Ulrich Rosien, Peter Layer (Hrsg.) Facharztprüfung Gastroenterologie in Fällen, Fragen und Antworten 1. Auflage Herausgegeben von: Ulrich Rosien und Peter Layer Mitherausgegeben von: Viola Andresen, Michael Bläker, Christiane Fibbe, Dorothea Frederking, Utah-Maria Henniges, Beate Keck, Jutta Keller, Thomas Lingenfelser, Stephan Miehlke, Carsten Pachmann, Wolfgang Schwarz, Johannes Szuba Unter Mitarbeit von: Anja Buchholtz, Marie de Greck, Antonia Gaus, Nadine Jesse, Annabelle Jung, Niels Laschinsky, Lida Victoria Mancke, Viola Sophie Meier, Ulrike Melle, Stefan Michaelis, Andreas Müller, Tim Niedergassel, Katrin Niemax, Solveig Rose, Henrike von Schassen, Kristin Schikora, Sebastian Schulz, Anamur Lan Göttinger, Arno Siebenhaar, Julian Siegel, Sarah Lena Teising, Stephanie Thiel, Friederike Todt, Korinna Ulbricht Zuschriften an: Elsevier GmbH, Urban & Fischer Verlag, Hackerbrücke 6, 80335 München E-Mail: [email protected] Wichtiger Hinweis für den Benutzer Die Erkenntnisse in der Medizin unterliegen laufendem Wandel durch Forschung und klinische Erfahrungen. He- rausgeber und Autoren dieses Werkes haben große Sorgfalt darauf verwendet, dass die in diesem Werk gemachten therapeutischen Angaben (insbesondere hinsichtlich Indikation, Dosierung und unerwünschter Wirkungen) dem derzeitigen Wissensstand entsprechen. Das entbindet den Nutzer dieses Werkes aber nicht von der Verpflichtung, anhand weiterer schriftlicher Informationsquellen zu überprüfen, ob die dort gemachten Angaben von denen in diesem Werk abweichen und seine Verordnung in eigener Verantwortung zu treffen. Für die Vollständigkeit und Auswahl der aufgeführten Medikamente übernimmt der Verlag keine Gewähr. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden in der Regel besonders kenntlich gemacht (®). Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann jedoch nicht automatisch geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warenna- men handelt. Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://www.d-nb.de/ abrufbar. Alle Rechte vorbehalten 1. Auflage 2014 © Elsevier GmbH, München Der Urban & Fischer Verlag ist ein Imprint der Elsevier GmbH. 14 15 16 17 18 5 4 3 2 1 Für Copyright in Bezug auf das verwendete Bildmaterial siehe Abbildungsnachweis. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektro- nischen Systemen. Um den Textfluss nicht zu stören, wurde bei Patienten und Berufsbezeichnungen die grammatikalisch maskuline Form gewählt. Selbstverständlich sind in diesen Fällen immer Frauen und Männer gemeint. Planung und Lektorat: Uta Lux, München; Julia Glöckner, München Redaktion: Sonja Hinte, Bremen Herstellung: Dietmar Radünz, Leipzig; Ulrike Schmidt, München Satz: abavo GmbH, Buchloe/Deutschland; TnQ, Chennai/Indien Druck und Bindung: Drukarnia Dimograf, Bielsko Biała/Polen Umschlaggestaltung: SpieszDesign, Neu-Ulm Titelbild: © SpieszDesign ISBN Print 978-3-437-21601-5 ISBN e-Book 978-3-437-16893-2 Aktuelle Informationen finden Sie im Internet unter www.elsevier.de und www.elsevier.com Vorwort Die Gastroenterologie ist eine außergewöhnlich vielfältige Disziplin mit zahlreichen Berührungspunkten nicht nur zu den anderen Feldern der Inneren Medizin, sondern auch zur Viszeralchirurgie. Es ist deswegen für jeden angehenden Gastroenterologen von großer Bedeutung, sich nicht nur mit den wissenschaftlichen