikative Macht und legitime Rechtsetzung 187 III. Prinzipien des Rechtsstaats und Logik der Gewaltenteilung 208 V. Unbestimmtheit des Rechts und Rationalität der Rechtsprechung 238 I. Hermeneutik, Realismus und Positivismus 242 II. Dworkins Theorie der Rechte 258 III. Zur Theorie des juristischen Diskurses 272 VI. Justiz und Gesetzgebung. Zur Rolle und Legitimität der Verfassungsrechtsprechung 292 I. Auflösung des liberalen Rechtsparadigmas 294 II. Normen vs. Werte: Kritik eines falschen methodologischen Selbstverständnisses der Verfassungsjudikatur . 309 III. Die Rolle der Verfassungsrechtsprechung im liberalen, republikanischen und prozeduralistischen Verständnis von Politik 324 VII. Deliberative Politik - ein Verfahrensbegriff der Demokratie . . . 349 I. Normative vs. empiristische Demokratiemodelle 351 II. Das demokratische Verfahren - und das Problem seiner Neutralität. ................ . . 367 III. Zur soziologischen Übersetzung des normativ gehaltvollen Begriffs deliberativer Politik . 383 VIII. Zur Rolle von Zivilgesellschaft und politischer Öffentlichkeit 399 I. Soziologische Demokratietheorien .... 401 II. Ein Modell des politischen Machtkreislaufs 415 III. Zivilgesellschaftliche Aktoren, öffentliche Meinung und kommunikative Macht 43 5 IX. Paradigmen des Rechts 468 I. Materialisierung des Privatrechts................................ 472 II. Zur Dialektik von rechtlicher und faktischer Gleichheit. Das Beispiel feministischer Gleichstellungspolitiken 49 3 III. Krise des Rechtsstaats und prozeduralistisches Rechtsverständnis 516 I. Recht und Moral (Tanner Lectures 1986) 541 Wie ist Legitimität durch Legalität möglich? 541 Zur Idee des Rechtsstaats . 571 II. Volkssouveränität als Verfahren (1988) 600 III. Staatsbürgerschaft und nationale Identität (1990) 632 Nachwort 661 Literaturverzeichnis 681 Namenregister 698 Vorwort Die Rechtsphilosophie ist in Deutschland längst keine Sache der Philosophen mehr. Wenn ich Hegels Namen kaum erwähne und mich stärker auf die Kantische Rechtslehre stütze, drückt sich darin auch die Scheu vor einem Modell aus, das für uns unerreichbare Maßstäbe gesetzt hat. Es ist ja kein Zufall, daß die Rechtsphiloso­ phie dort, wo sie den Kontakt mit der gesellschaftlichen Realität noch sucht, in die Juristischen Fakultäten abgewandert ist.1 Aller­ dings vermeide ich ebenso die Anknüpfung an eine juristisch ver- fachlichte Rechtsphilosophie, die ihren Schwerpunkt nach wie vor in der Diskussion über Grundlagen des Strafrechts hat.2 Was seiner­ zeit in Begriffen der Hegelschen Philosophie zusammengehalten werden konnte, verlangt heute ein methodenpluralistisches Vorge­ hen aus den Perspektiven der Rechtstheorie, der Rechtssoziologie und -geschichte, der Moral- und der Gesellschaftstheorie. Das ist mir insofern willkommen, als ich auf diese Weise eine oft verkannte pluralistische Anlage der Theorie des kommunikativen Handelns deutlich machen kann. Die philosophischen Grundbe­ griffe bilden keine eigene Sprache, jedenfalls kein System mehr, das sich alles anverwandelt - sondern Mittel für die rekonstruierende Aneignung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Dank ihrer Vielspra­ chigkeit kann eine Philosophie, die aus eigener Kompetenz nur noch für die Durchsichtigkeit der Grundbegriffe sorgt, auf metatheoreti­ scher Ebene überraschende Kohärenzen aufdecken. So verzweigen sich auch die Grundannahmen der Theorie des kommunikativen Handelns in verschiedene Diskursuniversen; dort müssen sie sich in den Vorgefundenen Argumentationskontexten bewähren. Das erste Kapitel behandelt kursorisch einige Aspekte des Verhält­ nisses von Faktizität und Geltung, das Grundlagen der Theorie des kommunikativen Handelns berührt. Dieses im Titel angesprochene 1 W. Hassemer, Rechtsphilosophie, Rechtswissenschaft, Rechtspolitik, Archiv für Rechts- u. Sozialphilosophie, Beiheft 44, 1991, 130-143. 