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Erziehung im Kapitalismus: Von den Grundlügen der Pädagogik und dem unbestreitbaren Nutzen der bürgerlichen Lehranstalten PDF

234 Pages·2016·21.424 MB·German
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Freerk Huisken Freerk Huisken ist Professor im Ruhestand an der Universität Bremen mit dem Schwer~ punktPolitische Ökonontie des Ausbildungssektors. Erziehung im Kapitalismus Bei VSA: erschien von ihm2016: »Abgehauen. Eingelagert Aufgefischt Durchsor tiert Abgewehrt Eingebaut-Neue deutsche Flüchtlingspolitik-Eine Flugsclu1ft«. Von den Grundlügen der Pädagogik und dem unbestreitbaren Nutzen der bürgerlichen Lehranstalten Überarbeitete und erweiterte Neuausgabe VSA: Verlag Hamburg .... Inhalt www.vsa-verlag.de Vorwort zur überarbeiteten Neuausgabe 2016 ......................................................... 11 Vorwort zur Ausgabe von 1998 ................................................................................ 12 Einleitung ................................................................................................................. 13 Wissenschaftliche Unsitten, die man von diesem Buch nicht erwarten darf ........... 13 Auskünfte, die man von diesem Buch erwarten darf ............................................... 14 I'B~i~!Jil~ii,!z ................................................................... 17 A.llie Wissenschallvon der Erziehung ................................................................. 18 I. Was ist Erziehung? Ein Dienst am Menschen! Die drei Grundsätze der Pädagogik ............................................................................ 18 1. Ohne Erziehung wird der Mensch nicht Mensch ................................................ 18 2. Das Programm der Erziehung folgt aus dem Wesen des Menschen ................... 20 3. Das Maß der Erziehung liegt in der gelungenen Anpassung des Menschen an die gesellschaftlichen Erfordernisse ............................................................... 22 II. Was ist der Mensch? Ein Ruf nach Erziehung! {Pädagogische Anthropologie) ......... 25 1. Erziehungsbedürftigkeit ....................................................................................... 25 2. Erziehungsfähigkeit ............................................................................................. 29 111. Erziehungswissenschalt im Überblick ................................................................... 32 II. Die Abteilungen der Erziehungswissenschalt .................................................. 34 I. Erziehungsziele: Von der Anpassung zur Mündigkeit .............................................. 34 1. Erziehung braucht ein »Wozu«. Wozu? ............................................................... 34 2. Die Erziehungsziele im Einzelnen ...................................................................... 36 2.1. Der pädagogische Moralismus der Konservativen: Anpassung 36 Lebenstauglichkeit 36 · Gottesfürchtigkeil 38 ·Wahrhaftigkeit 38 2.2. Der pädagogische Moralismus der Fmtschrittlichen: Mündigkeit 40 Kritikfähigkeit 40 · Konfliktfähigkeit 41 ·Solidarität 42 II\ 111 Emanzipation 43 · Selbstbestimmung 44 67/9260 3. Rechte und linke Pädagogen-feindliche Brüder ............................................... 46 4. Der neue Realismus der Erziehungsziele: Erziehung zu Resilienz und Frustrationstoleranz ................................................ 49 © VSA: Verlag 2016, St. Georgs Kirchllof 6, 20099 Harnburg Alle Rechte vorbehalten Umschlagfoto: Chairs, Rein Van Oyen!photocase Druck-und Buchbindearbeiten: CPI Books GmbH, Leck ISBN 978-3-89965-691-6 ..... 3.1. Der Wille des Schülers als Störung 138 · 3.2. Motivationstheorie 139 11. Erziehung und Individuum: Über das pädagogische Interesse an den 3.3. Motivations-Methodik 142 · 3.4. Befehl und Gehorsam 145 »Grenzen und Möglichkeiten« der Erziehbarkeil (Pädagogische Psychologie) ........ 53 3.5. Strafen und Loben 147 · 3.6. Frontalunten1cht 148. 3.7. Gruppen 1. Einleitung ............................................................................................................. 53 unterricht 149 · 3.8. Schüler- und handlungsorientierter Unterricht 150 2. Die sogenannte Anlage-Umwelt-Kontroverse ...................................................... 56 2.1. Der Anlagegedanke ... 58 · 2.2 .... braucht die Umwelt 59 C. Was leistet die Pädagogik? ............................................................................. 156 2.3. Der Umweltgedanke ... 61 · 2.4 .... braucht die Anlage 62 I. Die Pädagogik: unzuständig für die Erziehungspraxis ........................................... 156 2.5. Die Auflösung des Scheins einer Kontroverse 63 3. Begabung und Intelligenz .................................................................................... 65 II .... aberzuständig liir die Einbildungen über die Praxis .......................................... 159 3.1. Begabung 65 I 3.2. Intelligenz 69 1. Ideologieproduktion für Bedürfnisse mehr oder weniger gut Erzogener .......... 159 4. Entwicklung ......................................................................................................... 76 2. Erziehung ohne Erziehungswissenschaft? ......................................................... 161 4.1. Gesetzmäßige Veränderung der Begabung 77 · 4.2. Erziehung = 3. ldeologieverntittlung für professionelle Erziehungs-Täter.. ................................ l62 Entwicklungshilfe 78 · 4.3. Das Kind-ein Vollzugsorgan seiner Entwicklung 78 · 4.4. Das Ziel aller Entwicklung: Anpassung 83 2: IJie tei~:!ml~!llm!les b~l'!~erlicll•J~ S<::llllh'IIEISe!l$ ....................................... 171 5. Lemen .................................................................................................................. 85 5.1 Behavioristische Lerntheorie 86 · 5.2. Lernen-ein kognitiver A.llie Schule, ein Instrument der Volksbildung .................................................. 