Grundlagen des Fachs vertraut zu machen, sondern auch ein effizientes, zielorientiertes Vorgehen bei den klinischen Fragestellungen zu erlernen. Die vorliegende „Facharztprüfung Gastroenterologie“ will dieses Konzept der Praxisnähe weiterführen, wobei sie auf unserem bereits in der 4. Auflage erschienenen Fachbuch „Praktische Gastroenterologie“ aufbaut und dieses ergänzt. Hierbei war es uns wichtig, von „klassischen“ Problemstellungen auszugehen und aus diesen ein konkretes, rationales, evidenzbasiertes Vorgehen abzulei- ten – also Situationen zu benutzen, wie sie im Klinikalltag häufig (und deswegen gerade in Facharztprüfun- gen so beliebt!) sind. Das Buch ist in sechs Hauptkapitel gegliedert, die sich konsequenterweise an typischen klinischen Leit- symptomen orientieren. Die aus unserem klinischen Alltag entnommenen Fälle wurden so aufbereitet und gegeneinander abgeglichen, dass sie die gesamte Gastroenterologie widerspiegeln indem sie praktisch alle wesentlichen Bereiche des Faches ansprechen, und dadurch hoffentlich einen hilfreichen Beitrag bei der Vor- bereitung zur Facharztprüfung leisten können. Wir danken unseren Mitherausgebern und unseren Autoren für ihr großes Engagement für dieses Projekt, vor allem natürlich für die kompetenten und sorgfältigen Darstellungen „ihrer“ Fälle. Besonders dankbar sind wir dafür, dass wir auch hochqualifizierte, erfahrene und nicht zuletzt als gastroenterologische Facharzt- prüfer besonders ausgewiesene niedergelassene Kollegen als Mitherausgeber und Autoren gewinnen konn- ten. Hierdurch geht dieses Buch über die Perspektive der stationären Gastroenterologie deutlich hinaus und wird auch außerhalb von Prüfungssituationen attraktiv sein. Schließlich gilt unser großer Dank dem Elsevier-Verlag in München, insbesondere der sachkundigen und engagierten Betreuung durch Frau Uta Lux und Frau Julia Glöckner, sowie Frau Sonja Hinte: Ihr Enthusias- mus, ihre Hilfsbereitschaft und Flexibilität waren wesentliche Voraussetzungen für die Realisierung dieser Projekts. Hamburg im April 2014 Ulrich Rosien, Peter Layer Adressen Dr. med. Viola Andresen Israelitisches Krankenhaus Dr. med. Nadine Jesse Orchideenstieg 14 Grindelhof 77 22297 Hamburg 20146 Hamburg PD Dr. med. Michael Bläker Dr. med. Annabelle Jung Eppendorfer Baum Nr. 35–37 Israelitisches Krankenhaus 20249 Hamburg Orchideenstieg 14 22297 Hamburg Anja Buchholtz Israelitisches Krankenhaus Dr. med. Beate Keck Orchideenstieg 14 Eppendorfer Baum Nr. 35–37 22297 Hamburg 20249 Hamburg Dr. med. Marie de Greck PD Dr. med. Jutta Keller Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Christiane Fibbe Dr. Niels Laschinsky Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. Dorothea Frederking Prof. Dr. med. Thomas Lingenfelser Israelitisches Krankenhaus Klosterstern 6 Orchideenstieg 14 20149 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Lida Victoria Mancke Dr. med. Antonia Gaus Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Viola Sophie Meier Dr. Anamur Lan Göttinger Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Ulrike Melle Utah-Maria Henniges Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Adressen VII Dr. med. Stefan Michaelis Sebastian Schulz Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Prof. Dr. med. Stephan Miehlke Dr. med. Wolfgang Schwarz Facharztzentrum Eppendorf Internistenpraxis Osterstraße Eppendorfer Landstraße 42 Osterstraße 116 20249 Hamburg 20259 Hamburg Dr. med. Andreas Müller Dr. med. Arno Siebenhaar Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Tim Niedergassel Dr. med. Julian Siegel ZENGA – Zentrum für Gastroenterologie Israelitisches Krankenhaus Deckertstr. 