2 Den Beitrag, den die Diskurstheorie zu diesem Thema leisten könnte, skizziert K. Günther, Möglichkeiten einer diskursethischen Begründung des Strafrechts, i H. Jung et al. (Hg.), Recht und Moral, Baden-Baden 1991, 205-217. Problem bedarf freilich einer weitergehenden philosophischen Klä­ rung, als ich sie hier vornehmen kann. Das zweite Kapitel skizziert einen Ansatz, der die Spannweite zwischen soziologischen Rechts­ und philosophischen Gerechtigkeitstheorien in sich aufnimmt. Die beiden folgenden Kapitel führen sodann die Rekonstruktion von Teilen des klassischen Vernunftrechts im Rahmen einer Diskurs­ theorie des Rechts durch. Dabei operiere ich mit andernorts entfal­ teten Grundannahmen der Diskursethik.3 Allerdings gelange ich jetzt zu einer anderen Bestimmung des komplementären Verhält­ nisses von Moral und Recht als noch in den Tanner Lectures.4 Im fünften und sechsten Kapitel soll sich der diskurstheoretische Ansatz an zentralen Gegenständen der Rechtstheorie bewähren. Ich beziehe mich auf aktuelle Auseinandersetzungen in der Bundesrepublik und in den USA, weil ich nur mit diesen beiden Rechtstraditionen einiger­ maßen vertraut bin. Im siebten und achten Kapitel kläre ich den normativ gehaltvollen Begriff der deliberativen Politik und prüfe aus soziologischer Sicht Bedingungen für eine rechtsstaatliche Regulie­ rung des Machtkreislaufs in komplexen Gesellschaften. Dabei be­ handele ich die Demokratietheorie hauptsächlich unter Aspekten der Legitimation. Das letzte Kapitel führt die rechtstheoretischen und die gesellschaftstheoretischen Überlegungen im Begriff des pro- zeduralistischen Rechtsparadigmas zusammen. Übrigens möchte ich auf diesem Wege performativ den Einwand entkräften, daß die Theorie des kommunikativen Handelns blind sei gegenüber der Realität von Institutionen5 - oder daß sie gar anarchi­ stische Konsequenzen habe.6 Einen anarchischen Kern hat freilich jenes Potential entfesselter kommunikativer Freiheiten, von dem die Institutionen des demokratischen Rechtsstaats zehren müssen, 3 J. Habermas, Moralbewußtsein und kommunikatives Handeln, Frankfurt/Main 1983; ders., Erläuterungen zur Diskursethik, Frankfurt/Main 1991. 4 Einen wie mir scheint normativistisch überanstrengten Zugang wählt auch K.O. Apel, Diskursethik vor der Problematik von Recht und Politik, in: K.O. Apel, M. Kettner (Hg.), Zur Anwendung der Diskursethik in Politik, Recht und Wis­ senschaft, Frankfurt/Main 1992, 29-61. 5 So immer wieder R. Bubner, zuletzt: Das sprachliche Medium der Politik, in: ders., Antike Themen und ihre moderne Verwandlung, Frankfurt/Main 1992, 188-202, hier 196ff. 6 O. Höffe, Politische Gerechtigkeit, Frankfurt/Main 1987, 193 ff. IO wenn sie gleiche subjektive Freiheiten effektiv gewährleisten sollen. Auf juristische Fachdiskussionen mußte ich mich tiefer einlassen, als mir, dem juristischen Laien, lieb sein konnte. Währenddessen ist mein Respekt vor den eindrucksvollen konstruktiven Leistungen dieser Disziplin noch gewachsen. Die Vorschläge zur Klärung des paradigmatischen Hintergrundverständnisses von Recht und Ver­ fassung verstehe ich als einen Diskussionsbeitrag, der sich gegen die unter juristischen Kollegen zunehmende Rechtsskepsis wendet - vor allem gegen jenen, wie ich meine, falschen Realismus, der die soziale Wirksamkeit der normativen Präsuppositionen bestehender Rechtspraktiken unterschätzt. In den Kontroversen, die wir seit dem 17. Jahrhundert kontinuierlich über die rechtliche Verfassung des politischen Gemeinwesens führen, artikuliert sich auch ein mo­ ralisch-praktisches Selbstverständnis der Moderne im ganzen. Die­ ses kommt gleichermaßen in den Zeugnissen eines universalisti­ schen Moralbewußtseins wie in den freiheitlichen Institutionen des demokratischen Rechtsstaats zum Ausdruck. Die Diskurstheorie ist ein Versuch, dieses Selbstverständnis so zu rekonstruieren, daß es seinen normativen Eigensinn gegenüber szientistischen Reduk­ tionen7 wie gegenüber ästhetischen Assimilationen8 behaupten kann. Die drei Geltungsdimensionen, in denen sich das Selbstver­ ständnis der Moderne ausdifferenziert, dürfen nicht kollabieren. Nach einem Jahrhundert, das uns wie kaum ein anderes die Schrek- ken existierender Unvernunft gelehrt hat, sind die letzten Reste ei­ nes essentialistischen Vernunftvertrauens zerstört. Um so mehr bleibt aber die Moderne, die sich ihrer Kontingenzen bewußt gewor­ den ist, auf eine prozedurale, und das heißt auch: auf eine gegen sich selbst prozessierende Vernunft angewiesen. Die Kritik der Vernunft ist deren eigenes Werk: dieser Kantische Doppelsinn verdankt sich der radikal antiplatonischen Einsicht, daß es weder Höheres noch Tieferes gibt, an das wir - die wir uns in unseren sprachlich struk­ turierten Lebensformen vorfinden - appellieren könnten. Vor drei Jahrzehnten habe ich Marxens Versuch der Überführung 7 N. Luhmann, Beobachtungen der Moderne, Köln 1992. 8 J. Derrida, Gesetzeskraft. Der >mystische Grund der Autorität^ Frankfurt/Mai 1991.

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