172 Prozess 94 · 5.3. Zwischenfazit 96 · 5.4. Neurologische Lerntheorie: Hirngerechtes Lernen 99 I. Das staatliche Ausbildungsmonopol .................................................................... 172 1. Über die Selbstverständlichkeit des staatlichen Ausbildungsmonopols ............ 172 111. Erziehung und Gesellschalt llie Pädagogik entdeckt die Gesellschall (Pädagogische Soziologie und Sozialisationslheorie) ............................................... 105 1.1. Schulpflicht 172 · 1.2. Schulhoheit total 173 . .ali·sati·on .. .................................................................. .. ................................ 105 2. Das staatliche Schulmonopol: eine vollständig uneigennützige Einrichtung 1 Sozl 1m Drenste der Menschheit ................................................................................ 174 1.1. Neudefinition von Erziehung 105 · 1.2. Sozialisation-abhängige 2.1. Der Staat im Kampf gegen kirchliche lndokttination 174 Variable der Gesellschaft 107 · 1.3. Die Gesellschaft-abhängige Variable 2.2. Der staatliche Kampf gegen Privilegien 176 . 2.3. »Ohne Schule verblödet der Sozialisation 108 . 1.4. Sozialisation ist nicht gleich Sozialisation: ein Volk!« 179 · 2.4. »Ohne Zeugnisse ist Bildung wertlos!« 181 intentionale versus funktionale Erziehung 108 2 . Sozl.alstatus und Schulerfolg .. ................................... ... .. . ................................. 1 11 II. Volksbildung ........................................................................................................ 184 2.1. Die Diagnose: Soziale Herkunft verhindert Schulerfolg 112 I 1. Das moderne Volk ............................................................................................. 184 2.2. Die Schule versagt als Sozialisationsinstanz 113 2 .... und seine Bildung .......................................................................................... 188 3. Lässt sich ntit Erziehung die Gesellschaft verändern? 2.1. Erste Abteilung: Funktions wissen, damitmanfunktioniert 188 . 2.2. Zweite Eine Frage, die inzwischen Seltenheitswert besitzt ........................................... 114 Abteilung: Gute Gründe-für die Praxis folgenlos 192 . 2.3. Dritte Abteilung: IV. Die Bildung: Über die wundersame Verwandlung des Lehrplans Gefühle, die parteiliches Denken zur zweiten Natur machen 198 (Bildungstheorie und Didaktik) .......................................................................... 118 3. Die geistige Identität des demokratischen Staatsvolks: Nationalerziehung heute .................................................................................... 200 1. Der Lehrplan und sein Bildungsgehalt .............................................................. 118 4. Staatliche Konekturen an der Volksbildung ....................................................... 203 2. Die ))Transponierung~< von »Stoff« in »Bildung« ............................................. 119 5. Bildung für alle, aber nicht für alle gleichermaßen ........................................... 204 3. Die Curriculum-Theorie .................................................................................... 125 4. Die Kompetenz-Erziehung ................................................................................ 127 II I. Volksbildung als Bewährung im schulischen Leistungsvergleich ......................... 206 1. Die staatliche Sorge um den Nachwuchs an Führungskräften .......................... 206 V. Unterrichtslheorie und Methodenlehre: Der Unterricht-eine einzige Schranke seines Vollzugs ....................................... 132 1.1. Die Herstellung von Unterschieden ... 206 · 1.2 .... verläuft über leistungsgerechte Sortierung 207 · 1.3. >>Gleiches Bildungsrecht für alle«: 1. Der Unterricht~ eine» vieldimensionale Faktorenkornplexion« ....................... 132 falsches Lob 209 · 1.4 .... und falscher Tadel 210 2. Die »Reduktion der Komplexität« durch die »Strukturanalyse« 2. Wie das Leistungslernen geht ............................................................................ 213 des Unterrichts ................................................................................................... 135 2.1. Lernen als geistige Anstrengung in knapper Zeit 213 · 2.2. Leistungsmes 3. Unterrichtsmethoden und Erziehungsmittel: Methodik .................................... 138 sung geht als Leistungsvergleich: Lernen als Konkurrenz 216. 2.3. Ein all- ... gemeines Lernresultat Interessierte Gleichgültigkeit als intellektuelle Tüchtig B. Lerninhalte .... .................................................................................................... 298 keit 217 · 2.4. Eine kritische Frage: Kommt nicht wegen der Lernkonkurrenz I. Die Allgemeinbildung .......................................................................................... 298 die Bildung zu kurz? 219 1. Vom Lesen, Schreiben und Rechnen 298 3. ln der Schulkonkurrenz für ein Leben in der Konkurrenz lernen ...................... 220 s~h~ii;~h~~A~ii~~~~· 299 :·j ;~~h· 1.1. Das Rationelle 298 · 12. Die 3:·sp. 4. Das Verfahren der schulischen Leistungsbemteilung: Die Notengebung ......... 223 und Natwn 301 o e 4.1. Notengebung: ein Bewertungsverfahren eigener Art 223 · 4.2. Lernen- 2. Sachkunde ...................................................................................................... 302 ein permanenter Leistungstest 229 · 4.3. Das Zeugnis 230 · 4.4. Die Kopf 2.1. Gesundhell 303 · 2.2. Verkehr 304 · 2.3. Das Verhältnis zu den .... noten 234 · 4.5 Was man lernt, wenn man für Noten lernt 235 Mrtmenschen 305 · 2 .4 . Die F am1·11· e 306 · 2 .5 . » W1·r entdecken unsere 111. Die erziehungswissenschaftliche Problemalisierung Welt« 308 · 2.6. Natur und Umweltschutz 311 . 2.7. Die Logik der Sach der Leislungen der Notengebung ......................................................................... 239 kunde 312 1. Die Rückmeldefunktion .................................................................................... 239 3. 