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Evolution: Ein interdisziplinäres Handbuch PDF

428 Pages·2010·4.842 MB·German
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III Herausgegeben von Evolution Philipp Sarasin und Marianne Sommer Ein interdisziplinäres Handbuch Verlag J.B. Metzler Stuttgart · Weimar Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detailliertebibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2010Springer-Verlag GmbH Deutschland Ursprünglich erschienen bei J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung ISBN 978-3-476-02274-5 und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH in Stuttgart 2010 ISBN 978-3-476-05462-3 (eBook) DOI 10.1007/978-3-476-05462-3 www.metzlerverlag.de [email protected] Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheber- rechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni- schen Systemen. Inhaltsverzeichnis V Inhaltsverzeichnis Vorwort .......................................... VII Spezies(cid:2)Art Kurze Auswahlbibliographie .................... XI Stammbaum(cid:2)Abstammung Survival of the fittest(cid:2)»Kampf ums Dasein« Tier(cid:2)Organismus I. Konzepte, Begriffe Überleben des Tüchtigsten(cid:2)»Kampf ums und Begriffsgeschichte Dasein« 21. Umwelt....................................... 50 22. Variation..................................... 52 1. Abstammung.................................. 3 Varietät(cid:2)Variation 2. Anpassung..................................... 5 23. Vererbung.................................... 55 3. Art............................................. 7 Vollkommenheit(cid:2)Anpassung Altruismus(cid:2)Egoismus, Altruismus 24. Zuchtwahl.................................... 57 Auslese(cid:2)Zuchtwahl 25. Zuchtwal, natürlicher........................ 60 Bevölkerung(cid:2)Population 26. Zufall......................................... 60 4. Darwinismus..................................9 Drift(cid:2)Gendrift 5. Egoismus, Altruismus........................12 II. Theorien und Debatten Embryologie(cid:2)Entwicklung in der Biologiegeschichte 6. Emotion......................................14 7. Entwicklung..................................16 8. Evolution.....................................18 1. Evolutionstheorien vor Darwin............. 65 9. Fortschritt und Degeneration................20 2. Theorien zur Entstehung der Arten bis Gen(cid:2)Vererbung um 1860 ..................................... 79 10. Gendrift.......................................23 3. On the Origin of Species und die Evolu- Genealogie(cid:2)Evolution tionsbiologie bis 1900 ....................... 89 11. Genotyp und Phänotyp......................25 4. Genetik und Moderne Synthese............102 Geschichte(cid:2)Evolution 5. Jenseits des Neodarwinismus? Neuere Ent- 12. Geschlecht....................................27 wicklungen in der Evolutionsbiologie .....115 13. Homologie....................................30 6. Generelle Evolutionstheorie................126 14. Instinkt und Intellekt........................32 15. »Kampf ums Dasein« ........................33 Kultur(cid:2)Natur, Kultur III. Institutionen und 16. Mensch (Rasse)...............................36 Repräsentationen, Praktiken Mutation(cid:2)Variation und Objekte 17. Natur, Kultur.................................38 Ökologie(cid:2)Umwelt Optimality(cid:2)Anpassung 1. Sammlungen und Museen..................141 18. Organismus...................................42 2. Botanische und zoologische Gärten........145 Pflanze(cid:2)Organismus 3. Vereine und Gesellschaften im 19.Jahr- Phänotyp(cid:2)Genotyp