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Eusebius als Historiker seiner Zeit PDF

240 Pages·1929·12.175 MB·German
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ARBEITEN ZUR KIRCHENGESCHICHTE HERAUSGEGEBEN VON EMANUEL HIRSCH UND HANS LIETZMANN 11 EUSEBIUS ALS HISTORIKER SEINER ZEIT VON RICHARD LAQUEUR ORD. PROFESSOR FÜR ALTE GESCHICHTE AN DER UNIVERSITÄT GIESSEN BERLIN UND LEIPZIG 1929 VERLAG VON WALTER DE GRUYTER & CO. Druck von Walter de Gruyter & Co., Berlin W 10 Vorwort. D ie ersten Anfänge der vorliegenden Untersuchungen reichen in die Zeit zurück, als Ed. Schwartz seine Ausgabe der Kirchengeschichte des Eusebius abgeschlossen vorlegte. Wer gewohnt war, in den handschriftlichen Varianten nichts als Fehler von Redaktoren oder Abschreibern zu sehen, mußte auf das tiefste von der Tatsache erregt werden, daß Schwartz an einer Zahl von Stellen den Nachweis liefern konnte, daß die verschiedenen Handschriften bzw. Hand- schriftengruppen diejenigen Textesformulierungen wieder- gaben, welche Eusebius selbst in den verschiedenen Epochen seiner Schriftstellerei gegeben hatte. Aus angeblichen Fehlern der Handschriften wurden somit wichtige Dokumente für den Werdegang der Schrift und ihres Verfassers. Es mag hier unerörtert bleiben, ob und wieweit diese Entdeckung ganz allgemein zu einer Erschütterung unserer textkritischen Methoden führen muß; sicher ist jedenfalls, daß für die Kritik der KG. des Eusebius die Beobachtungen von Schwartz durch- schlagend sind und auch, soviel ich weiß, keinen Widerspruch erfahren haben. Schwartz hat auch bereits den Versuch gemacht, diese verschiedenen Lesungen, welche Zeugen der Entwicklung des Autors waren, in Verbindung mit der bereits früher grund- sätzlich richtig erkannten allmählichen Ausgestaltung der KG. selbst zu setzen, und das, was er hierbei positiv ausge- sprochen hat, verträgt vielleicht hie und da eine Kritik, ist jedoch — auf das Ganze gesehen — unbedingt richtig. Aber Schwartz hat nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der IV Vorwort. Probleme ins Auge gefaßt, und dies ist die Stelle, an der meine eigenen ersten Versuche vor allem im IX. Buche der KG. einsetzten; wenn hier ζ. B. der Tod Maximins als histo- rischer Vorgang dreimal erzählt wird und davon zweimal mit ganz verschiedener Auffassung, dann war mit der Annahme kleiner Korrekturen nicht mehr auszukommen; die Wider- sprüche häuften sich; einmal hieß es, die Verfolgung von 311—313 sei viel furchtbarer als die von 303—311 gewesen, das andere Mal, sie wäre nur ein schwacher Nachklang; ein- mal erschien Diocletian als der Veranlasser der Christen- verfolgung, dann wiederum wurde Galerius mit demselben Worte charakterisiert usw. Dazu kam etwas anderes: mancher Satz mußte trotz bester Überlieferung und korrekter Form von Schwartz als unverständlich bezeichnet werden; sobald er jedoch in eine andere Verbindung hineingestellt wurde, fiel jeder Anstoß fort. Aber diese und ähnliche Einzel- beobachtungen, die in die vorliegende Schrift übernommen worden sind, schlossen sich zu keinem Bilde zusammen, bis mir vor einigen Jahren diejenige Feststellung gelang, die nunmehr den Ausgangspunkt des Ganzen bilden sollte: der sogenannte Traktat über die Märtyrer von Palästina