3G.1es. eWllsircthsacfhtasflet hre3j 3·:·3:2:·r~ii;ik: '317 ......................................................... 313 2. Objektive Leistungsmessung? ........................................................................... 241 3. Die prognostische Funktion der Noten .............................................................. 242 4. Naturwissenschaften ~;~ 4. Noten-ein Motivationsinstrument ................................................................... 242 5. Deutsch ................... :::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: :::: :::::::::::::::::: ::::::::: 5. Noten oder Wortgutachten? ............................................................................... 243 L5".1 . Spracherzrehung 324 · 5.2. Aufsatzerziehunoo 326. 5 . 3 . D1' c ht ung un d rteratur 329 · 5.4. Werte und Ideologien 332 f II. Volksbildung als Auslese und Ausschluss: Die Leistungen eines dreigliedrigen allgemeinen Schulwesens ........................... 245 ~~~~fr~c~e~:::·· ;!~ .. :. . ::::::::::::::·.:.:.::: :::····::.:::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: 1. Die Sortierung nach höherer und niederer Bildung ........................................... 245 9. Kunst und Musik ....................................................... 341 1.1. Wie aus Leistungsunterschieden Gründe für den Ausschluss von Bildung werden 245 · 1.2. Das Übergangszeugnis 247 · 1.3. Auslese ist 10. Sport ................. ::::::::::: ::::::::::::::::::::::::::::::::::::::::: :::::::::::::::::: :::::::::::::::::::: ;:; Ausschluss 249 II. Die höhere Bildung ............................................................................................. 345 2. Die Leistungen eines dreigliedrigen Schulsystems ........................................... 251 2.1. Das Gymnasium: Die Schule für die Gewinner 251 · 2.2. Hauptschule: 1. Geistes- und GesellschaftswissenschaDfteennk~ ~""345·:·1:2:·El;;,;;~~ 345 1.1. Einführung in wissenschaftliches .................... Die Schule für die Verlierer 255 · 2.3. Die Realschule: Eine reale Alterna tive für Verlierer 256 · 2.4. Die Sonderschule: Keine Kritik des Leistungs Bewusstsein und Alltagsmoral 347. 13. Methoden 348 1.4. Menschenbilder 350 Iemens 257 · 2.5. Inklusion-wegen bleibender Exklusion 259 2. Dauerbrenner der höheren Bilduno 351 3. Pädagogische Legitimationen des Schulwesens: '\Vj~.i~i;~~ d~~·;;;~~;·~~;·d~~·M~~·;~h~~~.. 2.1. Homo homini Iupus est-ode; Warum Auslese und Ausschluss sein müssen .................................................... 266 natur ab (Pohtologre) . 351 · 2.2. Die Sache mit der Aggression (Psycholo 111. Berufsausbildung: Die Verwandlung von Bildung gre) 352 · 2.3. Faschrsmus & Kommunismus: zweimal Totalitarismus in eine bedingte Einkommensquelle .................................................................... 272 (?eschrchte) 353 · 2.4. Die Dritte Welt: Vom »Teufelskreis der Armut<< zur 1. Volksbildung im Dienst an gesellschaftlicher Hierarchie und >>okologrschen Zertbombe« (Geografie/Geschichte) 357 Volkseinkommen ............................................................................................... 272 3. D1e Philosophie ............................................. .... 360 4. Die Naturwissenschaften . .. ............................................ . 1.1. Der Beruf... 276 · 1.2 .... eine bedingte Einkommensquelle 279 .... · ·· . . ............. ·. ...... 363 ll~~~~~ i~;;~~~·;;~d~;~~ 2. Berufsausbildung für die Verlierer: das duale System ....................................... 283 5. Alte Sprachen: Cui bono 364 6. Der höhere Blödsinn· Ku · ............................................. 3. Die Inhalte der berufliehen Ausbildung im dualen System ............................... 287 . nst ............................................................................ 365 4. Umschulung und Weiterbildung ........................................................................ 291 111. Der »höchste Blödsinn«: Schullach Glücl< ............................................................ 369 5. Beruf: »Arbeiter« .............................................................................................. 292 6. Die Berufsausbildung für die Elite .................................................................... 295 373 Vorwort zur überarbeiteten Nem.tusgabe 2016 C. Disziplin ........................................................ ·. ................................................ ·· 373 I. Schülerpllichten ................................................................................................... 37 7 II. ... und Schulstrafen ..................................................... ·· · ·· · · · · · · · · · · · · · · . . ·. . ·· · · · · · · · · · · · · · · · l. Von der Störung zur Sanktion ............................................................................ 3~~ Aus der Studienausgabe von 1998 sind Kapitel entfernt worden, die inzwischen ent 2. Der Sanktionskatalog der Schule ...................................................................... 3 weder gänzlich aus dem Kanon der Erziehungswissenschaften verschwunden-so z.B. 3. Das Disziplinarische-ein neues Feld für Schülerberechnungen ..................... 383 die Ausführungen über das Erziehungsverhältnis-oder ein Opfer des »Laufs der Zeit« geworden sind. Deshalb ist z.B. das Kapitel über den Lehrer herausgenommen wor 111. AD(H)S oder: Wie »Disziplinlosigkeit« zur Krankheit gemacht wird ...................... 385 den: Es muss heute selbst als Idealismus gelten, die selbstbewusste Unterwerfung des Lehrers unter die Anforderungen des Staatsschulsystems als Verlaufsformen von pä ll. Drei !lildungskalaslmpllen und ihre (Reform-)Konsequenzen ...................... 389 dagogischem Idealismus zu erklären. 1. Die erste Bildungskatastrophe: Zu wenige Abiturienten ....................................... 390 Daneben sind in fast allen Kapiteln kleinere oder größere Überarbeitungen oder Kür 11. Die zweite llildungskatastrophe: Zu viele Abiturienten ......................................... 