und Phänotyp hundert .....................................151 19. Population....................................44 4. Printmedien im 19.Jahrhundert...........156 Rasse(cid:2)Art; Mensch (Rasse); Variation 5. Bilder........................................160 20. Reproduktion.................................47 6. Feld, Beobachtung..........................167 Selektion(cid:2)Zuchtwahl 7. Labor, Experiment..........................171 Sexualität(cid:2)Geschlecht; Reproduktion 8. Datenbanken................................175 Sorte(cid:2)Variation 9. Mathematik und Statistik ..................180 VI Inhaltsverzeichnis 10. Fossilien.....................................185 10. Philosophie................................. 273 11. Modellorganismen..........................189 11. Physik....................................... 286 12. Gene.........................................196 12. Psychologie und Psychiatrie................ 295 13. Rechtswissenschaft......................... 303 14. Soziologie und Sozialwissenschaften...... 313 IV.Einflüsse, Verbindungen, 15. Sprachwissenschaft......................... 327 Auswirkungen IV.2. Evolutionstheorie in der Gesellschaft IV.1. Evolutionstheorie in der Wissenschaft 16. Ethik........................................ 341 17. Kreationismus und Intelligent Design..... 350 1. Anthropologie ..............................203 18. Politik....................................... 358 2. Astronomie und Kosmologie...............211 19. Sozialdarwinismus, Rassismus, Eugenik/ 3. Bionik/Ingenieurswissenschaften...........219 Rassenhygiene ............................. 366 4. Ethnologie...................................226 20. Film......................................... 376 5. Geschichtswissenschaft.....................234 21. Kunst........................................ 386 6. Informatik (Künstliche Intelligenz 22. Literatur.................................... 394 und Robotik) ...............................243 23. Populäre Repräsentationen ................ 402 7. Kultur und Kulturwissenschaften..........252 8. Literaturwissenschaft.......................257 Verzeichnis der Autorinnen und Autoren....... 415 9. Ökonomik...................................267 Personenregister.................................. 417 Vorwort VII Vorwort Die Evolutionstheorie gilt als die wichtigste wissen- wieder ein eigentliches Comeback erfahren. »Dar- schaftliche Theorie der Moderne. Charles Darwins win« und »Evolution« wurden zu synonymen Zau- 1859 publiziertes HauptwerkOn theOrigin of Species berworten, die an der Schwelle zum 21.Jahrhundert hat älteren Spekulationen über die Entwicklung des den Aufstieg der Biologie als Leitwissenschaft in der Lebens durch einen konzeptionellen Entwurf zum medialen Öffentlichkeit und in den wissenschaftli- Durchbruch verholfen, der noch immer gültig ist. In chen Debatten von Sozial- und Geisteswissenschaft- Verbindung mit ergänzenden und – je nach Sicht- lern, von Juristen, Ökonomen oder Linguisten zu- weise – konkurrierenden Ansätzen revolutionierte weilen wie ein bengalisches Feuer illuminierten. die Evolutionstheorie nicht nur die Biologie, son- Dennoch ist es bezeichnend, dass Darwin imOri- dern beeinflusst bis heute alle Felder des Wissens. gin of Species den Begriff »Evolution« nicht ein ein- So selbstverständlich dabei der Titel und Leitbe- ziges Mal verwendete. Er führte diesen erst in der griff »Evolution« erscheinen mag, so sehr zeigt doch 6. Auflage von 1872 in den Text seines Hauptwerkes die in diesem Handbuch unternommene vielschich- ein, überdies primär zur Kennzeichnung einer tige