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Ergebnisse der Hygiene Bakteriologie Immunitätsforschung und Experimentellen Therapie: Fortsetzung des Jahresberichts Über die Ergebnisse der Immunitätsforschung Sechster Band PDF

653 Pages·1924·32.144 MB·German
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ERGEBNISSE DER HYGIENE BAKTERIOLOGIE .. IMMUNITATSFORSOHUNG UND EXPE RIME NTELLEN THERAPIE -FORTSETZUNG DES JAHRESBERICHTS tJBER DIE ERG EBNISSE DER IMMUNITĂTSFORSCHUNG UNTER MITWIRKUNG HERVORRAGENDER FAOHLEUTE HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR DR. WOLFGANG WEICHARDT ERLANGEN SECHSTER BAND MIT 32 ABBILDUNGEN SPRINGER-VERLAG BERLIN HEIDELBERG GMBH 1924 Alle Rechte, insbesondere das der Übersetzung in fremde Sprachen, vorbehalten. Copyright 1924 by Springer-Verlag Berlin Heidelberg Ursprünglich erschienen bei Julius Springer in Berlin 1924 Softcover reprint of the hardcover 1st edition 1924 ISBN 978-3-642-90548-3 ISBN 978-3-642-92405-7 (eBook) DOI 10.1007/978-3-642-92405-7 Znr Einfuhrnng. 1m vorIiegenden Bande behandeln 0 t to und M u n t e r die zur Zeit im Vo rdergrund des Interesses stehende "B a k t e rio p hag i e" . AIle bis in die letzte Zeit hinein iiber diese Erscheinung vorliegenden Veroffentlichungen sind kritisch besprochen und iibersichtlich zusammengestellt. Man gewinnt mehr und mehr den Eindruck, daB diese Untersuchungen, weit iiber die urspriing Iiche Fragestellung hinaus, befruchtend wirken. Ebenso hat Pfannenstiel die in der WeltIiteratur vorliegenden ausge dehnten Versuche, eine S er 0 diagn os tik der Tu berku lose zu ermoglichen, gesammelt. Diese Bestrebungen haben ja im letzten Jahre wieder erneutes Interesse erregt. Wesentlich schien es, die Arbeiten, welche mit soviel Erfolg zur atiologischen und diagnostischen Klarung der Trypanosomenkrankheit der Be s c h a I s e u c h e gefiihrt haben, von fachmannischer Seite zu besprechen. D a h men zeigt, daB die auf Grund der neuzeitlichen HiIfsmittel der Serodiagnose durchgefiihrten Fest stellungen der VeterinarpoIizei die Moglichkeit in die Hand geben innerhalb weniger Wochen den Umfang der Epizootieen festzustellen. Gerade auf veterinar arztlichem Gebiete sind ja die praktischen Erfolge der Epidemiologie oft greif barer als auf dem Gebiete der Humanmedizin. Konnen doch hier die not wendigen MaBnahmen vielfach riicksichtsloser und durchgreifender ausgefUhrt werden. Aus der 2. Bearbeitung Dahmens iiber die Lungenseuche des R i n d vie h e s geht hervor, daB die Kenntnis dieser sehr interessanten Er krankung, die von fiItrierbaren Erregern hervorgerufen wird, durch neuere Arbeiten wesentlich gefordert worden ist. Wichtig erschien es ferner, daB die FiiIle der Veroffentlichungen, die in den letzten J ahren ii ber die Co c c i die n i n f e k t ion erschienen sind, fiir die Fach genossen in iibersichtlicherForm dargesteIltwurde. v. Wasielewski, demdiese Forschung so viel verdankt, hat sich der Miihe unterzogen dieses Kapitel in praziser Form, den neuesten Erkenntnissen entsprechend, darzustellen. Kn orr hat an der bakteriologischen Untersuchungsanstalt ErIangen iiber die Beziehung des Pfeifferschen Influenzabacillus zumKoch-Weeks s c hen B act e r i u m Erfahrungen gesammelt und ii ber die interessanten Ver haltnisse der sogenannten "Wuchsstoffe" fUr diese Erreger. Er hat die in der gesamten Weltliteratur zerstreuten Arbeiten iiber diese Fragen mit groBer Sorgfalt zusammengestellt. Graetz arbeitete das ungeheure Schrifttum iiber die biologische Spezifitat der Organantigene durch und beschreibt die daraus sich ergebenden Tat sachen und Probleme ebenfalls kritisch und iibersichtlich. ErIangen, im Oktober 1923. Der Herausgeber. Inhaltsverzeichnis. Seite I. Otto, Geh. Med.