© Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at EU - Life - Projekt Wasserhaushalt Naturschutzgebiet Rheindelta - Ökologische Begleitplanung G. M. STEINER & S. LATZIN Abstract: In 1999, the authors where commissioned by the office of the county Vorarlberg to carry out an ecological study with the target to improve the hydrological situation of the nature reserve Rhine Delta in order to enable the long-term survival of endangered species and habitats. Special emphasis should be placed on the habitats of birds. At the same time an engineer bureau was commissioned to carry out a hydrological study. Together, the contractors had to document the present situation and to show up management targets that do not interfere with the drainage of settlements, arable land, roads and the camping area Salzmann as well as the drainage of the dam basis. The Rhine Delta was drained according to plan in the 50s and a dam cuts off the area from the influence of Lake Constance. Two pump stations in Fußach and Hoechst connected with a channel prevent the area behind the dam from being flooded. The survey of the present situation showed up that the con- ditions for litter meadows had deteriorated significantly since the last surveys in 1948 and 1990. This was expressed by the increasing abundance of glossy buckthorn (Frangula alnus), birch (Betula pendula) and giant goldenrod (SoUdago gigantea) as well as white cushion moss (Leucobryum glaucum) and the de- crease of typical litter meadow vegetation like the woollyfruit sedge (Carex lasiocarpa) or white beak- sedge (Rhynchospora alba) communities at the same time. The existing litter meadows also showed up a tendency of increasing acidity combined with a decreasing diversity of species. The management measure proposed was to build a lock into the dam to enable controlled flooding of the terrain with the base-rich water of Lake Constance. Key words: Rhine Delta, litter meadow management, fen hydrology, fen vegetation. Der Auftrag Siedlungs- und Landwirtschaftsgebietes, um den Wasserhaushalt im NSG unabhängig Auftraggeber dieser Studie mit dem Ziel von den Anlagen des Wasserverbandes re- einer Verbesserung der hydrologischen Situ- gulieren zu können. ation im Naturschutzgebiet, um gefährdete Arten und Lebensräume langfristig zu erhal- Wegen der Veränderung des wasser- ten, war das Amt der Vorarlberger Landesre- rechtlichen Zustandes durch diese Maßnah- gierung im Auftrag des Naturschutzvereins men sind die zu erwartenden Auswirkungen Rheindelta. Ein besonderes Augenmerk auf Grundlage der vorhandenen Daten und sollte dabei auf Habitatsverbesserungen für Unterlagen umfassend zu bewerten und dar- Wiesenvögel gelegt werden. zustellen. Rahmenbedingungen Zielsetzungen • Dokumentation des Ist-Zustandes Keine negativen Auswirkungen auf • Untersuchung der erforderlichen Maß- • die Entwässerung des Siedlungs und nahmen zur Anhebung des Bodenwasser- Landwirtschaftsgebietes spiegels im NSG • die bestehenden rechtmäßigen Nutzun Das Ziel dabei ist die Abtrennung der gen im NSG Stapfia 85, zugleich Kataloge der Oö. Landesmuseen Vorfiutsysteme des NSG von denen des • die bestehenden Weganlagen im NSG Neue Serie 35 (2005), 587-610 587 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at • die Vorflut der Dammfußdrainage • Orthophotos des Gebietes von 1989 • die Entwässerung des Bereiches Salzmann, • Digitales Orthophoto des Gebietes von Seecamping 1998 • Digitaler Katasterplan des Gebietes Variantenuntersuchung • Grabenkarte des Gebietes • Wasserbautechnisch-hydraulische Unter- • Nasse Deposition/Hard 1994 bis 1997 von suchungen Dr. Richard WERNER, Luft, UIVBG • Errichtung / Umbau der Schleusen Ost • Seekenndaten Seejahr 1997. Jber. Int. und West im Verbindungsgraben Gewässerschutzkomm. Bodensee: Limnol. „Dadurch kann der Wasserspiegel im Verbin- Zust. Bodensee 25 (1998) dungsgraben und somit der gesamte Boden- • Chemisch-physikalische Parameter Fließ- wasserspiegel im NSG angehoben werden." gewässer (Umweltinst, d. Landes Vorarl- • Aufstau des Streuriedgrabens und des berg) Wiezlergraben-Unterlaufes „Durch den Aufstau dieser Entwässerungs- Der Ist-Zustand gräben im NSG kann der Bodenwasserspie- gel Ideinräumig angehoben werden." Vegetation • Weitere Maßnahmen In der Zeit vom 16. 8. bis 20. 8. bzw. 25. Mögliche Entwässerung für den Bereich 9. bis 26. 