Diskussion der Evolutionstheorie und ihrer De- Gruppe von Wissenschaftlern als »evolutionists« rivate in fast allen Bereichen des modernen wissen- (gemäß Volltext-Suche innerhalb der verschiedenen schaftlichen und gesellschaftlichen Wissens, dass die Ausgaben vonOn the Origin of Species aufThe Com- Kontroversen, was der Begriff »Evolution« genau be- plete Work of Charles Darwin Online, http://darwin- deute, bis heute andauern. Soll man sich – um nur online.org.uk [3. März 2010]). Schriftlich verwendet die vordergründigste Frage zu stellen – an den ety- hat Darwin den Ausdruck »Evolution« zum ersten mologischen Kern des lateinischen Verbumsevolvere Mal ganz beiläufig in einem Brief vom 1. Oktober halten und mit »Evolution« vor allem eine Entfal- 1862, nachdem ihn zuvor schon einige Briefpartner tung oder Entwicklung über die Zeit bezeichnen, de- gebraucht hatten, ohne dass er dabei als solcher dis- ren Richtung von Anfang an, d.h. gleichsam in ihrem kutiert worden wäre (vgl. »Darwin Correspondence »Keim« schon mehr oder weniger deutlich vorge- Project«, http://www.darwinproject.ac.uk [3. März zeichnet war, so wie das augenfällig in der Embryo- 2010]). Aber auch in den anderen publizierten nalentwicklung der Fall ist? Oder besteht die Pointe Schriften Darwins spielte der Ausdruck »Evolution« des Evolutionsbegriffs im Gegenteil darin, mit Dar- bis zum Ende der 1860er Jahre keine Rolle. Erst in win die nicht von einem Schöpfergott geplante, son- The Variation of Animals and Plants Under Domesti- dern zielblind verlaufende Entwicklung als – besten- cation von 1868 taucht der Terminus (ebenso beiläu- falls – Ausdifferenzierung zu denken, ihr dabei aber fig wie in den Briefen) an bloß zwei Stellen auf; inThe keine irgendwie vorherbestimmte Richtung zu un- Descent of Manvon1871 gehört er dann aber zum terstellen? Im späten 19.Jahrhundert war diese Frage etablierten Wortschatz (gemäß Volltextsuche auf alles andere als entschieden, und noch heute legt zu- http://darwin-online.org.uk [3. März 2010]). mindest die verbreitete Semantik des genetischen Kurz, Darwin hatte offensichtlich für das, was »Codes« die Auffassung nahe, dass die Entwicklung seine Theorie klären sollte, andere Begriffe zur Ver- eines Organismus »programmiert« sei. fügung: »Abstammung« war für ihn das entschei- Dennoch steht außer Frage, dass die heutige Bio- dende Stichwort, und dementsprechend sprach er in logie die Evolution im Wesentlichen anti-teleolo- erster Linie von der »Deszendenz-Theorie«. Die da- gisch als Prozess ohne vorherbestimmtes und vor- mit verbundenen Veränderungen der Organismen herbestimmbares Ziel konzipiert. Gleichzeitig wurde beleuchtete er unter dem Titel der »Transformation« die historische Figur Darwins als weltanschauliche (einmal auch als »Transmutation«). Von Anfang an Referenz in populärwissenschaftlichen und politi- verwendet wurden aber auch die Worte »Genealo- schen Diskursen nach dem Zweiten Weltkrieg weit- gie« bzw. »genealogisch«: Darwin nannte die Abfolge gehend verdrängt. Erst seit dem Ende des 20.Jahr- der Arten eine »genealogical succession« und sprach hunderts hat »Darwin« in der öffentlichen Wahrneh- vom »genealogical tree«. Diese Begrifflichkeit bedeu- mung und Wertschätzung wie auch als Basistheorie tet in erster Linie, dass der Naturforscher die Ord- für verschiedene nicht-biologische Wissenschaften nung der Arten nur durch die rückblickende Be- VIII Vorwort trachtung ihrer Entstehungsgeschichte bestimmen schen als Sprachwesen wird heute – und das zeigen und verstehen könne. Und an die Stelle einer wie die Beiträge dieses Handbuchs