-Rat. Prof. Dr. Richard und Munter, Dr. Hans, Bakteriophagie. (d'Herellesches Phiinomen.). . 1 II. Pfannenstiel, Dr. W., Zusammenfassende Studie uber die Ergeb- nisse der Serodiagnostik der Tuberkulose und Lepra (Agglu- tination, Priicipitation und Komplementbindung) . 103 III. Dahmen, Dr. Hans, Bescha,lseuche . 233 IV. Dahmen, Dr. Hans, Die Lungenseuche des Rindviehs. 281 V. v. Wasielewski, Prof. Dr. Th., Fortschritte der Coccidienfor- schung. (Mit 15 Abbildungen) . ..... 305 VI. Knorr, Priv.-Doz. Dr.M., Das Koch-Weekssche Bacterium und der Pfeiffersche Influenzabacillus. (Mit 17 Abbildungen). . 350 VII. Graetz, Priv.-Doz. Dr. Fr., Dber Probleme und Tatsachen aus dem Gebiete der biologischen Spezifitat der Organantigene in ihrer Bedeutung fur Fragestellungen der normalen und patho- logischen Biologie . ..... 397 VIII. Otto, Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Richard und Munter, Dr. Hans, Bakteriophagie (Nachtrag) . 592 Na men verzeichn is. . 612 Sachverzeichnis ... 631 Inhal t der Bande I-VI 646 I. Bakteriophagie. (d'Herellesches Phanomen.) Von Richard otto und Hans Munter-Berlin. Inhalt1). Seite I. Literatur tlberblick bis zu Twort und d'Herelle; Bezeichnung und Dar- stellung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .• 1 II. d'Herelles Grundversuch; Bakteriophagentheorie. Lysine Turros. Lysozym A. Flemings. . . . . . . 10 III. Die "bakteriophage" Lyse . 12 IV. Fundorte des Lysine 15 V. Lysin aus "Bakterien allein" 19 VI. Methodik . . . . . . . . 24 A. Gewinnung des Lysins . 24 B. Nachweis .. . . . . . 25 C. Auswertung . . . . . . 31 D. Steigerung der Wirksamkeit 33 E. Fehlerquellen. . . . . . . 34 F. Konservierung des Lysins . 36 VII. Das bakteriophage Lysin und die Bakterien 37 VIII. Einheit und Spezifitat . . • . . . . . . . 45 IX. Taches vierges ............. 49 X. Verhalten des Lysins gegen physikalische und chemische Eingriffe 51 XI. Verbleib des Lysins im Korper (nach experimenteller Applikation) . 58 XII. Veranderungen der Bakterien durch das Lysin. Resistente und lysinogene Keime • . 59 XIII. Antilysin • . . . . . 66 XIV. Immunitat . . . . . 73 XV. Natur des Lysins . . 82 XVI. Schlu.Bbetrachtungen . 92 XVII. Literaturverzeichnis . 97 I. Literatur-'Oberblick bis zn Twort und d'Herelle; Bezeichnnng nnd Darstellung. 1m Jahre 1917 machte d'Herelle Mitteilungen fiber einen gegen Ruhr bacillen antagonistisch wirkenden und die Bakterienfilter passierenden Mikroben. Er berichtete, daB er bei Ruhrrekonvaleszenten das Zusammenfallen des Ver- 1) Abgeschlossen im April 1923. Ein Nachtrag wird am Schlusse des Bandes erscheinen. Ergebnisse der Hygiene. VI. 1 2 Richard Otto und Hans Munter: schwindens der Ruhrkeime im Stuhl mit dem Auftreten eines invisiblen Lebe wesens festgestellt habe. Dieser sei ein obligater "Bakteriophage", was be sagen sollte, ein auf Kosten der Bakterien lebender Parasit. Sein Parasitismus sei streng spezifisch, doch konne er sich allmahlich durch Gewohnung auf ver