54 Orchideenstieg 14 33617 Bielefeld 22297 Hamburg Dr. med. Katrin Niemax Dr. med. Johannes Szuba Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Carsten Pachmann Dr. med. Sarah Lena Teising Internistenpraxis Osterstraße Israelitisches Krankenhaus Osterstraße 116 Orchideenstieg 14 20259 Hamburg 22297 Hamburg Solveig Rose Dr. med. Stephanie Thiel Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Henrike von Schassen Friederike Todt Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Dr. med. Kristin Schikora Dr. med. Korinna Ulbricht Israelitisches Krankenhaus Israelitisches Krankenhaus Orchideenstieg 14 Orchideenstieg 14 22297 Hamburg 22297 Hamburg Abkürzungen AAPC attenuierte adenomatöse Polyposis HSV Herpes-simplex-Virus AFP alpha-Fetoprotein IfSG Infektionsschutzgesetz AIH Autoimmunhepatitis IEN intraepitheliale Neoplasien AIP Autoimmunpankreatitis IPI International Prognostic Index ALV akutes Leberversagen IPMN intraduktale papilläre muzinöse Neoplasie APC Argonplasmakoagulation LSB Long-Segment-Barrett ASH alkoholische Steatohepatitis LTX Lebertransplantation AZ Allgemeinzustand MALT mucosa associated lymphoid tissue CCC cholangiozelluläres Karzinom MEN multiple endokrine Neoplasie CED chronisch-entzündliche MRGN multiresistente gramnegative Erreger Darmerkrankung(en) MRSA Methicillinresistenter Staphylococcus CEUS kontrastverstärkte Ultraschalluntersu- aureus chung NASH nichtalkoholische Steatohepatitis CIPO chronische intestinale Pseudoobstruktion NERD nichterosive Refluxerkrankung CRP C-reaktives Protein NHL Non-Hodgkin-Lymphom DHC Ductus hepatocoledochus NUC Nukleos(t)idanalogon DILI Drug-induced Liver Injury ÖGD Ösophagogastroduodenoskopie EHEC enterohämorrhagische Escherichia coli PBC primär biliäre Zirrhose EMR endoskopische Mukosaresektion PDT photodynamische Therapie EoE eosinophile Ösophagitis p. m. punctum maximum ERCP endoskopische retrograde Cholangio- PSC primär sklerosierenden Cholangitis pankeatikografie POEM perorale endoskopische Myotomie ERC endoskopische retrograde Cholangiografie PRIND prolongiertes reversibles ischämisches ERP endoskopische retrograde Pankreatiko- neurologisches Defizit grafie PSC primär sklerosierende Cholangitis ESD endoskopische submukosale Dissektion PTA perkutaner Angioplastie EZ Ernährungszustand PT(C)D perkutane transhepatische (Cholangio) FAP familiäre adenomatöse Polyposis Drainage FDKS farbkodierte Duplexsonografie RAST Radio-Allergo-Sorbent-Test FNH fokal noduläre Hyperplasie RFA Radiofrequenzablation FOBT fäkaler okkulter Bluttest SFED 6-Nahrungsmittel-Eliminationsdiät GEP-NET neuroendokrine Tumoren des gastroente- SSB Short-Segment-Barrett ropankreatischen Systems TAP Trypsinogen-Aktivierungs-Peptid GERD gastroösophageale Refluxerkrankung TACE transarterielle Chemoembolisation GIST gastrointestinaler Stromatumor UÖS unterer Ösophagussphinkter GIT Gastrointestinaltrakt ZES Zollinger-Ellison-Syndrom HCC hepatozellulären Karzioms HE hepatische Enzephalopathie HNPCC Hereditary Non-Polyposis colorectal