sehr deutlich – zu- auch immer gearteten »Entwicklungslogik« tritt die mindest immer auch »im Lichte« der Evolutions- streng historische Betonung der im einzelnen Fall theorie geführt. Ob sienur noch in evolutionsbiolo- kontingenten Auseinandersetzung der Organismen gischen Begriffen zu führen ist, bleibt hingegen sehr untereinander und mit der anorganischen Umwelt: umstritten: Ist die Evolutionstheorie, weil sie die die natürliche Selektion. Dieser Mechanismus, den Entstehung aller Formen des Lebens zu erklären ver- Darwin als die treibende Kraft des Evolutionsprozes- mag, die fundamentale und fundierende Theorie ses postulierte, war aufs Engste mit der berühmten auch des menschlichen Handelns, oder ist mit der (und bald auch berüchtigten) Formel des »Kampfs Tatsache der Zeichenbasiertheit menschlicher Kom- ums Dasein« verknüpft. Was auch immer Darwin munikation eine Eigendynamik kultureller Systeme und seine Interpreten im Detail darunter verstanden in Gang gesetzt worden (die man ihrerseits in einem (Darwin sprach von einer Metapher), sei hier dahin- formalen Sinne evolutionstheoretisch beschreiben gestellt – klar ist jedenfalls, dass Darwin damit nicht mag), welche nicht mehr auf die Gesetzmäßigkeiten eine vorhersehbare Entwicklung auf der Basis einer oder Zwänge der biologischen Reproduktion zu- berechenbaren Gesetzmäßigkeit meinte, sondern rückgeführt werden kann? Der Ausgang dieser De- eine vollständig »offene« Situation, in der sich jeweils batte ist, soweit das Handbuch sie dokumentiert, ge- nur der den zufällig gegebenen Umständen am bes- genwärtig völlig offen. Es lässt sich aus den Beiträgen ten Angepasste durchsetzt, und das heißt: sich häu- zu diesem Handbuch immerhin ein Interesse der figer reproduzieren kann als andere. Kulturwissenschaften an der evolutionsbiologischen Der Begriff der Evolution hingegen, der sich erst Herleitung ihres eigenen Gegenstandes feststellen, seit dem Spätwerk Darwins durchzusetzen begann, das jüngsten Datums ist und vielleicht zu den auffal- impliziert ein Wissen über den Modus der Ausdiffe- lendsten neuen Trends in der Diskussion um Darwin renzierung der Arten im Verlauf der Zeit, das über und die Evolutionstheorie gehört. die rein historische Feststellung der genealogischen Die damit nur sehr knapp angedeuteten theoreti- Sukzession und die Kontingenz der natürlichen Se- schen und konzeptionellen, zuweilen streng empi- lektion hinausgeht: ein Wissen z.B. über die biologi- risch, zuweilen sehr philosophisch geführten Diskus- schen Gesetze der Vererbung (die Darwin nicht sionen sind in ihrer ganzen Breite und in den vielen kannte) oder mathematische Modelle zur Beschrei- Feldern menschlichen Wissens von der Biologie über bung der Dynamik der Ausbreitung von Merkmalen – zum Beispiel – die Ökonomie bis hin zur Kunst- in einer Population, oder schließlich auch Theorien theorie und zur Philosophie nicht mehr zu überbli- über die biologische Basis des menschlichen Verhal- cken. Das vorliegende Handbuch unternimmt daher tens. Solche neueren evolutionstheoretischen Kon- den Versuch, den gegenwärtigen Stand der Diskus- zepte und Theorien können die These von der Kon- sion so umfassend wie möglich zu dokumentieren. tingenz eines zielblinden Prozesses wieder mit Über- Es tut dies zumindest im deutschen Sprachraum legungen zur Entwicklung gemäß ererbten »Anla- zum ersten Mal, und dies nicht zufällig kurz nach gen« verbinden oder sie gar verdrängen: Evolution dem auch hierzulande mit sehr viel medialer und pu- wäre dann ein anderes Wort für (biologisches) blizistischer Aufmerksamkeit begangenen Darwin- Schicksal. Die Geschichte des Darwinismus und da- Jubiläum 2009. Nicht zuletzt im Vergleich zum Jahr mit die Geschichte der Evolutionstheorie ist auch 1959, als das hundertjährige Jubiläum der Publika- eine Geschichte des andauernden konzeptionellen tion vonOn theOrigin of Species der deutschsprachi- Schwankens zwischen der Betonung der biologi- gen Presse keine Zeile wert war – vielmehr erschien schen Zwänge und Grenzen, die das uralte Herkom- damals auf dem aktuellen Hintergrund der Schre- men einem Organismus bis hin zum Menschen auf- cken des Zweiten Weltkrieges das Totschweigen Dar- erlegt, einerseits, und andererseits der Zukunftsof- wins die angebrachte Haltung –, werden heute Dar- fenheit und Veränderbarkeit, die mit der radikalen win und die Evolutionstheorie öffentlich wahrge- Kontingenz des Evolutionsprozesses ebenso denk- nommen und sehr viel gelassener diskutiert als in notwendig wie empirisch beobachtbar erscheint. gewissen Phasen im 20.Jahrhundert. Wohl ist der Die fundamentale philosophische Debatte über Widerstand der Kreationisten in ihren verschiedenen das Verhältnis von Freiheit und Vorbestimmtheit Strömungen vor allem in den USA unübersehbar; menschlichen Lebens, aber auch über Freiheit und ansonsten aber hat sich »Darwin« offenkundig Zwang (oder »Prägung«) des Handelns des Men- durchgesetzt. Daher ist es jetzt auch an der Zeit, auf Vorwort IX der einen Seite gewissermaßen Bilanz zu ziehen über kenntnisprozess spielen wie spezifische Untersu- die letzten 150 Jahre Evolutionstheorie, was das chungsgegenstände und -techniken. Handbuch in seinen vielen historischen Darstellun- Die Themen des umfangreichenvierten TeilsEin- gen der Begriffs-, Theorie-, Wissenschafts- und Dis- flüsse, Verbindungen, Auswirkungen sind schließlich kursgeschichte der Evolutionstheorie und des »Dar- die Wechselwirkungen zwischen der Evolutionsbio- winismus« leistet. Dabei wird nicht zuletzt die auch logie und einer Auswahl nicht-biologischer Diszi- im Darwin-Jahr 2009 eklatante Fokussierung der plinen (IV.1: Evolutionstheorie in der Wissenschaft) Debatten auf die Person Darwins in der Komplexität sowie mit gesellschaftlichen Bereichen etwa der Po- historischer Betrachtungen relativiert. Gleichzeitig litik, Religion und Kunst (IV.2:Evolutionstheorie in erfährt die Gewichtung des Evolutionsgedankens als der Gesellschaft). Es werden im weitesten Sinne die theoretischer Errungenschaft eine stärkere Anbin- Auswirkungen und Einflüsse, die Rezeptionen und dung an deren kulturelle, soziale, institutionelle und Übernahmen von evolutionsbiologischen Konzep- materielle Entstehungs- und Entwicklungskontexte ten, Theorien, Begriffen, Metaphern und Schlagwor- und an die visuellen und narrativen Repräsentati- ten in anderen wissenschaftlichen Bereichen und in ons- und Kommunikationsformen. Auf der anderen wesentlichen gesellschaftlichen, politischen und kul- Seite sind der heutige Wissensstand und die Positio- turellen Feldern untersucht, und zwar wiederum je- nen bzw. Thesen der aktuellen Debatte festzuhalten weils in historischer, in systematisch-theoretischer und zu dokumentieren, um den Lesern ein Werkzeug und schließlich auch in aktueller Hinsicht. in die Hand zu geben, in dieser wie gesagt zentralen Ein solch ehrgeiziges Unterfangen kann naturge- intellektuellen und wissenschaftlichen Auseinander- mäß weder abschließend noch umfassend sein. Ab- setzungup to date zu sein. gesehen davon, dass die weltweit geführten Debatten Um diesen Ansprüchen gerecht zu werden, ist das um die Evolutionstheorie bzw. die evolutionsbiolo- Handbuch in vier Teile gegliedert. Im ersten Teil gischen Forschungen sich sehr schnell entwickeln Konzepte, Begriffe und Begriffsgeschichten finden sich und deren Darstellung daher alles andere als endgül- zentrale Begriffe der Evolutionstheorie, jeweils einer- tig sein kann, weist dieses Handbuch auch schmerz- seits in historisch-begriffsgeschichtlicher Hinsicht liche Lücken auf. Letztere sind nicht nur dem be- und anderseits als eine kurze Explikation ihrer theo- grenzten Umfang dieses Bandes geschuldet, sondern retisch-systematischen Gehalte und ihrer Bedeutung auch schlichten Misserfolgen bei unseren Bemühun- für die Evolutionstheorie. Imzweiten TeilTheorien gen, für die nicht unbeträchtliche Arbeit im Rahmen und Debatten in der Biologiegeschichte finden sich dieses Projektes jeweils die geeigneten Experten zu Beiträge zur Geschichte der Vorstellungen über Ent- gewinnen. Aus diesen Gründen fehlen insbesondere stehung und Transformation der Arten und zentraler Artikel zum Verhältnis von Evolutionstheorie und Konzepte wie »Reproduktion«, »Vererbung« und Theologie (nicht aber zur Religion), zur neueren »Entwicklung« von der Aufklärung bis in die Gegen- Entwicklung einer evolutionstheoretisch konzipier- wart – oder von der Naturgeschichte bis in die Mo- ten Medizin, zum Einfluss evolutionstheoretischer lekularbiologie. In diesen längeren Darstellungen zu Modelle auf die Mathematik oder auch zum Einfluss den einzelnen Etappen dieser Geschichte wird auch der Evolutionstheorie auf Design, Architektur und gezeigt, wie und in welchem Maße evolutionsbiolo- Städtebau. Andere Lücken sind etwas kleiner, aber gische Forschungen von Konzepten und Begriffen nicht weniger schmerzlich: Im dritten Teil, der auch aus anderen Wissensfeldern und kulturellen Prakti- Institutionen wie Vereine und Gesellschaften behan- ken beeinflusst wurden – ein Transfer, der in umge- delt, fehlen »Universitäten/Institute« als die sozialen kehrter Richtung Thema des vierten Kapitels ist. Zu- Orte, an denen evolutionsbiologische Forschung be- erst aber werden im dritten Teil Institutionen und trieben und vermittelt wurde und wird und damit Repräsentationen, Praktiken und Objekte wichtige deren spezifische Prägung dieser Forschungstradi- epistemische und technische Objekte, Praktiken und tionen. Auch der technisch-instrumentelle Aspekt Räume sowie Repräsentations- und Organisations- evolutionsbiologischer Forschung bleibt leider un- formen der wissenschaftlichen Gemeinschaften vor- terbelichtet, wozu auch der zu Forschungszwecken gestellt. Wissenschaft ist nicht nur eine kognitiv-in- eingesetzte Film gehören würde. tellektuelle Tätigkeit, sondern ganz wesentlich auch Umso größer ist unsere Dankbarkeit gegenüber eine soziale Praxis, in der institutionellesettings oder den Autorinnen und Autoren, die alle mit großem die mediale Kommunikation ihrer Theorien und Er- Engagement und unter Zeitdruck Originalbeiträge kenntnisse ebenso eine konstitutive Rolle für den Er- geschrieben haben, welche allein den Wert dieses X Vorwort Handbuchs ausmachen. Danken möchten wir auch Schütze vom Metzler-Verlag für sein anhaltendes Thomas Weber für seine Hinweise auf Autoren und Vertrauen in unsere Arbeit und seinen motivieren- Themen, Carmen Richard für ihre administrative den Optimismus gegenüber diesem Projekt. Unterstützung unserer Arbeit und das abschließende Lektorat, Karin Wördemann für die Übersetzung der auf englisch verfassten Beiträge, Florian Thalmann Zürich, im Mai 2010 für die Erstellung des Registers und natürlich Oliver Marianne Sommer und Philipp Sarasin

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