schiedene Keime einstellen. Es schien ihm - zunachst bei der bacillaren Dysen terie -, daB neben einer vom befallenen Organismus ausgehenden homologen, antitoxischen Immunitat noch eine heterologe, antimikrobielle Immunitat be stehe, welche durch den neuen, antagonistisch wirkenden Mikroorganismus erzeugt wfude. So kam er zur Aufstellung seiner "Bakteriophagen"-Theorie, die dem von ihm beobachteten Phanomen der Bakterienauflosung, welches spater in der Literatur vielfach als "d'Herellesches Phanomen" bezeichnet ist, nicht nur eine auf die Dysenterie beschrankte, sondern eine allgemeine Bedeutung zu sprach (vgl. S. 11). Diese Theorie hat wohl mehr als das erwahnte Phanomen selbst die all gemeine Aufmerksamkeit auf die Arbeiten d'Herelles gelenkt. Die Erscheinung einer "iibertragbaren Bakterienauflosung" hatte wohl weniger iiberrascht; denn es lagen - wie ein kurzer -oberblick lehrt - bereits eine Reihe alterer Beobach tungen iiber ahnliche, die Bakterien in vitro schadigenden und auflosenden Stoffe vor, deren serienweise Fortfiihrung bis dahin allerdings nicht geniigend beachtet war. Anfangs erblickte man die Ursache dieser Schadigung, insbesondere, soweit sie als Wachstumshemmung zu erkennen war, in einer Erschopfung des Nahr bodens an Nahrsubstanzen. Indessen hatte man bereits lange vor d'Herelle erkannt, daB es eine Art "Selbstverdauung" der Bakterien gabe, bei der andere, und zwar spezifisch thermolabile Momente die entscheidende Rolle spiel ten. Die Entstehung dieser Stoffe muBte mit dem Wachstum bzw. dem ZerfaIl der Bakterien im Zusammenhang stehen, weil ihre Wirksamkeit von der Menge der in der Kultur vorhandenen Keime abhangig war. Bei der groBen Bedeutung, welche die Arbeiten iiber die Autolyse der Bak terien fiir die "Bakteriophagenforschung" haben, sei auf diese hier naher ein gegangen. Bereits 1892 hatten Kruse und Pansini das Verschwinden der Pneumo kokken in alteren Bouillonkulturen, deren Wachstum aufgehort hatte, beschrieben. Sie sahen bei solchen Kulturen - bei anderen Bakterien war dies weniger deut lich - an Stelle der zuerst bestehenden Triibung mit geringerem Bodensatz die Bouillon sich klaren, ohne daB der Bodensatz sich wahrnehmbar vermehrte. Die ersten Autoren, welche den Zerfall und die Wachstumshemmung der Bak terien direkt dem Vorkommen spezifischer thermolabiler Substanzen zuschrieben, waren Emmerich und Low (1899). Low beobachtete, daB Bakterienmischkulturen, welche (nach dem Resultat der Gelatineplattenkulturen) den B. pyocyaneus in vorherrschender Zahl ent hielten, dicke Bakterienhautchen an der Oberflache und ein reichliches Bak teriensediment bildeten; beide wurden bei langerem Stehen fast vollstandig aufgelost. Diese Erscheinung trat besonders deutlich auf, wenn man in Abstanden von 3 Tagen die Kulturen schiittelte und dadurch die Hautchen zerriB. Sie sanken zu Boden und bildeten sich dann 6--8 mal wieder von neuem. Danach entsprach jedoch der Bodensatz nicht mehr der Gesamtmenge aller zerstorten Hautchen. Sie waren also aufgelOst. Mikroskopisch fanden sich in dem Boden- Bakteriophagie. 