bildete, wie Überlieferung, Zitate, Anfang und Ende der Schrift er- weisen, einst einen Teil des VIII. Buches der KG. und wurde dort erst später durch die allgemeine Übersicht über die Märtyrer der gesamten οικουμένη ersetzt. Dieses Phänomen erklärte sich einfach aus der Tatsache, daß Eusebius, der im Jahre 311 daran ging, die Geschichte der soeben beendeten Verfolgung (303—311) zu schreiben, und der sie im Jahre 313 durch einen Anhang über die Maximinische Verfolgung (312 —313) erweitern wollte, kein anderes Material zur Verfügung hatte als dasjenige, welches aus seiner nächsten Umgebung stammte. Erst nach dem endgültigen Ende der Christen- verfolgung (313) konnte er sich schrittweise in den Besitz der notwendigen Unterlagen aus dem gesamten Gebiet des römi- schen Reiches setzen, die ihm nunmehr gestatteten, an die Stelle der eigenen, zufälligen Beobachtungen das systematisch gesammelte neue Material treten zu lassen. Zeigte sich nun aber Vorwort. Y Eusebius selbst auf dem eigentlich christlichen Gebiet in den Jahren 311—313 noch mangelhaft orientiert, so kann man bei dem Palästinenser natürlich erst recht nichts anderes in der Kaiser- und Reichspolitik erwarten, und damit war der Weg zum Verständnis des Aufbaus des Werkes erschlossen. So- wohl 311, wie auch 313 wußte Euseb von der großen Ge- schichte der unmittelbar vorangehenden Zeit kaum mehr wie nichts; die Epoche Maximins, der jetzt das ganze IX. Buch gewidmet ist, war anfänglich nur in einem kurzen, wie sich errechnen läßt, kaum 3 Seiten langen Anhang des VIII. Buchs zur Darstellung gebracht! Damit ist zugleich gesagt, wodurch sich die vorliegende Schrift grundsätzlich von der Auffassung von Ed. Schwartz unterscheidet; dieser hat zwar richtig erkannt, daß das Werk mit dem Fortschreiten der Ereignisse jedesmal am Ende er- gänzt wurde, und auch betont, daß diese Ergänzungen hier und da zu einer Korrektur des Übrigen geführt haben. Aber er hat diese Veränderungen nur an der Oberfläche gesucht und ihr Ausmaß stark unterschätzt. Demgegenüber wird die vorliegende Untersuchung zu zeigen haben, wie das alte dürf- tige Gerippe der Verfolgungsgeschichte allmählich durch die Einarbeitung neu erschlossener Quellen aufgefüllt wurde. Daß diese letzteren historisch besonders interessant sind, will ich nicht leugnen, und vor allem ist die Gewinnung eines officiosus, der noch um 325, d. h. in den Tagen von Nicaea, die Politik des Konstantin vom Standpunkt der römischen Aristokratie verteidigte, wohl geeignet, die Auffassung dieses Kaisers wesentlich umzugestalten. Aber über solche, gewiß wichtige Einzelfeststellungen hinaus liegt mir doch vor allem an der Erkenntnis, daß die sonst übliche Art, einen historischen Text für die geschichtliche Erkenntnis auszunutzen, einer Quelle wie der KG. gegenüber völlig versagen muß. Es ist nicht etwa so, daß man die analytische Textbetrachtung auch beiseite lassen und doch das Material verwerten könnte; vielmehr handelt es sich um das allerprimitivste Verständnis des Textes, und ich muß bestreiten, daß auch nur eine sinnvolle Über- tragung ohne Berücksichtigung dieser Momente möglich ist. ΥΙ Vorwort. Einem solchen Problemkomplex gegenüber scheitert eben die vielgeübte Scheidung zwischen Quellenkritik und