9.1999 wurde im Naturschutzge- Salzmann biet Rheindelta der Ist-Zustand von Vegeta- Auswirkungen auf die Dammfußdrainage, tion (Karte 1 im Anhang) und Entwässe- mögliche Gegenmaßnahmen rungsgräben (Karte 2 im Anhang) erhoben. Auswirkungen auf Straßen und Wege, Dies erwies sich deshalb als unabdingbar, da mögliche Gegenmaßnahmen weder die vom Amt der Vorarlberger Lan- • Ökologische Bewertung desregierung zur Verfügung gestellte Gra- Auf Grundlage der vorhandenen Unterla- benkarte (Karte 3 im Anhang), noch die gen und Daten - sowie des laufenden Mo- Vegetationskarte von Mag. Markus GRAB- nitoringprogrammes - ist der Zielerrei- HER aus dem Jahr 1989 ausreichend waren. chungsgrad der oben beschriebenen Maß- Die verschiedenen Boden- und Feuchte- nahmen und Varianten zu bewerten. verhältnisse, Vornutzungen und aktuellen Bewertungsparameter sind vor allem Bo- Bewirtschaftungsformen bedingen große den und Vegetation der Streuwiesen. Unterschiede im Vegetationsaspekt. Um die „Die Bewirtschaftung der Streuwiesen hat Vegetationsverhältnisse ausreichend doku- sich in den vergangenen Jahrzehnten nicht mentieren zu können und einen Überblick verändert, Vegetations- und Bodenverände- über die im Gebiet vorkommenden Pflan- rungen sind daher auf veränderte hydrologi- zengesellschaften zu erhalten, mussten insge- sche Verhältnisse zurückzuführen." samt 171 Vegetationsaufnahmen gemacht Der Vergleich historischer Erhebungen werden. Die in Karte 1 (im Anhang) darge- mit der derzeitigen Situation liefert Hin- stellten Pflanzengesellschaften geben diese weise auf den „Soll-Zustand". Es sind mosaikartige Struktur der Vegetation wieder. Maßnahmen zu nennen, die notwendig wären, einen „Idealzustand" zu erreichen Die Gräben im NSG Rheindelta befin- sowie die Maßnahmen, die eine maxima- den sich zwar in ganz unterschiedlichem Zu- le ökologische Verbesserung unter Be- stand, erfüllen im Wesentlichen aber - auch rücksichtigung der Rahmenbedingungen wenn sie schon lange nicht mehr geräumt ermöglichen. wurden - ihre Funktion nach wie vor. Da na- hezu jede Parzelle von Gräben verschiedener Unterlagen Tiefe und verschiedenem Erhaltungszustand • Digitales Höhenmodell von Dipl. Ing. W. begrenzt ist, ergeben sich auch entsprechend CHIUSOLE, erstellt nach den Vermessungs- verschiedene hydrologische Bedingungen fur daten 1998/1999 die zwischen den Gräben liegenden Flächen. • Vegetationskarte von WAGNER & L.AUBER In vielen Fällen hat sich der Boden gegen die 1947/48 Gräben hin bereits derartig abgesenkt, dass • Vegetationskarte von M. GRABHER 1989 ein welliges Gelände ohne deutlichen Gra- (1990) benverlauf entstanden ist. 588 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Zur Beurteilung der aktuellen Standorts- gustifolium zeigen Bereiche an, deren Was- verhältnisse wurden neben den Pflanzenge- serversorgung zwar noch in Ordnung ist, de- sellschaften auch Indikatorarten herangezo- ren Böden aber schon leicht versauert sind gen, die es ermöglichen, weitgehend sichere (Kane 9 im Anhang). Aussagen über den Zustand und die zukünf- Betrachtet man nun die Verteilung der tige Entwicklung der einzelnen Flächen zu Vegetationseinheiten und der genannten machen. Sie seien im Folgenden kurz cha- Indikatorarten, zeigt sich ein für das Natur- rakterisiert: schutzgebiet bereits bedrohliches Bild: Das Weißmoos (Leucobryum glaucum) Abgesehen vom nördlichsten Bereich ist eine Zeigerart stark versauerter, verhager- des Gebietes - begrenzt durch den Polder- ter (verarmter) Böden (Karte 5 im An- damm im Norden und Osten, die Rohrstra- hang). Üblicherweise tritt das Weißmoos in ße im Westen und den Wirtschaftsweg süd- extrem verarmten Fichtenforsten mit Pod- lich des Streubitzergrabens im Süden - gibt sol-Böden auf, wo es die starke Auswa- es nur noch einige wenige Flächen östlich schung der Nährstoffe aus dem oberen Bo- und südlich der Einmündung des Grenzgra- denbereich anzeigt. bens in den Wieziergraben und westlich der Schleuse im Verbindungsgraben zwischen Der Faulbaum (Frangula alnus) und die Verbindungsgraben und dammbegleitender Birke (Betuia penduia) sind die wichtigsten Straße, wo die Fadensegge noch gute Be- Elemente der zunehmenden Verbuschung stände bildet und die ursprünglichen, für das der Streuwiesenflächen (Karte 6 im An- Rheindelta typischen Standortsverhältnisse hang, Verbreitung von Frangula alnus > 5 % anzeigt. Darüberhinaus befinden sich noch siehe Karte 7 im Anhang). Beide vertragen Flächen mit einer Dominanz des Schnabel- nasse Bedingungen gut, weil sie die Mög- riedes südwestlich des Retensionsbeckens lichkeit besitzen, während