Königs Erläuterungen und Materialien Band 463 Erläuterungen zu Arthur Schnitzler Lieutenant Gustl von Horst Grobe Über den Autor dieser Erläuterung: Horst Grobe, Jahrgang 1944, Studium der deutschen und englischen Philologie, der Philosophie und der allgemeinen Sprachwissenschaften (Bonn 1963–69), Fremdsprachenas- sistent in Großbritannien (1966/67), Referendariat (Aachen 1969/70), Tätigkeit im gymnasialen Schuldienst in Nordrhein- Westfalen in verschiedenen Funktionen seit 1969, Dr. phil. (Bochum 1993). Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich ge- schützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Weder das Werk noch seine Teile dürfen ohne vorhe- rige schriftliche Einwilligung des Verlages öffentlich zugänglich gemacht werden. Dies gilt auch bei einer entsprechenden Nutzung für Unterrichtszwecke! 2. Auflage 2009 ISBN: 978-3-8044-1866-0 © 2007 by Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelabbildung: Arthur Schnitzler Druck und Weiterverarbeitung: Tiskárna Akcent, Vimperk 2 Inhalt Vorwort ................................................................ 4 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk .................. 6 1.1 Biografie ................................................................ 6 1.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund ............................. 12 1.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken ........................................ 30 2. Textanalyse und -interpretation ......................... 33 2.1 Entstehung und Quellen ......................................... 33 2.2 Inhaltsangabe ......................................................... 35 2.3 Aufbau ................................................................... 38 2.4 Personenkonstellation und Charakteristiken............ 44 2.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen ................ 61 2.6 Stil und Sprache ..................................................... 71 2.7 Interpretationsansätze ............................................ 79 3. Themen und Aufgaben ....................................... 82 4. Rezeptionsgeschichte ........................................... 84 5. Materialien ........................................................... 89 Literatur ............................................................... 102 (Zitiert wird nach: Arthur Schnitzler: Lieutenant Gustl. Herausgegeben von Konstanze Fliedl. Stuttgart: Reclam, RUB Nr. 18156, durchgesehene Ausgabe 2009.) 3 Vorwort Vorwort Arthur Schnitzlers Novelle Lieutenant Gustl entsteht in der Um- bruchzeit zwischen dem 19. und 20. Jahrhundert, in der sich die Moderne herausbildet. In Politik, Gesellschaft und Wissen- schaft herrscht noch die Sicherheit des Überkommenen vor, die Tradition vermittelt das Gefühl der Gewissheit, während der Untergrund immer brüchiger wird, bis sich ein neuer trag- fähiger Untergrund herausgebildet hat. Die k. u. k. Monarchie steht vermeintlich fest gegründet, bis sie der Erste Weltkrieg hinwegfegt; Natur- und Ingenieurwissenschaften gelangen auf der Basis des Neopositivismus zu beachtlichen Erkenntnissen und ermöglichen neue Erfindungen, während die Psychologie das menschliche Seelenleben mit seinen Abgründen neu be- stimmt. Aus einer bürgerlichen Familie mit jüdischer Herkunft stammend, setzt Arthur Schnitzler seine Kenntnisse als Arzt und sein psychologisches Wissen ein, um das gesellschaftliche Verhalten des Menschen zu analysieren und es mit größtmög- licher Genauigkeit zu beschreiben. Er verlängert die psycho- logische Betrachtung in die Literatur. Im Jahr 1900 erschei- nen zuerst Sigmund Freuds Die Traumdeutung, im Dezember Schnitzlers Novelle Lieutenant Gustl. Im inneren Monolog, den in der deutschen Literatur Schnitzler zum ersten Mal einsetzt, offenbart der Protagonist Leutnant Gustl seine Abhängigkeit des Verhaltens und Denkens von der ständischen Gesellschaft (Militärstand) der Zeit. Sie zeigt sich u. a. in seinen Vorurteilen gegen Juden, Frauen und Zivilisten, in der Hohlheit seines Ehrbegriffs und in seinem unterschied- lichen Verhalten gegenüber Personen, die seiner Einschätzung nach über oder unter ihm stehen. Die Hauptfigur ist als Leut- nant eine Schlüsselfigur der Zeit, und ihr Versagen zeigt sich 4 Vorwort Vorwort im Zusammenhang mit der Institution des Duells, das für die zeitgenössische Gesellschaft von zentraler Bedeutung ist. In- sofern zielt die Novelle auf den Nerv der Gesellschaft. Die Novelle wurde umgehend skandalisiert und in der politischen Auseinandersetzung der Zeit zwischen dem absteigenden Libe- ralismus und den aufkommenden antisemitischen und konser- vativen Kräften instrumentalisiert. Der Text hat seinen festen Platz in der literarischen Öffentlich- keit und im Deutschunterricht gefunden. Er ermöglicht durch Thematik und Gestaltung die Einbettung in viele Lese- und Fragehorizonte. Das vorgelegte Bändchen will dazu beitragen, indem es u. a. Aspekte wie Entstehungszeit, Traditionszusam- menhang, Gestaltung und Rezeption akzentuiert, Zugänge für die Interpretation darstellt, Materialien bereitstellt und Aufga- ben für die Beschäftigung mit dem Text vorschlägt. Horst Grobe Vorwort 5 1.1 Biografie 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1862 Wien Arthur Schnitzler am 15. Mai geboren; Vater: Professor Dr. med. Johann Schnitzler (1835– 1893), Laryngologe (Kehlkopf- spezialist), Direktor der Allge- meinen Wiener Poliklinik von 1880–1893, Gründer der Inter nationalen Klinischen Rundschau; Mutter: Louise Schnitzler, geb. Markbreiter (1838–1911) 1865 Wien Geburt des Bruders Julian (gest. 3 1939) 1867 Wien Geburt der Schwester Gisela 5 (gest. 1953) 1871– Wien Besuch des Akademischen Gym- 9–17 1879 nasiums; Abschluss: Matura (Abitur) 1879– Wien Medizinstudium 17–22 1884 1882– Wien Einjährig-Freiwilliger im Wie- 20–21 1883 ner Garnisonsspital Nr. 1 in Wien; Offiziersprüfung 1885 Wien Promotion zum Dr. med.; Assis- 23 tenzarzt im Allgemeinen Kran- kenhaus und in der Poliklinik, 6 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter Abteilung Nervenpathologie; Bekanntschaft mit Sigmund Freud 1886 Wien Sekundararzt in der Abteilung 24 für Psychiatrie; Kennenlernen mit Olga Waissnix (1862–1897); regelmäßige Veröffentlichungen in literarischen Zeitschriften ab 1887 Wien Redakteur der Internationalen 25 Klinischen Rundschau 1888 Berlin, London Studienreisen nach Berlin und 26 London 1889 Wien Beginn des Verhältnisses mit 27 der Schauspielerin Marie (Mizi) Glümer (1873–1925) 1890 Wien Kennenlernen mit Hugo von 28 Hofmannsthal (1874–1929), Fe- lix Salten (1869–1945), Richard Beer-Hofmann (1866–1945), Hermann Bahr (1863–1934), ge- hört mit diesen einem Kreis der Wiener Moderne an, dem sog. Jung-Wien 1893 Wien Assistent seines Vaters an der 31 Poliklinik; nach dem Tod des Vaters Eröffnung einer Privat- praxis 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk 7 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1894 Wien Erste Begegnung mit der Ge- 32 sangslehrerin Marie Reinhard (1871–1899); Beginn des Brief- wechsels mit Georg Brandes (1842–1927), dänischer Lite- raturkritiker, Philosoph und Schriftsteller 1895 Beginn des Briefwechsels mit 33 Otto Brahm (1856–1912), Di- rektor des Deutschen Theaters in Berlin 1896 Skandinavien Kennenlernen mit Alfred Kerr 34 (1867–1948); Nordlandreise, dabei Besuch bei Henrik Ibsen (1828–1906) 1898 Fahrradtour (z. T. gemeinsam 36 mit Hugo von Hofmannsthal) durch Österreich, die Schweiz, Oberitalien 1899 Wien Tod Marie Reinhards (Blind- 37 darmdurchbruch); erste Begeg- nung mit der Schauspielerin Olga Gussmann (1882–1970), seiner späteren Ehefrau 1900 Wien Mitte Juli Entstehung des Lieute 38 nant Gustl, Erstabdruck am 25. 12. in der Neuen Freien Presse 8 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk 1.1 Biografie Jahr Ort Ereignis Alter 1901 Wien Aberkennung des Offiziersrangs 39 wegen Veröffentlichung des Li eutenant Gustl 1902 Wien Geburt seines Sohnes Heinrich; 40 erster Kontakt mit Karl Kraus (1874–1936); Besuch mit Otto Brahm bei Gerhart Hauptmann (1862–1946) in Agnetendorf 1903 Wien Heirat mit Olga Gussmann 41 1909 Wien Geburt seiner Tochter Lili (gest. 47 1928) 1910 Wien Kauf eines Hauses in der Stern- 48 wartestraße 71 im 18. Bezirk (Währing) und Einzug 1911 Wien Tod der Mutter 49 1921 Wien Scheidung, die beiden Kinder 59 bleiben bei Schnitzler 1922 Wien Erstes längeres Treffen mit Sig- 60 mund Freud 1923 Wien Erster Präsident des österrei- 61 chischen PEN-Clubs 1926 Berlin Letztes Treffen mit Sigmund 64 Freud 1928 Vendedig Freitod der Tochter Lili, der 66 Schnitzler tief trifft 1931 Wien Arthur Schnitzler stirbt am 69 21. Ok tober an den Folgen einer Gehirnblutung; Beerdigung auf dem Wiener Zentralfriedhof 1. Arthur Schnitzler: Leben und Werk 9
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