geschicht- licher Erfassung der Zusammenhänge. Wohl gibt es histo- rische Quellen, die wirklich nichts anderes sind als Sammel- becken, aus denen man das Material herausschöpfen kann, ohne daß man sich viel um die weiteren Verbindungen zu kümmern braucht. In solchen Fällen, wo es sich nur um das Stoffliche handeln kann, ist es durchaus möglich, daß der Historiker von Quellenkritik absieht und sich nur seiner auf- bauenden Arbeit zuwendet. Aber Eusebius selbst und seine verschiedenen Quellen sind an sich historische Erscheinungen, deren Bedeutung für die Epoche nicht überschätzt werden kann. In der Zeit Konstantins handelt es sich um geistige Auseinandersetzungen, und so wenig man verkennen darf, daß machtpolitische Fragen ihren großen Einfluß ausgeübt haben, die Kirche ist damals ebenso und nur in stärkerem Maße eine geistige Kraft gewesen, wie die in der alten Er- innerung lebende und von ihr genährte Ideenwelt der römi- schen Adelskreise. Konstantin hat als wirklich großer Staats- mann Idee und physische Macht nicht gegeneinander gestellt, sondern gewußt, daß, wenn man die Macht gewinnen wollte, die geistigen Kräfte gepflegt werden mußten. Dies aber ge- schah durch die große politische und religiöse Propaganda, die wir in ihren mannigfachen Schattierungen aus dem Werke des Eusebius feststellen könpen. So hoffe ich, daß die Schrift, die ihrer Zielsetzung nach nicht auf Konstantins Politik an sich eingehen konnte, doch dadurch zu ihrem Verständnis beiträgt, daß sie immittelbar diejenigen Erscheinungen er- greift, welche für den Kaiser reale Bedeutung hatten. Daß dieser Versuch, das Werk des Eusebius zu verstehen, ohne die Arbeiten von Schwartz nicht hätte unternommen werden können, brauche ich wohl kaum erst zu betonen. Bei der Durchführung der Aufgabe hat sich allerdings die Not- wendigkeit ergeben, mit der von Schwartz gewiesenen Methode eine andere Technik der Textbehandlung zu verbinden. Sie wird mir voraussichtlich manchen Angriff eintragen, und doch vertraue ich darauf, daß die in dem Buche entwickelten grand- Vorwort. Vü legenden Thesen von der ursprünglichen Stellung des Märtyrer- traktats im VIII. Buch der KG. und von der einstigen knappen Behandlung der Maximinischen Verfolgung im An- hang des VIII. Buches so gesichert sind, daß sie umgekehrt dazu beitragen werden, die Anerkenntnis einer Methode zu fördern, zu deren Aufstellung wir uns doch nur durch den Zwang, den Text sachgemäß zu erklären, veranlaßt sehen. Wer also den vorgezeigten Weg grundsätzlich ablehnen wollte, müßte etwas Anderes und Besseres an die Stelle setzen, um die aufgewiesenen Schwierigkeiten auszudeuten. Besonders herzlichen Dank spreche ich Herrn Professor Lietzmann aus, der der Abhandlung Raum in den »Arbeiten zur Kirchengeschichte« gegeben hat. Gießen, den i. Juli 1928. Richard Laqueur. Nachschrift. Im Begriffe, das imprimatur unter das Vorwort zu setzen, erhalte ich den von mir auf S. 3 als noch nicht erschienen bezeichneten II. Bd. der englischen Eusebiusausgabe von Law- lor und Oulton (1928). In diesem ist auf S. 2—11 the evolution of the work behandelt. Das hier entworfene Bild von der Entstehung der KG. stimmt etwa-mit dem überein, was ich im Vorwort sowie auf S. 1—3 als gegenwärtige Auffassung vom Entstehen