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Erste Grundlinien einer Einführung in eine allgemeine Bildung namentlich in die Philologie PDF

1132 Pages·2013·5.73 MB·German
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GOEDOC - Dokumenten- und Publikationsserver der Georg-August-Universität Göttingen 2013 Johann Matthias Gesner Erste Grundlinien einer Einführung in eine allgemeine Bildung namentlich in die Philologie, Historie und Philosophie als Hilfe für erläuternde Vorlesungen verfasst Primae Lineae Isagoges In Eruditionem Universalem, Nominatim Philologiam, Historiam Et Philosophiam, In Usum Praelectionum Ductae Der lateinische Text der 2. Auflage von 1784 (erschienen im Verlag Fritsch, Leipzig) wurde übersetzt von Klaus Pradel Gesner, Johann Matthias: Erste Grundlinien einer Einführung in eine allgemeine Bildung namentlich in die Philologie, Historie und Philosophie als Hilfe für erläuternde Vorlesungen verfasst - Primae Lineae Isagoges in Eruditionem Universalem, Nominatim Philologiam, Historiam Et Philosophiam, In Usum Praelectionum Ductae / der lat. Text der 2. Aufl. von 1784 (ersch. im Verl. Fritsch, Leipzig) wurde übers. von Klaus Pradel Göttingen : GOEDOC, Dokumenten- und Publikationsserver der Georg-August-Universität, 2013 Verfügbar: PURL: http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl/?webdoc-3889 Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Es steht unter Creative Commons Lizenz 3.0 „by-nc-nd“ als freie Onlineversion über den GOEDOC – Dokumentenserver der Georg-August-Universität Göttingen bereit und darf gelesen, heruntergeladen sowie als Privatkopie ausgedruckt werden. Es ist nicht gestattet, Kopien oder gedruckte Fassungen der freien Onlineversion zu veräußern. Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar. Die Originalausgabe der 2. Auflage von 1784 wurde digitalisiert von der Universität Mannheim und ist online verfügbar unter: http://www.uni-mannheim.de/mateo/camenaref/gesner2.html Einführung und Kontext Nachdem Johann Matthias Gesner vier Jahre an der Thomasschule in Leipzig tätig gewesen war, wurde er im Jahre 1734 nach Göttingen berufen. Er gehörte zu den ersten Professoren der Universität, die Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen im Auftrag des englischen Königs Georg II, gegründet hatte. Nach den Vorstellungen ihres Gründers sollte es eine besondere Akademie werden, eine Reformuniversität. Deshalb sollten die besten Gelehrten dort forschen und lehren. Ihren Reformcharakter machte unter anderem auch eine neue Art von Lehrveranstaltungen aus. Sogenannte enzyklopädische Vorlesungen sollten den Zusammenhang der Teilbereiche einer Wissenschaft darstellen. Derartige Vorlesungen wurden für alle Wissenschaften eingerichtet: die Mathematik/Physik, Medizin, Theologie und Rechtswissenschaft. Auch Gesner veranstaltete neben seinen Vorlesungen zu antiken Autoren und anderen speziellen Themen eine enzyklopädische Vorlesung als Einführung in die allgemeine Bildung, in der er alles zusammenstellte, was seiner Ansicht nach zu einer Grundbildung gehört. Daraus ist ein Buch entstanden und 1757 erstmals veröffentlicht, in dem Gesner in 1543 Paragraphen die Kerngedanken -ein, wie er selbst sagt, „Skelett“- seiner Einführung in eine allgemeine Bildung vorstellt. Diese Grundlinien dienten ihm und nach der Veröffentlichung auch seinen Studenten als Leitfaden seiner Vorlesung, in denen er zu jedem Paragraphen eine mehr oder weniger ausführliche Erläuterung vortrug sowie Literatur vorstellte und empfahl. Einer seiner Studenten war Johann Nikolaus Niklas, der als begeisterter Hörer die Vorlesung Gesners dreimal besucht hat. Beim dritten Mal fasste er den Plan, eine Mitschrift der Vorlesung zu erstellen, um die Lebendigkeit des gesnerschen Vortrags festzuhalten. Er legte sie Gesner vor, und sie wurde von diesem kurz vor seinem Tod 1761 autorisiert. Trotzdem zögerte Niklas mit einer Veröffentlichung. Dazu entschloss er sich erst nach langem Drängen von Freunden. 1774/75 erschien in Leipzig die erste zweibändige Auflage, der noch zwei weitere 1784 und 1786 folgten. Die hier vorgelegte Übersetzung bezieht sich prinzipiell auf die zweite Auflage von 1784: Blau markiert sind dabei die Zusätze der zweiten gegenüber der ursprünglichen Auflage von 1774/75. In den Fußnoten sind einige Kommentare zur besseren inhaltlichen Erschließung des Textes beigefügt. Zusammenfassung Eingeleitet wird der Text durch Vorworte von Niklas und Gesner, in denen der Erste beschreibt, wie es zur Mitschrift und ihrer Veröffentlichung gekommen ist, der andere die neue Form seiner Vorlesung darstellt und welche Art von Nutzen sie dem Hörer bringt. Das, was Gesner unter allgemeinenbildung versteht, teilt er in drei große Sachgebiete ein: Philologie, Geschichte, Philosophie. Mathematische und naturwissenschaftliche Fragen werden auch, aber nur beiläufig behandelt. Bevor er mit der Darstellung des ersten Sachgebiets beginnt, schickt er allgemeine Bemerkungen zur Fülle des Stoffs voraus und gibt allgemeine Lernregeln (§§ 1-72). Unter dem Oberbegriff Philologie (§§ 79-385) fasst er die alten und neuen Sprachen, die Dichtkunst, Rhetorik, das Verfassen von Briefen, die Mythologie, Musik und Malerei zusammen. Zur Geschichte (§§ 386-650) gehören Natur- Welt- und Kirchengeschichte sowie die Literaturgeschichte. Die Darstellung der Philosophie ist ausführlicher und füllt den ganzen Band 2 (§§ 651-1543). Sie dient mit ihren Teilgebieten Psychologie, Ontologie, Theologie und Logik der Bildung des Geistes, mit ihrem Teilgebiet Ethik bildet sie den Charakter. Gesner schließt mit praktischen Regeln zur Erziehung der Kinder und zur Familienführung. Der Übersetzung liegt der Text der 2. Auflage von 1784 zugrunde. Schlüsselwörter: Allgemeinbildung, Philologie, Bildungsgeschichte, Schulfächerkanon, Geistesbildung, Schulwesen, Lateinunterricht, praktische Erziehung, frühe Neuzeit Blau markiert Erweiterungen in der 2. Auflage 1784 Johann Matthias Gesner1 Erste Grundlinien einer Einführung in eine allgemeine Bildung namentlich in die Philologie, Historie und Philosophie als Hilfe für erläuternde Vorlesungen verfasst -------------------------- Jetzt ( in dieser Ausgabe) kommen die erläuternden Vorlesungen selbst zu den Anmerkungen des Verfassers verbessert (castigatae) und vermehrt (auctae) hinzu von Johann Nikolaus Niklas2 Band I ---------------------.. Ungebildete sollen lernen, und die Gebildeten sollen sich gern erinnern3 -------------- Leipzig auf Kosten (Verlag) Kaspar Fritsch 1774 ======================================== Dem angesehensten Und ehrwürdigsten Herrn Herrn Levin Friedrich Freibaron von Mahrenholtz aus der Dynastie in Diekhorst, Marenholtz Gerstenbüttel, Plettmar und Helbra 1 Zu Gesner: Friedrich, Reinhold: Johann Matthias Gesner – Sein Leben und sein Werk. Roth 1991 Schindel, Ulrich: Johann Matthias Gesner. Professor der Poesie und Beredsamkeit 1724-1761, in: Carl Joachim,Classen: Die Klassische Altertumswissenschaft an der Georg-August-Universität Göttingen. Eine Ringvorlesung zu ihrer Geschichte, Göttingen 1989 2 Johann Nikolaus Niklas ist am 5.4. 1733 in Gräfenwarth geboren und wurde 1760 Collaborator (=Hilfslehrer) an der Klosterschule zu Ilfeld. 1763 wurde er zum Konrektor der Michaelisschule in Lüneburg bestellt. Im Jahr 1770 erhielt er die Stelle des Rektors. Er starb am 22. 6. 1808 in Lüneburg. Niklas machte sich um die Bibliothek der Ritterakademie verdient, der er 1790 seine private Büchersammlung im Umfang von 9000-10000 Bänden verkaufte. (Info von Dr. Uta Reinhardt vom Stadtarchiv Lüneburg: [email protected]) 3 Charles Jean Francois Hénault (1685.1779), Hènault Abrègè chronologique de l’Histoire de France, 3. Auflage 1749. Gebildet nach Alexander Pope (1688-1744) Essay on criticisme, 1711 : content, if hence th’unlearn’d their view may wants/ the learn’d reflect on what before they knew. (Fumagalli 1896,397 und Helfer, Crater dictorum 1993, S. 73 1 Dem Leiter der Landsmannschaften des Herzogtums Lüneburg Abt an der Kirche St. Michael Oberstem Inspektor der Ritterakademie, die in Lüneburg blüht des englischen Königs und Kurfürsten von Braunschweig Stalles erster Präfekt und Kämmerer4 ------------------------------------- DIE GÜTIGSTEN FÖRDERER unserer Schule hätte der Verfasser des Buches, dessen neue Ausgabe ich DIR, ANGESEHENSTER HERR, übergebe, selbst angegeben, wenn ich ihn hätte fragen können, wem am ehesten er es gewidmet haben wollte. Diese ist nämlich das Saatfeld, auf dem jetzt seit 1742 Gesners Samenkörner, die eben dieses Buch zu einem guten Teil in sich trägt und bewahrt, ausgestreut werden, gehegt werden und, Missgunst sei dem Wort fern, gut gedeihen. Daher scheint es ein ganz glückliches Vorzeichen gewesen zu sein, dass er, dessen Name in der Liste der Mitglieder des philologischen Seminars die erste Stelle einnimmt5, zum Lehren hierher berufen wurde6. DEINE Güte, GNÄDIGSTER HERR, mir gegenüber aber ist derart, sowohl öffentlich als auch privat, dass ich mir den Vorwurf der Undankbarkeit zuzöge, wenn hier mein pflichtgemäßes Handeln aufhörte. Du hast mich nämlich nicht nur dadurch geehrt, dass du mich an die Spitze dieser Schule hier stelltest, sondern auch das gewährst du, dass DEINE Autorität, ANGESEHENSTER HERR, meine eigene fördert und unterstützt, so dass ich, was du mir zu tun aufgetragen hast, Herr, gern und, nach meiner Meinung, nicht ohne Gewinn machen kann. Verdientermaßen also und mit Recht hänge ich hier dieses Schriftstück auf, feierliche Wünsche für DEINE d.h. für die öffentliche Unversehrtheit sprechend und ich bitte und beschwöre GOTT den Unsterblichen mit reiner Frömmigkeit, dass er DICH mit allem, wonach das menschliche Wohlergehen eingeschätzt wird, so üppig und so lange wie möglich blühen, mit innerer Ruhe aber altern lässt. DEINEM ANGESEHENSTEN UND EHRWÜRDIGSTEN NAMEN Geschrieben zu Lüneburg am 1. Mai 1774 ergebenst Johan Nikolaus Niklas --------------------------------------------- 4 Levin Friedrich von Mahrenholtz war 1764 – 1784 Abt und Herr vom Hause St. Michael zu Lüneburg (Reinhardt) 5 Gesner hatte das philologische Seminar in Göttingen eingerichtet 6 d. h. ins Kurfürstentum Hannover, zu dem auch Göttingen gehörte. Gesner hat dann auch die Inspektion über das Gelehrte Schulwesen in Braunschweig- Lüneburg übernommen 2 Johann Nikolaus Niklas grüßt den geneigten Leser Zu den unsterblichen Verdiensten des göttlichen Heroen von Münchhausen7 um die Wissenschaften, die so groß sind wie sie größer nicht sein können, gehört auch der Auftrag, dass von den namhaftesten Gelehrten und von denen, die, jeder auf seinem Gebiet, ein Roscius8 waren, jener Kreis der Wissenschaften, der von den Griechen ἐγκύκλιος παιδεία genannt wird, denen, die die vornehmen Wissenschaften lernen wollen, dargestellt wird. Denn weil er sich sehr um die Akademie und um die Wissenschaften sorgte, wollte er, -in der klaren Erkenntnis, dass vor allem für unsere Zeiten eine solche Einrichtung nötig ist-, dass Lehrveranstaltungen von der Art, wie sie das Vorwort Gesners erklärt9, stattfinden. Wer aber wissen will, wem das übertragen worden war, dem glaube ich einen Gefallen zu tun, wenn ich den genauen Wortlaut, mit dem jeder damals die neuen Vorlesungen angekündigt hat und der auch in der ersten Auflage der Isagoge10 aufgenommen war, in der zweiten aber nicht mehr, hier noch einmal zitiere. Unter anderen also wurden auch folgende Vorlesungen angekündigt: IACOB WILHELM FEUERLEIN11 DR, wird in öffentlichen Vorlesungen um 9 Uhr die Studenten in die ganze theologische Enzyklopädie einführen, indem er die Grundgedanken aller ihrer Richtungen und ihrer besonderen Lehren darlegen wird, zusammen damit Ratschläge und Vorbehalte, die in ihrem Studium zu beachten sind, und ein Verzeichniss wichtiger Bücher. JOHANN STEPHAN PÜTTER12, DR: wird, wenn Gott es will, öffentlich die Enzyklopädie des Rechts oder den geeignetsten Weg zur gesamten Rechtwissenschaft vermitteln 7 Gerlach Adolph Freiherr von Münchhausen (1688-1770), hannoverscher Staatsminister unter König Georg II. Gründer der Göttinger Universität und von 1734-1770 deren erster Kurator. Er ordnete für alle Fakultäten der Reformuniversität Göttingen enzyklopädische Vorlesungen an. Die einzelnen Teile einer jeden Wissenschaft sollten miteinander verbunden und begründet werden, so dass sie als Teile eines zusammenhängenden Ganzen erscheinen. Mit der Anordnung Münchhausens war die Fachenzyklopädie geboren. Vgl. Walter Buff: Gerlach Freiherr von Münchhausen als Gründer der Universität Göttingen, Göttingen 1937. 8 So viel wie: Meister in seinem Fach. Gemeint ist Quintus Roscius Gallus, ein berühmter und wohlhabender Schauspieler, der wegen seiner meisterhaften Schauspielerkunst sprichwörtlich geworden ist. cf. Cicero, de or. 1, 130; Brutus 290 9 gemeint sind die fachenzyklopädischen Vorlesungen 10 zuerst erschienen 1757 11 Jacob Wilhelm Feuerlein (1689 – 1766) Theologe und Philosoph, von 1737- 1766 ordentlicher Professor für Theologie in Göttingen, Rektor 1737/1738, 1742, 1750/1751 und 1756 12 Johann Stephan Pütter (1725-1807), Staatsrechtler. Münchhausen holte den jungen Privatdozenten von Marburg nach Göttingen und förderte ihn sehr, 1747-1753 außerordentlicher, 1753-1807 ordentlicher Professor für Rechtswissenschaft in Göttingen. 1756/57 seine erste enzyklopädische Volesungsreihe 3 GEORG GOTTLOB RICHTER13, DR, wird öffentlich um 11 Uhr in einem einzigen Überblick das ganze Feld der medizinischen Bildung öffnen und den Zusammenhang der Bereiche, und er wird die Verdienste der wichtigen Wissenschaftler um sie kurz beschreiben. JOHANN MATTHIAS GESNER P.P.O.14 der Beredsamkeit und Poesie15 wird um 4 Uhr ein kleines Buch vorstellen, an dem er gerade arbeitet: Erste Grundzüge einer Einführung in eine allgemeine Bildung, namentlich in die Philologie, Historie, Philosophie. ABRAHAM GOTTHELF KAESTNER,16 P.P.O. ordentlicher Professor der Mathematik und Physik wird am Freitag17 und Samstag 18 die mathematische und physikalische Enzyklopädie (erläutern), indem er dem Faden seiner Thesen folgen wird, für deren Veröffentlichung er sorgen wird. Er wird die Gegenstände dieser Wissenschaften, ihre Bereiche zu vielfältigem Nutzen behandeln. Zugleich wird er erreichen, dass die herausragenden Autoren dieser Wissenschaften den Hörern bekannt werden. Beide Philosophen zusammen mit den anderen habe ich selbst auch gehört und ich denke noch oft an die Sorgfalt und den Eifer des bedeutenden KÄSTNER und niemals wird die gute Erinnerung, die sich mit ihm verbindet, schwinden. GOTT, der unsterbliche, möge bewirken, dass jenes bedeutsame Gestirn das Licht seines Geistes und seiner Gelehrsamkeit für die Welt, soweit sie wissenschaftlich gebildet ist, noch sehr lange ausbreitet und strahlen lässt. Weil ich an Gesners Vorlesungen schon mehr als drei Jahre ständig teilgenommen habe, glaubte ich, das meiste jedenfalls nicht so sehr neu zu lernen als zu wiederholen: aber, weil ich das, was ich vorher ungeordnet aufgenommen hatte, hier so gut geordnet vorfand und das, was auf diese Weise geordnet war, mit neuem Licht gleichsam übergossen wurde, haben mich diese Vorlesungen so gefesselt, dass ich aus jener unerschöpflichen Quelle der Weisheit und Wissenschaften nach meiner Erinnerung niemals etwas Süßeres getrunken habe als eben diesen Nektar der Gelehrsamkeit (πολυμαθία). Zweimal hintereinander hatte ich den Vorträgen dieses herausragenden Lehrers zugehört. Und als er zum dritten 13 Georg Gottlob Richter (1694-1773), 1735-1773 ordentlicher Professor für Medizin an der Universität in Göttingen. 5 mal Prorektor (1739, 1745, 1752/53, 1755, 1757) 14 Philosophiae Professor ordinarius 15 Bis ins 19. Jhdt hinein die Bezeichnung für den späteren klassischen Philologen 16 Abraham Gotthelf Kaestner (1719-1800), Mathematiker, Physiker, Dichter (Schüler Gottscheds) wurde 1755 von Münchhausen an die Göttinger Universität berufen und war von 1756-1800 ordentlicher Professor für Mathematik und Physik, 1766/67 Prorektor 17 im Text Zeichen für den Planeten Venus als Bezeichnung des Freitag (dies Veneris) 18 im Text Zeichen für den Planeten Saturn als Bezeichnung für Samstag (dies Saturni) 4 Male dieselben Vorlesungen hielt, war ich so weit davon entfernt; von ihnen gesättigt zu erscheinen, dass ich vielmehr wieder so dahin ging wie einer, der mit leerem Magen zum Essen kommt. Und weil ich die Trennung ahnte und ich ein lebendiges Bild GESNERS erhalten wollte, nahm ich mir vor, diese Vorlesungen in meine Aufzeichnungen aufzunehmen, damit darin ein Bild von ihm gleichsam feststeht. Was ich mir vorgenommen hatte, verfolgte ich mit Fleiß. Ich machte es wie die Maler: die zeichnen zuerst nur mit Linien das zukünftige Bild vor und, wenn sie überall auch die Farbe, die den Schatten hinzufügen, anbringen, machen sie das trotzdem nur soweit, dass eine gewisse Ähnlichkeit entsteht, dass sie das Übrige (dann) aber, wo immer sie wollen, auch wenn die Sache selbst nicht mehr vor ihren Augen ist, darstellen können. Im Hörsaal notierte ich vollständig nur auffallendere Formulierungen. Das meiste aber notierte ich mit Kürzeln (Abkürzungszeichen): kurz gesagt: ich schrieb nur so viel auf, wie ausreichte, um zu Hause das übrige vollkommen auszuformulieren. Dabei aber habe ich streng darauf geachtet, dass ich, soweit möglich, nur seine Formulierungen gebrauchte und ihre Reihenfolge nicht verdrehte. Also erreichte ich auf diese Weise, dass ich glaubte, GESNER zu mir sprechen zu hören, wenn ich vorlas, was ich aufgeschrieben hatte. Meine oben erwähnte Ahnung ist tatsächlich eingetreten. Es war noch nicht der zweite Monat vergangen, als mir aufgetragen wurde nach Ilfeld, GOTT soll es lieben, zu gehen. Wenn du mir das Exil verkündet hättest, ich wäre nicht stärker aus der Fassung geraten. So sehr tat es mir leid, das kaum begonnene Werk aufzugeben. Und dass er mir vom Königlichen Senat die Erlaubnis zu bleiben erwirkte, bis ich das Begonnene zu Ende gebracht hätte, empfinde ich als große Wohltat. Wenn ich die Arbeit beendet hätte, so sagte er selbst, indem er von mir Rechenschaft verlangte, wolle er sein Ebenbild betrachten. Dass er damit Ernst gemeint hat, kann man daran erkennen, dass er dieses Dokument nicht nur einige Tage bei sich hatte, sondern auch überall eigenhändig einige Zeilen zugefügt hat. Als er es zurückgab, sagte er unter anderen Schmeicheleien, mit denen er diesen Menschen (=mich) ansprach: „Ich erkenne mich wieder. Ich hatte vor, meiner Isagoge, von der ich bislang nur erste Grundzüge aufgeschrieben hatte, zur rechten Zeit auch einige Ausschmückungen zuzufügen. Aber diesem Vorsatz hast du ausreichend genüge getan, du darfst dieses Bild auch veröffentlichen. Ich entziehe mich nicht der Verantwortung, unter der Bedingung jedoch, dass du Fehler beseitigst, sowohl meine in den Vorlesungen, als auch deine in den Aufzeichnungen.“ „So soll es nicht sein“, antwortete ich, „das nehme ich nicht an. Das soll (zwar) vorläufig von mir geschrieben sein. (Aber) das, was veröffentlicht werden soll, wirst du besser selbst zu Ende führen. Dass du dich noch lange um deine Sachen kümmern kannst, darum bitte ich kniefällig GOTT, den Besten und Größten.“ Das waren damals unsere Worte. Aber dem ewigen Lenker unserer Geschicke gefiel es anders. Bald wurde seine Gesundheit angegriffen und wenig später wurde 5 der große Geist GESNERS und seine große Bemühung um die besten Künste, die sich auf eine auserlesene und nahezu grenzenlose Gelehrsamkeit stützte, ganz den menschlichen Dingen entrissen. Unterdessen habe ich diese Vorträge, die wertvoller als die kostbaren Edelsteine sind, mit größter Sorgfalt bewahrt. Trotzdem überließ ich sie großzügig Freunden zum Gebrauch, sooft sie wollten, auch denen, die weit entfernt wohnten, von wo sie nach einem Jahr endlich einmal zurückgeschickt wurden. Das aber, wozu mich einige aufforderten, sie nämlich zu veröffentlichen, konnten sie nicht durchsetzen. Nicht um sie missgünstig versteckt zu halten, sondern weil ich sie nicht unüberlegt einem ungewissen Schicksal übergeben wollte. Wenn du es wissen möchtest: Ich wollte, dass ihre Veröffentlichung das letzte meiner irdischen Werke sei, und ich hatte mir vorgenommen, das erst dann zu tun, wenn ich das Empfinden hätte, nicht mehr weit vom Ende meines Lebens entfernt zu sein. Aber, am Ende des Sommers letzten Jahres, behauptete ein Hochwürden, der aber überhaupt nichts von meinen Vorlesungsaufzeichnungen wusste, als er von einer Reise zurückgekehrt war, dass er nicht nur an einem Ort Menschen getroffen habe, die sich gewünscht hätten, dass ich das der Gesnerschen Isagoge beifüge, was ich dem Heineccianischen19 Buch gegeben hätte, und einen kleinen Kommentar zufügen solle. Ihm sei aufgetragen worden, mich dazu aufzufordern. Und es waren, soweit ich das beurteilen konnte, darunter auch solche, die das Recht dazu hatten. Da wurde mein alter Vorsatz zum ersten Mal beträchtlich aus der Bahn gebracht und erschüttert. Schließlich wandte ich mich in dieser Angelegenheit über einen Freund an den Buchhändler (=Verleger), der schon zweimal (das Buch) verlegt hatte20. Er aber wies das weit von sich. Es traf sich gut, dass ein anderer nicht lange gesucht werden musste. Deshalb begann ich die Sache ernsthaft voranzutreiben, und wie die Nächte vorher in Göttingen, verbrachte ich sie nun in Lüneburg den Winter hindurch mit dieser Arbeit. Bei der Überlegung aber, wie ich es denn nun genau machen solle, war ich zerrissen. Endlich, nachdem ich alles gegeneinander abgewogen habe, beschloss ich, meine Aufzeichnungen nicht zu kürzen und auch nicht umzuformulieren, sondern sie so zu lassen, wie sie von mir von Beginn an aufgeschrieben waren. Wie gekonnt GESNER zu schreiben wusste, sagt die Sache selbst und die vielen unsterblichen Schriften. Wie er aber war, wenn er persönlich lehrte, geht daraus nicht hervor. Und weil große Männer sich gewünscht haben, unseren Lehrer das, was er in dieser Kurzfassung seiner Gedanken eingeschlossen hatte, 19 gemeint sind die zuerst 1720 erschienenen Fundamenta Stili Cultioris von Johann Gottlieb Heineccius (1781-1741), die Gesner Leipzig 1743, mit eigenen Angaben erweitert, neu herausgab. 1761 erschien eine von Niklas erweiterte Fassung: Jo. Gottl. Heineccii Fundamenta stili culterioris/nunc demum omnibus Jo. Matthiae Gesneri animadversionibus, emendationibus, additamentis et praefatione lucupletata. Accuravit, digessit, suas quoque observationes adiecit Niclaus Niclas. Leipzig 1761 20 Die Isagoge war 1756 und 1760 in Göttingen (und Leipzig) bei Daniel Friedrich Kübler erschienen 6

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abrufbar. sich damit begnügte Homer, Cicero und andere genannt zu haben, wenn er sie .. Cicero, De oratore III 67). 60.
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