402 zungen vorgenommen worden, die in der Regel an der Stoßrichtung der alten Fassung nichts geändert haben. In einigen Kapiteln wurde dem Umstand Rechnung getragen, 111. Die drille Bildungskalastrophe: Der PISA-Schock und die folgen ......................... 411 dass in den Erziehungswissenschaften neue Themen erörtert werden und sich das Bil 1 DiePISA-Studie ................................................................................................ 411 dungssystem »neuen Herausforderungen« gestellt hat. So ist die Lerntheorie um eine 2. Schulreform nach PISA ..................................................................................... 418 neurologische Variante ergänzt worden, die sich mit >>himgerechtem Lernen« befasst, 3: Die nach PISA neu aufgelegte Debatte über die Chancengleichheit ................ 427 wird die Curriculumtheorie heute vorn »Lernen von bzw. für Kompetenzen<< bestimmt, 4. Schule als Krankheitsursache ............................................................................ 43; wird das Curriculum selbst gelegentlich um das hübsche » Schulfach Glück« ergänzt, 5. Schülerprotest .................................................................................................... 43 werden zu den Erziehungszielen inzwischen die Erziehung zur Resilienz und Frustra tionstoleranz gerechnet und hat die Befassung mit Disziplin in der Schule inzwischen E. Allernativschulen ............................................................................................. 436 die Grenze zwischen Pädagogik und Medizin eingeebnet: ADHS macht für Disziplin losigkeit eine Krankheit verantwortlich. Was Inklusion ist und soll, wird ebenfalls dar 1. Eine radil<allalsche Schulkritik ............................................................................. 438 gelegt. Ein vollständig neues Kapitel widmet sich den Schulreformen, die seit und an 438 1. Notenterror ........................................................................................................ 39 lässlich des >>PISA-Rankings« von 2001 initiiert worden sind. Unter dem Titel: >>Die 4 2. Verregelte Zwangsinstitution ............................................................................. dritte Bildungskatastrophe: Der >PISA-Schock< und die Folgen<< wird u.a. die Umge 3. Vorgeferllgtes Wrssen ....................................................................................... . 440i staltung des Schulwesens zur zweizügigen Form, die Neuauflage der Debatte über die 4. Wissen, des Lehrers Macht ................................................................................ :: Chancengleichheit und auch der (Schüler-)Protest gegen die Reform thematisiert. Ob 5. Zwang untergräbt die Moral der Truppe .......................................................... . wohl die Staatsschuleninzwischen inAnliegen und Methoden heftige Anleihen bei den 11. Lernziel Selbstbestimmung .................................................................................. 443 Alternativschulen gemacht haben, sich deswegen eigentlich nur noch die »Freilerner« oder Schulverweigerer-Bewegung, die der Schulpflicht eine radikaleAbsage erteilt, als 443 1. Das Geheimrezept der Alternativen ...... ...................................................... ....... 4 43 Alternative deuten lässt, ist das entsprechende Kapitel, ergänzt um ein entsprechendes 2. Die Sache mit der Erfahrung ............................................................................. Unterkapitel, in dieser Ausgabe geblieben. Die falschen Urteile, die im Rahmen der 111. Alternativschule-die bessere Regelschule ......................................................... 446 Alternativschulbewegung aktuell wurden, lassen sich einfach nicht ausräumen. Bremen, August 2016 IV. Frei Ierner-und Schulverweigerer-Bewegung ...................................................... 448 Kasten: Kinder brauchen nichts weniger als Rechte .............................................. 450 V. Steinerpädagogik und Waldorischoie .................................................................. 454 1. Die anthroposophische Religion ....................................................................... 4;; 2 . ... als Erziehungsprograrrun ............................................................................... 4 3. Unterricht aus dem Geist der Anthroposophie .................................................. 459 463 Literatur ................................................................................................................... 11 Einleitung Vorwort zur Ausgabe von1998 Wissenschaftliche Unsitten, die man von diesem Buch nicht erwarten dar!: Die »Erziehung im Kapitalismus« fasst die beiden zunächst getrennt erschienenen Bände zur Kritik der Erziehung (»Die Wissenschaft von der Erziehung. Einführung 1. ~einen ~>methodischen Bezugsrahmen« gibt das Buch an keiner Stelle preis. Es hat in die Grundlügen der Pädagogik. Kritik der Erziehung Teil!«, Harnburg 1991, und: kemen .. Dwses Wmiungetüm bezeichnet nur die Unsitte der pluralistischen Wissen »Weder für die Schule noch fürs Leben. Vom unbestreitbaren Nutzen unserer Lehran schaft, Jeden Gegenstand einer vorgefassten Betrachtung zu unterwerfen. So entsteht stalten. Kritik der Erziehung Teil 2<<, Harnburg 1992) zu einer einbändigen Studien eine Unzahl von Ansätzen und Sichtweisen, die allesamt als solche Respekt verlan ausgabe zusammen. Der vorliegende Text enthält gegenüber der Erstausgabe einige gen. W~heit ~eanspruchen sie erst gar nicht, und gerade dieser Relativierung wegen Kürzungen. Sie betreffen z.B. den Teil über die »Erziehungswissenschaft im realen pochen s1e auf Ihre Berechtigung und verbitten sich Kritik. Dieser unverschämten Be Sozialismus« (Teil 1), die Abschnitte über den »Rassismus der Erziehungswissen scheidenheit befleißigt sich das Buch nicht. Relativiert wird nichts. Wenn die Fehler schaft« und die >>Pädagogische Kritik des Faschismus« (Teil 1) oder das Unterkapitel haftigkeit einer Argumentation nachgewiesen wird, dann wird sie aus dem Verkehr über »Gewalt in der Schule« (Teil2). gezogen und nicht mit dem Hinweis auf die zwar relative, aber darin sehr absolute Be Die Trennung von einzelnen Kapiteln war dort unproblematisch, wo inzwischen aus rechtigung jeder >>Denkmöglichkeit« weitergepflegt führlichere Publikationen zum Thema vorliegen. Das trifft zum einen das Thema »Ge 2. Auch das Gebot, man müsse eine Theorie »erst verstehen«, ehe sie der Kritik aus walt in der Schule«, zu dem 1996 unter dem Titel >>Jugendgewalt. Der Kult des Selbst g~set~t w~rden ?