der Austriebs- beim Pumpwerk Fußach und westlich des phase im Frühjahr und der Einziehphase im Streuriedgrabens zwischen Rohrstraße, Herbst den für die Nährstoffverlagerung nö- Wirtschaftsweg und Verbindungsgraben. tigen Sauerstoff über Öffnungen in der Rin- de (Lentizellen) mittels Thermoosmose1 zu Insgesamt machen diese noch als intakt den Wurzeln zu transportieren. Da sich die anzusprechenden Flächen etwa ein Viertel aktiven Lentizellen knapp über der Boden- des gesamten Schutzgebietes südlich des oberfläche befinden, wird durch ein Über- Polderdammes aus, kaum mehr als die in- stauen während dieser beiden Phasen der tensiv genutzten Acker-, Wiesen-, Garten- Sauerstoffzutritt und damit die Nährstoff- und Weideflächen. verlagerung unterbunden. Geschieht dies mehrmals, sterben die Pflanzen ab. Der verbleibende Bereich - etwa die Hälfte des Gebietes - zeigt deutlich die Fol- Im Gegensatz zu den bisher erwähnten gen von Eindämmung und Drainage: Arten werden durch die Fadensegge (Carex Das nur noch von den Niederschlägen iasiocarpa) und die Torfmoosarten Sphag- gespeiste oberflächennahe Grundwasser num subsecundum, Sphagnum plathyphyllum wird über das Grabensystem schnell wieder und Sphagnum suimitens hohe Grundwasser- abgeführt, wodurch sich - unabhängig von stände und ausreichende Basenversorgung der Höhe des Bodenseespiegels - starke angezeigt (Karte 8 im Anhang). Wasserspiegelschwankungen ergeben, die Das Schnabelried (Rhynchospora alba) zur Folge haben, dass Faulbaum und Birke und die Torfmoosarten Sphagnum cuspida- selbst auf Flächen mit regelmäßiger Streu- tum, Sphagnum teneüum und Sphagnum an- mahd aufkommen. Die Dichte dieser Ge- hölze wird durch die Mahd sogar noch inso- fern gefördert, als das Abschneiden des 'Thermoosmose: Der in die Spalträume hinter den Len- tizellen eingedrungene Sauerstoff kann aufgrund der Haupttriebes die Anlage von Seitentrieben wärmebedingten Braun'schen Molekularbewegung nicht zur Folge hat. Die Verbuschung einiger Flä- mehr zurück an die Außenluft gelangen, da die Lentizel- len dafür zu klein sind. Das führt zu einer Erhöhung der chen wurde aufgrund jagdlicher Interessen Sauerstofikonzentration in diesen Spalträumen, wäh- sogar gefördert: Hier wurde die Nutzung auf- rend zur selben Zeit in den Zellen des Wurzelbereichs ein gegeben, damit sich Gebüschbestände ent- Sauerstoffmangel besteht. Entlang dieses Konzentra- tionsgefälles diffundiert der Sauerstoff zu den Wurzeln. wickeln können. 589 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Durch das Ausbleiben der regelmäßigen Vogelwelt (Markus GRABHER) Überschwemmungen von Bodensee und Das Rheindelta zählt zu den ornitholo- Rhein unterbleibt auch die Dotierung des gisch am besten erfassten Gebieten in Ös- Gebietes, das ja nur noch vom Regenwasser terreich. Seit den sechziger Jahren wird die versorgt wird, mit basischen Nährstoffen2. Bestandsentwicklung der Wiesenvögel, also Die Folge ist eine zunehmende Verhagerung jener Arten, die hier primär in Streuwiesen und Versauerung der Böden und damit ein- leben, systematisch erhoben: Wachtel (ge- hergehend eine dramatische Verarmung der fährdet), Rebhuhn (gefährdet), Wachtelkö- Streuwiesenvegetation. nig (vom Aussterben bedroht), Kiebitz, Be- Verantwortlich für die negative Entwick- kassine (gefährdet), Uferschnepfe (gefähr- lung der Vegetation im NSG Rheindelta sind det), Brachvogel (vom Aussterben be- im Wesentlichen die folgenden Faktoren: droht), Wiesenpieper (potentiell gefährdet), • Absenkung des Wasserspiegels durch die Grauammer (gefährdet), Schafstelze (stark Tieferlegung der Vorflut gefährdet), Braunkehlchen (potentiell ge- • Verlängerung der Trockenphasen und da- fährdet), Feldlerche (Gefährdungsgrad für mit einhergehend die stärkere Zersetzung Österreich nach BAUER 1994). des Torfes Es zeigte sich, dass die Eindeichung für • Erhöhung der Wasserspiegelschwankun- einige Arten zunächst positive Auswirkun- gen nach unten und damit die Förderung gen hatte, nachdem die Überschwemmun- des Gehölzaufwuchses gen durch den Bodensee ausblieben. Hierzu • Abschneiden des Gebietes von den basi- zählen vor allem Kiebitz, Schafstelze und schen Nährstoffen des Bodenseewassers Uferschnepfe. Mittelfristig hat jedoch der • Verhagerung der Böden durch ausschließ- Bestand praktisch aller Wiesenvögel abge- liche Regenwasserdotation nommen, wobei sich diese Entwicklung En- Nicht nur die in der Ausschreibung an- de der achtziger Jahre noch beschleunigte gesprochenen