3 satz auBer sehr vereinzelten Stabchen nur feinkornige, mit Fuchsinlosung sich farbende Massen, welche als Zerfallsprodukte der BaciIlen aufzufassen waren, sodann runde, sich nicht farbende, wahrscheinlich aus Fett bestehende Tropf chen und auBerdem noch verschiedenartige Krystalle. R. Emmerich sah in BouiIlonkulturen von Schweinerotlaufbacillen nach kurzer Zeit eine Agglutination der Bakterien eintreten, wobei sich rue anfangs gleichmaBig verteilten Bacillen zu schleimigen Massen am Boden des Reagem glases zusammenballten. Wahrend die Bouillon anfangs wie durch feinste Krystalle gleichmaBig getriibt erschien, klarte sie sich nach 2-3 Tagen auf, und am Grunde des Reagensglases saB ein kaum linsengroBes Haufchen von Bacillen, die beim Schiitteln wie ein Konvolut ineinander verschlungener und verklebter feinster Fasern in der Fliissigkeit flottierten, wobei die schleimige Fasermasse noch am Boden festhielt. Dbertrug Emmerich von der iiberstehenden Fliissigkeit etwa 1 ccm mit Teilen des agglutinierten Bodensatzes in eine neue Bouillonprobe, so wurde (bei 25°) in immer kiirzerer Zeit ein agglutinierter Bodensatz gebildet, der aber der Menge nach viel geringer war als der erste. Nach 2-3 maliger Wiederholung war schlieBlich weder Triibung noch. Bodensatzbildung iiberhaupt mehr nachweis bar ; die Bacillenmasse wurde nahezu vollstandig bis auf mikro skopische, kaum mehr wahrzunehmende Partikelchen gelOst. Mitunter - nach haufiger Dbertragung groBerer Mengen - wurden die BaciIlen vollstandig gelost und die Dbertragung der Kultur gelang nun nicht mehr. Emmerich und Low erblickten die Ursache dieserErscheinungen in bakteriolytischen Enzymen; sie weisen auf eine Beobachtung von R. Hartig hin, nach der selbst hohere Organismen, wie Pilze, ein Enzym liefem konnen, das die alteren Partien des Pilzmycels radikal auflOsen kann. Ahnliche Beobachtungen einer Bakterienauflosung durch Fermente wurden auch von anderen Seiten gemacht. Gamaleia gewann 1899 aus Milzbrandbacillen und anderen Bakterien durch die Behandlung mit destilliertem Wasser ein die Bakterienstamme auflosendes Ferment. Fallte er die wirksamen Stoffe mit Essigsaure und brachte den Nieder schlag mit Ammoniak in Losung, so verwandelte das so behandelte Agens eine Bakterienemulsion in 6-12 Stunden in eine durchsichtige Fliissigkeit von kaum merkbarer Triibung. Aus dieser gelOsten Bakterienmasse konnte er nach dem gleichen Vorgang das bakterienlosende Ferment gewinnen. Auch Malfi tano, der 1910 die Spontanbakteriolyse bei Milzbrandbacillen beobachtete, fiihrte sie auf die Anwesenheit einer proteolytischen Diastase in der Bakterienzelle zuriick. Brachte er von einer 24 Stunden alten Agarkultur Bakterien in destilliertes und sterilisiertes Wasser und bebriitete dieses bei 30-50°, so sah er, wie sich nach einigen Stunden rue Bakterien auflOsten und Formen bildeten, wie sie den sonstigen AuflOsungsstadien zu eigen waren. Die Fliissigkeit, in der die Auflosung vor sich ging, war reich an Diastasen. Erhitzte er nun solche Bakteriengemische 1/2 Stunde auf 65°, so hielten sich die Bakterien in ihr lange unaufgelOst. Fiigte er jedoch zu solchen erhitzten Gemischen ein wenig Fliissigkeit von nicht erhitzten hinzu, so trat wiederum rasch Bakterien auflOsung ein. Langsamer ging dieser AuflosungsprozeB in physiologischer Koch salzlosung vor sich, noch mehr wurde er verzogert, wenn die Fliissigkeit reich an Peptonen und EiweiBstoffen war. 1* 4 Richard Otto und Hans Munter: 1m Hinblick auf spateI' zu erwahnende Beobachtungen d'Herelles sei bier gleich noch bemerkt, daB Malfitano und Strada (1905) auch schon fiber eine "Antiprotease", die neben den proteolytischen Fermenten in den Milzbrand kulturen auftrat, berichtet haben. Danysz stellte (1900) ebenfalls Autolyse bei Milzbrandbacillen durch Eigen fermente fest; Rattenserum (besonders bei Verdiinnung mit destilliertem Wasser) begiinstigte die Ausscheidung und Wirksamkeit des von den Bakterien gelieferten Ferments. Bekannt ist die von Marmorek (1902) beobachtete Erscheinung, daB sich die in eine filtnerte Streptokokkenbouillon neu eingesaten Streptokokken meist nicht vermehren, selbst wenn die ersten Streptokokken in der Bouillon VOl' der Filtration nul' kurze Zeit geziichtet waren, daB dagegen in einer solchen filtrierten Bouillon andere Bakterien, z. B. Staphylo-und Pneumokokken, gedeihen und sich vermehren konnen. Lode entdeckte (1903) gelegentlich einen Kokkus, del' auf Mikrococcus tetra genus und auf andere Mikroorganismen einen antagonistischen EinfluB ausiibte. Wenn er namlich den Kokkus auf frisch besate Platten in Formvon Impfstrichen auftrug, so bildeten sich urn dieselben Hemmungskreise. Wir fiihren diese Be obachtung bier an, trotzdem Lode auf Grund weiterer Versuche (mit keimfl'ei filtrierten Bouillonkulturen, welche lehrten, daB das wirksame Prinzip bei 600 beeintrachtigt, abel' erst bei langerdauernder Wirkung vollig aufgehoben wurde), davon Abstand genommen hat, von einem Enzym zu sprechen. Auch hat er einen dialysierbaren Korper in den Handen gehabt. Trotzdem kann es sich in diesem FaIle urn die gleichen Substanzen wie bei den obigen Autoren ge handelt haben. Zum Thema Spontanklarung ist noch zu bemerken, daB, wie d'Herelle er wahnt, im Laboratorium von Haffkine wiederholt beobachtet ist, daB sich Pestkulturen im Laufe weniger Stunden aufhellten, so daB die Fliissigkeit fast vollig klar wurde. Da man ffir dieses. sonderbare Phanomen keine Ursache ge wuBt habe, so habe man von "Kulturen, die sich selbst klarten" gesprochen. d'Herelle ist geneigt, diese Aufhellung mit del' Wirkung seines "Bakterio phagen" in Zusammenhang zu bringen. Krencker berichtet (1903) eingehend iiber die Bactericidie von Bacterien filtraten. Bedeutungsvoll ffir die uns interessierende Erscheinung del' bakteriophagen Lyse sind nun die Beobachtungen von Eij kmann sowie von Conradi und Kurpjuweit (1905). Eijkmann ging bei seinen Versuchen von del' bekannten Erscheinung aus, daB das Wachstum von Bakterienkulturen, falls keine Dbertragung auf frisches Nahrsubstrat stattfindet, namentlich ffir die rasch sich vermehrenden Arten, ein ziemlich engbegrenztes ist. Er wollte, angeregt durch die oben zitierten Arbeiten, die Frage priifen, inwieweit hierbei thermolabile Stoffwechselprodukte del' Bak terien eine Rolle spielten. Auf Grund seiner Untersuchungen kam er zu del' An schauung, daB wahrscheinlich aIle Mikroorganismen in Nahrgelatine und Nahragar thermolabile, wachstumshemmende Stoffe bilden, die diffusibel sind, aber Filter nicht odeI' nur in geringem MaBe zu passieren· vermogen. Er fand, daB diese Stoffe durch Erhitzen auf Temperaturen von 50-60°, die ffir Mikroorganismen Bakteriophagie. 