ürfe, beherzigt das Buch nicht. Gemeint ist mit solchem Imperativ bewusstseins und seine unerwünschten Früchtchen« im VSA ein Text erschienen ist. namlich mcht die Selbstverständlichkeit, dass man einen Gedanken zur Kenntnis oe Und das bezieht sich zum anderen auf die »Pädagogische Kritik des Faschismus«. Un nomrnen haben muss, um seinen Inhalt zu prüfen. Verstehen meint Verständnis, also das ter dem Titel »Alles bewältigt, nichts begriffen! Nationalsozialismus im Unterricht« Verlangen, sich in jedwede Theorie im Bewusstsein ihrer Berechtigung hineinzuden haben Rolf Gutte und ich 1997 eine Untersuchung vorgelegt, die mit Legenden über ken. Wen~ man sie sich so »plausibel{< gemacht hat; wenn man sich also bereitgefun die antifaschistische Nachkriegserziehung aufräumt. Wer die Auseinandersetzung mit den hat, die Welt durch die Brille der in Rede stehenden Theorie zu betrachten· wenn der Erziehung im realen Sozialismus vermisst, muss zur Erstausgabe greifen. also Partei- statt Kenntnisnahme etfolgt ist, dann erst soll Kritik erlaubt sein. ' Bremen, April1998 Diesem veritablen Kritikverbot, das nur noch konstruktive Anmerkunoen zulässt wird hier nicht gefolgt. "' ' 3. Die zitierten pädagogischen Grundaussagen werden allesamt aus dem Kontext des jeweiligen Gesamtwerks »herausgerissen«, ohne dass der Autor sich daraus ein Gewissen machen würde. Denn dokumentiert werden pädagogische Argumentations muster so umfassend und vollständig, wie es nötig ist, um sie zu begreifen. Dass nicht der gesamte Kontext, also letztlich Gesamtwerke nachgedruckt werden, versteht sich von selbst und Ist auch ansonsten kein wissenschaftlicher Usus, aber ein beliebter Ein wau~ von Leuten, die einer Kritik an Iiebgewordenen Dogmen argumentlos den Boden entziehen möchten: Ein Argument, zu dessen Verteidigung sie offenbar nichts vorzu bringen wissen, soll viel schlagender sein, als es ist, wenn man es nur »im Zusam menhang~< zitiert, statt es aus demselben zu reißen. Von dem Interesse über Urteile zu streiten, zeugt dieser Vorwurf wirldich nicht. ' .. 4. De~ Vorschrift .ein~r »diffe~enzierten Sichtweise«, die nur die Würdigung jeder padagog1schen Pubhkatwn als emes besonderen, originellen und in sich berechtigten »Ansatzes« emklagt, folgt das Buch gleichfalls nicht Wer der Auffassung anhängt, an gesich~s des theoretischen Pluralismus könne man von der Pädagogik gar nicht spre chen, swht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Sicher, unter dem Stichwort »Pädagogik« rst eme Vielzahl von Theorien zu finden: Da tnmmeln sich empirische, philosophische, 13 anthropologische, psychologische, soziologische usw. Ansätze: Und selbst mit expli Da studieren Lehramtsanwärter acht Semester eine Wissenschaft, um sich von ihr zit politischen Attributen schmücken sich pädagogische Theonen. Bekenntmsse zum sagen zu lassen, dass in der Praxis »Gespür« verlangt ist und >>graue Theorie« nicht parteilichen Denken gelten dieser Wissenschaft nicht als Skandal, sondern als Gute weiterhilft. siegel: Die einen möchten als fortschrittlich und hnks gelten, andere ruhmen s1ch Ih Dieses Buch leistet in seinem ersten Teil die Kritik der Pädagogik. Es führt durch die Wissenschaft, indem es ihren Zusammenhang darstellt. Es verschafft damit auch rer konservativen »Grundhaltung~<. Die Technik mit Hinweis auf diese Vielfalt pädagogischer Sichtweisen eine ganze »Überblick« für denjenigen, der ihn braucht. Es ersetzt das orientierungslose Herum Disziplin der Kritik zu entziehen, macht der Autor nicht mit. Es gibt sie nämlich, die treiben in Bibliotheken und das Auswendiglernen einer Fülle von Theorievarianten. Einheit der Pädagogik. Und das verraten nicht nur die Tttel der 10-20 Standardwerke, Denn es erklärt die falschen Konstruktionsprinzipien, denen die verschiedenen An die allesamt eine Einführung in die Pädagogik versprechen. Wenn man s1e stud1ert, sätze gehorchen. dann findet man überdies einen Fundus von allgemeinen Urteilen, die kein Pädagoge Ein sorgfältiges Studium der nachfolgenden Kritik an den Grundlügen der Erzie in Abrede stellt. Welcher Pädagoge wollte die beiden falschen Grunddogmen bezwei hungswissenschaft ergibt daher ein solides Wissen über die Disziplin, das sich sogar feln dass der Mensch ein »erziehungsbedürftiges« und »erziehungsf:ihlges<< Wesen für Examina missbrauchen lässt. Allerdings wäre der Autor der Letzte, der einer wiss ist! Dass die Differenzen und Gegensätze in der Argumentation verschiedener Vertreter begierigen Jugend Beamtenwissenschaft und staatliches Erziehungswesen als Lebens dieser Wissenschaft diesen Grundkonsens nicht kündigen; dass sie vielmehr notwen perspektive anempfehlen möchte. dige und sich ergänzende Weisen seiner Ausgestaltung darstellen,_ verraten Pädagogen Zum zweiten Teil: noch selbst. Die angeblich feindlichen Positionen pflegen tm Studienkanon eme hochst friedliche Koexistenz. Und regelmäßig greifen die verschiedenen Ansätze auf dte Ar Was die Erziehungswissenschaft zum Thema Schul-und Erziehungswesen vermeidet, gumentationsmuster ihrer Kontrahenten zurück: Kein Umwelttheoretiker schließt An. ist nichts als eine Ansammlung von Ideologien, mit denen unsere Lehranstalten und lagefaktoren vollständig aus. Sozialisationstheorien bemühen psychologtsche Erkla ihre beamteten Diener in ein rosiges Licht getaucht werden. Die Erklärung der kapita rungsmuster. Linke Pädagogen wollen dem » Verantwortungsd~nken« ebens~ wem.g listischen