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Erzählstrukturen der Artusliteratur : Forschungsgeschichte und neue Ansätze PDF

372 Pages·1999·56.64 MB·German
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Erzählstrukturen der Artusliteratur Erzählstrukturen der Artusliteratur Forschungsgeschichte und neue Ansätze Herausgegeben von Friedrich Wolfzettel Unter Mitwirkung von Peter Ihring Max Niemeyer Verlag Tübingen 1999 Gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Sektion der Internationalen Artusgesellschaft Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufhahme Erzählstrukturen der Artusliteratur: Forschungsgeschichte und neue Ansätze / hrsg. von Friedrich Wolfzettel unter Mitw. von Peter Ihring. - Tübingen : Nierneyer, 1999 ISBN 3-484-64010-3 © Max Niemeyer Verlag GmbH, Tübingen 1999 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikro- verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Printed in Germany. Satz: Johanna Boy, Brennberg Druck: Guide Druck, Tübingen Einband: Siegfried Geiger, Ammerbuch Inhalt Vorwort IX Historiographie, Epik und Roman Fritz Peter Knapp Historiographisches und fiktionales Erzählen in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts 3 Dorothea Kullmann Frühe Formen der Parallelhandlung in Epos und Roman. Zu den Voraussetzungen in Chretiens Conte du Graal 23 Peter Ihring Merlin und die literarische Sinnbildung. Zur erzählstrukturellen Funktion prophetischer Rede in der Artusdichtung zwischen Mittelalter und Renaissance 47 Probleme des »Doppelwegs« im klassischen Artusroman Elisabeth Schmid Weg mit dem Doppelweg. Wider eine Selbstverständlichkeit der germanistischen Artusforschung 69 Brigitte Burrichter »Ici fenist li premiers vers« (Erec et Enide) - noch einmal zur Zweiteilung des Chretienschen Artusromans 87 Walter Haug Das Spiel mit der arthurischen Struktur in der Komödie von Yvain l Iwain 99 Friedrich Wolfzettel Doppelweg und Biographie 119 VI Inhalt Strukturmodelle und Konventionen Matthias Meyer Struktur und Person im Artusroman 145 Ulrich Ernst Formen analytischen Erzählens im Parzival Wolframs von Eschenbach. Marginalien zu einem narrativen System des Hohen Mittelalters 165 Peter Kern Bewußtmachung von Artus-Romankonventionen in der Crone Heinrichs von demTürlin 199 Albert Gier Lästern, Lügen, Schweigen. Syntagmatische und paradigmatische Strukturen im Escanor des Girart d'Amiens 219 Monika Unzeitig-Herzog Überlegungen zum Erzählschluß im Artusroman 233 Prosaroman und nicht-arthurische Literatur Ulrich Wyss Erzählstrukturen im Prosaroman 257 Joerg O. Fichte Telling the End:Arthur's Death 275 Gerhard mid (Pseudo)-arthurisches recycling oder: Wie die Symbolstruktur des Artusromans im Spätmittelalter >aufgehoben< ward 291 Bart Besamusca Strukturen des Erzählens in der mittelniederländischen Lancelot-Kompilation 311 Inhalt VII Klaus Ridder Erzählstruktur und Schemazitate im Reinfried von Braunschweig 331 Totnas Tomasek Die Rezeption arthurischer Strukturen im Frauendienst Ulrichs von Liechtenstein 347 Historisches Namen- und Werkregister 363 Vorwort So unspezifisch und abgegriffen der Strukturbegriff auf den ersten Blick erschei- nen mag, gerade aus der Forschung über den arthurischen Roman in Vers und Prosa ist er nicht wegzudenken. Denn anders als in der epischen Dichtung des Mittelalters, zumindest in der von Frankreich ausgehenden Tradition der Chan- sons de geste, die lange Zeit dem Gesetz der mouvance, der kollektiven >Arbeit am Text< und der für die orale Überlieferung charakteristischen Variation durch die »trouveres« und »Jongleurs« unterworfen war, hat sich der frühe Artusroman be- kanntlich erstmals als individuell verantwortete, bewußt fiktionale und experi- mentelle, tendenziell >autonome< Struktur oder »conjointure« begriffen und als Literatur zum Lesen Struktur als Bedeutung generierendes Prinzip eingesetzt.Von Anfang an kreiste daher die Artusforschung um Formprobleme und versuchte im Laufe ihrer Geschichte, allgemeine narrative Modelle für die Erhellung arthuri- scher Strukturgesetzlichkeiten nutzbar zu machen. Von der genetisch motivisch orientierten Sehweise des späten Positivismus über die Ansätze der Mythen- und Folklore-Forschung nach der Jahrhundertwende, die Anregungen, die von der deutschen Formgeschichte und morphologischen Betrachtungsweise, dem anglo- amerikanischen New Criticism und — mit Verspätung — dem russischen Formalis- mus ausgingen, bis zu der versuchten Applikation des ethnologischen Strukturalis- mus und der wiederentdeckten strukturalen Märchenanalyse Wladimir Propps spielte der Strukturbegriff in wechselnder kritischer Gewichtung eine zentrale Rolle. Und noch die neueren dekonstruktivistischen Ansätze vorwiegend lacani- stischer Provenienz beruhen ja ex negative auf der Vorstellung einer >durchlöcher- ten<, gleichsam mißlungenen Struktur. Ohne Zweifel bezeichnet dabei die Rückbesinnung auf den (humanistischen) Werkbegriff, der erst durch den New Medievalism und die konkomitante New Philology wieder infrage gestellt worden ist, die eigentliche Geburtsstunde der noch heute gültigen bzw. diskussionswürdigen Strukturuntersuchungen. Das be- rühmteste Beispiel stellt hier die sog. Doppelweg-Theorie dar, welche von Wil- helm Kellermann vorweggenommen — in der Motivdoppelung des Perceval sieht er die »Keimzelle der Doppelkomposition« —, durch die Arbeiten von Reto R. Bez- zola, Hugo Kühn und Erich Köhler zu einem beherrschenden Paradigma der Nachkriegsforschung aufrückte und die These einer spezifischen »Artusstruktur« (H. Kühn) rechtfertigte. Die These wurde — um nur zwei herausragende kritische Ansätze in Erinnerung zu rufen — von Köhler zu einem soziologisch dialektischen Modell der Versöhnung von Individuum und Gesellschaft weiterentwickelt und X Vorwort von Rainer Warning in mentalitäts- und geistesgeschichtlicher Perspektive in die Nähe eines typologischen Denkmusters gerückt. Die bekannte Unterscheidung von >klassischem< und >nachklassisch< epigonalem Artusroman (insbesondere in der germanistischen Tradition) war über Jahrzehnte ohne das Kriterium der sinnhaft eingesetzten Doppelwegstruktur kaum denkbar. Die schöne Formel Walter Haugs, »Strukturen als Schlüssel zur Welt« (Tübin- gen 1989), erscheint in dieser forschungsgeschichtlichen Perspektive als Krönung und Abschluß einer prädekonstruktivistischen Tradition, die ihren Ursprung in den 20er und 30er Jahren in den formgeschichtlichen Arbeiten von Georg Lukacs, Andre Jolles oder Clemens Lugowski haben dürfte und deren kritisches Potential noch bei Hans Robert Jauß zu erkennen ist. Lugowskis epochale, 1932 publizierte Schrift über Die Form der Individualität im Roman machte in bis heute unerreichter Meisterschaft »die interne Geschichtsphilosophie des Formprozesses« (wie Heinz Schlaffer in der Neuausgabe Frankfurt/M. 1994 anmerkt) zum Ausgangspunkt eines um die Vermittlung von Denkform und narrativer Struktur kreisenden For- schung. Die konsequente Übertragung der am Spätmittelalter erprobten Metho- dik auf die hochmittelalterliche Literatur steht im übrigen noch immer aus. Wie ein »stroke of genius« in der damals noch vorwiegend genetisch orientierten For- schungslandschaft der Roger Sherman Loomisjean Marx, Heien Newstead, Kon- rad Burdach u.a. erscheint immerhin das in eine ähnliche Richtung wie Lugowski weisende Buch von Wilhelm Kellermann, Aufbaustil und Weltbild Chrestiens von Troyes im Percevalroman (1936), das sein methodisches Rüstzeug nicht zufällig vor allem aus der germanistischen Epenforschung bezog. Wie in objektiver histori- scher Symbolik steht das Werk zeitgleich neben der Etude sur la Mart le roiArtu, mit der Jean Frappier die Strukturforschung über den altfranzösischen Prosaroman recht eigentlich eröffnete. Die betont strukturbezogene Forschung der Nach- kriegszeit ist — ausgehend wohl von Reto R. Bezzola — ohne diese beiden großen Namen nicht zu denken. Leitmotivisch sind — wie etwa in den Chretien-Studies von Z. P. Zaddy (Glasgow 1973) »problems of form and meaning« meist schon im Titel aufeinander bezogen. Erich Köhlers erstmals 1956 erschienene Arbeit über Ideal und Wirklichkeit in der höfischen Epik, eine der wirklich großen und bahnbrechen- den mediävistischen Untersuchungen, deren Untertitel Studien zur Form der frühen Artus- und Graldichtung ausdrücklich auf das Form- und Strukturproblem verweist, beruft sich nicht zufällig ausdrücklich - ähnlich wie Max Wehrli in seinem weg- weisenden Aufsatz über »Strukturprobleme des mittelalterlichen Romans« (1960) — auf das Vorbild Kellermanns und steht im übrigen in der geschichtsphilosophi- schen, hegelianischen Tradition des jungen Lukacs, dessen Konzept der Form als des »objektivsten äußersten und abstraktesten Ausdrucks der künstlerischen Wirk-

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