hydrologischen Veränderun- (BLUM 1995). Rebhuhn, Wiesenpieper und gen sind für diese Entwicklung verantwort- Wachtelkönig haben das Gebiet bereits in lich, sondern auch das Fehlen des regelmä- den sechziger Jahren aufgegeben (WILLI ßigen Mineralstoffeintrages durch das Bo- 1985). denseewasser, insbesondere das Fehlen basi- Folgende Faktoren können die Bestan- scher Nährstoffe. desveränderungen beeinflusst haben: Der seit den 50er Jahren allgemein ver- • Verkleinerung des Lebensraumes: Die po- mehrte atmosphärische Eintrag von Stick- tenziellen Brutgebiete wurden in den ver- stoff fördert das Gehölzaufkommen noch zu- gangenen Jahrzehnten insgesamt verklei- sätzlich, da er die entwässerungsbedingte nert. Früher waren ja auch außerhalb des Nährstofffreisetzung aus dem Torf noch ver- Naturschutzgebietes großflächige Feucht- stärkt, ein Einfluss der globalen Erwär- wiesen erhalten. So lagen nur 15 der einst mungstendenzen auf die Entwicklung im 40 Brachvogelreviere innerhalb der Gren- NSG Rheindelta ist allerdings nicht nach- zen des heutigen Naturschutzgebietes; in- weisbar: Der augenblickliche Zustand des zwischen sind allerdings nur noch 2-3 Gebietes ist eindeutig die Folge des erfolg- Paare nachzuweisen, die zudem seit Jah- reich durchgeführten Eindeichungsprojek- ren keinen Bruterfolg mehr haben. tes von 1954. • Überregionale Veränderungen: Bei Zug- vögeln können sich Habitatverschlechte- Vergleicht man die Konzentrationen der wichtigsten basischen Nährstoffe Kalzium und Magnesium im Re- rungen in den Rastgebieten und im Win- genwasser (nach Dr. RICHARD WERNER, gemessen in den terquartier negativ auswirken. Jahren 1994 bis 1997 westlich des Gebäudes der Fisch- zuchtanstalx Hard) mir Ht»n Seekenndaien (jahresber. • Zunahme der Störungen: Der Freizeitver- Int. GewässerschuEkomm. Bodensee: Limnologischer kehr beeinflusst die Bestandesentwick- Zustand des Bodensees 25, 199S, Tab. 4 und Tab. 5) er- lung, wenn potentielle Brutgebiete nicht gibt sich für den Niederschlag eine durchschnittliche Ca-Koniemration von 1.21 +/- 0.13 mg/1 und eine angenommen werden und möglicherweise durchschnittliche Mg-Konzentration von 0.124 +/- 0.01 Gelegeverluste verstärkt auftreten (Aus- mg/1, während im Seejahr 1997 im Bodensee-Untersee die Ca-Konientrationen zwischen 5.2 und 58.4 mg/1, die kühlen der Gelege, erhöhte Verluste Mg-Komennarionen 0.9 und 10.9 mg/1 schwankten. durch Räuber). 590 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at • Vertuschungen wirken sich negativ auf der, konnten die Bestandsrückgänge insge- jene Arten aus, die großflächig offene samt jedoch nicht stoppen. Landschaften bevorzugen (v.a. Ufer- Nach WILLI (1985) sind alle Jprimären schnepfe, Brachvogel). Die Verbuschung Riedbewohner vom Grundwasserstana1 oder setzte massiv Ende der 60er Jahre ein. vom Oberflächenwasser abhängig, sicher immer • Erhöhter Feinddruck: Nesträuber wie Krä- in direkter Abhängigkeit der infolge der Boden- hen und Füchse profitieren vom Land- feuchtigkeit vorhandenen Nahrung". Und die- schaftswandel (Verbuschungen, Aus- ses Nahrungsangebot hat sich verändert: trocknung der Streuwiesen), möglicher- Trockene Flächen werden besser durchlüf- weise auch von einem geringeren Jagd- tet, womit der Bodenfauna ein größeres Bo- druck: So ist am Streubitzergraben inmit- denvolumen als Lebensraum zur Verfügung ten der Wiesenvogelbrutgebiete, die vor steht. Tatsächlich ist daher die gesamte Be- der Einpolderung ja zeitweise unter Was- siedlungsdichte an trockenen Standorten ser standen, ein Fuchsbau besetzt. Gelege- höher. Allerdings ist dies fast ausschließlich verluste durch Nesträuber sind allerdings auf eine Insektengruppe, die Protura, zu- keine neue Entwicklung: Bereits KUBLI rückzuführen (MEYER et al. 1995): Protura (1930) schrieb über den Kiebitz, dass er (Halbinsekten) sind kaum millimetergroße „furchtbar unter der Krähenplage zu leiden" Bodenbewohner, die an Wurzelpilzen (My- habe und über den Brachvogel: „Wenn korrhiza) saugen und somit Indikatoren für nicht frühzeitiges Hochwasser auftritt, bringtdie Ausbreitung der Gehölze sind. Die Bio- der Brachvogel nach meinen Erfahrungen sei-masse der für Wiesenvögel als Nahrungs- ne Brut gut durch. Unter den Krähen hat quelle wichtigen Regenwürmer ist dagegen dieser wehrhafte Vogel am wenigsten zu lei- in den nassen Streuwiesen wesentlich grö- den". ßer als in den trockenen. Verändert hat sich • Veränderungen der Bodenfauna: Durch aber auch die auf der Bodenoberfläche