Volksbildung ist also eine erst noch zu leistende Aufgabe. Dabei hat die Be eineAbsage erteilen, wie rechte Pädagogen den Wert »Selbstbestimmung<< zur~ckwet­ sichtigung der bürgerlichen Erziehungswissenschaft bereits so viel deutlich gemacht: In sen möchten etc. Offenbar halten Pädagogen ihre Differenzen gerade deshalb für so be der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten fasst sich die Hege und Pflege der wiss deutsam weil sie sich in Grundsatzfragen einem sehr prinzipiellen Konsens verschrie begierigen Jugend offenkundig gar nicht zusammen. Die pädagogische Wissenschaft ben hab~n, der deswegen unter ihnen gar nicht mehr thematisiert zu werden braucht. hat selbst mehr als einmal verraten, dass das Erziehungswesen von AbisZein öffent licher, das meint auf der Grundlage von Staatsgewalt verlaufender Bildungsgang ist. In den verschiedenen Sparten bürgerlicher Ausbildung, von der allgemeinen bis zur Auskünfte, die man von diesem Buch erwarten darf: beruflichen Bildung, werden Zwecke verfolgt, welche oltne Zwang, einen Pflichten und Vorschriftenkatalog sowie Strafandrohungen der verschiedensten Art nicht zu ha Zum ersten Teil: ben sind. Zugleich ließ sich der Pädagogik entnehmen, dass die Ausbildung nicht nur Geboten wird hier eine systematische Darstellung aller Grundfehler dieser Disziplin auf die Leistungen des freien Willens der Erziehungsobjekte schwer Wert legt, sondern bis hinein in ihre Unterabteilungen. Dabei klären sich auch einige Paradoxien auf, wel auch auf sie setzen kann, weil bekanntlich ohne Ausbildung »die Zukunft verbaut« ist. Das wirft so manche Frage auf: che die Erziehungswissenschaft dem Studiosus zumutet: Da tritt diese Wissenschaft an mit dem großen humanistischen Telos, ganz dem Men !2:1 Auf Wissen ist jedermann angewiesen, der sich in der Welt der Personal-Compu schen und seiner Menschwerdung verpflichtet zu sein. Und dann landet sie doch ter, des Geldes oder auch nur eines Fahrplans zurechtfinden muss. Warum bedmf bei eher schnöden Zielvorgaben der folgenden Art: >>Übernahme der Nmmen der es dann überhaupt einer Schulpflicht, wie sie der Staat in seine Gesetze schreibt? jeweiligen Kultur«, »Anpassung an die gesellschaftliche Umv:elt<<. .. . Die Demokratie ist stolz auf die allgemeine Schulpflicht Alle Bildungsprivilegien Da singen Pädagogen das hohe Lied auf Freiheit und Selbstbestzmmung des Z~glmgs hat sie beseitigt. Eine Bildungshierarchie von Volksschülern, Gymnasiasten und und vennissen an ihm die im Tierreich übliche »instinkt-mäßige Festgelegthelt«. Hochschulabsolventen ist damit aber keineswegs ausgestorben, im GegenteiL Wie Da künden Pädagogen von dem fundamentalen Prinzip der Gleichheit der Menschen verträgt sich das eigentlich? _und entdecken allenthalben »angelegte Begabungsunterschiede«, die so manches Dagegen wird gern auf die Gleichheit der Chancen verwiesen, die jedem gegeben Resultat der Auslese in neuem Licht erscheinen lassen. ist. Wieso mündet die nie in einer Gleichheit der Resultate? Die dauerhafte Schei Da behaupten Pädagogen, dass die Erziehung nichts als die Entwicklung der Natur dung der Menschheit in Masse und Elite ist sichere Sache. Sie führt bei den Gleich des Menschen ist, und wissen zugleich, dass Erziehung mcht ohne Mottvatwn aus heitsfans nicht zu Kopfschmerzen, sondern zu erleichtertem Aufatmen. Warum po kommt, erklären gar den Schüler zur Schranke seiner eigenen Unterweisung. lemisieren ausgerechnet die Fanatiker der Gleichheit gegen die Gleichmacherei? 15 Wieso erzielt ein und dieselbe Leistung in einem Aufsatz oder einem Diktat einmal 1: die Note 2, das andere Mal die Note 5? Eine Erfahrung, die keinem Schüler erspart bleibt, der umzieht oder aus anderen Gründen die Klasse wechselt. IR: Warum wird die tätige Nächstenliebe im Schuluntenicht bestraft, wo sie sich als Abschreibenlassen während einer Klassenarbeit äußert? Schlechte Leistungen führen dazu, dass einem Schüler der Sprung in die höhere Schulkarriere verwehrt wird, er »sitzen« bleibt oder, im Extremfall, die Anstalt vor zeitig verlassen muss. Und das ist mehr als seltsam. Warum zieht Unwissen nicht vermehrte, sondern den Ausschluss von weiterer Bildung nach sich? Kein Schulabschluss garantiert einen Beruf. Aber er entscheidet u.a. darüber, wel che Positionen in der Arbeitsmarkthierarchie für die Besitzer mindervvertiger Zer tifikate nicht eneichbar sind. So, negativ, entspricht die Bildungshierarchie einer Einkommenshierarchle. Sind denn manche Tätigkeiten wichtiger als andere? Not wendig ist der Beruf des Schornsteinfegers in der bürgerlichen Welt genauso wie der des Professors. Warum sind dann schulische Qualifikation und Einkommen ntit einander verknüpft? Lernunwillige Schüler sehen im Schulstoff unnötigen Ballast. Besitzer des Latinums kontern gern mit dem Spruch »Non scolae, sed vitae discimus«. Für die Schule, die nächste Klassenarbeit soll also gepaukt werden ntit dem drolligen Argument, dass nicht für die Schule gelernt wird. Eine Lüge, der die nächste folgt. Spätestens beim ersten Vorstellungsgespräch erfährt der Absolvent nämlich, dass man sein Schul wissen getrost vergessen darf und für den Beruf neu anzufangen hat. Vitae war also auch nicht die wahre Alternative zu scolae. Es fragt sich also, wofllr eigentlich was in den Schulen gelernt wird? Alle Antworten nicht nur auf diese Fragen finden sich im zweiten Teil. Sie sollen nicht als Grundlage einer Berufsberatung für angehende Lehrer missverstanden werden. Viel mehr leisten sie nichts als die Kritik des bürgerlichen Schulwesens. Verweise auf ei nen notwendigen Zusammenhang zwischen kapitalistischer Gesellschaft und dem re al existierenden Schulwesen sind nicht zufällig. 