Cancer-Syndrome Abbildungsnachweis Der Verweis auf die jeweilige Abbildungsquelle befindet L231 Stefan Dangl, München sich bei allen Abbildungen im Werk am Ende des V492 abavo GmbH, Buchloe Legendentextes in eckigen Klammern. W881–001 Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche M817 Prof. Dr. med. Peter Layer, Hamburg Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, T677 Prof. Dr. Sören Schröder, Gemeinschaft- AWMF): S3-Leitlinie Kolorektales spraxis für Pathologie, Lademannbogen Karzinom, Langversion 1.0, AWMF 63, 22339 Hamburg Registrierungsnummer: 021–007OL, T679 Dr. med. Johann-C. Steffens, Radiologie http://leitlinienprogramm-onkologie.de/ am Israelitischen Krankenhaus (RIK), Leitlinien.7.0.html Hamburg F602 Cornberg et al.: Aktualisierung der T678 Prof. Dr. med. Guntram Lock/Christa S3-Leitlinie zur Prophylaxe, Diagnostik Schmidt, Albertinen-Krankenhaus, Klinik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfekti- für Innere Medizin, Süntelstr. 11A, 22457 on. Z Gasteroenterol, 2001; 49; 871–930 Hamburg Einen Kalkulator zur Umrechnung der im Buch verwendeten Einheiten in SI-Einheiten finden Sie im Internet unter: www.laborlexikon.de/Lexikon/Infoframe/s/SI-Rechner.htm KAPITEL 1 Leitsymptom: Thorakale Symptome und Erbrechen 1.1 Dysphagie, Odynophagie und Bolusobstruktion S. Schulz, C. Fibbe . . . . . . . . . . . . . . . . 1 1.2 Dysphagische Beschwerden mit nächtlicher Regurgitation V. Meier, J. Keller . . . . . . . . 6 1.3 Dysphagie, Odynophagie, Sodbrennen K. Schikora, S. Miehlke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 1.4 Progrediente Dysphagie U. Rosien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 1.5 Akutes Erbrechen mit Durchfall A. Gaus, U. Rosien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 1.1 Dysphagie, Odynophagie und Bolusobstruktion S. Schulz, C. Fibbe FALLBERI CH T Ein 27-jähriger Mann stellt sich wegen seit dem Jugendalter bestehenden Sodbrennens und über die Jahre zunehmender Dysphagie, vor allem für feste Nahrung, sowie Odynophagie vor. Das Gewicht sei bisher konstant geblieben, Medikamen- te nehme er keine. Im Alter von 20 Jahren sei es während eines Restaurantbesuchs erstmals zur Bolusobstruktion (Fleischstück) gekommen, die nur durch das beherzte „Zupacken“ eines Freundes beendet werden konnte. Seither sehe er sich aus Angst vor Wie- derholung einer solchen Situation gezwungen, besonders langsam zu essen und noch gründlicher zu kauen. Auf Anraten des Hausarztes habe er bereits im 21. Lebensjahr eine Gastroskopie durchführen lassen, die aber einen un- auffälligen Befund gezeigt habe. Auch ein Röntgen-Thorax war ohne pathologischen Befund. Der Hausarzt sei insgesamt ratlos geblieben, habe ihm aber einmal Protonenpumpeninhibitoren verschrieben. Diese hätten zwar das Sodbrennen günstig beeinflusst, die Dysphagie aber nur unzureichend lindern können. Auch seien in den letzten Jahren vermehrt Übelkeit, Regurgitationen und Oberbauchschmerzen hinzugekommen. Abgesehen von Heuschnupfen bestehen keine gesundheitlichen Probleme. Die Familienanamnese ist leer, nur die Mutter leidet an einer leichten Neurodermitis, weshalb sie sich regelmäßig beim Dermatologen vorstellt. Die internistisch-körperliche Untersuchung ergab durchweg unauffällige Befunde. Benennen und bewerten Sie die möglichen Differenzialdiagnosen anhand