le- Austrocknung und Versauerung hat sich bende Fauna (MEYER et al. 1995). die Bodenfauna und damit das Nahrungs- angebot der Streuwiesen verändert. Beeinflusst wird das Nahrungsspektrum wohl auch durch die Versauerung der Bö- Die Lebensraumverluste außerhalb des den. Der Mittelwert des Boden-pH der Naturschutzgebietes sind kaum rückgängig untersuchten Streuwiesen liegt zwischen 3.7 zu machen, und Verschlechterungen in den und 4.5. Die Extremwerte einzelner Boden- Überwinterungsquartieren sind nicht beein- horizonte sind 3.3 im Minimum und 4.7 im flussbar. Aber auch im Schutzgebiet haben Maximum - liegen somit also teilweise in ei- Abb. 1: Wiesenvögel im 3. Jahrzehnt nach sich die Verhältnisse nachteilig verändert, nem für Hochmoore typischen Bereich. Nur der Einpolderung: Bekassine, Brachvogel, worauf bereits WILLI (1985) verwies: „Das Braunkehlchen und Uferschnepfe (nach direkt am Verbindungsgraben wurden mit BLUM 1995). heutige Oberflächen- und Grundwasserregime ist unmittelbar von den Niederschlägen abhän- 40 gig, da eine Überflutung durch den See verhin- dert wird, andererseits das Wasser aus dem we- 35 X, nig durchlässigen Boden nur relativ langsam ab- >»— gepumpt werden kann. Besonders nachteilig hat 30 —^ sich für manche Arten die starke Zerstückelung des ehemals großflächigen Riedes durch auf- 25 kommendes Buschwerk, Baumschulen und ge- I» - pflanzte Baumgruppen ausgewirkt". \ Diese „Zerstückelung" wurde teilweise \ wieder rückgängig gemacht: Seit 1985 wer- 15 den regelmäßig Flächen entbuscht und ex- •—. —* tensiv genutzt; auch wurden Baumschulen 10 aufgelassen. Lokal führten diese Pflegemaß- nahmen zwar zu Verbesserungen - Braun- 5 kehlchen und Bekassine besiedelten vor- übergehend einige entbuschte Bereiche wie- 0 I s I I I I i I I 591 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at 160 tiven und weniger produktiven Vegetations- • einheiten. 140 Die stärksten Veränderungen sind na- L20 türlich durch den Bau des Polderdammes, den Neubau des Verbindungsgrabens, der 100 Vertiefung des Krummengrabens und der Aufnahme der Pumptätigkeit des Pump- SO werks Fußach sowie der damit einhergehen- 60 den Absenkung der Vorflut auf Kote 394.3 bis 394.5 bedingt. Das findet seinen Aus- 40 v druck im Vergleich der Darstellungen von WAGNER & LAUBER (Abb. 3) aus dem Jahr 20 1948, wo noch nahezu 70 % des Gebietes 0 von nassen Streuwiesengesellschaften' ein- I I I I I I genommen werden, und M. GRABHER (Abb. 4) aus dem Jahr 1989, wo diese Gesellschaf- ten4 nur noch auf 27 % der Fläche auftreten. einem mittleren pH von 7,5 neutrale Werte Abb. 2: Wiesenvögel im 3. Jahrzehnt nach Aber auch in den letzten 10 Jahren ist es zu der Einpolderung: Kiebitz und Schafstelze gemessen (LUTZ 1995). (nach BLUM 1995). starken Veränderungen gekommen: Der Flä- Die Revierzahlen für die Wiesenbrüter chenanteil der nassen Streuwiesengesell- ergeben das folgende Bild (Quelle: BirdLife schaften' ist auf 13 % zurückgegangen (Abb. 1999): 5). Im Gegenzug dazu haben sich die inten- Baumpieper 12-16 siv genutzten Flächen von <1 % im Jahr Kiebitze 13 1948 auf 23 % im Jahr 1999 vervielfacht, ih- Bekassinen 9 re aktuelle Verbreitung im NSG ist in Karte Schafstelzen 16-17 11 (im Anhang) dargestellt. Brachvögel 1-2 Die Veränderungen bei den trockeneren Schwarzkehlchen 3 Streuwiesengesellschaften sind naturgemäß Braunkehlchen 10 gegenläufig zu den nassen. Als Alarmsignal Uferschnepfe 1 Feldlerchen 8 muss gewertet werden, dass in den vergange- Wachteln 2 nen zehn Jahren die Flächen mit einer au- genfälligen Dominanz von Weißmoos deut- Feldschwirle 4 lich zugenommen haben. Spielten sie bei Die Populationsentwicklung der wich- den Erhebungen von GRABHER (1989) de tigsten Arten von 1986 bis 1994 ist in Abb. facto noch keine Rolle, machen sie im Jahr 1 und 2 dargestellt. Sie zeigt deutlich die 1999 bereits 20 % aus. dramatische Abnahme der Reviere während dieser Zeit. Eine Rückführung des NSG Rheindelta in den von WAGNER & LAUBER (1948) do- Der Soll-Zustand kumentierten „Ideal-Zustand" ist aufgrund der einschneidenden Veränderungen im Ein Vergleich mit der Vegetationskarte Gebiet und der gegebenen Rahmenbedin- von WAGNER & LAUBER aus dem Jahr 1948 gungen nicht mehr möglich. Ziel einer öko- (Karte 10 im Anhang) und den Erhebungen logischen Optimierung muss es daher sein, von GRABHER aus dem Jahr 1989 (Karte 3 die noch vorhandenen Potentiale so weit als im Anhang) machen deutlich, dass sich der möglich auszuschöpfen und eine