1fi Grundsalz 1: Ohne Erziehung wird der Mensch nicht Mensch A. Die Wissenschaft von der Erziehung Aus der blanken Existenz von Erziehung verfertigt diese Disziplin also den hinrei chenden Grund für eine bedingungslose Zustimmung dazu. Für dieses Kompliment ist die Absehung von der wirklich stattfindenden Erziehung nur konsequent. Sonst hängt am Ende die gute Meinung über das moderne Erziehungswesen doch noch davon ab, I. Was ist Erziehung? Ein Dienst am Menschen! ob das Schulsystem mit seinen Millionen von Restschülern und Studienanwärtern Fa Die drei Grundsätze der Pädagogik brikarbeiter-und Professorenkarrieren eher das Etikett Fluch oder Segen verdient. Die sem Test setzt die Pädagogik ihr Urteil erst gar nicht aus. Lieber hantiert sie mit der beschönigenden Abstraktion »Erziehung zur Menschwerdung«, in der das demokra 1. Ohne Erziehung wird der Mensch nicht Mensch. tische Erziehungswesen mit seiner Zurichtung für die kapitalistische Berufshierarchie gar nicht vorkommt, die ihm gleichwohl gilt. 1.1. Die Pädagogik nimmt ihren Ausgangspunkt bei der Frage: >>Was ist Erziehung?« Das muss noch kein Fehler sein. Die erste Antwort, die sich regelmäßig einstellt, lautet: 12. Den Beweis für ihren ersten Lehrsatz führt die Pädagogik nie positiv. Worin liegt denn die Vortrefflichkeit, die dem Menschen durch Erziehung erst gegeben wird und »Welche menschlichen Gesellschaften man auch immer betrachtet- vergangene oder zeitgenössische, en·twickelte oder primitive-überall wurde und wird erzogen.« in der sich sein eigentliches Menschentum verwirklicht? Die marodierenden Lands knechte im Dreißigjährigen Krieg waren mit einer feudal-klerikalen Erziehung be (Kaiser 1981: 16) Gewiss, in den verschiedensten Gesellschaften wird der Nachwuchs mit solchen stens ausgestattet. Die humanistische Bildung ist an Hitlers Generation genauso we nig vorbeigegangen wie an den Grundstücksspekulanten unserer Tage. Betätigt sich Auffassungen und Fertigkeiten ausgestattet, die jeweils als vernünftig und nützlich so die Krone der Schöpfung, wenn sie erst einmal dank erzieherischer Veredelung zu gelten. Das ist es, was das Abstraktum Erziehung ausdrückt. Und viel mehr gäbe es ihrer wahren Natur vorgestoßen ist? Aber sicher. über diese Abstraktion auch gar nicht zu berichten. Denn von den jeweiligen besonde ren gesellschaftlichen Inhalten der Erziehung wird darin ja ausdrücklich abgesehen. Das führt in der Pädagogik keineswegs zu Initationen. Schon deswegen rticht, weil Jede weitere Befassung mit dem gleichnamigen Gegenstand hätte den Blick zu richten die Erziehungswissenschaft ihr Beweismaterial vorzugsweise gar nicht in der Welt auf die jeweils unterschiedlichen Ziele von Erziehung beispielsweise im Feudalismus sucht, in der wir leben. Viellieber erörtert sie, was dem Menschen ohne Erziehung an oder Kapitalismus, die zugehörigen Verfahren zu betrachten, schließlich deren Grund geb!tehfehlt. Dann muss sie nicht zeigen, was er mit Erziehung alles anrichtet. Sie bevorzugt also den Beweis ex negativo: und Zweck zu ermitteln. Und einzig und allein von deren Beurteilung hinge es ab, ob man der Erziehung zum mittelalterlichen Frondienst oder zur aufgeklärten demokra Kaspar Hauser & Co. tischen Fabrikarbeit mit Kritik oder Komplimenten kommt. Nüchtern bett·achtet verdient die Ausgangsfrage der Pädagogik also folgenden Be Wo der Zweibeiner mit dem aufrechten Gang sich erst durch Erziehung den Titel scheid: Jede wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema Erziehung hätte den Bo Mensch verdient, da gilt auch folgende Umkehrung: Ohne Erziehung ist der Mensch den dieser Abstraktion und damit die Ausgangsfrage selbst schnell zu verlassen. Denn ein Un-Mensch. Kaspar Hauser, Wolfskinder und andere Kreaturen haben der Erzie alle näheren Bestimmungen in puncto Erziehung, welche dem modernen Erziehungs hungswissenschaft erspart, sich für ihren Beweis in moralische Unkosten zu stürzen: wesen mit seinen spezifischen Zielen oder historischen Vorläufern zu gelten hätten, »Da die Menschlichkeit Experimente verbietet, die zeigen könnten, wie sich Kinder liegen notwendig jenseits dessen, wonach die Frage fragt. ohne Fürsorge und Erziehung entwickeln, gewinnenjene tragischen Fälle an Bedeu Nicht so die Pädagogik. Sie ist verliebt in ihre Abstraktion. Sie versteht ihren Hin tung, in denen man Menschenkinder auffand, die von Gesellschaft und Kultur isoliert weis, Erziehung finde überall und immer statt, nicht als A~ftakt, sich den näheren lebten ... Bei ihrer Befreiung (z.B. von zwei Mädchen aus einer Wolfshöhle; d. Verf.) Bestimmungen der Erziehung hier und dort, heute und gestern zuzuwenden. Umge zeigten sie tierähnliches Verhalten ... Trotz dauernder Förderung erwarb Kamala erst keln1, der Fingerzeig auf das pure Statttinden von Erziehung liefert für sie die erste nach fünf Jahren den aufrechten Gang, ohne je mehr rasch laufen zu lernen ... Bis zu und fundamentale Bestimmung von Erziehung: Wenn die Menschen durch alle Ge ihrem Tode (mit 17 Jahren) lernte sie nur etwa 50 Wörter.« (Weber 1974: 20f.) sellschaftsepochen hindurch erzogen wurden, dann kommt der Mensch ohne Erzie Das ist kein Wunder. Wer nichts gelernt und beigebracht bekommen hat, der kann manches nicht. Schon eher verwunderlich dagegen ist, was Pädagogen daraus machen. hung eben nicht aus. Dann ist Erziehung ein unentbehrlicher Dienst am Menschen: In der Wolfshöhle soll jenen Kreaturen fehlen, was sie überhaupt nur bräuehten, um »Er (der Mensch) kann nur Mensch im vollen Sinne durch Erziehung werden.