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Europa und der Stier oder der Brautraub des Zeus: Die Entführung Europas in den Darstellungen der griechischen und römischen Antike PDF

227 Pages·2016·1.843 MB·German
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Hypomnemata Untersuchungen zur Antike und zu ihrem Nachleben Herausgegeben von Sabine Föllinger, Dorothea Frede, Hans-Joachim Gehrke, Karla Pollmann, Christiane Reitz, Christoph Riedweg, Tanja Scheer, Gisela Striker Band 204 Vandenhoeck & Ruprecht Konrad Heldmann Europa und der Stier oder der Brautraub des Zeus Die Entführung Europas in den Darstellungen der griechischen und römischen Antike Vandenhoeck & Ruprecht Verantwortlicher Herausgeber: Christoph Riedweg Mit 7 Abbildungen Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. ISSN 0085-1671 ISBN 978-3-666-20872-0 Weitere Ausgaben und Online-Angebote sind erhältlich unter: www.v-r.de Umschlagabbildung: Europa auf dem Stier, festlich als Braut geschmückt. Attisch-weißgrundige Schale (um 470 v. Chr.). A. B. Cook, Zeus. A Study in Ancient Religion I (Cambridge 1914), Taf. 32. Gedruckt mit freundlicher Unterstützung der Geschwister Boehringer Ingelheim Stiftung für Geisteswissenschaften in Ingelheim am Rhein. © 2016, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Theaterstraße 13, D-37073 Göttingen/ Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Bristol, CT, U. S. A. www.v-r.de Alle Rechte vorbehalten. Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Satz: textformart, Göttingen | www.text-form-art.de Inhalt Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 1. Voraussetzungen und Kontext: Die Liebesleidenschaft des Götterkönigs und die Kränkungen Heras . . . . . . . . . . . . . . 13 1.1 Zeus, Aphrodite und Hera in der älteren Dichtung . . . . . . . . 13 1.2 furtum vs. »adulterium«: Typologie und Strukturelemente . . . . 19 1.3 Die Verwandlungen des Zeus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 1.4 Zorn und Rache Heras . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Der Brautraub in der Antike und im antiken Mythos . . . . . . . . . 38 2.1 Entführte Frauen und geraubte Bräute: Regeln und Regelverstöße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2.2 Der Brautraub im Mythos: Proserpina und andere Fälle . . . . . 43 3. Die Entführung Europas als Brautraub des Zeus . . . . . . . . . . . . 56 3.1 Die archäologischen und literarischen Zeugnisse aus der Zeit vor dem Hellenismus und die Struktur der Europa-Erzählung . . 56 3.2 Zeus und Europa in der hellenistischen Dichtung: Das Epyllion des Moschos und die Vulgata . . . . . . . . . . . . . 84 3.3 Exkurs: Europa und Ariadne. Variationen eines Erzählmusters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 6 Inhalt 3.4 Die Europa-Ode des Horaz (c. 3,27) . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3.4.1 Die Konzeption des Gedichts . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 3.4.2 Die Galatea-Strophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 3.4.3 Die Europa-Strophen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 4. Europa in Ovids Metamorphosen (met. 2,836–3,9): Ein Brautraub nur aus Liebeslust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 5. Europa in den Dionysiaka des Nonnos: Eine Theogamie des Zeus unter den Augen Heras . . . . . . . . . . . 182 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 1. Textausgaben, Übersetzungen und Kommentare . . . . . . . . . 