der Anamnese! Zunächst muss zwischen oropharyngealer und ösophagealer Dysphagie unterschieden werden. Oropharyngeale Dysphagie: • N euromuskuläre Störung: MS, Parkinson, Hirntumor • O rganische Störung: Zenker-Divertikel, Struma, Tumor • S jögren-Syndrom 2 1 Leitsymptom: Thorakale Symptome und Erbrechen Ösophageale Dysphagie: • S tenose: entzündlich, Tumor, Schatzki-Ring, Gefäßkompression • G astroösophageale Refluxerkrankung 1 • M otilitätsstörung: Achalasie, Chagas, Sklerodermie, diffuser Ösophagusspasmus, eosinophile Ösophagitis. Welche Differenzialdiagnose halten Sie für die wahrscheinlichsten? Maligne Prozesse sind angesichts des jungen Lebensalters und der fehlenden Alkohol- und Nikotinanamnese zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich. Entzündliche Prozesse mit konsekutiver Stenosierung des Öso- phagus sind somit am ehesten wahrscheinlich. Aufgrund der Anamnese und der Beschwerdeentwicklung rücken zunächst die eosinophile Ösophagitis (EoE) und die gastroösophageale Refluxerkrankung (GERD) in den Kreis der möglichen Krankheitsgesche- hen. Hinweise auf andere Ursachen für Ösophagitiden wie Soor (z. B. bei HIV, Antibiotika- und Steroidthera- pie), chemisch-toxische Noxen (z. B. Verätzungen, Alkoholismus) oder Medikamente (z. B. Kaliumkapseln, Tetrazykline, Bisphosphonate) ergeben sich aus der Anamnese und Vordiagnostik nicht. Was ist Ihr nächster diagnostischer Schritt? • Ö sophagogastroduodenoskopie mit makroskopischer Einschätzung und Biopsien in jedem Ösophagus- drittel (!) sowie im Magen und Duodenum (Stufenbiopsien) • G gf. Bariumbreischluck. Der Hausarzt überweist den Patienten zunächst zum Radiologen, der eine Bariumbreischluck-Untersuchung durchführt (› Abb. 1.1). Die Untersuchung ergibt einen insgesamt etwas schmalen, ansonsten aber unauffälligen Ösophagus, insbesondere ohne Hinweis auf eine Stenose oder ein Zenker-Divertikel. Somit sieht der Hausarzt die Indikation zur weiterführenden Dia- gnostik in Form einer ÖGD mit Biopsien beim niedergelassenen Gastroenterologen (› Abb. 1.2). Abb. 1.1 Röntgen-Breischluck proximaler Ösophagus [T679] 1 .1 Dysphagie, Odynophagie und Bolusobstruktion 3 1 Abb. 1.2 a + b Endoskopisches Bild des Ösophagus [M817] Beschreiben Sie den endoskopischen Befund! In der ÖGD zeigen sich nur diskrete Veränderungen in Form einzelner weißlicher Plaques, die das Vorliegen einer Soorösophagitis suggerieren, sowie zarte Längsfurchen. Diese werden neben den Stufenbiopsien geson- dert biopsiert. Entscheidend für die weitere Diagnosestellung (insbesondere bei weitgehend unauffälligem Endoskopie- befund) ist die histologische Aufarbeitung der entnommenen Biopsien: Es zeigen sich neben einem eosino- philen Infiltrat im Bereich des distalen und mittleren Ösophagus auch eosinophile Mikroabszesse (die mak- roskopisch zunächst den V. a. Soorösophagitis erweckt hatten; › Abb. 1.3). Aus diesem Befund ergibt sich die dringende Verdachtsdiagnose einer EoE. Abb. 1.3 Histologisches Bild bei eosinophiler Ösophagitis [T677] Warum ist die Durchführung von Stufenbiopsien im gesamten oberen Gastrointestinaltrakt erforderlich? Die Stufenbiopsien (Magen, Duodenum) erfolgen zum Ausschluss einer eosinophilen Gastroenteritis oder auch CED. Per definitionem sind die eosinophilen Granulozyten bei der EoE ausschließlich in der Speiseröh- re vermehrt zu finden.