Entwick- „Ist-Zustand" (Karte 1 im Anhang) seit der lung einzuleiten, die Qualität und Produk- Errichtung des Polderdammes immer weiter vom „Soll-Zustand" entfernt hat: Tadenseggen-, Schnabelbinsen- und Steifeeggenried 'Juncus acutifloms-reiche Moortümpelgesellschaft. Jun- Die Abb. 3 bis 5 zeigen deutlich die Ver- cus acutiflonis-anne Moortümpelgesellschaft, Rhynchos- schiebung der Flächenanteile von den für poretum albae. Cancion lasiocarpae, Caricetum elatae 'Cancetum lasiocarpae teucht. Cancenim lasiocarpae, das Gebiet typischen nassen Streuwiesenge- Sphagno-Rhynchosporetum albae mit Fadensegge. sellschaften hin zu verarmten, wenig attrak- Sphagno-Rhvnchasporetum albae 592 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Vorarlberg Flächenbilanz der Vegetatioaseinheitea «ach WAGNER & LAI'BER 1948 <U»K • Sdnabdbunavied • Hsarbinsen-Pfeifengraswiese • Typische Pfeifenip~aswiese BirhiiMumin rfi ifiinjuiii ii ii • Tiiwillnn II m Pfeifengraswiese • Hodttaudeo-Sireuwiese • Hnenieajgenwiese * Fadenseggenreiche Pfeifengraswiaf Ptnft^n Rohrich !MM Wald Acker Fenwi 1.17% OJ«S 3.67% Abb. 3: Flächenbilanz der Vegetationseinheiten nach WAGNER & UUBER 1947/48. Vorarlberg Flächenbilanz der Vegetationseinheiten nach M. GRABHER 1990 11.53% 23.36% • Juncus acutiflofus-reiche 'Moortumpelgescllschafr • Juncus acuaflorus-arme "Moonumpelgesellschaft" • Rhynchosporehan albae (Schnabelned-Schlenken) Cancion lasiocarpae (Mesotrophe Zwischenmoore) • Molinietum- sauer. Juncus acunfloruweich 13.39% • Molimelum - sauer, artenreiches Junco-Moltnietum Molinietum- nährstoffreich, saure Ausbildung • Molinietum - nährstoffreich. Juncus Bcubflorus-arm Molinietum caeruleae - basisch Molinietum caeruleae - nährstoffreich "Typisches' basisches kleinseggcnried 7.61% Caricetumelalae (Steirseggemed) - Solidap>-Gesellschan(Goldruten-Gesellschaft) • Einmahdita; FeRwiesen • Busch- und Baumbestande D Intensivflachen 11.64% 20.55% Abb. 4: Flächenbilanz der Vegetations- einheiten nach GRABHER 1989 (1990). Es muss also eine Möglichkeit gefunden tion der Streuwiesen verbessert. Anzustre- werden, das NSG wieder regelmäßig mit Bo- ben ist dabei vor allem eine Rückführung denseewasser zu dotieren, um sowohl den der ökologisch verarmten, versauerten Pfei- Wasser- als auch den Nährstoffhaushalt der fengrasbestände (Molinietum caeruleae sau- Streuwiesen wieder in ein ökologisches er) in die ehemals weit verbreiteten nassen Gleichgewicht zu bringen. Nur so kann ge- und basiphilen Streuwiesengesellschaften währleistet werden, dass sich die ökologisch mit einer Dominanz der Fadensegge. - aber auch landwirtschaftlich - wertvollen 593 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at [Vorarlberg FMchenbilanz der VegetationseinheHen 1999 0,75% 3.31% • Cmcctum üttiocarpte. feucht J Caricetum lasiocarpae • SpfaagDO-Rhynchosporeruai albae mit Fadensegge • SjkagBJO-Rnynchosporetum albae ~ Sptagno-Rhynchosporetum albae mit Weiflmoos B Junco-Molinietum • Junco-Molinietum mit Schnabenbinse.*Fadensegge 0,06% 4.9«% • Junco-Molimetum mit Weiflmoos 0.09%— B Junco-Molinietuin nährstoffreich • Molimetum caeruleae sauer 0.63% • Moluuetum caeruleae mit Weißmoos 0.19% Stark versauertes Molinietum mit Besenheide 1.37% • Molinietum caeruleae basisch 8.3*% Molinietum caeruleae mit Schnabenbinse/Fadensegge 6J5% Molinietum caeruleae nährstoffreich • Enophoro-Trichophoreturo Schoenetum ferruginei unvollständige Aufnahmen mit WeiBmoos • Grabenvegetation 7.96% 8.8«% • Caricetum rostratae D Gehölz- und Intensivflachen 2.90% 2.10% 9.54% Fadenseggen- und Schnabelriedbestände In vielen Schutzgebieten, wo keine Abb. 5: Flächenbilanz der Vegetationseinheiten 1999. wieder ausbreiten können und die immer Überstauungen möglich sind, werden für stärker werdende Verbuschung mit Faul- Wiesenvögel deshalb flache Gewässer baum verringert wird. („Blanken") angelegt (z.B. WEISS et al. 1999). Auch MEYER et al. (1995) schlagen Weil die Nutzung in den Wiesenvogel- als eine Sofortmaßnahme zur Verbesserung Lebensräumen außerhalb des Schutzgebietes der Habitatqualität im Rheindelta vor, fla- in den vergangenen Jahrzehnten intensi- che Tümpel anzulegen. viert wurde, sind im Naturschutzgebiet mög- lichst optimale Verhältnisse anzustreben: of- Zur Verbesserung des Nahrungsangebo- fene, gehölzarme, ungestörte Feuchtwiesen tes und zur Verringerung des Prädationsdru- mit ausreichendem Nahrungsangebot. Ver- ckes für Wiesenvögel ist eine Wiedervernäs- sauerungsprozesse, die auch in