210 2. Sekundärliteratur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212 Abbildungsverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 Indizes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Index nominum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Index auctorum et locorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221 Vorwort Kein anderes Bildmotiv aus der Welt der Antike ist auch in einer breiteren Öf- fentlichkeit so präsent wie Europa auf dem Stier. Jeder erkennt auf den ersten Blick, dass die weibliche Gestalt den Kontinent Europa repräsentiert, auch wenn er nicht weiß, was es mit dem Stier auf sich hat, auf dessen Rücken sie sitzt. Das ist wohl der Hauptgrund dafür, dass das Motiv in der politischen Karikatur so überaus beliebt ist. Wer sich jedoch mit Hilfe der einschlägigen Handbücher kundig zu machen versucht, wird dort mehr Informationen finden, als er benö- tigt, und er wird deshalb kaum mit der Möglichkeit rechnen, dass die antiken Erzähler und ihre Leser die Geschichte von der Entführung Europas in einem entscheidenden Punkt ganz anders verstanden haben, als es in der modernen wissenschaftlichen Literatur dargestellt wird. Genau das ist jedoch der Fall, und dies vorzuführen ist der Sinn und die Absicht der vorliegenden Untersuchung. Zu danken habe ich den Herausgebern der Hypomnemata für die Aufnahme dieser Arbeit in ihre Reihe und der Geschwister Boehringer Ingelheim Stif- tung für einen großzügigen Druckkostenzuschuss. Mein persönlicher Dank gilt Joachim Dingel für seine aufopferungsvolle Lektüre des Typoskripts und wert- volle Hinweise; ganz besonders aber Joachim Raeder, der mir, wie schon so oft in den letzten fünfundzwanzig Jahren, mit seinem archäologischen Rat immer wieder selbstlos weiterzuhelfen bereit war. Gewidmet ist dieses Buch meinen Enkelkindern und ihrer Zukunft in einem sich auf sich selbst besinnenden Europa. Kiel, im Januar 2016 Konrad Heldmann Einleitung Unter den Erzählungen von den Liebschaften der Götter, die in der Antike seit ältester Zeit in Umlauf waren und die seit Homer von den Dichtern immer wie- der neu gestaltet wurden, nahmen die über Zeus nach Zahl und Prominenz eine Sonderstellung ein, ganz so, wie es seinem Rang als Göttervater entsprach. Ein vorzügliches Beispiel dafür ist der Mythos von der Entführung Europas, um den es in dieser Abhandlung gehen soll. Er ist eines der ältesten Sujets der antiken Dichtung überhaupt und handelt davon, wie Zeus in Liebe zu der phönizischen Königstochter entbrennt, wie er ihr in der Gestalt eines Stiers erscheint, als sie zusammen mit ihren Freundinnen auf einer Wiese Blumen pflückt, und wie er mit ihr, sobald sie auf seinen Rücken gestiegen ist, übers Meer bis nach Kreta schwimmt, um sich dort mit ihr zu vereinigen. In der gesamten Neuzeit und bis in unsere Gegenwart hinein hat man es immer für selbstverständlich gehalten, dass dieser Mythos als eines der zahlreichen Liebesabenteuer zu verstehen sei, mit denen Zeus seine Gattin Hera betrogen habe. Hier dagegen soll der Nachweis geführt werden, dass der Europa- Mythos in der Antike als ein Brautraub mit dem Ziel einer Eheschlie- ßung galt, aus der mehrere Kinder hervorgingen, dass man sich Zeus also bei der Entführung Europas nicht als verheiratet vorgestellt hat. Ein frivoles Lie- besabenteuer hat erst Ovid in seinen Metamorphosen daraus gemacht, aber eine Gattin, die der Göttervater hätte betrügen können, gibt es auch dort noch nicht. Auf den ersten Blick erscheint es unbegreiflich, dass die neuzeitlichen Le- ser, die professionellen eingeschlossen, Ovids Europa-Erzählung ohne jeden Anhaltspunkt im Text für eine Ehebruchsgeschichte gehalten haben. Noch erstaunlicher aber ist die Beobachtung, dass die Gelehrten diese dem Meta­ morphosen-Dichter zu Unrecht unterstellte Lesart auch auf alle früheren Europa-Erzählungen der Antike appliziert und zum Deutungsmuster schlecht- hin gemacht haben. Es lassen sich dafür aber durchaus Gründe angeben. Der Europa-Mythos gehört zu den Geschichten, die man sich über die Macht der Liebesgöttin und darüber erzählte, dass ihr nicht nur die