« sich in einer ganz anderen Welt, in der »Zivilisation« zurechtzufinden. Das halten Er ziehungswissenschaftler für eine Tragik, die sie ihrem Beweisstück als ganz persön (Dietrich 1988: 41) Das erste Resultat der Pädagogik fasst sich also zusammen in liches Problem andichten. Dass ein Wolfskind von den gesellschaftlichen Maßstäben 19 1R gelungener Erziehung abweicht, gibt die Pädagogik als Abweichung des Menschen von Ob ~us der ~ategmie ))Mensch« herzuleiten geht, dass die schulische Erziehung den sich selbst aus, die ihm schwer zu schaffen macht Kaum zu glauben, dass ein Wolfs Katechismus, dieMengenlehre und solide Kenntrrisse der Nationalhymne (3. Strophe!) kind unter der Abwesenheit eines Alphabets leidet, von dessen Existenz es keine Ah zu venmtteln habe, darf bezweifelt werden. Meltr als die bloße Gattungsbezeichnung nung hat. Aber sehen soll es der Betrachter durchaus so, damit sein Mitleid auf diese Ist Ja rmt d1esem Wort gar nicht ausgedrückt, also der bloße Unterschied zum Tierreich. Weise herausgefordert wird. Was man einem Menschen beibringt, folgt aber nicht aus dem Umstand, dass er einer Denn die Kehrseite dieses Mitleids ist das erleichterte Aufatmen darüber, wie gut es ist. Die Generationen wurden schließlich auf seltr unterschiedliche Weise ausgebildet, der zivilisierte Zeitgenosse getroffen hat: Ohne Erziehung käme der Mensch auf den mal w!lhelunmsch-preußisch, mal demokratisch. Das ist nicht gerade ein Beleg, der die Wolf. Also muss unser Erziehungswesen ohne jede Frage gut sein. Das Wozu steht auf Deduktwn des Erziehungsprogramms aus dem Menschen schlechthin nahelegt einem anderen Blatt, das die Pädagogik nicht interessiert. Statt Wolfshöhlen besucht Diese Auffassung widerspräche sogar den privatesten Erfahrungen, die jedermann, der Mensch moderne Schulgebäude, aus denen nicht etwa tierähnliche Kreaturen, son wohl oder übel, mit Erziehung gemacht hat. Erzieher, ob daheim oder in der Schule dern mündige Bürger mit dem aufrechten Gang herauskommen. Nicht mangels Aus warten nicht mit ihrem Geschäft, bis der »Mensch~~ ihnen mit einem Wunschzettel aus~ bildung, sondern dank einer Ausbildung, wie sie hierzulande geboten und zur Pflicht gesuchter Erziehungsziele ihre pädagogische Marschrichtung vorgibt. Sie treten um gemacht wird. gekehrt mit ihren Absichten und Vorhaben an, die sie dem Kind vermitteln oder o-e Dabei ninunt die Erziehungswissenschaft ihr falsches Credo auch noch auf eine gen es durchsetzen, je nachdem. Subjekt und Objekt der Erziehung sind immer schon Weise ernst, die lächerlich ist. Was ein Mensch ist, hält sie allen Ernstes für ein Pro eindeutig sortiert. dukt von Erziehung. Als würde sich die Lebensfühlung eines Menschen nicht maß Dies gilt auch und gerade da, wo das Objekt der Erziehung einmal einen Willen geblich an Vorgaben des Arbeits- und Wohnungsmarktes, manchmal auch am Zufall äußert, der nicht mit dem des Erziehers, seinen Zielen und Methoden übereinstimmt. eines geerbten Vermögens entscheiden. Als hingen die Interessen und Genüsse, die Solche Einlassungen werden nicht begierig als Vorgaben für das erzieherische Treiben sich ein Mensch wählt, außer von seinem eigenen Urteil nicht von so profanen Din aufgenommen, wo sie nicht ins Konzept passen. Sofern skh der abweichende Wille als oen wie Geld und Zeit ab, die ein Beruf bringt oder auch nicht Solche banalen Tatsa f!nwille oder sogar als begründete Kritik des Erziehungsverhältnisses äußert, wird er ~hen, die jedennann zu seinen Erfahrungen rechnet, gelten nichts, wo Pädagogen die m aller Regel gebrochen. Das Recht dazu hat der Erzieher, ob als Schulbeamter oder Bedeutsamkeil iltres Metiers in den Satz kleiden: Alles, was der Mensch ist, das ist er Familienvorstand. Der Staat verleiht ihm nämlich die Erziehungsgewalt, weil und so durch Erziehung! lange er dru·auf ~aut, dass die von ihm selbst kraft Gewalt definierten Erziehungsziele durch seme Erfüllungsgehilfen durchgesetzt werden. Näbme man also den pädago gischen Grundsatz für bare Münze, so wäre unerfindlich, wozu es einer Gewalt bedarf 2. Das Programm der Erziehung folgt aus dem Wesen des Menschen -die im Gesetz auch noch ausdrücklich so heißt-, am Menschen durchzusetzen, was des Menschen innerstes Wesen ist . Wo das Produkt der Erziehung >>der Mensch« ist, da gerät auch das Programm der Er . Bloß: Auf diese Weise will die Erziehungswissenschaft iltren zweiten Grundsatz gar ziehung zu einer fraglos guten Sache, weil es am Menschen Maß nimmt: mcht ernst ~nd wortlieh g~no~runen wissen. Eine Entsprechung zwei er Willen, desjeni »Erziehen heißt, einen Menschen seiner Bestimmung als Mensch ZUZL(fiihren. « gen des Erziehers und desjemgen des Zöglings, würde sich mit den erwähnten Gegen (Roth 1962: 74) satzen ebenso werng vertragen, wie sie jedes erzieherische Tun von vornherein über Wenn Erziehung also in nichts anderem besteht als darin, den Menschen zu den Be flüssig machen würde, weil der Educandus nach dieser Vorstellung immer schon ist, stimmungen zufUhren, die schon die seinen sind, dann gilt: Jeder äußere Zweck, der wozu er gebracht werden soll. Pädagogen wären allerdings die letzten, die sich einem am Zögling durchgesetzt wird, muss als Entsprechung gegenüber seiner Bestimmung solchen Missverständnis ihrer Doktrin anschließen würden. begriffen werden. Gerade so, als wäre das Programm der Erziehungsanstalten eine De~ . Und das ist dieser selbst zu entnehmen. Der Mensch, dem das Programm seiner Zu duktion aus der Verfasstheil ihrer Klientel: nchtung entnommen sein soll, ist nichts als ein leerer Titel, aus dem weder der Soziai »Erziehung .. , besteht im wesentlichen darin, dass man auffordert, selbstjemand zu kundeunterricht noch das dreigliedrige Schulsystem abzuleiten ist. Gerade deswegen werden; hierin stimmt der Erzieher mit dem Zögling überein, denn dieser will immer e.tgnet s1c~ diese. Kategode so gut: nämlich für all jene, die ihre ganz eigenen subjek schon selbstjemand werden.« (Fischer-Lexikon 1964: 77) tiven Absichten m Sachen Erziehung nicht als solche begründen, sondern im Namen Darin liegt eines unwidersprechlich Allgemeinen auf allgemeine Akzeptanz ihrer Vorhaben drin Grundsatz 2: Das Programm der Erziehung folgt aus dem Wesen des Menschen. gen wollen. Unter Berufung auf den Menschen befugt sich der Pädagoge dazu, sein Nähme man diese Behauptung der Erziehungswissenschaft von einem interesselosen Gegenuber den erzreherischen Maßstäben zu unterwerfen. Das ist der wahre Gehalt Dienst am Menschsein wörtlich, so ergäben sich daraus nur Absurditäten, die schon des Satzes, ErziehungfUhre den Menschen zu sich selbst, mit dem sich der Erziehungs mit den einfachsten Erfahrungen in puncto Erziehung unverträglich wären. Wissenschaftler gleich drei Freiheiten verschafft: 21

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