anderen ein- sung notwendig. Für flache Überstauungen, gedeichten Landschaften für ökologische auch um Versauerungsprozesse rückgängig Veränderungen verantwortlich sind (vergl. zu machen, ist Wasser des Bodensees not- BARENDREGT et al. 1990, 1993), sind rück- wendig. Natürlich benötigen Wiesenvögel gängig zu machen. aber auch nicht überschwemmte Flächen, wo sie ihre Gelege bebrüten und die Jung- Bekassine, Uferschnepfe, Brachvogel vögel aufziehen. Bei einem 1-jährigen und Kiebitz zählen zu jenen Wiesenbrütern Hochwasser (395.87 m ü. A.) würden weni- des Rheindeltas, für die hohe Grundwasser- stände und offene Wasserflächen besonders ge Flächen im Nahbereich des Verbindungs- wichtig sind. Verschiedene Untersuchungen grabens überschwemmt; bei einem 5-jähri- zeigten, dass sich Überstauungen für die ty- gen Hochwasser (397.07 m ü. A.) stände das pische Kleintierwelt der Feuchtgebiete posi- Wasser in rund vier Fünftel der Flächen an tiv auswirken b2w. die Ansiedlung von Wie- oder über der Bodenoberfläche. Durch die senvögeln fördern können (z.B. HANDKE Wassersättigung würden manche Torfboden 1993, 1999). Die großen Wiesenvögel zäh- wohl teilweise rückquellen und künftig da- len zu den Limikolen, den Watvögeln, die her seltener überschwemmt werden - bereits im Rheindelta oft im Flachwasser der Fußa- jetzt veränden sich die Geländeoberfläche cher Bucht nach Nahrung suchen. mit der Bodenfeuchte. 594 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at Bleiben die Verhältnisse unverändert, wirken und naturnahe Bedingungen schaf- ist eine Entwicklung in Richtung artenar- fen. mer und dicht verbuschter Bestände abzuse- Nicht nur die Vegetation würde von hen. Beide eignen sich nicht mehr als Le- dieser Maßnahme profitieren, auch die Tier- bensräume für die Wiesenbrüter aber auch welt - insbesondere die Vögel und Fische - nicht als Streuwiesen, die ja neben der Vo- fänden verbesserte Bedingungen vor. gelwelt die Schutzobjekte im Rheindelta südlich des Polderdammes sind. Eine Sanie- Ein aufwendiges Management wäre rung, die lediglich versucht, durch den zeit- nicht nötig. weisen Aufstau des Verbindungsgrabens Ab- Es wäre zu überlegen, ob nicht der Neu- hilfe zu schaffen, kann weder in ausreichen- bau eines Dammes südlich des Naturschütz- dem Maße die hydrologischen Verhältnisse gebietes letztendlich günstiger wäre als die stabilisieren, noch den unbedingt nötigen Sanierung des bestehenden Polderdammes. regelmäßigen Nachschub an basischen Für die Landwirtschaft kann allerdings Nährstoffen gewährleisten. Eine Sanierung nicht garantiert werden, dass zum Zeitpunkt ist daher nur dann sinnvoll, wenn diese bei- der Streumahd die Flächen trocken genug den Bedingungen erfüllt werden. Darüber- sind. hinaus sind die vielen intensiv bewirtschaf- teten Flächen und die zahlreichen Hütten Im Bereich Salzmann und bei den im mit ihren Zufahrtswegen und Entsorgungs- betroffenen Gebiet vorhandenen Wegen einrichtungen mit einem Schutzgebiet, das werden bestehende berechtigte Nutzungen ein internationales Diplom besitzt (Ramsar- beeinträchtigt. gebiet), nicht vereinbar. Sollte für die Sa- Diese Variante wäre aus der Sicht der nierung keine Lösung gefunden werden, wä- Ökologie das Optimum. Es würden auf diese re es wohl angebracht, das Ramsargebiet auf Weise die ursprünglichen, vor der Errich- die noch intakten Flächen im Norden zu be- tung des Polderdammes herrschenden Ver- schränken. Eine andere Vorgangsweise wür- hältnisse soweit wie möglich wieder herge- de einer internationalen Evaluierung nicht stellt. Ein Management wäre nicht notwen- standhalten. dig und es ist auch - betrachtet man die langjährigen Seespiegelstände im Septem- Das bedeutet, dass ber - nicht zu erwarten, dass ein zu hoher • regelmäßige Überflutungen durch den Wasserstand die Mahd häufig behindern Bodensee bis zur Maximalkote 396.6 er- würde. möglicht werden müssen, • das Grabensystem in einer Weise bewirt- Errichtung / Umbau der Schleusen schaftet werden muss, die gewährleistet, Ost und West im Verbindungsgraben dass die Wasserspiegelschwankungen au- Das Höhenmodell „Vernässungsfläche ßerhalb der Schnittzeiten möglichst ge- Kote 396" (Karte 12 im Anhang) macht ring bleiben deutlich, dass diese Maßnahme selbst bei • die Entwässerung auf die minimale Kote der höchstmöglichen Staukote von 396 le- von 395.0 so kurz wie möglich (bis An- diglich zu einer Vernässung der landwirt- fang November) jedoch so lang wie erfor- schaftlich intensiv genutzten