FORSCHUNGSBERICHTE DES LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN Nr. 2436 Herausgegeben im Auftrage des Ministerpriisidenten Heinz KUhn yom Minister fOr Wissenschaft und Forschung Johannes Rau Dipl. - Ing. R. Simon Institut fUr Strahlantriebe und Turboarbeitsmaschinen der Rhein. -Westf. Techn. Hochschule Aachen Leiter der Forschungsarbeit: Prof. Dr. -Ing. W. Dettmering Experimentelle Unter suchungen axialer Uberschallgitter und ihrer Wechselwirkungen W estdeutsch er V er lag 1975 © 1975 by Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen Gesamtherstellung: Westdeutscher Verlag ISBN-13: 978-3-531-02436-3 e-ISBN-13: 978-3-322-88295-0 DOl: 10_1007/978-3-322-88295-0 - I - Inhaltsverzeichnis Bezeichnungen und Indizes Seite 1. Aufgabenstellung 1 2. Versuchseinrichtung 2 2.1 Der konstruktive Aufbau der Me~strecke 2 2.2 Anordnung der Me~stellen 5 2.3 Die schlierenoptische Einrichtung 9 2.3.1 Grundlagen 9 2.3.2 Anwendung der Schlierenoptik bei der Unter suchung von Gittern in rotationssymmetrischer Anordnung 14 3. Eichversuche 15 3.1 Potentiometer und Druckaufnehmer 15 3.2 Richtungssonde 17 4. Verfahren zur Mittelwertbildung 21 5. VersuchsdurchfUhrung 24 5.1 Ziel der Untersuchungen 24 5.2 Erste Versuche von U. Buskies und deren Diskussion 25 5.3 Erste Versuche mit einer Richtungssonde (v = 0,85) 26 5.4 Versuche mit Deckband (v = 0,85) 28 5.5 Untersuchung des Beschleunigungsgitters und des = Tandemgitters (v 0,75) 29 5.6 Untersuchung des Beschleunigungsgitters ohne nach- geschaltetes Tandemgitter (v = 0,75) 32 5.7 Versuche mit vergro~ertem Axialspalt 35 5.8 Versuche mit Deckband (v = 0,75) 37 6. Auslegung eines zweiten Beschleunigungsgitters mit ge~ndertem Abstromwinkel, Versuchsergebnisse und deren Diskussion 38 6.1 Auslegung des Gitters 38 6.2 Untersuchung von Beschleunigungs- und Tandemgitter 39 6.3 Weitere Versuche mit erhohter Schaufelzahl im Beschleunigungsgitter 41 7. Abschlie~ende Untersuchungen mit dem ersten Beschleu- nigungsgitter 42 7.1 Untersuchung des Beschleunigungsgitters ohne nach- geschaltetes Tandemgitter 42 7.2 Untersuchung von Beschleunigungsgitter und Tandem- gitter 44 7.3 Einflu~ der Sondenposition auf die Me~ergebnisse hinter dem Tandemgitter 46 8. Zusammenfassung 47 Literaturverzeichnis 49 Verzeichnis der Abbildungen 50 - II - Bezeichnungen und Indizes Bezeichnungen A Fl!che a Polynomkoeffizient C m3/kg Konstante im Brechungsgesetz c m/s Geschwindigkeit c J/kg K spezifische W!rmekapazit!t p F N Kraft f m Brennweite f Funktion g Gangzahl K KenngrBBe K Polynomkoeffizient Isentropenexponent k M Machzahl M Nm Moment m kg/s Massenstrom n Brechungsindex p Druck Q Summe der Fehlerquadrate R J/kg K Gaskonstante R m Radius r m Radius S J/sK Entropie s J/kg K spezifische Entropie T K Temperatur t s Zeit t m Teilung v m/s Geschwindigkeit XM digitale GrBBe x m Abszisse y m Ordinate Z Z!hnezahl z m Ordinate - III - Stromungswinkel C1 S Stromungswinkel l:!. Differenz 6 Verschiebung e; m Ordinate e; Wini.:el TIp polytroper Wirkungsgrad TI Konstante Nabenverhaltnis \) p kg/m3 Dichte cp Verdrehwinkel - IV - Indizes ax axiale Richtung B Bezugszustand HUB Nabe i,i+1 fortlaufende Indizierung j,k+1 fortlaufende Indizierung k,u+1 fortlaufende Indizierung K Kessel L links 1 links M Machzahl M Minimum M Mitte m Mitte m Meridianstromlinie n Normalenrichtung R rechts r rechts TIP Gehlluse t Totalzustand u Umfangsrichtung a StrOmungswinkel B StrOmungswinkel 0 vor Beschleunigungsgitter 1 vor Tandemgitter 2 nach Tandemgitter Sonstige Bezeichnungen * kritisch nach Stofl Mittelwert Meflwert erste Ableitung - 1 - 1. Aufgabenstellung Die hier durchgefUhrten Versuche an Tandemleitr~dern sind der zweite Schritt auf dem Wege zur Entwicklung einer Uberschall verdichterstufe. Dieser Weg zur Leistungskonzentration bei Ver dichtern durch Steigerung der Stromungsgeschwindigkeiten in den Uberschallbereich wurde bereits 1943 von A. Weise [1] be schritten. Die experiment ellen Ergebnisse blieben jedoch hinter den Erwartungen zurUck. Ahnliche Versuche begannen auch 1941 in den USA [2] und wllrden dort bis 1956 intensiv fortgesetzt. Die dort bescllriebene Entwicklung begann mit der Konzeption von Uberschallaufr~dern, die fUr sich allein auch recht gUn stige experimentelle Ergebnisse lieferten, jedoch im Zusam menwirken mit Leitr~dern nicht ann~hernd einen Wirkungsgrad erreichen konnten, wie er bereits bei konventionellen Axial verdichtern erzielt werden konnte. Da offenbar die eingesetzten Leitr~der nicht in der Lage waren, die hohe kinetische Energie wieder in statischen Druck umzu setzen, wurden die Untersuchungen an diesem Institut zuerst darauf ausgerichtet, ein geeignetes Uberschallverzogerungs Gitter zu entwickeln. Nach ersten Versuchen in den Jahren 1957 und 1958 von W.Dett mering, K. Leist und K. Oswatitsch [3] entwickelte H.G. Schmal fu~ [4] auf Vorschlag von W. Dettmering das sogenannte Tan dem- oder Doppelreihengitter, bei dem die Umlenkung und Ver zogerung der Stromung auf zwei teilweise ineinander gescho bene Gitterreihen aufgeteilt wird. Schon die erst en Ergebnisse zeigten eine deutliche tiberlegenheit dieses Gitters gegenUber allen bisher bekannten Uberschallverzogerun~sgittern. Neuere Versuche von W. Dettmering und B. Becker [5J lieferten poly trope Wirkungsgrade von etwa 90 % fUr das Tandemgitter,so da~ der Einsatz als Leitrad in einer Uberschallverdichterstufe recht verheiBungsvoll erschien. Die bisher erw~hnten Versuche an diesem Institut wurden an Gittern in ebener Anordnung durchgefUhrt. Als zweiter Schritt auf dem Wege zur Uberschallverdichterstufe sollten diese Git ter in rotationssymmetrischer Anordnung untersucht werden, urn den EinfluB der Wandreibung und der Sekund~rstromungen zu er fassen. Der Aufbau des PrUfstandes sowie erste Versuche wurden von U. Buskies [6] durchgefUhrt. Die bei dies en Untersuchungen gemessenen Wirkungsgrade von knapp 70 % bedeuteten gegenUber den Ergebnissen in ebener Anordnung eine derartige Verschlech terung, daB sie nicht allein auf Wandreibung oder Sekund~r stromungseffekte zurUckzufUhren ist. Da der Grund fUr die hohe EinbuBe am Wirkungsgrad offenbar in der Zustromung zum Tandem gitter lag, wurde das ursprUngliche Forschungsziel, n~mlich eine systematische Variation der Gittergeometrie des Tandem gitters moaifiziert. Die untersuchungen sollten nunmehr durch MeR Rune ~er Stromungsgro~en im Axialspalt zwischen - 2 - Beschleunigungs- und Tandemgitter AufschlUsse geben Uber etwa vorhandene Wechselwirkungen zwischen den beiden Git terreihen. 2. Versuchseinrichtung Obwohl das Prinzip der Versuchseinrichtung bereits in der vorliegenden Arbeit von U. Buskies, Forschungsbericht Nr. 2107 beschrieben wurde, l~Bt es die neue Aufgabenstellung sinnvoll erscheinen, darauf nochmals ausfUhrlich einzugehen. Es waren n~mlich sowohl hinsichtlich des PrUfstandaufbaus als auch der MeBtechnik erhebliche Anderungen erforderlich, damit das neu gesteckte Forschungsziel erreicht werden konnte. 