Sterblichen, son- dern auch alle Unsterblichen und selbst Zeus ausgeliefert seien. Wenn wir die- sen Geschichten entnehmen, dass Zeus sich ohne Rücksicht darauf, ob er ver- heiratet ist oder nicht, seiner Liebesleidenschaft hingibt, dann entspricht das durchaus dem Bild des notorisch verliebten Göttervaters, das sich schon in der Antike zum Stereotyp verfestigt hat. Indessen hat die Forschung daraus ge- schlossen, dass die Unterscheidung zwischen den Liebschaften des verheirateten und denen des unverheirateten Zeus auch für die Erzähler und ihre Leser keine 10 Einleitung besondere Bedeutung gehabt hätte, und damit hat sie sich auf einen Irrweg be- geben. Für die Antike war diese Unterscheidung nämlich ganz einfach deshalb grundlegend, weil die Geschichte in dem einen Fall mit der Erfüllung der Lie- bessehnsucht ihr natürliches Ende fand, während in dem anderen Fall eine Gat- tin betroffen war und reagieren konnte. Folglich gab es hier zwei Erzähltypen mit völlig unterschiedlichen Handlungsstrukturen, und wer das ignoriert, kann auch der Geschichte von der Liebe des Zeus zu Europa nicht gerecht werden. Der zweite Grund für das Missverständnis dieser Erzählung liegt offensicht- lich darin, dass Ovid den grundlegenden Unterschied zwischen einem Braut- raub des unverheirateten Götterkönigs und seinen frivolen Liebesaffären mit äußerstem Raffinement überspielt und, ohne den Hergang zu ändern, sugge- riert hat, dass Jupiter auch bei seinem Brautraub nichts anderes als die Befrie- digung seiner Liebeslust im Sinne gehabt habe. Für den zeitgenössischen Leser, der die Geschichte aus zahlreichen anderen Erzählungen kannte, lag gerade da- rin ein besonderer Reiz. Der heutige Leser dagegen befindet sich in einer völ- lig anderen Lage, weil diese älteren Erzählungen fast alle verloren sind, so dass ihm die eigentliche Bedeutung der Geschichte nicht mehr bewusst ist. Deshalb ist er allzu leicht geneigt, die Metamorphosen-Erzählung als ein typisches Bei- spiel für Jupiters Liebesaffären zu verstehen und das von Ovid insinuierte Bild des lüsternen Jupiters unwillkürlich zum Stereotyp des seine Gattin betrügen- den Göttervaters zu ergänzen. Nicht ganz so einfach zu erklären ist die Selbst- verständlichkeit, mit der die gelehrten Ovid-Leser der Neuzeit dieses Bild auch auf die älteren Erzählungen über die Entführung Europas übertragen haben. Wenn man jedoch bedenkt, dass der Ruhm dieser Geschichte seit dem Ende der Antike ausschließlich auf der Version Ovids beruht, dann kann man darin ein besonders eindrucksvolles Beispiel für die Faszination erkennen, die von der Erzählkunst der Metamorphosen zu allen Zeiten ausgegangen ist. Freilich ist das neuzeitliche Missverständnis der Europa-Geschichte auch da- durch erleichtert worden, dass ihre Deutung mehr noch als in anderen Fällen vom Vorverständnis der Erzählungen von der Liebe des Göttervaters und der anderen Götter zu sterblichen Frauen abhängt und die Vorstellungen, die dieses Vorverständnis konstituieren, dem heutigen Leser auch grundsätzlich schwer zugänglich sind. Deshalb müssen wir zunächst diese Vorstellungen skizzieren und darüber hinaus auch den strukturellen Unterschied beschreiben, durch den sich die beiden Erzähltypen auszeichnen, je nachdem ob man sich Zeus bei einer Liebesbeziehung als verheiratet vorgestellt hat oder nicht. Zweitens müssen wir vorab in aller Kürze die Merkmale nennen, durch die sich ein Brautraub in der Antike auszeichnet, und die Beispiele für einen Brautraub in der antiken My- thologie heranziehen, die als Folie für das Verständnis der Europa-Erzählung in Betracht kommen. Unsere Hauptaufgabe aber wird es sein, die Europa-Erzählungen, die in dem Zeitraum von Hesiod bis Horaz verfasst worden sind, aus der Perspektive eines

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