Flächen bei derlich (zur Ermöglichung der Streue- der größten Annäherung des Verbindungs- mahd) erfolgt grabens an den Polderdamm und im Bereich • und dass die intensiven Wirtschaftsflä- der Einmündung der Rohrstraße ins NSG chen in extensiv genutzte Streuwiesen führen würde. rückzuführen sind. Die derzeitige Lage der Schleuse Ost schließt einen wegen seiner Orchideenflora Diskussion der Varianten besonders wertvollen Bereich im Südosten Verlegung des Polderdammes des NSG aus. hinter das NSG Rheindelta Die vom Büro Dipl. Ing. Rudhardt vor- Das Bodenseewasserregime würde wie- gelegte Kurve der Grundwasserabsenkung der auf das gesamte Naturschutzgebiet ein- zum Verbindungsgraben hin lässt aufgrund 595 © Biologiezentrum Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at der geringen hydraulischen Leitfähigkeit des Einbau von regulierbaren Bodens eine naturschutzwirksame Auswir- Wehren in den Polderdamm kung des Grabenanstaues auf die Grundwas- Aus dem Höhenmodell wurde eine ma- serstände in die Fläche nicht erwarten. ximale Staukote von 396.6 ermittelt. Damit sind etwa 70 % des NSG erfasst (Karte 15 Für ein Anstauen des Verbindungsgra- im Anhang) und es bleiben genügend Flä- bens steht außer Regen kein Wasser zur Ver- chen trocken, um den Wiesenbrütern einen fügung. Für ein Einpumpen von Wasser aus ausreichenden Rückzugsraum zu gewährleis- dem Fußacher Retensionsbecken würde sich ten, insbesondere, als der Normalverlauf des die Wasserqualität wegen der zu hohen Bodenseespiegels derartige Werte erst nach NH*N-Gehalte nicht eignen (vergl. Tab. 1). 4 der Brutzeit gegen Ende des Monats Juni er- Im Süden und Osten des NSG muss ein reicht. Die Karten 12 bis 16 (im Anhang) Damm zur Sicherung des Umlandes errich- zeigen zum Vergleich die überstauten Flä- tet und ein neuer Verbindungsgraben gebaut chen bei den Koten 396.0, 396.2, 396.4, werden. 396.6 und 396.8. Es sind durch diese Maßnahme keine po- Das NSG soll bis Ende Juli den Seespie- sitiven Veränderungen zu erwarten, weil ei- gelschwankungen bis zur Maximalkote frei- ne Überstauung der Streuwiesen aufgrund gegeben werden. der zu tiefen Lage von Verbindungs-, Streu- Ab Ende Juli sind die Flächen für die ried- und Wiezlergraben unmöglich ist und Streumahd ab 1. September bis zu einer Ko- auch eine Anhebung des Grundwasserspie- te von 395.5 zu entwässern. Im Regelfall gels im gesamten Naturschutzgebiet durch wird ein Auspumpen wegen des niedrigen die geringe hydraulische Leitfähigkeit der im Seespiegels zu dieser Jahreszeit nicht not- Gebiet vorhandenen Böden verhindert wird. wendig sein. Mineraldüngung in Kombination Nach Abschluss der Mahd ist die Ver- mit Regenwasserdotation bindung zum Bodensee wiederherzustellen. Die Regenwasserdotation hat auch bis- Im Süden und Osten des NSG muss ein her schon nicht ausgereicht, die Flächen ge- Damm zur Sicherung des Umlandes errich- nügend feucht zu halten. tet und ein neuer Verbindungsgraben gebaut Die Düngung mit Mergel oder Kalk ver- werden (vergl. Karte 12 im Anhang). Damit ursacht zwar bei genügend hohen Grund- würden auch intensiv genutzte Flächen aus wasserständen eine Verbesserung der Nähr- dem Naturschutzgebiet fallen. stoffsituation, kann aber bei zu trockenen Eine Vernetzung des Grabensystems mit Bedingungen zusammen mit dem freiwer- dem See - und insbesondere die mögliche denden Stickstoff aus der Torfzersetzung zu Anlage von Flachwasserteichen im west- einer Überdüngung führen. lichen Teil des Verbindungsgrabens - würde Die Ausbreitung der Verbuschung und das Rheindelta südlich des Polderdammes der Goldrutenbestände wird dadurch eher für die Fischpopulationen wieder attraktiver gefördert. machen. Nur bei genügend hohem Wasserange- Die aus der Sicht der Ökologie unbe- bot kann ein Aufbringen von Mergel oder dingt erforderliche Vernässung des NSG Kalk die Entwicklung artenreicher Streu- könnte auf diese Weise den Anforderungen wiesen beschleunigen, ist es zu trocken, von Naturschutz und Landwirtschaft ent- führt die Kalkung zu einer Überdüngung der sprechend reguliert werden. Die angegebene Flächen. Die Folge wäre eine Ausbreitung Kote von 396.6 entspricht etwa dem zwei- der unerwünschten Goldmtenbestände und jährigen Hochwasser. Es ist daher zu erwar- eine Förderung der Verbuschung. ten, dass - wie ja auch schon vor der Errich- tung des Dammes - die natürlichen Schwankungen des Seespiegels ausreichen, das Naturschutzgebiet mit Wasser und basi- schen Nährstoffen zu versorgen. Diese Vari- 596