2.1 Der konstruktive Aufbau der MeBstrecke Da das Tandemgitter als Leitrad einer Verdichterstufe einge setzt werden solI, erf~hrt es eine drallbehaftete Zustromung. In ebener Anordnung l~Bt sich eine Anstromungsgeschwindigkeit bestimmter GroBe und Richtung leicht realisieren. Es wird eine drehbare DUse mit verstellbaren oder austauschbaren W~n den vorgeschaltet, die zudem eine Uber die gesamte Schaufel hohe gleichm~Bige Anstromung erzeugt. Gerade dies aber l~Bt sich mit einem stehenden Drallerzeuger nicht verwirklichen, da die auf jeden Fall vorhandene Umfangskomponente c~ einen 2 Druckgradienten (!£aa) =-p rcu- in radialer Richtung erzeugt. r u Hinzu kommt noch ein Anteil, der durch die KrUmmung der Me~idianstromlinie erzeugt wird. Dabei solI Rm als positiv gelten, wenn der Radiusvektor nach auBen gerichtet ist. 2 an cm (.::.L) =_ p_ ar m Rm Theoretisch konnten sich diese beiden Anteile bei einem ent sprechenden Verlauf der Meridianstromlinie aufheben. Unter An nahme eines bei derartigen Berechnungen Ublichen cosinusfor migen Verlaufs der Meridianstromlinie durch den Drallerzeuger = wurde bei verschiedenstencVerwindungsgesetzen (cu konst, r.cu = konst, a = konst, ~ = konst) jedoch immer ein star ker Gradient der Machzahl von der Nabe zum Geh~use ermittelt. Da es mit der Charakteristikenmethode ein genaues Berechnungs verfahren fUr Uberschallstromungen gibt, bote sich zur Erzeu gung der Anstromung fUr das Tandemgitter folgende Versuchsan ordnung an: Eine rotationssymmetrische DUse, deren Berechnung keine Schwierigkeiten macht, erzeugt eine achsparallele Uber schallstromung, die notwendige Umlenkung erfolgt in einem Gitter, das vollst~ndig mit Uberschall durchstromt wird und - 3 - sich ebenfalls berechnen laBt. Diese Umlenkung ist jedoch mit einer Querschnittsverengung und damit einer Machzahlre duzierung verbunden. Bei den hier angestrebten Daten von a = 45°und M = 1,45 muBte die rotationssymmetrische Duse fur eine Austrittsmachzahl von 1,96 ausgelegt sein. Fur die se Machzahl laBt die Oberschallstartbedingung nur eine Quer schnittsverengung auf 83 % zu. Dieser Wert wird jedoch bei einer Umlenkung urn 450 weit unterschritten. Da diese Art der Drallerzeugung unter den gegebenen Voraus setzungen nicht anzuwenden ist, mochte ich auf eine weitere Moglichkeit hinweisen, die praktisch eine Umkehr des vorher beschriebenen Verfahrens ist, und anschlieBend die Vor- und Nachteile diskutieren. Die Drallerzeugung erfolgt im Unter schall, und zwar auf einem groBeren Radius als dem der eigent lichen MeBstrecke. Da der Drall (r·c ) bei der Reduzierung auf den geringeren Radius konstant bleib~, erhoht sich c im um gekehrten Verhaltnis zu den Radien. Durch AusbildungUeines engsten Querschnitts konnte auch die Axialgeschwindigkeit in den Oberschall gesteigert werden. Die Unsicherheiten eines Berechnungsverfahrens konnten durch Verstellung des Draller zeugers ausgeglichen und die Anstromrichtung zum Tandemver zogerungsgitter relativ einfach eingestellt werden, da beim Drallerzeuger nur kleine Winkelanderungen notwendig waren. Der wesentliche Nachteil, der dieses Verfahren hier nicht hat zum Einsatz kommen lassen, ist jedoch, da~ die Grenzschichten be reits lange Anlaufstrecken hinter sich haben und zudem durch die starke Umlenkung am Gehtiuse zum Ablosen neigen. Der ausgefuhrte Drallerzeuger, der weiterhin nur noch als Be schleunigungsgitter bezeichnet wird, ist als konvergent - divergenter Stromungskanal ausgebildet und lenkt gleichzeitig urn. Der Oberschallteil stellt sich als die Iltilfte einer sym metrischen ebenen Duse dar, wobei die Druckseite der Dusenachse entspricht, auf