5 abtotend wirkten, vernichtet und ebenso wie diese von gewissen chemischen Agentien empfindlich beeinfluBt wurden. Ihre antagonistische Wirkung war eine elektive, aber nur insoweit, als die arteigenen Mikroorganismen meistens starker in ihrer Entwicklung gehindert wurden als die anderen. Auch in frischen Faeces waren ahnliche Stoffe vorhanden. Die antagonistische Wirkung der Faeces wurde gleichfalls durch Erhitzen auf 50-60° aufgehoben. Bemerkenswert ist, daB es ihm nicht gelang, den hypothetischen, das Bakterienwachstum hemmenden Stoff in Bouillonkulturen nachzuweisen oder durch Zentrifugieren von den Bakterien zu trennen. In Verfolg der Arbeiten von Eijkmann haben sodann Conradi und Kurp j u wei t festgestellt, daB die Mikroorganismen der Typhus-Coligruppe beim Wachs tum in Bouillo~ elektiv entwicklungshemmende, thermolabile Substanzen bil deten, die den antiseptil'when Wert der Carbolsaure iibertrafen. Die Hemmungs stoffe traten bereit.s in den friihesten Entwicklungsstadien der Bakterien auf und bestimmten Dauer und Umfang des Bakterienwachstums. Das Vorkommen solcher Hemmungsstoffe konnten Conradi und Kurpjuweit auch in Stuhl verdiinnungen feststellen. Sie teilen sogar einen Versuch mit, wobei es ihnen gelang, die Hemmungsstoffe im bakterienfreien Dialysat einer Bouillonkultur nachzuweisen, dagegen wurde durch Filtration durch bakteriendichte Berkefeld kerzen die EntwickIungshemmung des Stuhlfiltrats aufgehoben. Alkohol sowie atherische Ole zerstorten die bakterienschadigenden Stoffe. Conradi und Kurpjuweit fiihrten die bakterienauflosenden Korper auf eine neue Gruppe von Protoplasmagiften zuriick, die nicht gleichbedeutend mit den schon friiher beschriebenen, durch Autolyse der Gewebszellen entstehenden seien, sondern durch die eigene Lebenstatigkeit der Bakterien, gewissermaBen durch Selbstvergiftung, gebildet wiirden. Da sich die deletare Wirkung dieser Bakterienprodukte ausschlieBlich auf den Formenkreis der betreffenden Mikro organismen erstreckte, schlugen sie fiir diese Hemmungsstoffe die Bezeichnung "Autotoxine" vor. (Hierzu sei kurz bemerkt, daB spater Joetten (1922) in Dbereinstimmung mit Kruse vorgeschlagen hat, die beim Zerfall resp. bei der Autolyse auftretenden Stoffe als "Autolysine" zu benennen.) Die Spezifitat ihrer Autotoxine erklaren Conradi und Kurpj uweit mit der Beobachtung von Salkowski, daB die Fermente das ZelleiweiB der sie produzierenden Zellart starker spalten als fremdartiges EiweiB. Ihnen war auch schon die spater zu erwahnende Fahigkeit der Bakterien, gegen diese schadigende Stoffe eine be stimmte Resistenz zu erlangen, bekannt. Diese Erscheinung wurde von ihnen als eine Immunisierung der Bakterien gegen die "Autotoxine" aufgefaBt. (Auf ihre sonstigen Ansichten iiber die Bedeutung der "Autotoxine" wollen wir nicht naher eingehen.) Weiterhabendannauch andere Autoren iiber wachstumshemmendeStoffe be richtet. So sah Rahn (1906) in Kulturen des B. fluorescens liquefaciens thermo labile, von Ather nicht beeinfluBte, wachstumshemmende Stoffe, die von den Bakterien selbst geliefert wurden. F al ti n berichtet (1908) iiber Hetero- und Isoantagonismus bei Bakterien unter besonderer Beriicksichtigung der Verhaltnisse bei infektiosen Erkrankungen der Harnwege. So erzeugten Colibacillen aus Harn sowohl iso- als heteroant agonistische Erscheinungen, welche nach seiner Ansicht wahrscheinlich auf der 6 Richard Otto und Hans Munter: Gegenwart filtrierbarer, thermolabiler und adsorbierbarer Stoffwechselprodukte beruhten. Aus allen Arbeiten geht hervor, daB die Existenz spezifischer, das Bakterienwachstum schadigender Stoffe in der Tat lange bekannt war. Die Kritiken von Eijkmann, Manteufel, A. Klein, Oebius, Rolly, Passini, Remlingerund Nouri haben aber dazu gefuhrt, daB man bei den beschriebenen, bakterienfeindlichen Wirkungen in erster Linie mit der Erschopfung des Nahrbodens und demnachst mit nichtspezifischen Stoff wechselprodukten rechnete (vgl. hierzu Gotschlich). Die Bedeutung der spe zifischen "Autotoxine" wurde jedenfalls unterschatzt und weiter nicht ver folgt. Vereinzelt finden wir in der Literatur allerdings noch spater Arbeiten, die sich mit der Autolyse der Bakterien beschaftigen. So hat Burgers (1911) uber AuflOsungserscheinungen der Bakterien bei der Selbstverdauung unter Einwirkung von Trypsin und Pepsin, KaIilauge und Salzsaure berichtet. Die Selbstverdauung war am starksten bei Influenzabacillen, Pneumokokken, Milzbrandbacillen, Bact. capsulatus Pfeiffer und Ozaena bakterien; deutlich bei Bact. fluorescens, subtiIis, pyocyaneus, Pneumokokken, Meningokokken, Typhus- und Dysenteriebacillen; schwach bei Pseudodysen terie-, Enteritis-, Koli-, Mausetyphusbacillen, Choleravibrionen, Proteus, Ge flugelcholera- und Friedlanderbacillen; negativ bloli Staphylokokken, Strepto kokken und Huhnertuberkulose. Burgers fand, daB das verdauende Prinzip durch Hitze zerstort wird (600 und mehr). Neuerdings hat sich Kraut b a u e r mit der Autolyse bei Bakterien beschaftigt, er fand deutliche Auf lOsung bei Coli-, Typhus- und Ruhrbacillen. Gesicherter und bekannter als bei den Bakterien sind seit· den Arbeiten von E. Buchner, Hahn, Geret usw. die autolytischen Enzymwirkungen bei Hefekulturen. Wenn man lebende, abgepreBte oder auch in Wasser suspendierte Hefe sich selbst uberlaBt, so machen sich alsbald gewisse Enzym wirkungen in hoherem Grade bemerkbar, als dies unter normalen Ernahrungs verhaltnissen der Fall ist.Diese gesteigerte enzymatische Fahigkeit, welche zunachst zur Erhaltung der Zelle unter ungiinstigen Bedingungen dient, fuhrt dann, wenn diese ungiinstigen Bedingungen andauern, zum Tode der Zelle und weiter zur vollstandigen Zerstorung (cit. nach Euler und Lindner). Die Enzymwirkungen, welche anfangs noch nicht scharf getrennt wurden, bestehen teils in einem Verbrauch des Glykogenvorrates der Hefe, teils in einer Spaltung der EiweiBstoffe. Man nennt den ersten Vorgang "Selbstgarung", fur den zweiten wird die Bezeichnung "Selbstverdauung" und "Autolyse" angewandt. Bei der Bedeutung, welche die letztere hinsichtlich der bakteriophagen Lyse der Bakterien verdient, wollen wir naher auf diese eingehen. Nach den Beschreibungen von Euler und Lindner, denen wir hier folgen, ist die Hefe mit Proteinasen und Peptasen reichlich versehen. In der lebenden Zelle steht die abbauende Wirkung derselben mit der aufbauenden der EiweiBstoffe in einem beweglichen Gleichgewicht. Wenn aber die Synthesen gegeniiber der spaltenden Tatigkeit der verdauenden Enzyme zuriicktreten - sei es durch AusschluB der Luft, sei es durch Mangel der Nahrzufuhr, durch Zusatz von Giften oder unter der Einwirkung der zugefiihrten Warme -, so macht sich die Erscheinung bemerkbar, welche als "Autolyse" bezeichnet wird. Endotryptasen und Pep tasen spalten die EiweiBsto££e und schlieBlich das Protoplasma bis zu den einfachsten Bestand teilen und bewirken eine mehr oder weniger weitgehende Auflosung der Zelle. Autolytische

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