der KG. bezeichnet habe. Insofern kann mir diese wegen ihrer grundsätzlichen Einstellung wichtige und sehr zuverlässige Schrift, deren Hauptgewicht übrigens auf dem Kommentar ruht, keinen Anlaß zu Änderungen oder erneuter Behandlung geben. Doch finden sich einige Einzel- beobachtungen, die ich übersehen habe und die ich hätte verwenden können, um meine Auffassung weiterhin zu stützen. Das Wichtigste darf ich kurz herausheben. S. 5 wird auf- gezeigt, daß 756, 25 ff. nach 312 geschrieben sein müssen ; durch diese richtige Beobachtung wird bestätigt, daß die Epitome über die Martyrien, von der 756,25 ff. ein inte- Vili Vorwort. grierender Teil ist, als Ersatz des Traktats später als das VIII. Buch geschrieben wurde. S. 8 ist man der Erkennt- nis, daß der Traktat einst zum VIII. Buch gehörte, nahe- gekommen; die These allerdings, daß Eusebius ihn auf das VIII. Buch habe folgen lassen, ist schon angesichts der Wiederholungen in beiden Texten unmöglich. S. 9 wird durch einen Vergleich der beiden Fassungen des Traktats nachgewiesen, daß die Worte αύτου Te τοΟ ΜαΗιμίνου και τών όμφ' αύτόν (924, 28) nachträglich hinzugefügt sind; hier- durch erhält unsere auf anderem Wege gewonnene gleich- lautende Behauptung S. 134 eine wesentliche Stütze. Inhaltsübersicht. Seite Einleitung. Eusebius' Kirchengeschichte als Quelle ihrer Zeit.. ι Kapitel ι. Die Märtyrer von Palästina 6 § ι. Die Märtyrer von Palästina und das VIII. Buch der KG 6 § 2. Die Abhängigkeit des VIII. Buchs der KG. von den Märtyrern von Palästina i6 § 3. Die »Märtyrer von Caesarea« und die »Märtyrer von Palästina« 26 Kapitel 2. Der Aufbau und die Entwicklung des VIII. Buchs der KG 33 § ι. Die Epitome über die Martyrien (742,9—770,23^... 34 § 2. Die Märtyrerliste 772, ι—29 und die Dauer der Christen- verfolgung 40 § 3. Die Reichs- und Kaisergeschichte im VIII. Buch.. 47 a) Die Epitome und die Reichsgeschichte 47 p) Die älteste Fassung der Reichsgeschichte 49 l) Die Kaisergeschichte 58 § 4. Die Palinodie 65 § 5. Die sog. Appendix des VIII. Buchs 76 § 6. Der ursprüngliche Aufbau des VIII. Buchs und die weitere Geschichte seines Textes 84 Kapitel 3. Kaiser Maximinus und das IX. Buch der KG 96 § ι. Wodurch wurde Maximin zur Aufgabe der Christenver- folgung gezwungen? 97 § 2. Der dreifache Tod Maximins 100 § 3. Hungersnot, Pest und Armenischer Krieg 103 § 4. Die Tyrische Urkunde 106 § 5. Theoteknos und die Anhänger Maximins 115 § 6. Die Bezeichnung des Kaisers Maximin 116 § 7. Maximins Sturz 135 Laqueur, Eusebius. b χ Inhaltsübersicht. Seite § 8. Die Schlacht an der Mulvischen Brücke und die Mai- länder Abmachungen 146 § 9. Zwei heidnische Quellen zur Kaisergeschichte 150 § 10. Pest und Hungersnot nach der Schilderung von 822,12 —826,19 160 § Ii. Das Schreiben Maximins an Sabinus und des Kaisers »letzte« Urkunde 163 § 12. Konstantin als Retter des Christentums 180 § 13. Das Dankgebet und der Abschluß des IX. Buchs... 182 § 14. Die Geschichte des IX. Buchs l88 Kapitel 4. Das X. Buch 192 § ι. Der Kampf zwischen Licinius und Konstantin nebst einer Betrachtung der beiden Konstantinischen Quellen 193 § 2. Die Urkundensammlung im X. Buch 201 Kapitel 5. Der ursprüngliche Umfang der KG 210 Schluß 212

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