der die Geschwindigkeitsverteilung vorgegeben wurde. Da durch die Querschnittsverhaltnisse auch die Eintritts machzahl festliegt, wurde der Machzahlverlauf auf Saug- und Druckseite sowie auf der mittleren Stromlinie bis zum Gitter eintritt fortgesetzt und damit der Unterschalleinlauf berech net. Dieser Entwurf ist bereits in [6] beschrieben worden. Einen Zylinderschnitt durch die so entstandene Versuchsbeschau felung zeigt Abb. 2.1 • Die Stromungsrichtung ist von links nach rechts. Da be ide Gitter ursprunglich auf einem Nabenbauteil montiert waren, urn schlierenoptische Beobachtungen zu ermog lichen, wurde die Teilung des Beschleunigungsgitters mit tn = 26,4 mm und des Tandemgitters mit tTG = 16,6 mm unterschiea2ich gewahlt, urn verschiedene Positionen aer beiden Gitter zuein ander realisieren zu konnen. _ LI - 1m Rahmen der Xnderungen am PrUfstand sind die beiden Git terreihen auf getrennte NabenkBrper gesetzt worden, wodurch eine relative Verdrehung der Gitter zueinander ermBglicht wird. Zur Erzeugung einer mBglichst gleichfBrmigen StrBmung am Ein tritt in die Beschaufelung ist der eigentlichen Meestrecke ein Gleichrichter vorgeschaltet, der mit Honeycombs und Sie ben bestUckt ist. Durch die besondere Formgebung der Nabe wird die StrBmung beschleunigt und die Zulaufgrenzschicht an den W~nden so gering wie mBglich gehalten. Hinter dem Tan demgitter erfolgt ein weiterer Druckaufbau in einem ringfBr migen Diffusor. Der gewUnscnte Gegendruck kann mit Hilfe einer Drossel durch Xnderung der StrBmungsquerschnitte einge stellt werden. Abb. 2.2 zeigt einen L~ngsschnitt durch die Meestrecke. Das Geh~use ist zweischalig aufgebaut, mit einem FUhrungsrohr als ~ueerem Geh~use und mehreren festen oder beweglichen Ringen gleichen Innendurchmessers als innerem Geh~use. Mehrere Ringe bilden jeweils die vordere bzw. hint ere Montageeinheit, urn einen einfachen Umbau der Meestrecke zu ermBglichen. Die Teil fuge liegt genau am Eintritt des Tandemgitters. Die Nabe be steht ebenfalls aus mehreren Bauteilen, die einen Umbau auf verschiedene Nabenverh~ltnisse und die Verwirklichung unter schiedlicher ZustrBmverh~ltnisse zur Versuchsbeschaufelung mBglich machen. W~hrend nach der ursprUnglichen Konstruktion die Nabe Uber die vorderen und hinteren Stege fest mit dem Geh~use verbunden war, dienen jetzt diese Teile der Nabe nur noch als Lagerung fUr den mittleren beweglichen Schaufeltr~ger. Die Ubertragung der Bewegung erfolgt von aueen tiber einen drehbaren Geh~usering, der tiber Stege mit der Nabe verbunden ist. Der Ring tr~gt eine Aueenverzahnung, in die das Abtriebs rad eines Getriebes eingreift. Als Antriebselement dient ein Schrittmotor, der auf einer Schneckenachse sitzt. Der wesent liche Vorteil eines Schrittmotors liegt darin, dae er last unabh~ngig ist, d.h. der Verdrehwinkel fUr eine bestimmte Schrittzahl wird durch die GrBee des aufzubringenden Monientes nicht beeinfluet. Das auf der Achse des Abtriebrades ange brachte Potentiometer dient also lediglich zur Kontrolle der Stellung, es Ubernimmt keine Regelfunktion durch Vergleich von Soll- und Istwert. NatUrlich mue durch eine entsprechende Auslegung dafUr gesorgt werden, dae das maximal zul~ssige Moment des Motors nicht Uberschritten wird. Die grBete Belastung durch die StrBmungs kr~fte tritt bei der Unte"rsuchung des Beschleunigungsgitters allein auf, da der erzeugte Drall nicht wieder im Tandemgit ter abgebaut wird. FUr ein Radienelement dr schreibt sich das durch die StrBmungs kr~fte ausgetibte Moment dM in der Form: